LAG Hessen
Az: 2 Ta 472/06
Beschluss vom 09.11.2006
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 21. August 2006 – 7 Ca 214/06 – teilweise abgeändert.
Dem Kläger wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung mit der Maßgabe, dass kein eigener Beitrag zu leisten ist, auch bewilligt, soweit der Kläger den allgemeinen Feststellungsantrag neben der Kündigungsschutzklage gestellt hat.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner am 25. September 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 21. August 2006, durch den sein beim Arbeitsgericht am 6. Juni 2006 eingegangener Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe teilweise zurückgewiesen worden ist.
In dem Rechtsstreit hatte sich der Kläger gegen eine Kündigung der Beklagten vom 16. Mai 2006 mit folgendem Antrag gewandt, für den er Prozesskostenhilfe beantragt hat:
festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 16. Mai 2006, zugegangen am 30. Mai 2006, rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist vom 30. Juni 2006 hinaus weiter unverändert fortbesteht.
Noch vor Durchführung eines Gütetermins einigten sich die Parteien im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO, so dass durch Beschluss vom 7. August 2006 ein Vergleich zustande kam, nach dem das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von EUR 4.000,00 mit dem 30. Juni 2006 geendet hat.
Das Arbeitsgericht hat dem Prozesskostenhilfeantrag des Klägers durch Beschluss vom 21. August 2006 – dem Kläger am 24. August 2006 zugestellt – nur beschränkt auf den Kündigungsschutzantrag stattgegeben und ihn im Übrigen mit der Begründung zurückgewiesen, die Klage sei mutwillig. Die Klägervertreterin hat mit einem am 25. September 2006 eingegangen Schriftsatz sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 21. August 2006 beim Arbeitsgericht eingelegt, der das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 26. September 2006 nicht abgeholfen hat.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und fristgerecht eingelegt worden (§§ 567 Abs. 1, 127 Abs. 2 S. 3 ZPO).
Die Beschwerde hat auch Erfolg, weil dem Kläger unbeschränkt für alle Anträge Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist.
Gemäß § 114 ZPO kann einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf ihren Antrag Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig ist. Dem ordnungsgemäßen Antrag muss gemäß § 117 Abs. 2 ZPO eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt werden.
Allgemein anerkannt ist, dass eine Klage nach § 4 KSchG gegen eine bestimmte Kündigung mit einem allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 ZPO verbunden werden kann (vgl. BAG vom 27. Januar 1994 – 2 AZR 484/93, EzA Nr. 48 zu § 4 KSchG n.F). In einem solchen Fall wird dabei nicht nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine konkrete mit der Klage angegriffene Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, sondern auch, ob das Arbeitsverhältnis über diesen Termin hinaus im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz fortbesteht. Auf Grund der Feststellungsklage muss geprüft werden, ob das Arbeitsverhältnis weder durch die zunächst angegriffene Kündigung noch durch andere Beendigungsmaßnahmen oder -umstände geendet hat. Auf diese Weise können auch weitere Kündigungen außerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG in den Prozess eingeführt werden. Allerdings muss der Kläger in einem derartigen Fall nach Kenntnis der weiteren Kündigung diese in den Prozess einführen und unter teilweiser Einschränkung des Feststellungsantrags eine dem Wortlaut des § 4 KSchG angepasste Antragstellung vornehmen, worauf er seitens des Gerichts nach § 139 ZPO hinzuweisen ist (vgl. BAG vom 13. März 1997 – 2 AZR 512/96, AP Nr. 38 zu § 4 KSchG 1969).
Bei einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO ist zunächst zur Begründung eines Interesses an alsbaldiger Feststellung ein Tatsachenvortrag zur Möglichkeit weiterer Beendigungsgründe erforderlich, denn ein bloß prophylaktische Feststellungsklage reicht für die Zulässigkeit der Klage im Sinne von § 256 ZPO nicht aus.
Deshalb sind für den allgemeiner Feststellungsantrag unter dem oben genannte Maßstab die Erfolgsaussichten gegeben gewesen und entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung kann eine Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung insoweit nicht bejaht werden (vgl. Hess. LAG vom 17. Februar 2006 – 15 Ta 3/06 n.v.; Hess. LAG vom 1. August 2006 – 19 Ta 373/06; veröffentlicht in der Landesrechtsprechungsdatenbank). Denn die ganz herrschende Meinung hält im Ergebnis daran fest, dass ein allgemeiner Feststellungsantrag wie hier formuliert geeignet ist, die Klagefrist für Folgekündigungen zu wahren ( vgl. beruft (ErfK/Ascheid, 6. Aufl., § 6 KSchG Rn 5; HaKo-Gallner, 2. Aufl., § 6 Rn 5; KR-Friedrich, 7. Aufl., § 4 KSchG Rn 249; Pods/Quecke in HWK, 2. Aufl., § 6 KSchG Rn 5; skeptisch Bader, NZA 2004, 65). Damit gehört es zu einer sachgerechten Rechtsverfolgung, neben dem Kündigungsschutzantrag einen allgemeinen Feststellungsantrag zu stellen.
Eine Beschwerdegebühr wird nicht erhoben, eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Dieser Beschluss ist mangels einer gesetzlich begründeten Veranlassung zur Zulassung der Rechtsbeschwerde unanfechtbar (§§ 78, 72 Abs. 2 ArbGG).