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Flugannullierung – anderweitige Beförderung zu einem anderen Flughafen

AG Erding, Az.: 5 C 2022/18, EuGH-Vorlage vom 01.12.2018

I.

Das Verfahren wird ausgesetzt.

II.

Dem Europäischen Gerichtshof wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:

Ist im Falle einer Annullierung nach Art. 5 der VO (EG) 261/2004 von einem Angebot einer anderweitigen Beförderung, das es den Fluggästen erlaubt höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit ihr Endziel zu erreichen, auch dann auszugehen, wenn eine Ersatzbeförderung zu einem anderen als dem in der Buchungsbestätigung genannten Flughafen durchgeführt wird, wenn dieser in der gleichen Region liegt?

Gründe

I.

1. Die Kläger verfügten über eine bestätigte Buchung für den von der Beklagten durchzuführenden Flug … am 06.04.2017, der ausweislich der Buchungsbestätigung vom Flughafen München zum Flughafen Köln/Bonn führen sollte. Der Flug sollte planmäßig um 21:00 Uhr starten und um 22:10 Uhr am Flughafen Köln/Bonn ankommen.

2. Der Flug wurde kurzfristig am Tag des geplanten Abflugs annulliert. Die Kläger verlangen daher jeweils eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250,00 €.

II.

Flugannullierung - anderweitige Beförderung zu einem anderen Flughafen
Symbolfoto: DimaBerlin/Bigstock

3. Die Beklagte wehrt sich gegen die Klage. Sie beruft sich dazu auf Art. 5 Abs. 1 lit. c) iii) VO (EG) 261/2004. Die Beklagte bot den Klägern einen Ersatzflug für den gleichen Tag an. Auf diesen Ersatzflug, …‚ wurden die Kläger umgebucht. Der Ersatzflug, mit dem die Kläger befördert wurden, startete planmäßig in München um 20:40 Uhr und sollte den Flughafen Köln/Bonn um 21:40 Uhr erreichen. Der Flug wurde jedoch umgeleitet und landete daher nicht am Flughafen Köln/Bonn, sondern um 22:30 Uhr am benachbarten Flughafen Düsseldorf. Die Weiterreise nach Köln mussten die Kläger selbst organisieren.

4. Die Beklagte hat nur allgemein behauptet, dass die Strecke zwischen den Flughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf unter Nutzung der Deutschen Bahn ca. 1 Stunde und 3 Minuten dauere. Die Kläger widersprechen dem. Das Gericht hält diese Behauptung der Beklagtenseite gemäß § 138 der deutschen Zivilprozessordnung für unbeachtlich.

5. Das vorlegende Gericht geht davon aus, dass der Flughafen Düsseldorf bei geografisch-wirtschaftlicher Betrachtung in der gleichen Region liegt wie der Flughafen Köln/Bonn.

III.

6. Für das vorlegende Gericht kommt es daher darauf an, ob der Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c) iii) der VO (EG) 261/2004 auch dann entfällt, wenn den Fluggästen eine Ersatzbeförderung zu einem Flughafen angeboten wird, der in der gleichen Region wie der gebuchte Flughafen liegt.

7. Art. 5 Abs. 1 lit. c) der Verordnung begründet für die Fluggäste einen Anspruch auf Ausgleichszahlung im Falle der Annullierung. Die Varianten i)-iii) stellen Ausnahmen von der Ausgleichszahlungspflicht auf, die eng auszulegen sind (EuGH, flightright/Eurowings, C-130/18, Beschluss vom 27.06.2018). Dementsprechend hat der Gerichtshof (a.a.O.) auch deutlich gemacht, dass die genannten Zeitgrenzen beide einzuhalten sind, wenn sich ein Unternehmen ausnahmsweise entlasten möchte.

8. Der Begriff „Endziel“ ist in Art. 2 lit. h) der Verordnung definiert. Danach ist Endziel der Zielort auf dem Flugschein. Dies spricht dafür, dass mit dem Endziel in Art. 5 Abs. 1 lit. c) der Verordnung nicht die Region gemeint ist, sondern der konkrete Zielflughafen.

9. Das Angebot zur Ersatzbeförderung muss gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c) die Beförderung zum Endziel ermöglichen. Das vorlegende Gericht schließt daraus, dass das Endziel ohne weitere eigene Organisation der Fluggäste – etwa die Buchung eines Zuges oder eines Bustransfers durch die Fluggäste selbst – erreicht werden muss.

10. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass sich eine andere Bewertung aus Art. 8 Abs. 3 der Verordnung betreffend die Ersatzbeförderungspflicht ergeben kann. Danach trägt ein ausführendes Luftunternehmen, das einen Flug zu einem anderen als dem in der Buchung vorgesehenen Zielflughafen anbietet, der in der gleichen Stadt oder Region liegt, die Kosten der Beförderung zwischen den Flughäfen. Die Beklagte meint, dass sich daraus schließen lässt, dass die Fluggesellschaft die Beförderung nur bis zu einem Flughafen in der Zielregion anbieten muss, um sich nach Art. 5 Abs. 3 zu entlasten.

11. Bei einer Auslegung des Art. 8 nach Erwägungsgrund 1 der Verordnung (hohes Schutzniveau für Fluggäste) ist jedoch davon auszugehen, dass diese Beförderung nicht nur bezahlt, sondern auch angeboten werden muss. Dies wird auch in der Literatur so gesehen (vgl. BeckOGK/Steinrötter, Fluggastrechte-VO, Art. 8 Rn. 47; Staudinger/Keiler, Fluggastrechte-Verordnung, 1. Aufl. 2016, Art. 8, Rn. 41).

12. Art. 8 und Art. 5 Abs. 1 lit. c) der Verordnung sind außerdem systematisch und nach ihrer Zielrichtung unterschiedlich. Anders als Art. 5 Abs. 1 lit. a) verweist Art. 5 Abs. 1 lit. c) nicht auf Art. 8.

Zudem begründet Art. 8 der Verordnung einen besonderen Anspruch des Fluggasts, während Art. 5 Abs. 1 lit. c) der Verordnung ausnahmsweise den Anspruch auf Ausgleichszahlung ausschließt. Die mit der Annullierung verbundenen Unannehmlichkeiten bestehen neben dem Zeitverlust in der Belastung mit der weiteren Reiseplanung und Umorganisation. Nur wenn dies die Fluggesellschaft dem Fluggast abnimmt, besteht ein Anlass zum Entfallen der Ausgleichspflicht.

Mit der Möglichkeit, auf ein anderes nahegelegenes Ziel auszuweichen, wird der Anspruch des Fluggasts gestärkt, indem der Anspruch nicht auf Flüge zu einem Flughafen begrenzt wird.

13. Das vorlegende Gericht ist deshalb der Ansicht, dass Art. 5 Abs. 1 III. c) der Verordnung eng auszulegen und ein hohes Schutzniveau sicherzustellen ist. Zur Entlastung der Fluggesellschaft muss daher eine Beförderung zum ursprünglichen Zielflughafen angeboten werden und die Fluggäste, die dieses Angebot annehmen, müssen tatsächlich mit der angebotenen Beförderung – ohne selbst weitere Reiseteile organisieren zu müssen – diesen Flughafen erreichen.

14. Die Zweifel an dieser Auslegung, wie sie die Beklagte mit dem Verweis auf Art. 8 Abs. 3 der Verordnung benennt, sind daher nach Ansicht des vorlegenden Gerichts nicht durchgreifend. Angesichts erheblicher Spielräume in der Auslegung der Verordnung in der Rechtsprechung nationaler Gerichte und des Europäischen Gerichtshofs besteht aber eine gewisse Unklarheit.

IV.

Da die vorliegende Frage durch eine Auslegung des Art. 5 Abs. 1 lit. c) VO (EG) 261/2004 zu beantworten ist, hat das Gericht den Rechtsstreit ausgesetzt und die Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

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