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Franchise-Vertrag – Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers nach Vertragsbeendigung

LG Mönchengladbach – Az.: 8 O 71/11 – Urteil vom 09.01.2012

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn … … … … Die Beklagte ist eine Handwerksbäckerei – Kette und betreibt über 930 Bäckereien in Deutschland. Dabei werden über 90 % dieser Bäckereien von Franchise-Partnern geführt. Der Schuldner war einer dieser Franchise-Partner mit zuletzt 2 Backshops in Hamburg sowie in Norderstedt.

Nach § 8 der Franchise-Verträge war der Schuldner Gewerbetreibender und selbständiger Kaufmann. Er verkaufte die Waren in den Backshops im eigenen Namen auf eigene Rechnung. Unter anderem war der Schuldner nach § 2 der Franchise-Verträge verpflichtet, alle Backwaren, zur Weiterverarbeitung und Veredelung benötigte Rohstoffe sowie mit dem Logo der Beklagten gekennzeichnete Verbrauchsmaterialien ausschließlich vom Franchise-Geber zu beziehen. Eine vertragliche Regelung, wonach der Schuldner nach Beendigung des Vertrages zur Übertragung des Kundenstamms oder zur Übermittlung von Kundendaten verpflichtet war, bestand nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Franchise-Verträge wird auf Anlagen K 2 und K3 Bezug genommen.

Die Franchise-Verträge wurden hinsichtlich beider Backshops zwischen den Vertragsparteien im August und September 2007 durch Aufhebungsverträge beendet. In den Aufhebungsvereinbarungen war ein umfassender Verzicht hinsichtlich etwaiger Ansprüche „aus dem und/oder im Zusammenhang mit den Franchise-Vertrag“ aufgenommen worden.

Der Kläger ist der Ansicht, § 89 b HGB sei hier entsprechend anwendbar. Dem Schuldner stehe deshalb ein Ausgleichsanspruch zu.

Der Kläger trägt vor, er könne „aus naheliegenden Gründen“ Zahlen hinsichtlich seiner Stammkunden nicht präsentieren (Bl. 8 d.A.), er messe den Stammkundenanteil „auf vorsichtig geschätzte 40 %“ (Bl. 9 d.A.). Der Kläger bemisst seinen Ausgleichsanspruch letztlich auf 116.400,50 Euro und legt dies im Einzelnen dar. Wegen der Berechnung wird auf Bl. 6 bis 22 d.A. Bezug genommen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 116.400,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent vom 27.9.2007 bis zum Tage vor Rechtshängigkeit sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält § 89 b HGB nicht für entsprechend anwendbar und legt dies im Einzelnen dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf einen Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung des § 89 b HGB in Verbindung mit § 80 InsO. § 89b HGH ist hier nicht anwendbar.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 89 b HGB analog auf Vertragshändlerverträge anwendbar, wenn zwischen den Vertragshändlern und dem Lieferanten ein Rechtsverhältnis besteht, dass sich nicht in einer bloßen Käufer-Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern den Eigenhändler aufgrund vertraglicher Abmachungen so in die Absatzorganisation seines Lieferanten eingliedert, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat und er verpflichtet ist, bei Vertragsbeendigung seinem Lieferanten seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich der Lieferant die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann.(Vgl. dazu nur BGH NJW-RR 1988, 42 f.).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Insbesondere fehlt es an der für eine analoge Anwendung des § 89 b HGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich die Kammer anschließt, erforderlichen vertraglichen Verpflichtung des Schuldners, nach Beendigung des Vertrages, den Kundenstamm an die Beklagte zu übertragen. Die Franchise-Verträge enthielten eine solche Verpflichtung unstreitig nicht.

Soweit der Kläger unter Berufung auf die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt, Urteil vom 19.11.1999, AZ: 3/8 O 28/99 (Anlage K 6) die Ansicht vertritt, dass es im Rahmen von anonymen Massengeschäften auf eine vertragliche Regelung zur Überlassung des Kundenstamms nicht ankomme, folgt dem die Kammer – wie auch die dritte Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach im Urteil vom 29.6.2010 (AZ. 3 O 324/09) (Bl. 54 ff. d.A.) – nicht. Die 3. Zivilkammer hat insoweit ausgeführt:

… eine entsprechende Anwendung des § 89 b HGB ist nur dann gerechtfertigt, wenn eine dem Handelsvertreterverhältnis vergleichbare Interessenlage besteht. Eine solche kann aber nur dann vorliegen, wenn der Vertragshändler bzw. Franchise-Nehmer nach Beendigung des Vertrages vertraglich verpflichtet ist, seinen Kundenstamm zu übertragen. Denn es liegt in der Natur des Handelsvertreterverhältnisses, dass der Handelsvertreter im Namen des Unternehmers auftritt und diesem einen Kundenstamm verschafft. Dagegen ist der Kundenstamm des Vertragshändlers bzw. Franchise-Nehmers, der rechtlich selbständig tätig wird und im eigenen Namen auftritt, auch nur diesem zuzuordnen. (Bl. 58 d.A.).

Diese Ausführungen macht sich die erkennende Kammer zu Eigen. Überdies hat der Bundesgerichtshof die – auch vom Kläger nochmals im Schriftsatz vom 03.01.2012 vertretene – Auffassung, anstelle der Verpflichtung des Vertragshändlers zur Übertragung des Kundenstamms durch Übermittlung der Kundendaten genüge auch die faktische Kontinuität des Kundenstamms, verworfen (BGH NJW-RR 1998, 390, 391). Denn diese Auffassung rechtfertige keine entsprechende Anwendung des § 89 b HGB, weil nur die Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes den Vertragshändler in gleicher Weise wie den Handelsvertreter daran hindere, den Kundenstamm nach Vertragsende als seinen eigenen zu verwerten und gegen die Zugriffe des Herstellers bzw. Lieferanten zu sichern. Auch dieser Auffassung schließt sich die Kammer an.

Im Übrigen rechtfertigt sich die Nichtanwendbarkeit des § 89 b HGB auch aus im allenfalls nur spekulativ zu berechnenden Wert eines Ausgleichsanspruchs. Denn es fehlt an nachvollziehbaren Parametern zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers kann er „aus naheliegenden Gründen“ zur Anzahl der Stammkunden des Schuldners nichts vortragen. Das bedeutet, dass sich die Berechnung des „Ausgleichsanspruchs“ als Ergebnis eines allein spekulativen Berechnungsverfahrens darstellt.

Die Klage ist unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert: 116.400,55 Euro

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