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Gaslieferungsvertrag – Zahlungsverweigerung bei Fehlerhaftigkeit einer Abrechnung

OLG Köln – Az.: 11 U 174/11 – Beschluss vom 28.10.2011

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 ZPO vorliegen.

Gründe

Das Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der den Zeitraum vom 5.10.2006 bis zum 5.10.2007 betreffenden Rechnung vom 20.6.2008 zu Recht und mit der zutreffenden Begründung abgewiesen, dass der Beklagte nach § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2. GasGVV zur Verweigerung der Zahlung berechtigt ist.

1. Nach § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GasGVV hat der Kunde ein Recht zur Zahlungsverweigerung, wenn die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehler der Rechnung besteht. Eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung dann vor, wenn die Rechnung auf den ersten Blick Fehler erkennen lässt (BGH NJW-RR 1990, 689, 690 = ZMR 1990, 97; OLG Hamm NJW-RR 2007, 852 = RdE 2007, 132 = MDR 2007, 452). Die Offensichtlichkeit ist in der Regel dagegen zu verneinen, wenn die Klärung der Fehlerhaftigkeit umfangreiche Tatsachenfeststellungen erfordern würde, etwa wenn die ordnungsgemäße Funktionsweise eines Stromzählers erst durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden könnte (LG Berlin NJOZ 2003, 2203, 2205 = ZMR 2003, 678 = RdE 2003, 285 m. w. Nachw.; LG Itzehoe Urt. v. 28.7.2006 – 9 S 7/06, dokumentiert in Juris). Das gilt indes nicht ausnahmslos. Ein offensichtlicher Fehler kann sich auch aus einer enormen und nicht plausibel erklärbaren Abweichung der Verbrauchswerte von denen der vorangegangenen oder nachfolgenden Abrechnungsperioden ergeben. Dies gilt umso mehr als § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GasGVV anders als die Vorgängervorschrift § 30 AVBGasV bereits die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers für ein Zahlungsverweigerungsrecht genügen lässt.

Gaslieferungsvertrag - Zahlungsverweigerung bei Fehlerhaftigkeit einer Abrechnung
Symbolfoto: Von Jillian Cain Photography/Shutterstock.com

Das ist hier zu bejahen. Die abgerechnete Verbrauchsmenge beträgt das 26-fache des im vorgegangenen und das 20-fache des im nachfolgenden Zeitraum abgerechneten Verbrauches. Sie ist – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – für ein normal großes Einfamilienhaus selbst unter Berücksichtigung einer Schwankungsbreite nicht plausibel zu erklären. Auch die von der Klägerin angeführten Umstände, dass die von ihr zuletzt selbst vorgenommene Ablesung am 2./3.10.2003 stattgefunden und dass der Beklagte die zwischenzeitlichen Verbrauchswerte möglicherweise zu gering angegeben habe, vermögen den extrem hohen Verbrauch im streitgegenständlichen Zeitraum nicht plausibel zu machen. Ausweislich der Schlussrechnung vom 13.8.2008 betrug der in der nachfolgenden Periode vom 6.10.2007 bis zum 31.7.2008 mit dem ausgetauschten und zuverlässigen Zähler ermittelte Verbrauch 847 cbm. Das entspricht einem Jahresverbrauch von ca. 1.016 cbm. Nach der von der Klägerin eingereichten Gesamtaufstellung der Messergebnisse (Anl. K 1, AH Bl. 46) betrug der aufgrund der vom Beklagten abgelesenen und mitgeteilten Werte für den Zeitraum vom 21.9.2005 bis zum 30.3.2006 ermittelte Verbrauch 505 cbm, was auf das Jahr hochgerechnet etwas über 1.000 cbm ergibt. Das bewegt sich in der Größenordnung des von der Klägerin selbst als zutreffend ermittelten Verbrauchs in der Periode vom 6.10.2007 bis zum 31.7.2008. Die Differenz zwischen dem vom Beklagten abgelesenen Wert für den 1.12.2003 und dem von der Klägerin am 2./3.10.2003 abgelesenen Wert beträgt 3.136 cbm, also auf ein Jahr berechnet 3.763 cbm, der zwischen dem Wert für den 2./3.10.2003 und dem vom Beklagten am 21.9.2005 abgelesenen Wert 5.393 cbm, also auf ein Jahr berechnet 2.696 cbm. Auch mit diesen Werten lässt sich weder belegen, dass der Beklagte die Verbrauchswerte zu niedrig angegeben hat, noch eine Erklärung für die extrem hohen Verbrauchswerte in der streitgegenständlichen Periode begründen, die die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers in Frage stellen könnte.

2. Zudem ist der Beklagte – wie das Landgericht richtig ausgeführt hat – nach § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 GasGVV zur Zahlungsverweigerung berechtigt. Der in der Rechnung angegebene Verbrauch ist ohne ersichtlichen Grund mehr als doppelt so hoch wie der vergleichbare Verbrauch im vorherigen Abrechnungszeitraum (§ 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 a GasGVV). Ein ersichtlicher Grund für die Abweichung ist aus den genannten Erwägungen zu verneinen. Auch die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 b GasGVV liegen vor. Der Beklagte hat zumindest im Rechtsstreit konkludent die Nachprüfung der Messeinrichtung verlangt. Da die Klägerin den ausgewechselten Zähler nicht aufbewahrt hat, kann dessen ordnungsgemäße Funktion nicht mehr durch eine Nachprüfung festgestellt werden. Die Klägerin wird dadurch nicht in unangemessener Weise in ihren Rechten beschnitten. Ihr stand eine Abrechnung nach § 18 GasGVV offen. Die durch das Abhandenkommen der Messeinrichtung bedingte Unmöglichkeit einer Nachprüfung ihrer ordnungsgemäßen Funktion ist dem in § 18 Abs. 1 S. 2 GasGVV geregelten Fall gleich zu stellen, dass die Messeinrichtung nicht anzeigt. Von dieser Abrechnungsmöglichkeit hat die Klägerin aber trotz Hinweises des Landgerichts keinen Gebrauch gemacht.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen seit Zugang dieses Beschlusses. Die Frist kann nach § 224 Abs. 2 ZPO nur verlängert werden, wenn der Gegner zustimmt oder erhebliche Gründe glaubhaft gemacht werden. Auf die Möglichkeit einer kostengünstigeren Zurücknahme des Rechtsmittels wird hingewiesen (Nr. 1222 Kostenverzeichnis zu § 3 Abs. 2 GKG).

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