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Grundstückskaufvertrag – Falschangabe Grundstücksgröße im Verkaufsprospekt – Schadensersatz

LG Landshut – Az.: 54 O 2974/13 – Urteil vom 09.05.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist für den Beklagten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

4. Der Streitwert wird auf 75.782,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht Schadensersatz wegen Mängel an einem Grundstück geltend.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 24.05.2013, in welchem die Klägerin zugleich für den Beklagten handelnd auftrat, schlossen die Parteien einen notariellen Kaufvertrag über das Grundstück Flurnummer -, -, in B.. Dieses ist mit einem Haus, Baujahr 1977, bebaut.

Dort heißt es unter Ziffer „I. Grundbuchstand“:

1. Blatt –

9/10 Miteigentumsanteil an dem Grundstück.

Flurnummer – -, Gebäude und Freifläche zu 0,0930 ha.

Außerdem heißt es dort:

2. Blatt –

1/10 Miteigentumsanteil an dem vorbezeichneten Grundstück verbunden mit Sondereigentum an Wohnung samt Kellerraum (…)

Unter „V. Rechts- und Sachmängel“ heißt es:

Sachmängel

Grundstückskaufvertrag - Falschangabe Grundstücksgröße im Verkaufsprospekt - Schadensersatz
Symbolfoto: Von Brian A Jackson /Shutterstock.com

Ansprüche des Käufers wegen eines Sachmangels des Grundstücks, wie etwa Flächenmaß, Wohnbeschaffenheit, Altlasten, Verwert- und Bebaubarkeit oder Zustand der Wohnung und des Gebäudes samt Zubehör sind soweit gesetzlich zulässig ausgeschlossen. Dies gilt auch für alle Ansprüche auf Schadensersatz, es sei denn der Käufer handelt vorsätzlich. Der Verkäufer versichert, dass ihm versteckte Mängel am Sonder- und Gemeinschaftseigentum nicht bekannt sind.

Der Grundbesitz wird gekauft, wie er liegt und steht, der Zustand ist dem Käufer nach eingehender Besichtigung genau bekannt. Etwaige Mängel sind nicht zu beseitigen. Eine Garantie für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften übernimmt der Verkäufer nicht.

Unter Ziffer „X. Energieausweis“ heißt es:

Der Verkäufer ist nicht im Besitz eines gültigen Energieausweises. Der Käufer verzichtet auf die Vorlage; ihm ist bekannt, dass er künftigen Mietern und Verkäufern auf Verlangen einen Energieausweis vorzulegen hat.

Der Beklagte hat den Kaufvertrag nachgenehmigt.

Im Exposé des Maklers (Anlage K2) ist die Grundstücksfläche mit „ca. 1.100 m²“ bezeichnet.

Bei den Besichtigungsterminen mit dem Makler hatte die Klägerin mehrfach darauf hingewiesen, dass ihr die Grundstücksgröße sehr wichtig für die Kaufentscheidung sei.

Der Beklagte hat in dem Haus nie gewohnt. Er hat es im Wege der Erbfolge im Jahr 2010 erhalten, als sein Vater verstarb. Er hat es sodann bis Ende Oktober 2012 vermietet und sich anschließend zu einem Verkauf entschlossen. Das Haus wurde zu einem Zeitpunkt gebaut, als der Kläger bereits bei seinen Eltern ausgezogen war.

Die Klägerin behauptet, sie sei durch den Beklagten insbesondere hinsichtlich der Grundstücksgröße arglistig getäuscht worden. Nachdem die Abweichung zwischen Verkaufsprospekt und der tatsächlichen Grundstücksgröße, die sich auch aus dem notariellen Kaufvertrag ergäbe, erheblich sei, sei der Beklagte zu entsprechendem Ausgleich, also Schadensersatz, verpflichtet. Der Makler habe bei der notariellen Beurkundung, obwohl er anwesend war, nicht auf die Abweichung zwischen tatsächlicher Grundstücksgröße und Exposé hingewiesen. Darüber hinaus würde der Außenkamin eine defekte Dichtung aufweisen. Der Kaufvertrag sei hinsichtlich des Energiepasses falsch, da ein Energiepass sehr wohl existent sei. Hinsichtlich der Abstandsflächenübernahme durch Nachbarn, die erst im Rahmen der Gespräche mit den Nachbarn herausgekommen sei, wäre vom Beklagten ein entsprechender Hinweis nicht erfolgt. Darüber hinaus sei das Gebäude in einem sehr schlechten Zustand, es sei vor dem Kauf an Mietnomaden vermietet gewesen, es sei entsprechend heruntergewirtschaftet. Wegen der Größenabweichung fordere sie einen Schadensersatz von 70.782 €, für die Schäden am Kamin und dem Energieausweis 5.000 €.

Die Klägerin beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 75.782 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 27.07.2013 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.082,90 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die Klägerin sei im Exposé ausdrücklich auf eigene Prüfungspflichten hingewiesen worden. Von einer arglistigen Täuschung könne nicht die Rede sein, da der notarielle Vertrag den Vertragsgegenstand, insbesondere hinsichtlich der Größe des Grundstücks eindeutig bezeichnet hat. Der Grundbuchstand selber sei im Exposé nicht verzerrt dargestellt worden, da er dort gar nicht enthalten war. Von der defekten Dichtung im Außenkamin habe der Beklagte keine Kenntnis gehabt. Ein Energieausweis sei nicht existent, lediglich ein „Energiepass“ des zuständigen Bezirksschornsteinfegers, welcher aus Verbrauchsdaten erstellt wurde und Modernisierungsempfehlungen enthält. Hinsichtlich der Abstandsflächenübernahme habe er die Klägerin sehr wohl hinweisen lassen.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden. Zur Ergänzung des Tatbestands wird verwiesen auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie sonstige Aktenteile.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Landshut ist zumindest gemäß § 29 ZPO örtlich zuständig. Die Klägerin beruft sich ausdrücklich auf Ansprüche aus culpa in contrahendo nach § 311 Abs. 2 BGB. Für den Fall der Verletzung einer solchen vorvertraglichen Aufklärungspflicht ist sehr wohl das Landgericht Landshut örtlich zuständig, da der Erfüllungsort, wie die Klägerin zu Recht ausführt, für Nebenpflichten der Verhandlungen der Ort der Verhandlungen ist. Verhandelt wurde durch den Vertreter des Beklagten, den Makler N., im hiesigen Bezirk.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet, da der Klägerin kein Anspruch auf Grund der abweichenden Grundstücksgröße zwischen Exposé und tatsächlichem Grundbuchstand, der defekten Außenkamindichtung und dem existenten Energiepass zusteht.

1. Die Abweichung der Grundstücksgröße zwischen der im Verkaufsprospekt angegebenen Größe von „ca. 1.100 m²“ und dem tatsächlichen Grundbuchstand rechtfertigt keinen Anspruch aus culpa in contrahendo nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB. Es fehlt nämlich an einer arglistigen Täuschung durch den Beklagten. Auf die Frage der Konkurrenz zu den Gewährleistungsansprüchen der §§ 434 ff. BGB (Palandt, BGB, 73. A., § 311, Rn. 14). kommt es daher nicht an.

a) Zunächst ist unstreitig, dass der Beklagte in dem Haus nie gewohnt hat. Außerdem hat er in der mündlichen Verhandlung angegeben, die Grundstücksgröße sei ihm von seinem Vater so mitgeteilt worden. Diesen Kenntnisstand habe er seinem Makler entsprechend weiter gegeben. Einen Grund, kostenpflichtig das Grundbuch einzusehen, habe er nie gesehen. Er habe den Angaben seines Vaters stets vertraut, zumal er die genauen Abmaße des Grundstücks auch nicht kannte und nie die Veranlassung gesehen hatte, diese Angabe zu überprüfen.

b) Entscheidend für das Gericht, einen Anspruch aus culpa in contrahendo auszuschließen, ist jedoch die Tatsache, dass der Vertrag diejenige Informationsquelle darstellt, für die es entscheidend für den Kenntnisstand sowohl der Klägerin als auch des Beklagten ankommt. Denn in der Vertragsurkunde wurde die tatsächliche Grundstücksgröße festgehalten. Auch die Klägerin behauptet nicht, dass der Kaufvertrag eine falsche Grundstücksgröße darstellt. Das Gericht gibt der Klägerin zu, dass der Grundbuchstand etwas unübersichtlich dargestellt ist, da sich die beiden Miteigentumsanteile an dem Grundstück selber (ohne die extra gelagerten Garagen) auf zwei Blätter, nämlich Blatt – und Blatt – verteilen. Grund dafür ist offenbar die Aufteilung des Hauses in zwei Sondereigentumswohnungen.

Auf der anderen Seite wäre es der Klägerin sehr wohl möglich gewesen, durch einfache Nachfrage beim Notar, hilfsweise auch durch einfache Aufaddierung sämtlicher im Grundbuchstand vorhandenen Flächenmaße, selbst die Grundstücksgröße zu ermitteln. Dies hätte eine Fläche von 960 m² (inklusive der Garage) ergeben. Dies ist ein erheblicher Unterschied zu den im Verkaufsprospekt mitgeteilten 1.100 m². Bereits bei einem einigermaßen aufmerksamen Studium des Vertrags, der ebenfalls unstreitig der Klägerin vorab zugegangen ist (Anlagen B2, B3), hätte die Klägerin also die Abweichung feststellen können. Auf die von ihr behauptete Tatsache, sie sei beim Notartermin sehr aufgeregt gewesen und hätte deswegen dem Notar nicht genau zuhören können, kommt es nicht an. Ebenso ist für das Gericht unverständlich, wenn die Klägerin auf S. 5 der Klageschrift vortragen lässt, sie hätte nicht verstanden, dass 0,0930 ha einer Fläche von 930 m² entsprechen würden. Unabhängig der Frage, ob die Klägerin die Umrechnungsfaktoren für Flächenmaße auswendig weiß, sind die Zahlen gegenüber dem ihr im Exposé mitgeteilte Maß von 1.100 m² deutlich verschieden. Somit wäre aus Sicht des verständigen Kaufinteressenten erst recht eine Nachfrage vor dem Notartermin beim Beklagten oder im Notartermin beim Notar oder dem anwesenden Makler möglich und erforderlich gewesen. Für diesen Irrtum oder diese Unkenntnis der Klägerin ist jedenfalls nicht der Beklagte verantwortlich. Eine arglistige Täuschung lässt sich auf diese Tatsache nicht stützen.

c) Entscheidend für den Ausschluss des Anspruchs ist darüber hinaus auch die Tatsache, dass es für eine arglistige Täuschung bereits an einem entsprechenden Informationsvorsprung des Beklagten fehlt. Von der Klägerin wird die in solchen Fällen oftmals zitierte Entscheidung des BGH, Az. VIII ZR 209/05, bemüht. Bei dieser Entscheidung geht es um den Gebrauchtwagenhandel. Allerdings übersieht die Klägerin, wie auch in Gebrauchtwagenfällen oftmals, dass es für die Annahme eines Vorsatzes der Behauptung „ins Blaue hinein“ erheblicher Hinweise bedarf. Im vom BGH entschiedenen Fall ging es um Informationen, die einer Tochtergesellschaft der Verkäuferin vorlagen und die der Verkäuferin bekannt sein mussten. Dort lag es also auf der Hand, dass die Verkäuferin entsprechende Kenntnisse haben musste oder es ihr zumindest zumutbar war, sich diese ohne größeren Aufwand zu verschaffen. Außerdem handelte die Verkäuferin gewerblich. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Verkauf von privat, für den nicht ohne weiteres die gleichen strengen Anforderungen an die Kenntnisse des Verkäufers gelten wie im Falle des gewerblichen Verkäufers.

Im vorliegenden Fall kommt erschwerend hinzu, dass die Klägerin auch für den Beklagten handelnd beim Notar in M. aufgetreten ist, der Vertrag also durch den Beklagten, auf Grund seines Wohnsitzes in K., nachgenehmigt werden musste. Bislang gibt es für das Gericht nach der Aktenlage keinen Hinweis darauf, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Beurkundung am 24.05.2013 Kenntnis vom wahren Grundbuchstand hatte.

In diesem Zusammenhang kommt es nach der zutreffenden Rechtsprechung des BGH im Urteil vom 15.06.2012, V ZR 198/11 (NJW 2012, 2793), für die Kenntnis des Beklagten jedoch nicht auf den Zeitpunkt der Annahme des Angebots, sondern auf den Zeitpunkt der Beurkundung des Angebots an. Dies war hier der 24.05.2013. Auf die Tatsache, dass der Beklagte u.U. bei der Nachgenehmigung der Kaufvertragsurkunde vom 24.05.2013 auf Grund der eindeutigen Erläuterung des Grundbuchstands Kenntnis davon erhielt, dass seine ca.-Angabe von 1.100 m² falsch ist, kommt es daher nicht an.

d) Soweit die Klägerin versucht, eine vorsätzliche Täuschung des Beklagten zu statuieren, weil der Makler, dessen Kenntnis ihm zugerechnet werden müsste, weder in den Besichtigungsgesprächen noch bei der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrags vom 24.05.2013 auf die Abweichung hingewiesen hätte, so scheidet dies bereits auf Grund des mangelnden Informationsvorsprungs des Beklagten aus. Die Klägerin hat bislang keinen Vortrag leisten können dahingehend, dass der Beklagte auch wirklich Kenntnis vom Grundbuchstand hatte. Dies gilt im Übrigen auch für den Makler. Im Gegenteil hatte der Makler sogar ausdrücklich im Exposé den Hinweis aufgenommen, dass Irrtümer vorbehalten bleiben (vergleiche die Geschäftsbedingungen im Anhang zum Exposé, dort Ziffer 6). Die endgültige Festlegung der Grundstücksgröße erfolgte daher im Kaufvertrag.

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e) Aus den genannten Gründen scheidet daher ein Anspruch aus. Die von der Klägerin aufgeführte Rechtsmeinung würde bei einer derart eindeutigen Vertragslage, in welcher der Vertrag unstreitig der tatsächlichen Grundstücksgröße entspricht, dazu führen, dass der Zweck einer notariellen Beurkundung, insbesondere die Hinweisfunktion für die beurkundenden Parteien, völlig konterkariert würden. Denn die Informationsfunktion des notariellen Vertrags wird durch das Referat des Grundbuchstands gerade vorbildlich erfüllt. Den Parteien wird nochmals deutlich vor Augen geführt, im welches Objekt es im Vertrag geht. Spätestens bei der Unterschrift wäre es Sache der Klägerin gewesen, sich hinreichend über die Bedeutung ihrer Unterschrift in Bezug auf die Grundstücksgröße zu informieren. Dies umso mehr, als die Klägerin, ebenfalls unstreitig, vorab bereits den Kaufvertrag erhalten hat. Es wäre an ihr gewesen, sich durch genaues Studium des Kaufvertragsentwurfs der genauen Grundstücksgröße zu versichern. Zu diesem Zeitpunkt hätte sie dann entsprechend Kontakt mit dem Beklagten aufnehmen können und von einem Kaufvertrag nochmals Abstand nehmen oder den Kaufpreis nachverhandeln können. Nachdem aber bei der Kaufvertragsbeurkundung am 24.05.2013 der Informationsstand beider Parteien gleich groß war, besteht auch kein Anspruch der Klägerin aus culpa in contrahendo, da ihr der Beklagte nach dem unstreitigen Vortrag beider Parteien keine Angaben vorenthalten hat, die entscheidend für den Kaufvertragsabschluss und die auch beim Vertragsschluss nicht erkennbar gewesen wären. Denn die Grundstücksgröße wurde im Vertrag gleich zu Beginn mitgeteilt.

Bereits denklogisch muss bei Abschluss eines Vertrages ein Anspruch aus culpa in contrahendo darauf beschränkt bleiben, dass nur Angaben erfasst werden, die gerade in einem schriftlichen (oder hier sogar notariellen) Vertrag nicht enthalten sind. Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 20.01.2014, dort S. 4 (Bl. 28 d.A.) ausführen lässt, auf die Vertragsurkunde käme es nicht an, so ist dies unzutreffend. Der Sinn einer schriftlichen Niederlegung von essentiala negotii würde dadurch ins Gegenteil verkehrt. Sinn der Aufnahme des Grundbuchstandes ist gerade die Information der Parteien über den Kaufgegenstand, insbesondere bei Grundstücken und dem wertbildenden Faktor der Grundstücksgröße. Soweit aber diese essentialia negotii ihren Eingang in die Vertragsurkunde gefunden haben, ist für „Angaben ins Blaue hinein“ beim Vertragsschluss nach der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des BGH gerade kein Raum mehr. Denn solche liegen nur dann vor, wenn die Angaben (hier die Grundstücksgröße) nicht ausdrücklich und ohne weiteres nachvollziehbar in der Vertragsurkunde vorhanden sind. Die von der Klägerin verlangte Aufklärungspflicht wäre ohne Zweifel gegeben, wenn sich aus dem Kaufvertrag die Grundstücksgröße nicht genau ergeben würde, etwa bei der Angabe „wie im Exposé“ oder „wie besprochen“. Dies ist aber gerade nicht der Fall, sondern es wurde umfangreich der Grundbuchstand aufgeführt und der Klägerin auch vorgelesen (!). Wenn aber diese Angaben eindeutig gemacht wurden, kann die Klägerin sich nicht auf mangelnde oder falsche Angaben vor dem Vertragsschluss berufen. Denn diese sind für den Inhalt des Vertrags nicht mehr kausal geworden.

Aus dem gleichen Grund kann es auch nicht darauf ankommen, ob die Klägerin oder ihr Ehemann bei den Besichtigungen mehrfach den Makler auf die Wichtigkeit der Grundstücksgröße angesprochen haben. Davon abgesehen, dass eine Bebauung des Grundstücks im westlichen Teil ohnehin an § 35 BauGB scheitert (klarer Außenbereich), wäre die Klägerin bei der erheblichen Bedeutung dieser Frage für den Vertragsschluss selber gehalten gewesen, den Vertrag entsprechend sorgfältig zu prüfen. Den Beklagten nach erfolgter Unterzeichnung eines notariellen Kaufvertrags, welcher der Klägerin auch noch mindestens eine Woche vor dem Notartermin zur Prüfung vorlag, einseitig einer Verletzung einer Aufklärungspflicht zu bezichtigen verkennt die Grundlage für die notarielle Beurkundungspflicht und die Eigenverantwortung der Klägerin. Ein gewisses Maß an Prüfung solch wichtiger Verträge kann auch von einem privaten Käufer verlangt werden. Umso mehr, als es nicht um eine rechtliche, sondern um eine tatsächliche Prüfung geht.

Diese Auffassung steht auch nicht im Widerspruch zu der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des BGH (V ZR 72/11). Eine Aufklärungspflicht statuiert der BGH nur, wenn der Verkäufer erkennt, dass der Käufer sein Angebot auf der Grundlage falscher Vorstellungen abgibt. Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte nach Aktenlage keine Kenntnis vom Grundbuchstand. Darauf käme es aber auch gar nicht an, da die Klägerin als Käuferin ihre falschen Vorstellungen anhand der Kaufvertragsurkunde sowohl bei Prüfung des Entwurfs als auch gehöriger Aufmerksamkeit bei der notariellen Beurkundung ohne weiteres hätte erkennen können. Im Gegensatz zum vom BGH entschiedenen Fall, wo die in einer Anlage zum Kaufvertrag enthaltenen Angaben offenbar unrichtig waren, ist hier die Vertragsurkunde hinsichtlich der Grundstücksgröße richtig.

Gleiches gilt für die zitierte Entscheidung des BGH V ZR 100/02. Natürlich nimmt eine erteilte (oder nicht erteilte) Information grundsätzlich nicht an der Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der notariellen Urkunde teil. Allerdings erschließt sich im vorliegenden Fall die Richtigkeit (bzw. die Unrichtigkeit) der erteilten Information über die Grundstücksgröße direkt aus der notariellen Urkunde und wurde der Klägerin nicht nur vorab mitgeteilt, sondern auch noch vorgelesen. Daraus folgt aber unmittelbar, dass eine Auswirkung der (unrichtigen) Information auf den Vertragsschluss nicht gegeben sein kann. Der notarielle Kaufvertrag unterbricht mit den eindeutigen Angaben zur Grundstücksgröße die Kausalkette zwischen (unrichtiger) Information und Abschluss des Geschäfts. Eine Haftung aus c.i.c. ist dann aber denklogisch ausgeschlossen.

Wenn sich die Käuferin, wie sie im Schriftsatz vom 07.04.2014, dort S. 7 (Bl. 53 d.A.), ausführt, bereits vor dem Notartermin zum Kauf entschlossen hat (wobei offen bleibt, ob sie den Kaufvertragsentwurf bereits geprüft hatte), so tut sie dies auf eigenes Risiko, wenn sie den Notartermin offenbar nur noch als „Formsache“ abtut und die Aufmerksamkeit nicht auf die Ausführungen des Notars richtet. Würde solches Vorgehen zu einer Schadensersatzpflicht bei entgegenstehenden, deutlichen Angaben in der Kaufvertragsurkunde führen, könnte man die notarielle Beurkundung für den Grundstückskauf gleich abschaffen. Die Informationsfunktion wäre jedenfalls sinnlos.

2. Aus den gleichen Erwägungen heraus kommen Ansprüche aus Gewährleistungshaftung, insbesondere Schadensersatzansprüche nach §§ 434, 437 Nr. 3, 311a Abs. 1 BGB, wegen des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses nicht in Betracht. Da dem Beklagten eine Übereignung eines entsprechenden Grundstückes mit einer Größe von 1.100 m2 bereits bei Vertragsschluss nicht möglich war, könnte man an entsprechende Ansprüche denken. Davon abgesehen, dass der Vertrag, wie bereits ausgeführt, keine Übereignung eines 1.100 m2 großen Grundstückes versprach (ein Vertragsmangel also gar nicht vorliegt, § 434 Abs. 1 S. 1 BGB), greift jedenfalls der Gewährleistungsausschluss ein. Arglist im Sinne des § 444 BGB liegt mangels Informationsvorsprungs des Beklagten nicht vor (s.o.). Außerdem gilt hier angesichts des eindeutigen Vertragstext und der Tatsache, dass der Vertragsentwurf der Klägerin vorab übersandt wurde, die Vorschrift des § 442 BGB. Eine arglistige Täuschung des Beklagten liegt, wie oben ausgeführt, nicht vor (§ 442 Abs. 1 S. 2 BGB).

3. Soweit die Klägerin Schadensersatz wegen der defekten Dichtung des Außenkamins verlangt (§§ 434,  437 Nr. 3, 281 Abs. 1 BGB), hat sie trotz entsprechenden Hinweises des Gerichts nicht einmal ansatzweise ausreichenden Vortrag hinsichtlich einer Kenntnis des Beklagten der defekten Dichtung geliefert, um den Anwendungsbereich des § 444 BGB zu eröffnen. Allein die Tatsache, dass der Beklagte (der in dem Haus nie gewohnt hat) eine malermäßige Überarbeitung des Hauses im Innenbereich veranlasst hat, reicht nicht aus, eine Kenntnis hinsichtlich der defekten Außenkamindichtung anzunehmen. Es ist von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden, dass das Malerunternehmen dem Beklagten entsprechende Mitteilung über eine defekte Dichtung gemacht hat. Vortrag für eine Nachfristsetzung (§ 439 Abs. 1 BGB) findet sich ebenfalls nicht.

4. Soweit die Klägerin Schadensersatz fordert (§§ 434,  437 Nr. 3, 281 Abs. 1 BGB), weil im Kaufvertrag fälschlicherweise behauptet wird, es bestünde kein Energieausweis, obwohl ein solcher doch vorläge (Anlage K6), erschließt sich dem Gericht bereits nicht, worin eigentlich der Mangel liegen soll. Darüber hinaus trägt die Klägerin ungenau vor: Vom Beklagten vorgelegt wurde ein „Energiepass“, im Kaufvertrag ist die Rede vom Energieausweis nach der EnEV. So handelt es sich bei dem vom Beklagten vorgelegten „Energiepass“ in Anlage K6 nur um eine „Kurzdiagnose für Gebäude und Heizung mit Modernisierungsempfehlungen“, nicht jedoch um einen Energieausweis nach Anlage 6 der EnEV. Dies zeigt sich nicht nur in der Überschrift, sondern auch in der gesamten Aufmachung, die nicht dem Muster der EnEV entspricht. Aufgrund des eindeutigen Hinweises im Vertrag lag somit Kenntnis der Klägerin bezüglich des Nichtvorliegens des Energieausweises i.S.d. § 442 BGB vor. Mängelgewährleistungsansprüche sind damit ohnehin ausgeschlossen.

Darüber hinaus enthält der „Energiepass“ Angaben, die nicht gerade überraschend sind: Wenn das Haus fast 40 Jahre alt ist und ein Baujahr von 1977 aufweist, grenzt es bereits an eine Binsenweisheit, dass man von dem Kaufobjekt wohl kaum eine Wärmedämmung nach Stand der Technik des Jahres 2013 erwarten kann. Darüber hinaus hat die Klägerin (auch nach ihrem eigenen Vortrag) das Haus mehrfach besichtigt und war sich des Bauzustands daher sicherlich bewusst. Ein unverfänglicher Blick auf Fenster in einem Haus von 1977 lässt auch dem Laien ein einfache Einschätzung des Energieverbrauchs bzw. des energetischen Zustands eines Objekts zu.

Auch fehlt hinsichtlich dieses angeblichen Mangels jeglicher Vortrag bezüglich einer Nachfristsetzung (§ 439 Abs. 1 BGB).

 

5. Soweit die Klägerin Ausführungen zu den Themen „Abstandsflächen“ und „Zustand des Hauses“ macht, sind Ansprüche wegen des Gewährleistungsausschlusses nicht ersichtlich. Darüber hinaus macht die Klägerin insoweit auch ersichtlich keine bezifferten Schadensersatzansprüche geltend. In der Klageschrift wird zwar zu diesen Themen ausgeführt, aber der Schaden nur hinsichtlich des Außenkamins und des Energiepasses beziffert.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 ZPO.

Der Streitwert folgt der Klageforderung.

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