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Berufsunfähigkeitsversicherung – Verletzung vorvertraglicher Anzeigeobliegenheiten

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 45/13 – Urteil vom 07.05.2014

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 24.5.2013 – 14 O 111/12 – wie folgt abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer 0-00.000.000-0 gemäß Versicherungsschein vom 10.3.2009 fortbesteht und nicht durch die Rücktrittserklärungen vom 11.8.2010 und vom 3.2.2011 beendet worden ist.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 44.133,60 € festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über den Fortbestand einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Der Kläger, von Beruf Fliesenleger, unterhielt bereits seit dem Jahr 2002 eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei der Beklagten mit einer Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 200 € (Versicherungsschein-Nr.: … … … vom 12.12.2002, Anlage B6). Nach Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit empfahl ihm der Versicherungsvertreter der Beklagten, der Zeuge D.M., mit welchem der Kläger privat bekannt ist, eine Erhöhung des Versicherungsschutzes. Mit Schreiben vom 13.1.2009 kündigte der Kläger den Vertrag aus dem Jahr 2002 (Bl. 50 d.A.) und beantragte im Februar 2009 die Gewährung von Berufsunfähigkeitsschutz mit einer garantierten monatlichen Rente in Höhe von 2.000 €.

Auf Seite 3 des Antragsformulars war – insgesamt in Fettdruck – formuliert:

„Gesundheitsfragen allgemein

Allgemeine Hinweise zum Versicherungsantrag

Im Rahmen der Antragsprüfung bitten wir Sie, uns einige Fragen zu beantworten. Wichtig dabei ist, dass Sie alle Ihnen bekannten Gefahrumstände angeben, die für unsere Entscheidung zur Risikoübernahme erheblich sind. Dazu zählen auch Umstände, die möglicherweise für Sie keine oder nur eine geringe Bedeutung haben oder die aus Ihrer Sicht noch nicht die Schwere einer Krankheit aufweisen.

Allgemeine Aufklärung zum Versicherungsantrag

Falls Sie die gestellten Fragen falsch oder unvollständig beantworten, kann dies dazu führen, dass Sie Ihren Versicherungsschutz verlieren oder dass später Vertragsanpassungen – auch rückwirkend – notwendig werden.

Wir möchten dies gerne vermeiden, müssten aber bei Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht im Interesse der anderen Versicherten von rechtlichen Maßnahmen, wie z.B. Rücktritt vom Vertrag oder Anfechtung des Vertrages oder Kündigung des Vertrages oder auch Verweigerung der beantragten Leistung, Gebrauch machen. Bitte tragen Sie durch Ihre Antworten zu einem für Sie dauerhaft wirksamen Versicherungsschutz bei“.

Daran schlossen sich – überwiegend ebenfalls in Fettdruck – zunächst „Allgemeine Fragen an die versicherte Person“ nach weiteren Versicherungen für den Fall der Berufsunfähigkeit, Erwerbsminderung, des Verlustes von Grundfähigkeiten, der Invalidität, der Pflegebedürftigkeit und nach besonderen Gefahren in der Freizeit an.

Darauf folgten – ebenfalls in Fettdruck – die wie folgt formulierten

„Gesundheitsfragen

Bei den in Klammern angegebenen Erkrankungen oder Beschwerden [welche nicht fett gedruckt waren] handelt es sich um Beispiele zur Verdeutlichung der Fragestellung. Diese sollen Ihnen helfen, die Fragen zu beantworten. …

1. Bitte nennen Sie uns Ihre Körpergröße und Ihr Gewicht:

2. Bestehen oder bestanden bei Ihnen in den letzten 5 Jahren Krankheiten, Gesundheitsstörungen, Beschwerden und erfolgten Behandlungen oder Beratungen (ärztliche, psychologische/psychotherapeutische, heilkundliche) wegen:

a. des Herzens, des Kreislaufs, der Arterien, der Venen, (z.B. Bluthochdruck, Krampfadern, Arterienverkalkungen, Durchblutungsstörungen, Gefäßveränderungen, Herzklappenfehler, Angina pectoris, Herzinfarkt, Schlaganfälle)?

e. des Gehirns, des Rückenmarks, der Nerven (z.B. Migräne, Schwindel, Hirnhautentzündung, Krampfanfälle, Epilepsie, Multiple Sklerose, Lähmungen, Parkinsonkrankheit, Nervenentzündungen, oder -schädigungen, Taubheitsgefühle, chronische Schmerzen)?

m. der Wirbelsäule, Knochen, Muskeln, Gelenke, Bänder, Sehnen (z.B. Hexenschuss, Bandscheibenvorfälle, Rückenschmerzen, Morbus Bechterew, Schulterschmerzen, Hüftveränderungen, Knochenbrüche, Rheuma, chronische Schmerzen, Muskelschwund, Gelenkverschleiß, Arthrose, Meniskusverletzungen, Bänderrisse, Sehnenscheiden- oder Schleimbeutelentzündungen)?

n. …

o. …“

Es folgten sechs weitere Gesundheitsfragen, welche teilweise in weitere Unterpunkte untergliedert waren.

Der Zeuge D.M. füllte das Formular auf seinem Notebook aus, wobei die konkrete Vorgehensweise zwischen den Parteien streitig ist. Auf dem – ausgedruckten – Antragsformular sind sämtliche Gesundheitsfragen verneint.

Im Anschluss an die Gesundheitsfragen folgte vor der Unterschriftsleiste der folgende – insgesamt fett gedruckte – Passus:

„Bitte beantworten Sie immer den entsprechenden Abschnitt in der Gesundheits-Zusatzerklärung, wenn eine Frage mit ja beantwortet wurde! Wenn die Abschnitte 1 – 4 nicht zu den angegebenen Erkrankungen passen, verwenden Sie bitte den allgemeinen Abschnitt 5.

Bitte beantworten Sie alle Fragen vollständig, damit wir möglichst rasch über Ihren Antrag entscheiden können und es nicht durch Rückfragen zu Verzögerungen für Ihren Versicherungsschutz kommt.

Prüfen Sie bitte auch, ob alle notwendigen Unterschriften mit Ort und Datum vorhanden sind, auch auf eventuell beigefügten Zusatzblättern. Vergewissern Sie sich vor Ihrer Unterschrift, ob alle Angaben zum Risiko vollständig und wahrheitsgemäß sind, insbesondere wenn Ihnen eine andere Person beim Ausfüllen des Antrags geholfen hat.

Hiermit versichere ich, dass ich die obigen Fragen nach bestem Wissen und Gewissen wahrheitsgemäß beantwortet und nicht verschwiegen habe. Ich bin darüber informiert, dass ich mit unvollständigen oder unwahren Angaben den Verlust des Versicherungsschutzes riskiere. Diese Angaben sind Bestandteil meines Versicherungsvertrages.

Die allgemeine Aufklärung zum Versicherungsantrag und über die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht habe ich erhalten“.

Dieser Teil des Antragsformulars schließt mit der Unterschrift des Klägers unter Angabe des Datums vom 25.2.2009 ab. Die nächsten sechs Seiten enthalten Angaben zur Wertentwicklung, zum Widerrufsrecht, eine Einwilligungserklärung nach dem Bundesdatenschutzgesetz und Erklärungen zur Schweigepflichtentbindung, welche wiederum mit einer Unterschrift des Klägers abschließen.

Unterhalb der Unterschriftsleiste folgt eine

„Empfangsbestätigung (Bestätigung des Antragstellers)

Ich bestätige, dass ich das Produktinformationsblatt, die Kundeninformation, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), das Merkblatt zur Datenverarbeitung, die Mitteilung über die Folgen der Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht sowie eine Zweitschrift des Antrags inklusive der Schweigepflichtentbindungserklärung und der Einwilligungserklärung nach dem Bundesdatenschutzgesetz mit der Antragsmappe … erhalten habe.“

welche – auf der nächsten Seite – erneut von dem Kläger unterschrieben ist.

Die Beklagte policierte die Versicherung mit Versicherungsschein vom 10.3.2009 (Versicherungsschein-Nr. 0-00.000.000-0, Anlage K2).

Im Juli 2010 zeigte der Kläger an, wegen eines Tumors des Lungenmittellappens berufsunfähig zu sein.

Mit Schreiben vom 11.8.2010 (Anlage K3) und vom 3.2.2011 (Anlage K6) teilte die Beklagte dem Kläger mit, im Rahmen der Leistungsprüfung von folgenden ärztlichen bzw. krankengymnastischen Behandlungen erfahren zu haben:

– wegen Rückenschmerzen vom 6.12. bis 22.12.2006 und vom 25.1. bis 14.2.2007 und am 29.10.2007

– wegen Migräne vom 21.11.2006 bis 12.1.2007

– wegen Epicondylitis am 22.1.2009

– wegen Hypotonie vom 20.2. bis 27.2.2006

und erklärte den Rücktritt vom Vertrag wegen vorsätzlicher Verletzung der Anzeigepflicht. Hilfsweise verlangte sie nach § 19 Abs. 4 VVG folgende rückwirkende Vertragsanpassung:

„Es ist vereinbart, dass Beschwerden des Rückens und der Wirbelsäule und Epicondylitis radialis humeri li/re sowie Migräne und jeweils deren Folgen eine Leistung aus der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht bedingen und bei der Festlegung des Grades der Berufsunfähigkeit unberücksichtigt bleiben“.

Mit Schreiben vom 30.11.2010 erkannte die Beklagte – unter Hinweis auf die Aufrechterhaltung des Rücktritts – Ansprüche wegen Berufsunfähigkeit vom 1.4.2010 bis 31.3.2011 an (Anlage K24). Mit Schreiben vom 9.2.2011 (Anlage K12) informierte sie den Kläger „über den aktuellen Stand dieser Versicherung“.

Der Kläger hat behauptet, die ihm bei Antragstellung gestellten Fragen wahrheitsgemäß beantwortet zu haben. Der Zeuge D.M. habe dabei die Gesundheitsfragen und die hierzu erteilten Hinweise nicht vorgelesen, sondern lediglich „angerissen“, indem er etwa gefragt habe: „Hast du es am Herzen?, Hast du Kreislaufprobleme?, Hast du Allergien?“. Nach Kopfschmerzen oder Migräne habe der Zeuge nicht gefragt. Die konkretisierten Beispiele seien weder vorgelesen, noch sonst genannt worden. Dass auch ausgeheilte Erkrankungen und frühere ärztliche Behandlungen anzugeben seien, sei ihm nicht verdeutlicht worden. Das Antragsformular sei ihm lediglich zur Unterschrift an den vom Zeugen D.M. mit einem Kreuz versehenen Stellen vorgelegt worden; er habe keine Gelegenheit gehabt, es zu lesen.

Die in der Rücktrittserklärung genannten Diagnosen Migräne, Epicondylitis und Hypotonie seien ihm von den Ärzten nicht genannt worden. Dabei habe es sich lediglich um einmalig aufgetretene Bagatellen gehandelt, denen er wenig Bedeutung beigemessen habe und die bei Antragstellung – längst – wieder abgeklungen gewesen seien. Er habe hieran bei Antragstellung auch nicht mehr gedacht. Zum Beleg hat der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 3.2.2011 (Anlage K7) unstreitig schon vorgerichtlich Atteste der behandelnden Ärzte vorgelegt. Vor diesem Hintergrund habe der Kläger das Informationsschreiben der Beklagten vom 9.3.2011 (Anlage K12) über den aktuellen Stand des Vertrages dahin verstanden, dass die Beklagte nach der zugesagten Überprüfung des Rücktritts zu dem Ergebnis gelangt sei, diesen unverändert fortführen zu wollen.

Sofern man dennoch von einer Anzeigepflichtverletzung ausgehen wolle, sei dem Kläger aber jedenfalls kein Verschulden vorzuwerfen.

Der Kläger hat ferner behauptet, ihm seien lediglich das 13-seitige Antragsformular und eine Kopie der Tätigkeitsbeschreibung ausgehändigt worden. Weitere Unterlagen, insbesondere die „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht“ (Anlage 1b), habe er nicht erhalten.

Der Kläger hat deshalb Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsvertrages verlangt, hilfsweise Feststellung des Fortbestehens mit der von der Beklagten formulierten Vertragsanpassung, jedoch mit der Abänderung, dass ein Ausschluss nicht wegen „Epicondylitis radialis humeri li/re“, sondern nur wegen „Epicondylitis radialis humeri rechts“ bestehe.

Können wir Ihnen in einem ähnlichen Fall behilflich sein? Vereinbaren Sie einen Termin unter 02732 791079 oder fordern Sie unsere Ersteinschätzung online an.

Die Beklagte ist dem entgegen getreten. Sie hat behauptet, die Gesundheitsfragen seien dem Kläger einzeln wörtlich vorgelesen worden. Der Kläger habe die Gesundheitsbeeinträchtigungen und deren ärztliche Behandlungen bewusst verschwiegen. Bei Kenntnis der verschwiegenen Vorerkrankungen hätte sie die Versicherung nur mit besonderen Ausschlussklauseln abgeschlossen.

Die Übersendung einer Mitteilung über den aktuellen Stand der Versicherung vom 9.3.2011 (Anlage K12) hat die Beklagte auf technische Gründe wegen der Leistungserbringung bis März 2011 zurückgeführt. Eine Aufhebung der Wirkungen des Rücktritts sei hiermit nicht verbunden gewesen.

Das Landgericht hat die Klage mit am 24.5.2013 verkündetem Urteil abgewiesen. Dabei ist es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von einer vorsätzlichen Anzeigepflichtverletzung des Klägers ausgegangen, welche die Beklagte zum Rücktritt berechtigt habe.

Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt, mit welcher er sein Klagebegehren weiterverfolgt. Das Landgericht habe verkannt, dass dem Rücktritt der Beklagten § 19 Abs. 5 VVG entgegen stehe. Des Weiteren habe das Landgericht die Bedeutung des Schreibens der Beklagten vom 9.3.2011 verkannt und nicht ausreichend berücksichtigt, dass ein „Vorvertrag“ bestanden habe, so dass zumindest der ursprüngliche Vertrag habe weitergelten müssen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 24.5.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 111/12 –

1. festzustellen, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer 0-00.000.000-0 gemäß Versicherungsschein vom 10.3.2009 fortbesteht und nicht durch die Rücktrittserklärungen vom 11.8.2010 und vom 3.2.2011 erloschen ist.

hilfsweise

2. festzustellen, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Versicherungsvertrag mit der Versicherungsnummer 0-00.000.000-0 gemäß Versicherungsschein vom 10.3.2009 mit Wirkung ab dem 1.8.2010 wie folgt angepasst wird: „Es ist vereinbart, dass Beschwerden des Rückens und der Wirbelsäule und Epicondylitis radialis humeri rechts sowie Migräne und jeweils deren Folgen eine Leistung aus der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht bedingen und bei der Festlegung des Grades der Berufsunfähigkeit unberücksichtigt bleiben.

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger nicht anrechenbare außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.165,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die Berufung des Klägers hat – bis auf die geltend gemachte Nebenforderung – Erfolg.

Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag begründet, weil die Beklagte nicht in wirksamer Weise wegen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung von dem Versicherungsvertrag zurückgetreten ist.

Soweit das Landgericht auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme festgestellt hat, dass der Zeuge D.M. dem Kläger die Gesundheitsfragen im Einzelnen vollständig vorgelesen hat, so wie sie im Antragsformular formuliert sind, hat der Senat mit Blick auf die Beweiswürdigung des Landgerichts Zweifel an der Richtigkeit dieser entscheidungserheblichen Feststellung.

Unabhängig davon, ob überhaupt von einer – vorsätzlichen – Anzeigepflichtverletzung ausgegangen werden kann, fehlt es entgegen der Ansicht des Landgerichts aber jedenfalls an einem ordnungsgemäßen Hinweis über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung (§ 19 Abs. 5 VVG, hierzu unter 2). Das hat gemäß § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG zur Folge, dass der Beklagten ein Rücktrittsrecht nicht zustand.

1.

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG hat der Versicherungsnehmer bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform (§ 126b BGB) gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Pflicht, kann der Versicherer innerhalb der Monatsfrist des § 21 Abs. 1 Satz 1 VVG abhängig von dem Verschuldensgrad die Gestaltungsrechte des § 19 VVG, nämlich Rücktritt, Vertragsanpassung oder Kündigung, ausüben.

Schon der objektive Tatbestand der Anzeigepflichtverletzung setzt danach voraus, dass der Versicherungsnehmer Fragen unrichtig beantwortet hat, die ihm in Textform zur Kenntnis gelangt sind. Der Senat hat Zweifel an der Feststellung des Landgerichts, dieser Nachweis sei der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.2010 – IV ZR 252/08 – VersR 2011, 337; Urt. v. 14.7.2004 – IV ZR 161/03 – VersR 2004, 1297) nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gelungen.

a)

Wird dem Versicherungsnehmer ein Verstoß gegen die vorvertragliche Anzeigeobliegenheit aus § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG zur Last gelegt, so betrifft die Frage, ob dem Versicherungsnehmer bestimmte Fragen nach gefahrerheblichen Umständen tatsächlich gestellt worden sind, den vom Versicherer zu beweisenden objektiven Tatbestand der Obliegenheitsverletzung. Hat – wie hier unstreitig – ein Versicherungsagent das Formular für den Antragsteller ausgefüllt, so erbringt allein der ausgefüllte Antrag nicht den Beweis für die falsche Beantwortung der Antragsfragen, wenn der Versicherungsnehmer substantiiert behauptet, die von dem Agenten gestellten Fragen mündlich zutreffend beantwortet zu haben oder von diesem mit einzelnen Fragen überhaupt nicht konfrontiert worden zu sein. In einem solchen Fall muss der Versicherer beweisen, dass alle im schriftlichen Formular beantworteten Fragen dem Antragsteller zur eigenverantwortlichen (mündlichen) Beantwortung sorgfältig vorgelesen und so wie niedergelegt von ihm beantwortet worden sind (BGH, Urt. v. 14.7.2004 – IV ZR 161/03 – VersR 2004, 1297; Urt. v. 24.11.2010 – IV ZR 252/08 – VersR 2011, 337). Anderenfalls – bei den Sinngehalt der Fragen verfälschender Wiedergabe – wäre im Übrigen auch die in § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG vorgesehene Textform (§ 126b BGB) verletzt, denn die mündlich verfälscht wiedergegebene Frage ist gerade nicht textlich fixiert (vgl. hierzu Neuhaus, VersR 2012, 1477).

b)

Der Kläger hat ein sorgfältiges Vorlesen der Gesundheitsfragen substantiiert bestritten. Er hat bereits in seiner ersten Anhörung durch das Landgericht am 20.9.2012 (Bl. 52 ff. d.A.) geschildert, der Zeuge D.M. habe ihn nicht im Detail, sondern nur im Groben nach Erkrankungen gefragt. So habe dieser etwa gefragt, ob er „etwas am Kopf oder an den Beinen hätte“. Auch ein Zeitraum sei ihm nicht genannt worden, vielmehr sei lediglich gefragt worden „Hast du etwas gehabt?“. Auch nach ärztlichen Behandlungen sei gefragt worden, jedoch lediglich bezogen auf den aktuellen Zeitraum. Alle gestellten Fragen habe er wahrheitsgemäß beantwortet. An dieser Darstellung hat der Kläger in seiner zweiten Anhörung durch das Landgericht am 29.4.2013 (Bl. 171 d.A.) festgehalten und hat diese damit erklärt, der Zeuge D.M. kenne ihn ja privat und habe deshalb gewusst, dass er gesund sei.

Demgegenüber hat der Zeuge D.M. bereits in seiner ersten Vernehmung durch das Landgericht am 20.9.2012 zunächst seine routinemäßige Vorgehensweise dargestellt, nach welcher er den Kunden mitteile, dass Krankheiten, Gesundheitsstörungen, Beschwerden, Behandlungen, Beratungen und Rehaaufenthalte aus den letzten fünf Jahren abgefragt werden. Danach lese er im Wortlaut die einzelnen im Antragsformular abgedruckten Beschwerden vor und erwähne dabei auch sämtliche Beispiele, die nicht fett gedruckt sind. Weil er immer so vorgehe, nehme er an, dies auch bei dem Antragsgespräch mit dem Kläger getan zu haben. Bei dieser Darstellung ist er auch bei seiner zweiten Vernehmung durch das Landgericht am 29.4.2013 geblieben. Indessen hat er seine Angaben bei seiner ersten Vernehmung dahin relativiert, nicht mehr sagen zu können, ob er dabei „jedes Wörtchen“ vorgelesen habe. Auf Frage hat der Zeuge ferner eingeräumt, den Kläger wohl nicht gefragt zu haben, ob dieser rauche, denn er wisse, dass dem nicht so sei. Aus denselben Gründen habe er den Kläger wohl nicht gefragt, ob dieser Drogen nehme. Dasselbe gelte für die Frage nach dem Vorliegen einer HIV-Infektion.

Diese Angaben legen nahe, dass der Zeuge mit Blick auf den privaten Kontakt mit dem Kläger – und daraus gemutmaßter Kenntnis von dessen Gewohnheiten und gesundheitlichem Zustand – von seiner (angeblichen) Routine abgewichen ist.

Hierfür spricht auch die Darstellung der Zeugin F.M., der Ehefrau des Klägers, welche zumindest zeitweise bei dem Antragsgespräch zugegen war und angegeben hat, die Fragen seien nicht aus dem Antragsformular vorgelesen, sondern „eher pauschal“ – so etwa in der Art: „Hast du was am Herzen?“ – gestellt worden.

Bei dieser Sachlage begegnet die Annahme des Landgerichts Zweifeln, es könne als erwiesen angesehen werden, dass der Zeuge D.M. sämtliche Antragsfragen wörtlich vorgelesen hat. Der Senat vermag auf dieser Grundlage eine Kenntnis des Klägers von sämtlichen – einschließlich der hier relevanten – Gesundheitsfragen nicht festzustellen. Das ist auch nicht deshalb anders, weil der Kläger in seiner ersten Vernehmung zunächst angegeben hat, der Zeuge D.M. habe ihn nach Kopfschmerzen gefragt. Es liegt nahe, dass der Kläger mit der Formulierung „Hast du Kopfschmerzen oder sonstige Erkrankungen?“ lediglich die pauschale Art der Fragestellung durch den Zeugen D.M. beschreiben wollte. Am Ende seiner Vernehmung hat der Kläger auf Frage klargestellt, der Zeuge habe definitiv nicht nach Kopfschmerzen gefragt. Dies steht mit der Darstellung des Zeugen D.M. in Einklang, die Antragsfragen wörtlich gestellt zu haben. Die Frage nach Kopfschmerzen gehört hierzu – anders als die Frage nach einer Migräne – nämlich nicht.

Angesichts der Vielzahl der Gesundheitsfragen – einschließlich der erläuternden Begriffe in den Klammerzusätzen – hält der Senat es ferner für zweifelhaft, ob dem Kläger in der Befragungssituation bewusst geworden und bis zum Ende präsent geblieben ist, dass der Zeitraum der letzten fünf Jahre abgefragt werden sollte. Dass der Kläger – ebenso wie dessen als Zeugin vernommene Ehefrau – eine ausschließlich auf den Zeitpunkt der Befragung bezogene Darstellung der Fragestellung abgegeben hat, lässt Gegenteiliges vermuten. Auch insoweit ist die erforderliche Kenntnis des Klägers in Zweifel zu ziehen.

c)

Zugunsten der beweisbelasteten Beklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei einer späteren Durchsicht des – ausgedruckten – Antragsformulars Kenntnis von den Antragsfragen erlangt hat (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 25.5.1994 – IV ZR 215/93 – NJW-RR 1994, 1049 zu § 16 Abs. 1 Satz 3 VVG a.F.).

Der Kläger hat angegeben, das ausgedruckte Antragsformular sei ihm in einem zweiten Termin nur zur Unterschrift vorgelegt worden. Er habe den Antrag nicht noch einmal durchgesehen und sei hierzu auch nicht von dem Zeugen D.M. aufgefordert worden. Der hierzu vom Landgericht vernommene Zeuge D.M. hat auch insoweit lediglich sein routinemäßiges Vorgehen geschildert, wonach er die Fragen noch einmal zeige und dann das Antragsformular unterschreiben lasse. Ob er dem Kläger das Antragsformular vor Unterzeichnung noch einmal komplett übergeben habe, hat der Zeuge nicht sagen können (vgl. hierzu Karczewski, RuS 2012, 521, 526 m.w.N., der eine Übergabe des Formulars in Textform auch mit Blick auf die Dokumentationsfunktion des § 126b BGB für erforderlich hält).

2.

Ungeachtet des Vorliegens einer – vorsätzlichen – Anzeigepflichtverletzung steht dem Versicherer das Rücktrittsrecht gemäß § 19 Abs. 5 VVG jedenfalls nur dann zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Daran fehlt es im Streitfall.

a)

Eine solche formgerechte Mitteilung enthält – ungeachtet der an ihren Inhalt zu stellenden Anforderungen (vgl. hierzu Looschelders, VersR 2011, 697) – weder der den Gesundheitsfragen vorangehende Passus auf Seite 3 des Antragsformulars noch der den Gesundheitsfragen nachfolgende Text auf Seite 6 des Antragsformulars.

Der Bundesgerichtshof hat allerdings – zu der gleichlautenden Formulierung in § 28 Abs. 4 VVG in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur klargestellt (Urt. v. 9.1.2013 – IV ZR 197/11 – VersR 2013, 297 zu § 28 Abs. 4 VVG unter Darstellung des Meinungsstandes), dass eine „gesonderte Mitteilung in Textform“ zusammen mit schriftlichen Fragen des Versicherers innerhalb eines Dokuments erteilt werden könne. Das hat der Bundesgerichtshof – unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den ähnlichen Regelungszweck des § 19 Abs. 5 VVG (siehe BT-Drucks. 16/3945, S. 65/66) – aus dem Gesetzeszweck geschlossen, nach welchem der Versicherungsnehmer zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Auskunftsobliegenheiten angehalten, aus Gründen der Fairness zugleich aber auch vor den ihm anderenfalls drohenden Rechtsnachteilen gewarnt werden solle (vgl. Rixecker in Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 28 Rdn. 108 ff.). Diesem Zweck der Belehrung könne sowohl durch ein – von der Formulierung „gesonderte Mitteilung in Textform“ jedenfalls auch gedecktes – eigens für die Belehrung erstelltes Dokument („Extrablatt“) Rechnung getragen werden als auch durch eine anlassbezogene Belehrung im unmittelbaren Kontext mit den an den Versicherungsnehmern gerichteten Fragen (ebenso OLG Stuttgart, Urt. v. 26.9.2013 – 7 U 101/13 – zitiert nach juris zu § 19 Abs. 5 VVG). Gerade in letzterem Fall werde sie der vom Gesetz bezweckten Warnfunktion gerecht. Das entspricht der vom Senat zu § 28 Abs. 4 VVG vertretenen Auffassung (vgl. Urt. v. 22.3.2006 – 5 U 405/05-40 – VersR 2006, 1208 m.w.N.).

Ist die Belehrung – wie hier – unmittelbar in das Antragsformular selbst aufgenommen, so muss sie aber drucktechnisch so gestaltet sein, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (BGH, aaO.; Stuttgart, aaO.; OLG Karlsruhe, VersR 2010, 1448 zu § 28 Abs. 4 VVG). Dem werden die Hinweise vor und nach den Gesundheitsfragen nicht gerecht.

Der Hinweis auf Seite 3 des Antragsformulars hebt sich in keiner Weise – weder in Schriftart oder Schriftgröße noch in Bezug auf Fett-, Kursiv- oder Normaldruck, Zeilenabstand, Zeilen- oder Absatzeinzüge oder sonstige grafische Mittel – vom Fließtext ab, der schlicht insgesamt – von wenigen Zeilen mit untergeordneter Bedeutung abgesehen – fett gedruckt ist. Auch die Überschrift – „Allgemeine Aufklärung zum Versicherungsantrag“ – zu dem übergeordneten Punkt „Gesundheitsfragen allgemein“ ist nicht geeignet, auf eine gesondert erteilte rechtliche Information aufmerksam zu machen. Nichts anderes gilt für den Hinweis auf Seite 6 des Antragsformulars.

b)

Entgegen der Ansicht des Landgerichts genügt auch die von der Beklagten als Anlage 1b vorgelegte „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen der Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht“ den Anforderungen nicht. Es kann deshalb offen bleiben, ob sie dem Kläger – was dieser bestreitet – mit dem Antragsformular ausgehändigt worden ist. Anders als das Landgericht meint, kann das nicht schon daraus geschlossen werden, dass der Kläger den Erhalt mit seinen Unterschriften auf den Seiten 6 und 13 des Formulars bestätigt hätte. Denn an den fraglichen Stellen wird auf die anderslautenden Hinweise „Allgemeine Aufklärung zum Versicherungsvertrag und über die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht“ und auf die „Mitteilung über die Folgen der Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht“ Bezug genommen.

 

Die als Anlage 1b vorgelegte Mitteilung stellt zwar eine gesonderte Erklärung dar. Aus der oben dargestellten Zielsetzung des § 19 Abs. 5 VVG ergibt sich aber die Notwendigkeit, die Belehrung zeitlich, räumlich und sachlich so in einen Zusammenhang mit den Fragen des Versicherers zu bringen, dass dem Versicherungsnehmer die Belehrung bei der Beantwortung der Fragen „vor Augen steht“ (vgl. BGH, Urt. v. 9.1.2013 – IV ZR 197/11 – VersR 2013, 297 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 19 Abs. 5 VVG zur Notwendigkeit, den Versicherungsnehmer erst dann zu belehren, wenn Angaben zu einem konkreten Versicherungsfall erwartet werden; OLG Hamm, VersR 2011, 469). Wird die Belehrung in einem dem Antragsformular lose beigefügten Schriftstück erteilt, so wird die Warnfunktion nur dann erreicht, wenn dem Versicherungsnehmer ein Zusammenhang mit der Beantwortung der Antragsfragen hinreichend verdeutlicht wird (ähnlich OLG Hamm, VersR 2011, 469). Daran fehlt es im Streitfall.

Die den Gesundheitsfragen vorangehenden Hinweise auf Seite 3 des Antragsformulars, welche ihrerseits mögliche Folgen falscher oder unvollständiger Angaben ansprechen – Verlust des Versicherungsschutzes, spätere, auch rückwirkende Vertragsanpassungen, Rücktritt vom Vertrag, Anfechtung des Vertrages oder Kündigung des Vertrages oder auch Verweigerung der beantragten Leistung – erwähnen dieses Beiblatt nicht.

Auch im Anschluss an die Gesundheitsfragen wird nicht hinreichend deutlich darauf aufmerksam gemacht, dass an anderer Stelle – weitere – wesentliche Hinweise zu den Folgen falscher Angaben erfolgen sollen. So folgen im Anschluss an die Gesundheitsfragen zunächst – in Fettdruck – Hinweise für den Fall, dass einzelne Gesundheitsfragen mit „ja“ beantwortet wurden, des Weiteren – ebenfalls in Fettdruck – die Bitte, die Fragen vollständig zu beantworten, damit rasch über den Antrag entschieden werden könne und – ebenfalls in Fettdruck – die weitere Bitte um Prüfung, ob alle notwendigen Unterschriften mit Ort und Datum vorhanden sind, auch auf eventuell beigefügten Zusatzblättern, verbunden mit der Aufforderung, sich vor der Unterschrift zu vergewissern, ob alle Angaben zum Risiko vollständig und wahrheitsgemäß sind, insbesondere wenn eine Person beim Ausfüllen geholfen hat. Daran schließt sich folgender fett gedruckter Text an: „Hiermit versichere ich, dass ich die obigen Fragen nach bestem Wissen wahrheitsgemäß beantwortet und nichts verschwiegen habe. Ich bin darüber informiert, dass ich mit unvollständigen oder unwahren Angaben den Verlust des Versicherungsschutzes riskiere. Diese Angaben sind Bestandteil meines Versicherungsvertrages“.

Ausgehend davon, dass bereits Hinweise zu den Folgen falscher Angaben erteilt waren, muss der Versicherungsnehmer aus der sich unmittelbar anschließenden Erklärung – „Die allgemeine Aufklärung zum Versicherungsantrag und über die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht habe ich erhalten“ – jedenfalls ohne ausdrücklichen klarstellenden und vom übrigen Text hervorgehobenen Hinweis nicht schließen, dass an anderer Stelle weitere wichtige Hinweise zu den Folgen von Falschangaben erteilt werden sollten, ebenso wenig dass dies durch die – anders bezeichnete – „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht“ erfolgen sollte. Die Formulierung – „eine … Aufklärung … habe ich erhalten“ – legt im Übrigen nicht einmal nahe, dass überhaupt eine – weitere – schriftliche Aufklärung gemeint sein soll.

Nichts anderes gilt für die in der am Ende des Antragsformulars abgedruckten Empfangsbestätigung erwähnte „Mitteilung über die Folgen der Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht“. Insoweit kommt hinzu, dass die dort erwähnte gesetzliche Anzeigepflicht sich ebenso gut auf im Zusammenhang mit dem Eintritt eines Versicherungsfalls bestehende Anzeigepflichten beziehen kann. Abgesehen davon, dass der Hinweis auf die Belehrung über die Folgen einer Falschbeantwortung der Antragsfragen in keiner Weise hervorgehoben ist, muss der Versicherungsnehmer hiermit am Ende eines 13-seitigen Antragsformulars – nach einer Darstellung der Wertentwicklung des Vertrages, einer Belehrung über das Widerrufsrecht und die Widerrufsfolgen, nach Einwilligungserklärungen nach dem Bundesdatenschutzgesetz und nach Erklärungen zur Schweigepflichtentbindung und Verwendung der Gesundheitsdaten – auch nicht mehr rechnen (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 26.9.2013 – 7 U 101/13 – zitiert nach juris: kein ausreichender Zusammenhang bei „Wichtigen Hinweisen zur Anzeigepflicht“ auf der letzten Seite des Antragsformulars mehrere Seiten nach den Gesundheitsfragen, weil nicht die erforderliche Gewähr bestehe, dass der Versicherungsnehmer sie nicht übersehen könne).

Hinzu kommt, dass auch die Überschrift der Belehrung als solcher – „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen der Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht“ – dem Versicherungsnehmer den Zusammenhang zu den Antragsfragen nicht verdeutlicht.

Es kann deshalb offen bleiben, ob unter den Umständen des Streitfalls bei der späteren Aushändigung der ausgedruckten schriftlichen Antragsunterlagen in zeitlicher Hinsicht noch ein ausreichender Zusammenhang mit der Beantwortung der von dem Agenten lediglich mündlich gestellten Antragsfragen angenommen werden kann.

3.

Der Kläger kann von der Beklagten allerdings nicht die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen, zu deren Geltendmachung in eigenem Namen er von seinem Rechtsschutzversicherer ermächtigt worden ist (Anlage K26).

Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, könnte sich ein solcher Erstattungsanspruch nur aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Pflichten ergeben. Die erforderliche Pflichtverletzung liegt in der Rücktrittserklärung, zu welcher die Beklagte nicht berechtigt gewesen ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.2009 – V ZR 133/08 – NJW 2009, 1262). Dennoch scheidet eine Haftung der Beklagten nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB aus, weil sie nicht fahrlässig gehandelt und die Verletzung ihrer Pflichten nach § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB nicht zu vertreten hat. Hierzu genügt, dass sie ihren Rechtsstandpunkt nach einer Plausibilitätskontrolle – mit dem Landgericht – für berechtigt halten durfte (vgl. BGH, aaO.).

4.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Den Geschäftswert für das Berufungsverfahren setzt der Senat – mit dem Land-gericht – auf 44.133,60 € fest (50 % des 3,5-fachen Jahresbetrages der monatlichen Rente von 2.000 € und der monatlichen Prämie von 101,60 €, vgl. BGH, Beschl. V. 6.10.2011 – IV ZR 183/10 – VersR 2012, 76).

Die Revision ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

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