LG Bonn
Az.: 3 O 251/00
Urteil vom 18.12.2000
1. Die Rechtsgebiete Familien- und Eherecht bilden einen einheitlichen anwaltlichen Tätigkeitsbereich, so dass die Formulierung „Familien- und Eherecht“ auch nur als einheitlicher Interessenschwerpunkt im Sinne von § 7 BORA zu werten ist.
2. Anwaltliche Werbung durch Zeitungsinserate mit einem drucktechnisch hervorgehobenen, generellen und uneingeschränkten Hinweis „Auf Wunsch Hausbesuche“ verstößt nach Form und Inhalt, mangels sachlicher Unterrichtung, gegen § 43 b BRAO.
Der beklagte Rechtsanwalt hatte ein Zeitungs-Inserat folgenden Wortlauts geschaltet:
Rechtsanwalt Interessenschwerpunkte: Strafrecht – Straßenverkehrsrecht
Familien- und Eherecht – Mietrecht – Kaufrecht ——————————————————
Auf Wunsch Hausbesuche.
Wegen dieser Zeitungsanzeige ist der Rechtsanwalt von Mitbewerbern auf Unterlassung in Anspruch genommen worden, weil in dem Inserat mit sechs Interessenschwerpunkten geworben werde, obwohl nach § 7 Absatz 1 BORA lediglich fünf Benennungen erlaubt seien. Daneben verstoße auch das Anbieten von Hausbesuchen sowohl gegen das sich aus § 28 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BRAO ergebende grundsätzliche Verbot auswärtiger Sprechtage als auch gegen die Regelung des § 43 b BRAO. Die Klage hatte hinsichtlich des Klageantrags zu 2 Erfolg.
Da es sachgerecht erscheine, die in dem Zeitungsinserat verwendete Formulierung „Familien- und Erbrecht‚ als die Bezeichnung bloß eines einzigen Interessenschwerpunktes gelten zu lassen, vertritt das LG Bonn die Auffassung, dass die aufgeführten Interessenschwerpunkte die zulässige Anzahl von fünf Nennungen (§ 7 Abs. 1 BORA) nicht übersteigt und damit unbedenklich sei. Die Rechtsgebiete Familien- und Eherecht würden in aller Regel einen einheitlichen anwaltlichen Tätigkeitsbereich bilden. Darüber hinaus würde ein Rechtsanwalt, der außer Familien- und Eherecht mehrere weitere Interessenschwerpunkte hat, unzumutbar benachteiligt, wenn man die hier erörterte Begriffsverknüpfung bei insgesamt nur fünf möglichen Nennungen nicht als einheitlichen Interessenschwerpunkt werten würde, oder von ihm verlangen würde, einen der Teilbereiche zu verschweigen.
Demgegenüber wertet das Gericht den drucktechnisch besonders hervorgehobenen, generellen und uneingeschränkten Hinweis „Auf Wunsch Hausbesuche“, als unvereinbar mit § 43 b BRAO. Der Hinweis könne dahingehend verstanden werden, dass die Festlegung des jeweiligen Beratungsortes in das Belieben des Mandanten gestellt sei. Eine derart anlockend und anbiedernd erscheinende Werbung sei aber der Stellung des Rechtsanwalts in der Rechtspflege (§ 1 BRAO) unwürdig. Zudem könne, würde der Beklagte sich danach verhalten, der Zustand eintreten, dass keine grundsätzliche Gewähr mehr besteht, den zugelassenen Anwalt in der Regel an seinem Kanzleisitz zu erreichen, was § 28 BRAO gerade verhindern will.