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Hausratversicherung: Abgrenzung von Raub und Trickdiebstahl

LG Ansbach, Az.: 3 O 837/16 Ver, Urteil vom 14.03.2017

I)

Die Klage wird abgewiesen.

II)

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III)

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrags für die Beklagte vorläufig vollstreckbar.

B e s c h l u s s :

Der Streitwert wird auf 35.000 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht Ansprüche aus einer Hausratsversicherung geltend.

Zwischen den Parteien besteht ein Versicherungsvertrag, welcher auch eine Hausratsversicherung umfasst.

Aus dieser Versicherung macht der Kläger aufgrund eines Vorfalls vom 29.12.2015 in Italien bei Mailand Ansprüche geltend.

Im Hinblick auf diesen Vorfall hat der Kläger gegenüber der Questura di Milano eine schriftliche Anzeige erstattet.

In der Erläuterung hierzu hat der Kläger dies wie folgt dargestellt:

„35.000 € in bar. Ich fuhr mit zwei Freunden auf der Straße SP5 Viale Brianza und wurde von einem Fiat Kombi aufgehalten, um ihm zu folgen. Wir folgten dem Punto zu dem Kreisverkehr Via Civo Menotti. Dort steigt einer der drei Männer aus und verlangt Ausweise und schnüffelte nach Drogen. Er fragt nach Drogen und Falschgeld. Er fand in meiner Hose das Geld und ist zurück zu seinem Auto gegangen. Alle drei Personen fuhren mit unserem Geld. Nach 500m hat er unseren Autoschlüssel aus dem Auto geschmissen.“

Der Kläger trägt vor, dass er am 29.12.2015 in der Nähe von Mailand in Italien mehrere Pkw besichtigt habe, um einen Pkw zu kaufen.

Aus diesem Grund habe er 35.000 € Bargeld bei sich geführt, welches er sich am 28.12.2015 in Deutschland hat auszahlen lassen.

Der Kläger trägt vor, dass er bei einer vermeintlichen Fahrzeugkontrolle am 29.12.2015 von der italienischen Polizei angehalten wurde. Dabei habe es sich allerdings nur um angebliche Polizisten gehandelt.

Hausratversicherung: Abgrenzung von Raub und Trickdiebstahl
Symbolfoto: HappyLenses/Bigstock

Nachdem das Fahrzeug angehalten wurde, sei ein Insasse aus dem „Polizeifahrzeug“ an die Fahrerseite des Wagens getreten. Der Kläger habe dann die Scheibe heruntergelassen.

Von dem Mann seien dann die Ausweise des Klägers und seiner zwei Freunde verlangt worden und es sei nach Drogen gefragt worden.

In diesem Zusammenhang sei einer der angeblichen Polizisten sehr aggressiv gewesen und sei handgreiflich gegenüber dem Kläger geworden. Er schlug dem Kläger ins Gesicht und entwendete den Fahrzeugschlüssel des Klägers, welcher sich noch im Zündschloss befand. Daraufhin habe er die Taschen des Klägers durchsucht und in diesem Zusammenhang den ungeöffneten Umschlag der Raiffeisenbank mit den 35.000 € gefunden und diesen entwendet.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35.000 € zu bezahlen. Dieser Betrag ist mit 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.01.2016 zu verzinsen.

2. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die außergerichtlich bei der Klagepartei angefallenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.474,89 € zu bezahlen. Dieser Betrag ist mit 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor, dass sie den vorgetragenen Geschehensablauf so nicht nachvollziehen kann.

Die Beklagte weist daraufhin, dass es immer wieder zu unterschiedlichen Darstellungen bei der Schilderung des Sachverhalts gekommen sei.

Zum übrigen Vorbringen der Parteien wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Aussagen … und …. Zum Inhalt und Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 27.12.2016 und vom 21.02.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist nicht begründet, da der streitgegenständliche Diebstahl bzw. Raub zur Überzeugung des Gerichts nicht festgestellt werden konnte. Der Eintritt des Versicherungsfalls steht damit nicht fest.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme und aufgrund der vorliegenden Unterlagen konnte das Gericht nicht zu der notwendigen eindeutigen Überzeugung gelangen, dass sich eine der Darstellungen, wie sie vom Kläger vorgetragen wurden, tatsächlich auch zugetragen hat. Es verbleiben Zweifel, was sich konkret ereignet hat.

Damit verbleibt es für das Gericht offen, ob es tatsächlich zu einer Wegnahme der 35.000 € gekommen ist. Diese fehlende Überzeugung des Gerichts beruht aufgrund der unterschiedlichen Darstellungen des Sachverhalts zum einen durch den Kläger, als auch durch die Zeugenaussagen, die wesentliche Elemente des klägerischen Vortrags nicht bestätigt haben.

Zwar haben der Kläger und die Zeugen … und … übereinstimmend bekundet, dass es zu dem streitgegenständlichen Zwischenfall gekommen sei und dem Kläger auf der Fahrt nach Italien bei dem streitgegenständlichen Zwischenfall das Geld abhanden gekommen ist. Die Zeugen haben das Geld jedoch selbst bei der Wegnahme nicht gesehen, obwohl sie vom „Geld“ sprachen, da es sich in einem Kuvert befunden hat. Dennoch vermag das Gericht aufgrund der übereinstimmenden Kernaussage zu keiner eindeutigen Überzeugung gelangen, dass sich der Vorfall auch entsprechend ereignet hat, da im übrigen so zahlreiche Widersprüche im Raum stehen, die auch hinsichtlich des Kerngeschehens letztlich Zweifel des Gerichts hervorgerufen haben, welche nicht durch die Beweisaufnahme ausgeräumt werden konnten.

Von dem vorliegenden Sachverhalt gab es durch den Kläger immer wieder unterschiedliche Darstellungen. Bei der Anzeige bei der italienischen Polizei erklärte er nur: „Er fand in meiner Hose das Geld und ist zurück zu seinem Auto gegangen.“ Diese Erklärung hat der Kläger selbst ausgefüllt und geschrieben, sodass es hierbei nicht zu Missverständnissen gekommen sein kann. Aus diesem Grund ist auch die aufgeworfene Frage der Verständigungsprobleme mit den italienischen Polizisten nicht entscheidungserheblich.

Im Hinblick auf die spätere Darstellung, dass eine Pistole in dem Auto der „Polizisten“ gezeigt wurde und eine Verletzung stattgefunden hat, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, wie ein derart wesentliches Element des Vorgangs bei der Schilderung in Italien unmittelbar nach dem Vorfall nicht aufgeführt wurde. Ansonsten wird dort detailliert zu dem Vorgang Stellung genommen.

Bei der Vernehmung durch die Polizeiinspektion Weißenburg am 05.01.2016 hat der Kläger erklärt: „In dem Moment als er den Geldbeutel ins Auto warf, schlug er mit der rechten geschlossenen Faust auf die linke Gesichtsseite.“ Er sei dann noch gegen die Kopfstütze gedrückt worden. Erst danach sei der Zündschlüssel abgezogen worden. Von einer Waffe hat der Kläger dann erstmals über den Versicherungsmakler am 19.01.2016 berichten lassen, wenn dieser sagt: „Genaueres zum Thema Waffen, Schlagen oder andere Gewaltanwendung hat dort niemanden wirklich interessiert.“

In seiner Anhörung vor Gericht hat der Kläger dann wiederum auf die Pistole an der Scheibe hingewiesen.

Einen Faustschlag will er danach nicht mehr erhalten haben, sondern vielmehr habe ihn der Täter mit dem Ellenbogen erwischt, als er den Schlüssel herauszog.

Der Kläger will aufgrund des Vorfalls erhebliche Schmerzen davon getragen haben. Nach seiner Schilderung hat er sich am 30.12.2015 deswegen in ärztliche Behandlung begeben, wo er von erheblichen Schmerzen und massiven Kopfschmerzen spricht.

Diese Darstellung des Klägers wurde durch die benannten und angehörten Zeugen … und … nicht bestätigt. Beide Zeugen haben angegeben, dass sie von einer Pistole nichts mitbekommen haben. Der Zeuge … hat bekundet, dass er das Abziehen des Schlüssels gesehen habe, aber weder einen Faustschlag gesehen hat, noch dass der Kläger den Ellenbogen ins Gesicht bekommen hat. Dies gilt auch für den Zeugen ….

Zudem haben beide Zeugen bekundet, dass vom Kläger weder Schmerzen noch körperliche Attacken im Zusammenhang mit dem Vorfall geschildert wurden.

Nach Auffassung des Gerichts widerspricht es jedoch jeglicher Lebenserfahrung, dass derart gravierende Details eines Vorfalls zum einen von den Zeugen nicht mitbekommen worden sind, bzw. man sich nicht unmittelbar im Zusammenhang mit dem Vorfall darüber ausgetauscht hat.

Der Kläger hat die Situation mit der Pistole so geschildert, dass sie als bedrohlich empfunden werden musste und dass es eben nicht nur das normale Mitsichführen einer Dienstpistole bei Polizisten war.

Auch die Verletzung mit den erheblichen Folgen hätte von den übrigen Zeugen wahrgenommen werden müssen, bzw. zumindest wäre ein Hinweis des Klägers unmittelbar infolge des Vorfalls zu erwarten gewesen.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände, kann sich das Gericht von dem Vorfall keine Überzeugung dahingehend bilden, was sich im einzelnen genau zugetragen hat. Damit ist der Kläger seiner Beweislast für das Vorliegen einen Versicherungsfalls nicht nachgekommen.

Zudem wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ein Einbruchdiebstahl scheidet aus, da sich der Kläger nach seinem eigenen Bekunden ja im Fahrzeug befand und zudem das Fenster geöffnet hat. Auch für einen möglichen Raub sind nicht hinreichend Anhaltspunkte gegeben, da auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, dass der Schlag nicht absichtlich gesetzt worden sei, sondern wohl versehentlich erfolgte.

Damit erweist sich die Klage als unbegründet und ist abzuweisen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 709 ZPO.

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