Skip to content

Kollision eines Vorfahrtberechtigten mit Wartepflichtigen bei Vorfahrtsverletzung

Verkehrsunfall: Beklagte nicht haftbar, Vorfahrtsverletzung durch Zeugin verursacht

Das Amtsgericht Essen wies die Klage einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung gegen eine Beklagte ab. Die Versicherung forderte die Rückerstattung eines Schadensbetrages nach einem Verkehrsunfall, bei dem die Beklagte involviert war. Das Gericht entschied, dass die Beklagte nicht haftbar sei, da der Unfall durch eine Vorfahrtsverletzung der Zeugin G. H. verursacht wurde, welche die entscheidende Ursache für das Unfallgeschehen setzte. Die Betriebsgefahr des Fahrzeuges der Beklagten trat dadurch vollständig zurück.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 C 429/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Klageabweisung: Die Klage der Haftpflichtversicherung wurde abgewiesen.
  2. Vorfahrtsverletzung: Der Unfall wurde durch die Vorfahrtsverletzung der Zeugin G. H. verursacht.
  3. Keine Haftung der Beklagten: Die Beklagte wurde nicht für den Unfall verantwortlich gemacht.
  4. Betriebsgefahr tritt zurück: Die Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Beklagten trat aufgrund des Verhaltens der Zeugin G. H. vollständig zurück.
  5. Vorfahrtsrecht: Die Beklagte hatte Vorfahrtsrecht, und ihr wurde kein Fehlverhalten nachgewiesen.
  6. Kein Überholmanöver der Beklagten: Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte kein Überholmanöver durchgeführt hatte.
  7. Kein Anspruch auf Rückerstattung: Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Rückerstattung des regulierten Betrages.
  8. Rechtliche Beurteilung: Das Urteil beruht auf verschiedenen Paragraphen des StVG, VVG und BGB.

Haftungsverteilung bei Kollision zwischen Vorfahrtberechtigtem und Wartepflichtigem

Bei einem Verkehrsunfall, bei dem ein Vorfahrtberechtigter mit einem Wartepflichtigen kollidiert, ist die Haftungsverteilung von entscheidender Bedeutung. Gemäß § 8 StVO hat der Wartepflichtige dem Vorfahrtberechtigten das Überqueren der Kreuzung zu ermöglichen. In der Regel trägt der Wartepflichtige in solchen Fällen den größeren Teil der Schuld, da er die Vorfahrt missachtet hat. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen der Vorfahrtberechtigte Mitverschulden trägt, beispielsweise wenn er zu schnell unterwegs war oder nicht aufmerksam genug war.

Die genaue Haftungsverteilung hängt von den Umständen des jeweiligen Unfalls ab und muss individuell geprüft werden. In einigen Fällen kann die Haftungsverteilung zugunsten des Wartepflichtigen verschoben werden, wenn der Vorfahrtberechtigte ebenfalls Fehler begangen hat. Es ist wichtig, dass die Haftungsverteilung fair und gerecht ist, um den Geschädigten einen angemessenen Schadensersatz zu gewährleisten und den Verursacher des Unfalls zur Verantwortung zu ziehen.

Verkehrsunfall mit Vorfahrtsverletzung: Kernpunkte des Rechtsstreits

Im Zentrum des Falles stand ein Verkehrsunfall, der sich am 8. Mai 2013 ereignete. Die Klägerin, eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, repräsentierte den Besitzer eines VW Golf, der in einen Unfall mit der Beklagten verwickelt war. Die entscheidende Frage war, ob die Beklagte ein Überholmanöver durchführte oder einfach nur an einem Lkw vorbeifuhr, was zu dem Zusammenstoß führte. Die Klägerin forderte von der Beklagten die Rückerstattung eines Schadensbetrages von 2157,81 EUR sowie zusätzliche vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.

Analyse der Unfallsituation und rechtliche Argumente

Die Klägerin argumentierte, dass die Beklagte ohne hinreichende Rücksicht auf den Verkehr ausgeschert sei und somit eine Teilschuld am Unfall trage. Im Gegenzug behauptete die Beklagte, dass sie lediglich das Heck des Lkws umfahren habe, ohne dabei ein Überholmanöver durchzuführen. Sie betonte, dass der Unfall für sie unvermeidbar war, und dass ihr Vorfahrtsrecht die gesamte Fahrbahnbreite umfasste. Dieser Aspekt war entscheidend, da die Vorfahrtsregeln eine zentrale Rolle in der rechtlichen Bewertung des Unfalls spielten.

Gerichtliche Feststellungen und Urteilsbegründung

Das Amtsgericht Essen stellte fest, dass die Beklagte nicht für den Unfall verantwortlich war. Das Gericht berücksichtigte dabei die Vorfahrtsregelung und die Tatsache, dass die Beklagte die bevorrechtigte Straße befuhr. Es wurde entschieden, dass die erhebliche Vorfahrtsverletzung durch die Zeugin G. H., die von der untergeordneten Straße kam und nach links abbiegen wollte, ausschlaggebend für den Unfall war. Diese Handlung ließ die Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Beklagten gänzlich zurücktreten.

Bedeutung des Urteils im Kontext von Verkehrsrecht und Haftpflichtversicherung

Das Urteil hebt die Bedeutung des Vorfahrtsrechts und die Verantwortung der Verkehrsteilnehmer hervor. Es zeigt auf, dass bei einem Verkehrsunfall die genauen Umstände des Unfalls und die Einhaltung der Verkehrsregeln entscheidend für die rechtliche Beurteilung sind. Für Haftpflichtversicherer ist dieses Urteil ein wichtiger Referenzpunkt, da es die Parameter definiert, unter denen Ansprüche geltend gemacht werden können.

Das Urteil des Amtsgerichts Essen im Fall 11 C 429/14 stellt klar, dass bei Verkehrsunfällen die spezifischen Umstände und die Einhaltung der Verkehrsregeln entscheidend sind. Es betont die Bedeutung des Vorfahrtsrechts und der Verantwortlichkeit der beteiligten Fahrer. Für Haftpflichtversicherer bietet dieses Urteil wichtige Einsichten in die Beurteilung von Schadensfällen.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was sind die rechtlichen Folgen einer Vorfahrtsverletzung?

Die rechtlichen Folgen einer Vorfahrtsverletzung können je nach Schwere des Verstoßes variieren. Wenn Sie die Vorfahrt missachtet haben und dadurch einen Unfall verursacht haben, können Sie mit einem Bußgeld rechnen. Das Bußgeld für eine Vorfahrtsmissachtung mit Unfall beträgt in der Regel 100 Euro. Zusätzlich dazu ist mit einem Punkt im Fahreignungsregister zu rechnen.

Wenn Sie die Vorfahrt missachtet haben und dabei einen Poller oder ein Straßenschild beschädigt haben, dann müssen Sie in der Regel 120 Euro zahlen und erhalten ebenfalls einen Punkt im Fahreignungsregister.

Wenn bei dem Unfall eine Person verletzt wurde, steht der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung im Raum, gemäß § 222 des Strafgesetzbuches. Hier drohen eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe.

Zudem kann der Geschädigte zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. Wenn der Unfall durch eine Missachtung der Vorfahrt verursacht wurde, kann ein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen eines Personenschadens bestehen.

In einigen Fällen kann auch ein Fahrverbot verhängt werden. Wenn Sie beispielsweise nicht an der Haltelinie halten, müssen Sie mit einem Bußgeld von 10 Euro rechnen. Unter Umständen kann weiterhin, je nach Tatbegehung, ein Fahrverbot folgen.

Es ist auch zu erwähnen, dass die Missachtung der Vorfahrtsregeln eine Nötigung mit strafrechtlichen Folgen darstellen kann.

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen allgemeiner Natur sind und nicht alle möglichen rechtlichen Folgen einer Vorfahrtsverletzung abdecken. Bei spezifischen Fragen oder Bedenken sollten Sie einen Rechtsberater konsultieren.

Was besagt § 17 StVG bezüglich der Schadensverteilung bei einem Verkehrsunfall?

Der § 17 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) regelt die Haftungsverteilung bei einem Verkehrsunfall. Nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG haften die beteiligten Fahrzeughalter und Fahrer anteilig für den entstandenen Schaden, abhängig von ihrem jeweiligen Verursachungsbeitrag zum Unfall. Die genaue Aufteilung der Haftung wird durch eine Abwägung der Umstände des Einzelfalls bestimmt.

In bestimmten Fällen, wie beispielsweise bei einem unaufklärbarer Unfallverlauf, kann es zu einer speziellen Haftungsverteilung kommen. Hierbei kann jede Partei dazu verpflichtet werden, einen bestimmten Prozentsatz ihres Schadens selbst zu tragen.

Darüber hinaus regelt § 17 Abs. 3 StVG die Haftung bei unabwendbaren Ereignissen. Wenn ein Unfall durch ein solches Ereignis verursacht wurde, das auch bei größter Sorgfalt nicht vermeidbar war, kann der Schädiger von der Haftung freigestellt werden.

Es ist zu betonen, dass die genaue Haftungsverteilung immer von den spezifischen Umständen des Einzelfalls abhängt und daher variieren kann. Bei Unklarheiten oder spezifischen Fragen sollte immer ein Rechtsberater konsultiert werden.


Das vorliegende Urteil

AG Essen – Az.: 11 C 429/14 – Urteil vom 19.12.2014

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Rückerstattung in Höhe von 2157,81 EUR.

Die Klägerin ist Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs PKW VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen … . Am 8.5.2013 gegen 8:06 Uhr befuhr die Zeugin G.H. mit dem Pkw die K.-Straße in E. in Fahrtrichtung V.-Straße. An der T-Kreuzung K.-Straße/V.-Straße beabsichtigte die Zeugin G.H. von der wartepflichtigen K.-Straße kommend nach links in die vorfahrtsberechtigte V.-Straße. einzubiegen. Die Beklagte befuhr mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen E-Z. die V.-Straße. in Fahrtrichtung H.-Straße. Ein der Beklagten entgegenkommender weißer Sprinter (Kleintransporter) bog kurz vor ihr links in die wartepflichtige K-Straße ein. Die Zeugin G.H. begann mit ihrem Abbiegevorgang. Die Beklagte fuhr an dem Sprinter vorbei. Im Kreuzungsbereich kam es zu einer Kollision mit dem Fahrzeug der Klägerin.

Aufgrund der Forderung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten regulierte die Klägerin das Schadensereignis insgesamt in Höhe eines Betrages von 4371,89 EUR unter Rückforderungsvorbehalt. Die Klägerin wies daraufhin, dass sie sich vorbehalte, nach Einblick in die amtliche Ermittlungsakte Beträge zurückzufordern. Nach Einblick in die Akte forderte die Klägerin über die Prozessbevollmächtigten der Beklagten Rückerstattung eines Betrages in Höhe von 2157,81 EUR. Zuletzt wurde die Beklagte mit Schreiben vom 7.1.2014 unter Fristsetzung bis zum 22.1.2014 erfolglos zur Zahlung aufgefordert. Des Weiteren verlangt die Klägerin von der Beklagten Zahlung ihrer vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 EUR.

Sie benötigen eine rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an: 02732 791079 und vereinbaren einen Beratungstermin oder fordern Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung online an.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe ohne hinreichend auf den Verkehr zu achten mit ihrem Fahrzeug hinter dem Lkw nach links auf die Gegenfahrbahn der V.-Straße. ausgeschert.

Die Rechtsanwaltskosten seien der Klägerin in Rechnung gestellt worden.

Sie ist der Ansicht, dass die Beklagte bei unklarer Verkehrslage überholt habe und sie demnach eine Verursachung von 50 % treffe.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2157,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.1.2014 sowie weitere 334,75 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie gar kein Überholmanöver durchgeführt habe, sondern an dem Heck des vor ihr abbiegenden Lkw lediglich vorbeigefahren sei und ihr Vorfahrtsrecht die ganze Fahrbahnbreite erfasse. Für sie sei der Unfall unvermeidbar gewesen.

Sie behauptet, dass der Abbiegevorgang sehr langsam durchgeführt worden sei und sie darauf mit einem Gaswegnehmen reagiert habe. Kurz vor dem Erreichen der Kreuzung sei sie dann mit einem kleinen Schlenker um das Heck des vor ihr weiter abbiegenden Sprinters gefahren, wobei sie lediglich mit dem linken Vorderrad ihre Fahrspur verlassen habe.

Weiterhin habe die Klägerin den Anspruch der Beklagten anerkannt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin G. H.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26.8.2014 (Bl. 93 ff.d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückerstattung von 2157,81 EUR aus § 812 Abs. 1 BGB.

Sie hat die Leistung nicht ohne rechtlichen Grund erbracht.

Von einem Anerkenntnis der Klägerin kann jedoch nicht ausgegangen werden, da diese unstreitig nur unter Vorbehalt gezahlt hat. Entgegen der Behauptungen der Beklagten gibt es auch eine über die Unfallmitteilung hinausgehende Ermittlungsakte.

Die Beklagte hat gegen die Klägerin aber einen Anspruch in Höhe des voll regulierten Betrages von 4371,89 EUR aus 7, 17, 18 StVG, 115 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, Satz 4 VVG, 823 BGB.

Weder für die Zeugin G. H. noch für die Beklagte war der Unfall unabwendbar, § 17 Absatz 3 StVG.

Unabwendbar in diesem Sinn ist ein Ereignis, das durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Dazu gehört sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus, jedoch nicht das Verhalten eines gedachten „Superfahrers“, sondern, gemessen an den durchschnittlichen Verkehrsanforderungen, das Verhalten eines „Idealfahrers“. Zur äußersten Sorgfalt gehört die Berücksichtigung aller möglichen Gefahrenmomente (Henschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage, § 17 StVG Rn. 22) Hierfür kommt es nicht nur darauf an, wie sich der Idealfahrer in der Situation verhalten hat, sondern auch, ob ein Idealfahrer überhaupt in eine solche Gefahrenlage gekommen wäre (BGH NZV 2006, 191). Vorliegend hätten sowohl die Beklagte als auch die Zeugin G. H. die Kollision verhindern können, wenn die Zeugin nicht einfach in die vorfahrtsberechtigte Straße eingebogen und die Beklagte an dem Sprinter nicht vorbeigefahren wäre.

Gem. § 17 Abs. 1, 2 StVG hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Ausgehend von einer gleich großen Betriebsgefahr haftet jeder der Beteiligten grundsätzlich zu gleichen Teilen, es sei denn, dem anderen Teil wird ein die Betriebsgefahr erhöhendes Verschulden nachgewiesen (Henschel/König/Dauer-König, aaO, § 17 StVG Rn. 4).

Die danach durchzuführende Abwägung der feststehenden Verschuldensanteile der an dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuge führt zu einem vollständigen Zurücktreten der Betriebsgefahr des auf Beklagtenseite beteiligten Fahrzeuges und damit zu einer alleinigen Haftung der Klägerin für die Folgen des Unfalls. Die Zeugin G. H. hat die entscheidende Ursache für das gesamte Unfallgeschehen gesetzt. Sie fuhr unter Missachtung der Vorfahrt der Beklagten von der untergeordneten H.-Straße kommend nach links auf die V.-Straße, so dass es zu dem Unfall kam. Hiervon ist das Gericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt.

Unstreitig zwischen den Parteien befuhr die Beklagte die bevorrechtigte Straße. Die erhebliche Vorfahrtsverletzung der Zeugin, die einen Verstoß gegen § 8 Abs. 2 S. 2 StVO darstellt, ließ die bloße Betriebsgefahr des Fahrzeuges der Beklagten gänzlich zurücktreten. Das Gewicht der bloßen Betriebsgefahr, die von einem unfallbeteiligten Wagen ausgeht, tritt regelmäßig hinter dem Gewicht grob verkehrswidrigen Verhaltens der anderen Seite zurück (OLG Frankfurt, U. v. 26.10.2001, Az.: 24 U 25/00).

§ 8 Abs. 2 S. 2 StVO legt dem aus einer untergeordneten Straße kommenden Fahrzeugführer gesteigerte Pflichten auf. Die Pflichten werden nicht dadurch gemindert, dass der Vorfahrtsberechtigte unter Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot die linke Straßenseite benutzt. Das Vorfahrtsrecht der auf der Straße fahrenden Fahrzeuge gegenüber einem auf eine Straße Einfahrenden gilt grundsätzlich für die gesamte Fahrbahn (vgl. BGH, Urteil v. 20.9.2011, Az. VI ZR 282/10). Der Berechtigte darf in der Regel auf Vorfahrtbeachtung vertrauen, auch als besonders sorgfältiger Fahrer und auch gegenüber nicht sichtbaren Wartepflichtigen, soweit er mit angepasster Geschwindigkeit fährt. Auf Vorfahrtbeachtung darf er auch rechnen, wenn der Wartepflichtige die Vorfahrtstraße nur schwer überblicken kann. (Henschel/König/Dauer-König, aaO, § 8 StVO Rn. 50). Vorliegend ist zu beachten, dass nach Vortrag der Beklagten, diese auch lediglich mit einem kleinen Schlenker um das Heck des vor ihr abbiegenden Sprinters gefahren ist, wobei sie lediglich mit dem linken Vorderrad ihre Fahrspur verlassen hat. Dieser Vortrag ist zugrundezulegen, da der insoweit beweisbelasteten Klägerin nicht der Beweis gelungen ist, dass die Beklagte gänzlich auf der Gegenfahrbahn fuhr. Weiterhin ist hier zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Sprinter umfahren hat, so dass ihr kein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot zur Last fällt. Aber selbst regelwidriges Linksfahren allein beseitigt den Vertrauensgrundsatz nicht, weil das Rechtsfahrgebot nicht den Querverkehr schützt (OLG Hamm, Urteil v. 22.10.1976, Az. 9 U 164/76, Henschel/König/Dauer-König, aaO, § 8 StVO Rn. 51).

Das Recht, sich auf den Vertrauensgrundsatz zu berufen hat die Klägerin auch nicht deshalb eingebüßt, weil der Sprinter vor ihr in die Kleinstraße abbog. Dieser ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Umstände gegen eine Vorfahrtbeachtung sprechen, während die nur allgemeine Möglichkeit von Vorfahrtsverletzungen das Vertrauen auf Beachtung nicht ausschließen (Henschel/König/Dauer-König, aaO, § 8 StVO Rn. 51, vgl. BGH, aaO). Allein weil der Sprinter in die K.-Straße abgebogen ist, musste die Beklagte nicht davon ausgehen, dass ihr Vorfahrtsrecht nicht gewahrt wird. Sie musste nicht davon ausgehen, dass ein Wartepflichtiger, obwohl er aufgrund des Sprinters die linke vorfahrtsberechtigte Fahrbahn nicht einsehen kann, in dieser einbiegt, anstelle zu warten bis der Sprinter vollständig vorbeigefahren ist. Eine Veranlassung nicht abzuwarten, sondern auf die vorfahrtsberechtigte Straße zu fahren, bestand nicht.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Klägerin auch kein Verstoß nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO vorzuwerfen ist, denn sie hat den Sprinter nicht überholt. Sowohl die Beklagte als auch die Zeugin G.H. haben übereinstimmend ausgesagt, dass der Sprinter der Beklagten entgegengekommen und nach links in die K.-Straße eingebogen sei. Überholen ist aber ein tatsächlicher, absichtsloser Vorgang des Vorbeifahrens auf demselben Straßenteil an einem anderen Verkehrsteilnehmer, der sich in derselben Richtung bewegt oder verkehrsbedingt wartet, soeben anfährt oder anhalten will, aber noch deutlich fährt (Henschel/König/Dauer-König, aaO, § 5 StVO Rn, 16).

II.

Mangels Hauptanspruchs besteht daher auch kein Anspruch auf Zinsen und vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 2.157,81 EUR.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelles Jobangebot

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)
als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

mehr Infos