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Erbauseinandersetzung – Auskunftserteilung über Kontoabhebungen etc.

OLG Düsseldorf

Az: I-4 U 102/05

Urteil vom 28.03.2006


Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – Einzelrichter – vom 31.03.2005 dahingehend abgeändert, dass die Klage auch hinsichtlich der Anträge zu Ziffer 1 e) und Ziffer 1 f) (Auskunftserteilung darüber, welche Ein- und Auszahlungen die Beklagte im Rahmen ihrer Kontovollmacht zu den Konten 30264998 und 305101164 bei der Stadt-Sparkasse D… vorgenommen hat, sowie Rechenschaftsablegung über die Ausführung der Aufträge, mit Ausnahme der Abhebungen vom 27.10.2003 und vom 20. und 25.11.2003) abgewiesen wird.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.
Der Kläger ist Alleinerbe des am 29.10.2003 verstorbenen W… B…. Die Beklagte und der Erblasser wohnten bis zu dessen Tod in demselben Altenheim in D…. Sie hatten zuvor seit dem Jahr 1984 in einer Lebensgemeinschaft gelebt, zunächst in B… und anschließend in D….

Der Erblasser verfügte über Konten bei der Stadtsparkasse D… mit den Kontonummern … und … . Für diese Konten erteilte der Erblasser der Beklagten am 25.07.1994 Kontovollmachten (Bl. 62, 63 GA). Im Rahmen dieser Kontovollmachten verfügte die Beklagte über die Konten des Erblassers. Die jeweiligen Abhebungen und Verfügungen stimmte sie mit diesem ab.

Der Kläger hat erstinstanzlich eine Stufenklage erhoben und in der Auskunftsstufe unter anderem Auskunft und Rechenschaft von der Beklagten darüber verlangt, welche Ein- und Auszahlungen diese im Rahmen ihrer Kontovollmacht vorgenommen hat.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei umfänglich zur Auskunft über die Kontenbewegungen der beiden Konten bei der Stadtsparkasse D… verpflichtet.

Der Kläger hat beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen

e)

welche Ein- und Auszahlungen sie in Ausübung der Kontovollmacht zu den Konten … und … bei der Stadtsparkasse D… vorgenommen hat mit Ausnahme der Abhebungen vom 27.10.2003 und von 20. und 25.11.2003,

f)

Rechenschaft abzulegen über die Ausführung der Aufträge,

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei nicht verpflichtet, hinsichtlich der Konten Auskunft für die Zeit vor dem Tod des Erblassers zu erteilen.

Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 31.03.2005 über die Anträge des Klägers auf Auskunft und Rechenschaftsablegung entschieden. Unter Klageabweisung im übrigen, hat es den Klageanträgen zu Ziffern 1 e) und 1 f) stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Ein- und Auszahlungen sie in Ausübung der Kontovollmacht zu den Konten … und … bei der Stadtsparkasse D… vorgenommen hat, mit Ausnahme der Abhebungen vom 27.10.2003 und vom 20. und 25.11.2003, und Rechenschaft über die Ausführung der Aufträge abzulegen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte aufgrund der am 25.07.1994 durch den Erblasser erteilten Kontovollmachten gemäß § 666 BGB ab Vollmachtserteilung Auskunft zu erteilen hat.

Hiergegen wendet die Beklagte sich mit der Berufung.

Sie ist der Ansicht, sie sei nicht verpflichtet Auskunft über die Ausübung ihrer Kontovollmacht zu erteilen, da der Erblasser aufgrund des bestehenden Vertrauensverhältnisses eine solche von ihr nie verlangt hätte. Darüber hinaus bestünde im Rahmen einer Lebensgemeinschaft keine solche Verpflichtung. Im übrigen seien Ansprüche auf Auskunftsteilung und Rechenschaftslegung verwirkt, da die Beklagte dem Erblasser bis zum Ende beigestanden habe. Auch sei die Beklagte zur Erteilung der Auskunft körperlich und seelisch nicht in der Lage. Es liege daher ein Fall der tatsächlichen Unmöglichkeit vor. Darüber hinaus sei die begehrte Auskunftserteilung schikanös.

Die Beklagte beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen, soweit das angefochtene Urteil die Beklagte zur Erteilung von Auskunft und Rechenschaft verurteilt hat.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurück zu weisen.

Er ist der Ansicht, es sei irrelevant, ob der Erblasser von der Beklagten jemals eine Auskunft oder Rechenschaftslegung verlangt hätte. Die Beklagte sei aufgrund einer Kontovollmacht des Erblassers tätig geworden. Der Kläger als Erbe sei jederzeit berechtigt, diese Vollmacht zu widerrufen. Aufgrund der Kontovollmacht habe ein Auftragsverhältnis bestanden. Die Beklagte sei daher zur Auskunft verpflichtet. Allein die Tatsache, dass die Beklagte und der Erblasser Lebensgefährten gewesen seien, ändere daran nichts. Darüber hinaus hinderten Alter und Krankheit der Beklagten diese nicht, die geforderten Auskünfte zu erteilen. Da die Beklagte geschäftsfähig ist, sei sie in der Lage Dritte zu beauftragen die Auskunft zu erteilen.

II.
Die Berufung ist erfolgreich.

1.
Das Landgericht hat die Beklagte unzutreffend zur Auskunftserteilung und Rechenschaftsablegung darüber verurteilt, welche Ein- und Auszahlungen sie in Ausübung ihrer Kontovollmacht zu den … und … bei der Stadt-Sparkasse D…, mit Ausnahme der Abhebungen vom 27.10.2003 und vom 20. und 25.11.2003, vorgenommen hat. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung ergibt sich aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

a)

Eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger ergibt sich nicht aus den §§ 662, 666, 1922 BGB.

Nach den §§ 662, 666 BGB ist der Beauftragte seinem Auftraggeber zur Auskunft und Rechenschaft verpflichtet. Zwischen der Beklagten und dem Erblasser bestand jedoch kein Auftragsverhältnis im Sinne des § 662 BGB. Aus diesem Grunde ist die Beklagte dem Kläger, der als Erbe des Erblassers mit dessen Tod in sämtliche Rechte und Pflichten eingetreten ist (§ 1922 BGB), nicht nach § 666 BGB zur Auskunft verpflichtet. Ein vertragliches Auftragsverhältnis bestand zwischen dem Erblasser und der Beklagten nicht. Denn dazu fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen der Beklagten. Entscheidend für die Frage, ob eine Kontovollmacht mit Rechtsbindungswillen erteilt wird, ist, ob anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, dass sich die Parteien rechtsgeschäftlich binden wollten (Zweibrücken OLGR 2005, 132 – 134). Insoweit ist zu berücksichtigen, ob die Erteilung einer Kontovollmacht aufgrund eines besonderen Vertrauens erfolgt. Im Rahmen eine solchen besonderen Vertrauensverhältnisses wird in der Regel keine Auskunft oder Rechenschaft verlangt. Der Andere soll grundsätzlich nicht im Nachhinein dem einseitigen Risiko ausgesetzt werden, Ausgaben genauer anzugeben und zu belegen (BGH NJW 2000, 3199 (3200); OLG Zweibrücken a.a.O.). Es müssen vielmehr objektive Kriterien hinzutreten, die den Rückschluss auf einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen zulassen (BGH a.a.O). Diese sind vorliegend nicht ersichtlich.

Unstreitig war die Beklagte über einen Zeitraum von ungefähr zwanzig Jahren die Lebensgefährtin des Erblassers. Darüber hinaus bestand, dieses bestreitet der Kläger nicht, ein besonderes Vertrauensverhältnis. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser selbst wollte oder auch nur davon ausging, dass die Beklagte Rechenschaft ablegen muss und für die Gefahren einer fehlerhaften Kontoführung einzustehen hat, hat der Kläger nicht dargelegt.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) betrifft zwar das Verhältnis zwischen Ehegatten. Es sind jedoch keine Gründe ersichtlich, bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft von diesem Grundsatz abzuweichen; der Senat schließt sich insoweit der Auffassung des OLG Zweibrücken (a.a.O.) an.

b)

Ein Auskunftsanspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus den §§ 259, 242 BGB.

Nach den vorgenannten Vorschriften ergibt sich aus Treu und Glauben immer dann eine Auskunftspflicht, wenn es die Rechtsbeziehungen der Parteien mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang eines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (BGHZ 10, 387; NJW 1995, 387, st. Rspr.). In diesem Zusammenhang ist erforderlich, dass zwischen den Parteien eine Sonderverbindung besteht (Palandt, 65. Aufl., § 261, Rdnr. 9). Es reicht nicht aus, dass der eine über Informationen verfügt, die der andere benötigt (BGH NJW 1980, 2463). Es kann dahinstehen, ob zwischen dem Kläger und der Beklagten eine Sonderverbindung in diesem Sinne besteht.

aa)

Soweit die Auskunftserteilung die Nacherstellung der Kontoauszüge erfordert, scheitert ein Anspruch des Klägers bereits daran, dass er selbst sich die entsprechenden Informationen besorgen kann. Fehlt es an einer gesetzlichen Verpflichtung zur Auskunftserteilung und wird die Verpflichtung allein aus Treu und Glauben hergeleitet, so ist dafür Voraussetzung, dass der Berechtigte sich die erforderlichen Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise beschaffen kann (BGH NJW 1998, 2969 – 2972). Der Kläger ist als Alleinerbe befugt, sich die Kontounterlagen der beiden Konten des Erblassers bei der Stadtsparkasse selbst zu besorgen. Für ihn ist dabei der Aufwand nicht höher als für die Beklagte.

bb)

Soweit hinsichtlich der einzelnen Zahlungseingänge und -ausgänge von der Beklagte Rechenschaft über die Ausführung der Aufträge verlangt wird, wird diese durch die Auskunftserteilung unbillig belastet. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass der Erblasser der Beklagten die Kontovollmachten aufgrund der besonderen Vertrauensstellung eingeräumt hat. Aus diesem Grunde hat die Beklagte, was zwischen den Parteien nicht streitig ist, keine Buchführung über die Einnahmen und Ausgaben geführt. Es ist daher unzumutbar, wenn die Beklagte nunmehr im Nachhinein Rechenschaft über die Kontoverfügungen für einen Zeitraum von ca. 10 Jahren ablegen muss. Darüber hinaus ist im Rahmen der Beurteilung der Zumutbarkeit auch das Alter und der Gesundheitszustand der Beklagten zu berücksichtigen. Die Beklagte ist im Jahr 1929 geboren. Sie ist nach einem Attest des Dr. med. G… vom 04.07.2005 (Bl. 185 GA) an Brustkrebs erkrankt und hat Metastasen in der Brust- und in der Lendenwirbelsäule. Sie ist nach diesem Attest in ihrer körperlichen Belastbarkeit eingeschränkt und wegen ihrer starken Schmerzen auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Der Kläger ist den Ausführungen der Beklagten zu deren Gesundheitszustand nicht entgegengetreten. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beklagte sprechen daher ebenfalls gegen einen auf Treu und Glauben gestützten Auskunftsanspruch

Etwas anderes hätte sich aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben allenfalls dann ergeben können, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden wären, dass die Beklagte ihre Kontovollmachten missbraucht hat. Davon ist jedoch aufgrund des beiderseitigen Vortrags nicht auszugehen. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass sämtliche Kontoverfügungen im einzelnen mit dem Erblasser abgesprochen waren.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens erfolgte, da über die Auskunftsstufe abschließend entschieden wurde (Hamm OLGR 1994, 72).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Berufungsstreitwert: 1.000,00 EUR.

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