Skip to content

Kreuzfahrt – Reisemangel bei Anbieten nur geführter Landgänge

Kreuzfahrt-Reisemängel: Geführte Landgänge sorgen für Ärger

Das Gericht hat entschieden, dass die Einschränkung auf nur geführte Landgänge bei einer Kreuzfahrt einen erheblichen Reisemangel darstellt, der die Klägerin zum Rücktritt vom Reisevertrag berechtigte. Die Beklagte wurde verurteilt, die Stornierungsgebühr von 737,50 € zurückzuzahlen. Jedoch wurde die Forderung der Klägerin auf Rückerstattung des gesamten Reisepreises abgelehnt, da sie nicht beweisen konnte, dass sie mehr als die bereits erstatteten 800,00 € gezahlt hatte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 47 C 30/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Erheblicher Reisemangel: Die Beschränkung auf ausschließlich geführte Landgänge bei einer Kreuzfahrt stellt einen erheblichen Reisemangel dar.
  2. Rücktrittsrecht bestätigt: Das Gericht erkannte das Recht der Klägerin an, vom Reisevertrag zurückzutreten.
  3. Stornierungsgebühr: Die Beklagte muss die Stornierungsgebühr von 737,50 € an die Klägerin zurückzahlen.
  4. Keine vollständige Rückerstattung: Der Anspruch auf Rückzahlung des gesamten Reisepreises wurde abgelehnt.
  5. Beweislast: Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass sie mehr als die bereits erstatteten 800,00 € gezahlt hatte.
  6. Direktinkasso: Die Zahlungen an das Reisebüro hatten keine erfüllende Wirkung auf den Anspruch gegenüber der Beklagten.
  7. Kostenverteilung im Rechtsstreit: Die Klägerin trägt 3/4, die Beklagte 1/4 der Kosten des Rechtsstreits.
  8. Vorläufige Vollstreckbarkeit: Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden.

Reiserecht im Fokus: Streitigkeiten bei Kreuzfahrten

Kreuzfahrtschiff
(Symbolfoto: Zigres /Shutterstock.com)

Im Bereich des Reiserechts entstehen oft Konflikte, die eine genaue Betrachtung der Rechte und Pflichten von Reisenden und Reiseveranstaltern erfordern. Ein aktuelles Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Auseinandersetzung über Reisemängel bei Kreuzfahrten. Speziell geht es hier um die Einschränkungen, die Reisende erleben, wenn ihnen ausschließlich geführte Landgänge angeboten werden und welche rechtlichen Folgen dies nach sich ziehen kann. Dies wirft Fragen auf bezüglich der Vertragserfüllung und der möglichen Rechtsmittel, die Reisenden zur Verfügung stehen.

Der Kern des Konflikts liegt in der Definition und Bewertung dessen, was als Mangel einer Kreuzfahrtreise angesehen wird, insbesondere wenn es um die Freiheit der Reisenden geht, die besuchten Ziele selbstständig zu erkunden. In einem bevorstehenden Urteil wird untersucht, inwiefern die Einschränkung auf geführte Ausflüge die Rechte der Klägerin beeinträchtigt und welche Verantwortung die Beklagte, in diesem Fall der Reiseveranstalter, trägt. Der folgende Inhalt bietet einen detaillierten Einblick in die juristischen Feinheiten dieses Falles und beleuchtet, wie solche Streitigkeiten im Rahmen des Reiserechts gelöst werden können. Tauchen Sie mit uns in die Welt des Reiserechts ein und erfahren Sie mehr über die rechtlichen Dimensionen bei Kreuzfahrten.

Reisemangel bei Kreuzfahrten: Das Dilemma geführter Landgänge

Die Auseinandersetzung im Fall des AG Rostock, Az.: 47 C 30/22, dreht sich um einen Rechtsstreit zwischen einer Klägerin und einer Kreuzfahrtgesellschaft, der Beklagten. Ausgangspunkt war die Entscheidung der Kreuzfahrtgesellschaft, während der Reise vom 21.12.2020 bis 28.11.2020 ausschließlich geführte Landgänge anzubieten, was die Klägerin als wesentlichen Reisemangel ansah. Dies führte zur Forderung der Rückzahlung des gesamten Reisepreises von 2.950,00 €, nachdem die Klägerin von dem Reisevertrag zurückgetreten war. Die Beklagte hatte hierauf lediglich Stornierungsgebühren in Höhe von 737,50 € berechnet und gegen eine erhaltene Anzahlung von 800,00 € aufgerechnet, was zur Rückzahlung eines Betrages von 62,50 € an die Klägerin führte.

Juristische Kernproblematik: Rücktrittsrecht und Reisemängel

Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob die ausschließliche Möglichkeit geführter Landgänge einen erheblichen Reisemangel darstellt und somit ein Rücktrittsrecht nach § 651l Abs. 1 BGB begründet. Die Klägerin argumentierte, dass die eingeschränkte Möglichkeit, Hafenstädte auf eigene Faust zu erkunden, die Kreuzfahrt erheblich beeinträchtigte. Die Beklagte hingegen vertrat die Auffassung, dass die Art und Weise der Landgänge nicht zwingend Bestandteil des Pauschalreisevertrages sei und somit keinen Grund für einen entschädigungsfreien Rücktritt darstelle. Das Gericht folgte der Argumentation der Klägerin und wertete die Beschränkung auf geführte Landgänge als erheblichen Reisemangel.

Die Entscheidung des Gerichts und ihre Begründung

Das Gericht entschied, dass die Klägerin gemäß § 651l Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 BGB Anspruch auf Rückzahlung der als Stornierungsentschädigung einbehaltenen 737,50 € hat. Eine vollständige Rückzahlung des Reisepreises wurde jedoch abgelehnt. Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin nicht die erforderlichen Beweise für die Zahlung des gesamten Reisepreises an die Beklagte erbringen konnte. Darüber hinaus wurde betont, dass die Klägerin die Zahlung an das Reisebüro und nicht direkt an die Beklagte geleistet hatte, was nach den vertraglichen Regelungen keine erfüllende Wirkung hatte.

Relevanz und Auswirkungen des Urteils

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung klar definierter Vertragsbedingungen und die Rechte von Reisenden bei Mängeln einer Pauschalreise. Es zeigt auf, dass Einschränkungen, wie ausschließlich geführte Landgänge, das Reiseerlebnis erheblich beeinflussen und als Reisemangel gewertet werden können. Für Reiseveranstalter bedeutet dies, dass sie bei der Gestaltung von Reisen sorgfältig vorgehen müssen, um solche rechtlichen Auseinandersetzungen zu vermeiden. Für Reisende hingegen wird deutlich, dass sie Anspruch auf eine Reise haben, die der vereinbarten Beschaffenheit entspricht, und dass sie bei wesentlichen Änderungen Rechte geltend machen können.

Das Urteil des AG Rostock bietet somit wichtige Erkenntnisse für die Zukunft der Rechtsprechung im Bereich des Reiserechts, insbesondere hinsichtlich der Definition und Handhabung von Reisemängeln bei Kreuzfahrten.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was definiert einen Reisemangel im Rahmen eines Pauschalreisevertrags?

Ein Reisemangel im Rahmen eines Pauschalreisevertrags ist definiert als eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit der Reiseleistungen oder eine Beeinträchtigung des Nutzens der Reise für den Reisenden. Im deutschen Recht ist der Begriff des Reisemangels in § 651i Abs. 2 BGB geregelt. Demnach liegt ein Reisemangel vor, wenn die Pauschalreise nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder wenn der Reiseveranstalter Reiseleistungen nicht oder mit unangemessener Verspätung verschafft.

Die vereinbarte Beschaffenheit der Reise ergibt sich aus dem Vertragsinhalt, der in der Reisebestätigung festgehalten ist (§ 651d Abs. 3 S. 1 und 2) . Wenn keine spezifische Beschaffenheit vereinbart wurde, ist die Pauschalreise frei von Reisemängeln, wenn sie sich für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen eignet oder wenn sie sich für den gewöhnlichen Nutzen eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Pauschalreisen der gleichen Art üblich ist und die der Reisende nach der Art der Pauschalreise erwarten kann (§ 651i Abs. 2 BGB) .

Ein Reisemangel liegt also immer dann vor, wenn zu erwartende Reiseleistungen aus im Verantwortungsbereich des Reiseveranstalters liegenden Gründen ganz oder teilweise überhaupt nicht oder zumindest nicht in der zu erwartenden Weise bewirkt werden.

Welche Rolle spielt die Zahlungsabwicklung zwischen Reiseveranstalter und Reisendem in rechtlicher Hinsicht?

Die Zahlungsabwicklung zwischen Reiseveranstalter und Reisendem spielt eine wichtige Rolle im Reiserecht. Sie ist in Deutschland durch verschiedene gesetzliche Bestimmungen geregelt.

Zunächst muss der Reiseveranstalter dem Reisenden vor der Entgegennahme von Geldern zur Zahlung des Reisepreises (einschließlich Anzahlungen) einen Sicherungsschein eines Reiseversicherungsfonds einer Versicherung oder eines Kreditinstituts (Absicherer) aushändigen. Dieser Sicherungsschein informiert den Reisenden transparent darüber, an wen er sich im Falle einer Insolvenz des Reiseveranstalters wenden kann (§ 651r BGB) .

Darüber hinaus hat der Reiseveranstalter gemäß § 651r BGB sicherzustellen, dass dem Reisenden bei Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters der gezahlte Reisepreis erstattet wird. Dies gilt insbesondere, wenn Reiseleistungen ausfallen oder der Reisende im Hinblick auf erbrachte Reiseleistungen den Leistungserbringer bezahlt, die der Reiseveranstalter dem Leistungserbringer schuldig geblieben ist. Die Sicherheit kann nur durch einen Absicherungsvertrag mit einem Reisesicherungsfonds erbracht werden.

Im Falle einer Stornierung der Reise durch den Reisenden hat der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf Zahlung des Reisepreises verloren und muss diesen gemäß § 323 I, 651h V BGB innerhalb von 14 Tagen zurückzahlen.

Die Richtlinie 90/314/EWG (Pauschalreiserichtlinie) vom 13. Juni 1990 (Artikel 7) schreibt vor, dass jeder Reiseveranstalter oder Vermittler Zahlungen von Kunden für eine Reise gegen Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz versichern muss. Ein Reiseveranstalter/Reisevermittler darf Zahlungen erst dann entgegennehmen, wenn er dem Reisenden zuvor einen Reisesicherungsschein ausgehändigt hat.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zahlungsabwicklung zwischen Reiseveranstalter und Reisendem in rechtlicher Hinsicht dazu dient, die Rechte und Interessen des Reisenden zu schützen und sicherzustellen, dass dieser im Falle einer Insolvenz des Reiseveranstalters nicht finanziell benachteiligt wird.


Das vorliegende Urteil

AG Rostock – Az.: 47 C 30/22

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 737,50 € nebst Zinsen in Höhe von  fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.09.2020 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 3/4, die Beklagte trägt 1/4.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Parteien dürfen jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin fordert die Rückzahlung des Reisepreises nach einem Rücktritt vor Reisebeginn; die Parteien streiten auch um die Höhe der geleisteten Zahlung.

Die Klägerin hatte für sich und ihren Ehemann über ein Reisebüro bei der Beklagten eine Kreuzfahrtreise vom 21.12.2020 bis 28.11.2020 zu einem Preis in Höhe von 2.950,00 € gebucht.

Mit Datum vom 22.11.2019 übersandte die Beklagte der Klägerin an die von der Klägerin angegebene E-Mail-Adresse eine Buchungsbestätigung. Hierin heißt es unter dem angegebenen Reisepreis u.a.

„Ihre Buchung wird im Direktinkasso abgewickelt, das heißt: Der Reisepreis ist von Ihnen ausschließlich an A. C. zu entrichten.

Bitte beachten: Sie erhalten eine separate Rechnung zur Zahlungsaufforderung!“

Ebenfalls mit Datum vom 22.11.2019 übersandte die Beklagte der Klägerin eine Rechnung über die zu leistende Anzahlung. Hierin heißt es ebenfalls:

„Ihre Buchung wird im Direktinkasso abgewickelt, das heißt: Der Reisepreis ist von Ihnen ausschließlich an A. C. zu entrichten.“

Weiterhin erhielt die Klägerin von dem Reisebüro eine Buchungsbestätigung übersandt. Hierin heißt es u.a.:

„Bitte beachten Sie die ausführlichen Informationen zur Reservierungsbestätigung,

die Sie in Kürze erhalten werden.“

Nachdem die Beklagte die Klägerin darüber informiert hatte, dass auf der Kreuzfahrtreise nur noch geführte Ausflüge möglich seien, erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Reisevertrag. Die Beklagte berechnete der Klägerin sg. Stornierungsgebühren in Höhe von 737,50 €, rechnete diesen Betrag gegen eine erhaltene Anzahlung in Höhe von 800,00 € auf und zahlte einen Betrag in Höhe von 62,50 € an die Klägerin. Die Klägerin fordert den gesamten Reisepreis zurück.

Die Klägerin behauptet, sie habe den Reisepreis, mithin einen Betrag in Höhe von 2.950,00 € an das Reisebüro gezahlt.

Die Klägerin beantragt,

1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.950,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.01.2020 zu zahlen;

2. Die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 367,23 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, die Klägerin habe lediglich 800,00 € an die Beklagte gezahlt.

Weiter ist die Beklagte der Auffassung, die Klägerin sei nicht zum entschädigungsfreien Rücktritt berechtigt gewesen, da die Art und Weise der Landgänge nicht zum Gegenstand des Pauschalreisevertrages gehören würden.

Entscheidungsgründe

Die in der Hauptsache zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 651l Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 BGB einen Anspruch auf den von der Beklagten als sogenannte Stornierungsentschädigung einbehaltenen Betrag in Höhe von 737,50 €.

Benötigen Sie Hilfe in einem ähnlichen Fall? Schildern Sie uns jetzt in unserem Kontaktformular Ihren Sachverhalt und fordern unsere Ersteinschätzung an.

Ein weiterer Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises besteht nicht, weil die Klägerin nicht die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Erfüllung des gesamten Reisepreises gegenüber der Beklagten vorträgt bzw. keine erfüllende Leistung an die Beklagte hinsichtlich des über den Betrag von 800,00 € hinausgehenden Reisepreises festzustellen ist.

1.

Die Klägerin war gemäß § 651l Abs. 1 BGB zur Kündigung des Reisevertrages berechtigt. Entsprechend ist die Rücktrittserklärung der Klägerin im Sinne der vorgenannten Vorschrift zu werten.

Nach § 651l Abs. 1 BGB kann der Reisende den Vertrag kündigen, wenn die Pauschalreise durch einen Reisemangel erheblich beeinträchtigt ist. So war es hier.

Bereits vor Beginn der Reise informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass auf der Reise nur noch geführte Landgänge möglich sind. Die Reisenden und so auch die Klägerin und ihr Ehemann hätten beziehungsweise hatten während der Hafenliegezeiten lediglich die Wahl zwischen einem vorgegebenen Landgang in einer Gruppe oder dem Verweilen auf dem Schiff. Dies stellt eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise im Sinne von § 651l Abs. 1 BGB beziehungsweise einen Mangel im Sinne von § 651i Abs. 2 BGB dar.

Zwar verweist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass es sich bei der Art und Weise der Durchführung der Landgänge nicht um eine typische Reiseleistung i.S.v. Art. 250 § 3 Ziffer 1. EGBGB an sich handelt und hierfür auch kein gesondertes Entgelt zu zahlen ist (vgl. Art. 250 § 3 Ziffer 1. Buchst. g) EGBGB). Gleichwohl gehören zweifellos Landgänge zu dem grundsätzlichen Gepräge einer Kreuzfahrtreise. Hierüber bedarf es keiner gesonderten konkreten Vereinbarungen, denn das Ermöglichen von Landgängen ist denklogisch die Folge für das Anlaufen eines Hafens durch das Kreuzfahrtschiff. Insoweit war die Reise nicht frei von Reisemängeln, weil sie keine Beschaffenheit aufwies, die bei Pauschalreisen der gleichen Art üblich sind und die der Reisende nach der Art der Pauschalreise erwarten kann (§ 651i Abs. 2 Ziffer 2. BGB).

In jedem Hafen obliegt es grundsätzlich dem Reisenden selbst, darüber zu entscheiden, ob und auf welche Art und Weise er das jeweilige Reiseziel erkunden beziehungsweise den Aufenthalt dort verbringen will. Diese Entscheidungsfreiheit wird durch den Umstand, dass Landgänge lediglich nur noch geführt und in der Gruppe durchgeführt werden können, erheblich eingeschränkt.

Diese Einschränkung wiederum bewirkt eine erhebliche Ausstrahlung auf die Gesamtreise, weil es dem Reisenden nicht mehr ermöglicht wird, unabhängig von anderen, alleine und nach eigenen Wünschen die jeweiligen Hafenstädte zu besuchen.

Hinzu kommt, dass gerichtsbekannt geführte Landgänge zu bezahlen sind. Zumindest ist in der bisherigen Rechtsprechungspraxis noch nie vorgetragen worden, dass geführte Landgänge kostenlos angeboten wurden. Bei mehreren Hafenanläufen würden bei der Inanspruchnahme geführter Landgänge durch wie hier 2 Personen erhebliche Mehrkosten entstehen, soweit ursprünglich keine organisierten Ausflüge in Anspruch genommen worden wären bzw. werden sollten.

Die Beklagte weist weiter zu Recht darauf hin, dass die Klägerin hier im Einzelnen nicht vorträgt, welche Auswirkungen die Untersagung individueller Landgänge konkret hatte, da die Klägerin nicht vorträgt, welche Häfen in welchem Zeitraum angelaufen werden sollten. Allerdings kann der von der Beklagten eingereichten Buchungsbestätigung entnommen werden, dass auf der siebentägigen Kreuzfahrtreise drei kanarische Inseln sowie die Insel Madeira angelaufen werden sollten.

Zusammenfassend betrifft die vorgenannte Einschränkung bei der Durchführung von Landgängen keine entgeltpflichtige Reiseleistung der Beklagten, hat aber auf das Gepräge der Pauschalreise „Kreuzfahrt“ eine große Auswirkung, weil ein wesentlicher Teil der Kreuzfahrtreise, d.h. die hierzu gehörenden Landgänge, betroffen ist. Diese Auswirkung bzw. Beeinträchtigung ist erheblich i.S.v. § 651i Abs. 1 BGB.

Auch wenn hierzu nicht näher vorgetragen wird bedurfte es vorliegend keiner angemessenen Fristsetzung zur Abhilfeleistung, da eine solche von vornherein aussichtslos war.

Aufgrund der berechtigten Kündigung des Reisevertrages entfiel der Anspruch der Beklagten auf den vereinbarten Reisepreis, sodass bereits geleistete Zahlungen zu erstatten sind (§ 651l Abs. 2 S. 2 BGB).

2.

Der Höhe nach hat die Klägerin gegen die Beklagte lediglich einen Anspruch auf Rückzahlung der von der Beklagten einbehaltenen sogenannten Stornierungsgebühr in Höhe von 737,50 €.

Zunächst ist klar zu stellen, dass die Beklagte zwar von einem einbehaltenen Betrag in Höhe von 747,50 € vorträgt. Hierbei handelt es sich aber offensichtlich um einen Schreibfehler, denn aus der „Stornorechnung“ geht hervor, dass die Beklagte der Klägerin lediglich einen Betrag in Höhe von 737,50 € berechnete und unter Berücksichtigung des erhaltenen Betrages in Höhe von 800,00 € einen Betrag in Höhe von 62,50 € unstrittig zurückzahlte.

Der vorgenannte Teilbetrag in Höhe von 62,50 € ist schon aus dem vorgenannten Grund unberechtigt von der Klägerin geltend gemacht worden.

Kein Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises besteht hinsichtlich der den Betrag von 800,00 € übersteigenden Forderung.

Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe an das Reisebüro einen Betrag in Höhe von 2.950,00 € bezahlt, muss sich die Beklagte diese Zahlung nicht zurechnen lasse.

Zunächst ist festzustellen, dass nach dem Inhalt der Bestätigung des Reisebüros (Anlage K 1) lediglich ein Betrag in Höhe von 2.870,00 € durch die Klägerin geleistet worden sein soll.

Die vorgenannte Zahlung an das Reisebüro stellte keine Erfüllung des Anspruchs der Beklagten auf Bezahlung des Reisepreises dar.

Gemäß § 651v Abs. 2 BGB gilt ein Reisevermittler als vom Reiseveranstalter zur Annahme von Zahlungen auf den Reisepreis ermächtigt, wenn er dem Reisenden eine den Anforderungen des Artikels 250 § 6 EGBGB entsprechende Abschrift oder Bestätigung des Vertrages zur Verfügung stellt oder sonstige dem Reiseveranstalter zuzurechnende Umstände ergeben, dass er von diesem damit betraut ist, Pauschalreiseverträge für ihn zu vermitteln. Dies gilt nicht, wenn die Annahme von Zahlungen durch den Reisevermittler in hervorgehobener Form gegenüber dem Reisenden ausgeschlossen ist.

Hier erfolgte ein solcher wirksamer Ausschluss durch die von der Beklagten an die Klägerin per E-Mail übersandte Buchungsbestätigung vom 22.11.2015. Der Zugang diese Bestätigung ist von der Klägerin nicht erheblich bestritten worden. Die Beklagte hatte zunächst zu einer Buchungsbestätigung vom 17.09.2020 vorgetragen. Diesen Zugang bestritt die Klägerin ausdrücklich. Nachfolgend korrigierte die Beklagte ihren Vortrag dahingehend, dass eine Buchungsbestätigung vom 22.11.2019 an die von der Klägerin angegebene E-Mail-Adresse gesandt worden sei. Hierzu erwiderte die Klägerin lediglich, dass es weiterhin offenbliebe, wann die Beklagte eine Mail versandt beziehungsweise wann und ob diese Mail angekommen sei. Dies stellt kein erhebliches Bestreiten dar. Auf den konkreten Sachvortrag der Beklagte reagiert die Klägerin lediglich ausweichend, obwohl ihr eine konkrete Einlassung hierzu möglich wäre.

In der vorgenannten Buchungsbestätigung wies die Beklagte darauf hin, dass die Bezahlung des Reisepreises im Direktinkasso und ausschließlich an die Beklagte selbst erfolgen müsse. Auch in der vom Reisebüro an die Klägerin übersandten Buchungsbestätigung wird auf die Informationen in der zu erwartenden Reservierungsbestätigung der Beklagten hingewiesen. Die Buchungsbestätigung des Reisebüros enthält im Übrigen weder eine Zahlungsaufforderung noch überhaupt Kontoangaben für eine Zahlung. Vielmehr diente diese von der Klägerin zu unterschreibende Buchungsbestätigung lediglich der verbindlichen Reiseanmeldung. Über dem zu unterschreibenden Unterschriftfeld heißt es dazu auch:

„Die Reise- und Zahlungsbedingungen des Reiseveranstalters, die mir vollständig übermittelt wurden, habe ich zu Kenntnis genommen …“. Es liegt zudem nahe, dass das Reisebüro erst nach Unterschriftsleistung unter die Anmeldebestätigung die Reisebuchung bei der Beklagten final zum Abschluss brachte.

Die Zahlung der Klägerin an das Reisebüro hatte daher keine erfüllende Wirkung. Mangels eines über den Betrag von 800,00 € hinausgehenden Zahlung an die Beklage ist die Beklagte nicht verpflichtet, der Klägerin den gesamten restlichen Reisepreis zurückzuzahlen. Anspruchsgegnerin wäre hier eventuell das vermittelnde Reisebüro, welches – jedenfalls nach dem Vortrag der Beklagten – die Zahlung der Klägerin nicht an die Beklagte weitergeleitet hatte.

Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aufgrund einer evtl. Pflichtverletzung des vermittelnden Reisebüros kommt aufgrund der eindeutigen vertraglichen Regelungen zur Zahlungspflicht der Klägerin nicht in Betracht. Davon abgesehen trägt die Klägerin zu einem Schaden, d.h. insbesondere, dass sie vergeblich die Rückzahlung beim Reisebüro versucht habe, nicht vor.

3.

Die ausgeurteilten Verzugszinsen sind gemäß §§ 286ff. BGB begründet.

Die weitergehenden Nebenforderungen sind unbegründet.

Insbesondere besteht kein Anspruch auf Freihaltung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten hatte die Klägerin dem vorgerichtlich tätigen Rechtsanwalt bereits eine Prozessvollmacht erteilt. Zu Recht weist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die dann erfolgte anwaltliche Zahlungsaufforderung lediglich als Vorbereitungshandlung zu werten ist und keinen gesonderten Vergütungsanspruch auslöst.

Es kann daher auch dahingestellt bleiben, dass der Antrag auf Freihaltung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aufgrund unzureichender Bestimmtheit unzulässig ist, weil unklar ist, wer freizuhalten wäre. Die Klägerin trägt in diesem Zusammenhang auch nicht vor, dass der jetzigen Prozessbevollmächtigte vorgerichtlich für sie tätig war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf dem § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelles Jobangebot

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)
als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

mehr Infos