Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Az: 2 Sa 1186/09
Urteil vom 22.10.2009
In Sachen hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 2. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 20. August 2009 für Recht erkannt:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 20.05.2009 – 6 Ca 327/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen, wobei klarstellend auf die Erledigung des Tenors zu Ziffer 2 hingewiesen wird.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz (nur noch) über die Rechtswirksamkeit einer seitens der Beklagten, einem Unternehmen der Backindustrie, am 27.01.2009 ausgesprochenen Kündigung, die das Arbeitsverhältnis der seit dem 02.01.2009 als Bezirksleiterin tätigen Klägerin beenden sollte. Die Beklagte hatte zu dieser Kündigung den bei ihr gebildeten Betriebsrat am 20.01.2009 unter Hinweis auf eine „Kündigung während der Probezeit“ angehört. Der Betriebsrat hatte in der Sitzung vom 21.01.2009 hierüber beraten; am Folgetage, dem 22.01.2009 kam es zu einer Besprechung zwischen dem Personalleiter, dem Verkaufsleiter und der Betriebsratsvorsitzenden über die Situation der Verkaufsstelle, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Betriebsratsvorsitzende bei dieser Gelegenheit eine abschließende Erklärung zu der beabsichtigten Kündigung der Klägerin ausgesprochen hat. Das Kündigungsschreiben selbst ist der Klägerin am 27.01.2009 gegen 16:00 Uhr übergeben worden.
Die Klägerin hat erstinstanzlich gerügt, dass die Beklagte die Kündigung vor Ablauf der dem Betriebsrat zustehenden Wochenfrist gemäß § 102 Abs. 2 BetrVG zur Stellungnahme zur Kündigung ausgesprochen habe; demgegenüber hat die Beklagte eine vorzeitige Stellungnahme des Betriebsrats zur Kündigungsabsicht behauptet, aus der sie den aus ihrer Sicht zutreffenden Schluss gezogen habe, es liege eine „abschließende“ Stellungnahme des Betriebsrates vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.05.2009 die Kündigung als gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam bezeichnet. Denn sie sei vor Ablauf der Wochenfrist des § 102 Abs. 2 BetrVG ausgesprochen worden. Die Wochenfrist sei nach §§ 187 ff. BGB zu berechnen und habe bei einer Anhörung des Betriebsrates am 20.01.2009 mit Ablauf des 27.01.2009, also um 24:00 Uhr, ihr Ende gefunden.
Die Kündigung sei der Klägerin jedoch an diesem Tage bereits um 16:00 Uhr zugegangen. Selbst wenn man die Behauptungen der Beklagten über eine mündliche Äußerung der Betriebsratsvorsitzenden am 22.01.2009 als richtig unterstelle, ergebe sich daraus keine ausdrückliche Zustimmung des Betriebsrates zur beabsichtigten Kündigung. Es sei auch nicht eindeutig zu erkennen gewesen, dass in diesen Erklärungen eine abschließende Äußerung liege. Zu berücksichtigen sei, dass der Arbeitgeber die Erklärung der Betriebsratsvorsitzenden auch offensichtlich selbst nicht als abschließend verstanden habe, denn ansonsten hätte er nicht bis zum 27.01.2009 mit dem Ausspruch der Kündigung gewartet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 80 ff. d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses am 26.05.2009 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 15.06.2009 eingegangene Berufung der Beklagten, die sie zugleich begründet hat.
Die Beklagte und Berufungsklägerin trägt in der Berufungsinstanz zur Ergänzung ihres Sachvortrages vor, dass der Betriebsrat stets mittwochs tage und dass eine abschließende Stellungnahme üblicherweise schriftlich auf einem Formular erfolge. Falls es jedoch zu einer Beratung mit dem Arbeitgeber komme, sei auch eine mündliche Erklärung möglich. Am 21.01.2009 habe eine Betriebsratssitzung mit einer Beschlussfassung dahin stattgefunden, dass der beabsichtigten Kündigung nicht widersprochen werde. Dies habe die Betriebsratsvorsitzende in der Besprechung mit dem Arbeitgeber am Folgetag auch eindeutig zum Ausdruck gebracht, indem sie deutlich gemacht habe, dass der Betriebsrat abschließend beraten habe und dass der Betriebsrat nicht widersprechen werde (Zeugnis St. N.). Dadurch sei abschließend klar gewesen, dass der Kündigung nicht widersprochen werde. Zwar habe keine insoweit schriftliche Stellungnahme vorgelegen, jedoch sei dies für den Beklagten erkennbar gewesen; nur wegen des Fehlens einer schriftlichen Stellungnahme habe die Beklagte aus Beweiszwecken noch abwarten wollen, und zwar nach Dienstschluss 15:30 Uhr am 27.01.2009. Erforderlich sei dies jedoch angesichts der abschließenden Stellungnahme nicht gewesen. Hieraus ergebe sich, dass die Beklagte nach der mündlichen Erklärung der Betriebsratsvorsitzenden nicht mehr damit habe rechnen müssen, dass der Betriebsrat überhaupt noch Stellung nehmen werde. Dass sie bis zum Tage des Fristablaufes abgewartet habe, könne ihr nicht nachteilig ausgelegt werden, dies sei nur aus Beweisgründen erfolgt. Im Schriftsatz vom 12.08.2009 wird weiter vorgetragen, dass der Sachvortrag, den die Beklagte in der Berufungsinstanz ergänzend vorgetragen habe, nicht unzutreffend deswegen sei, weil er in erster Instanz nicht erfolgt sei. Erkennbar sei der Personalleiter, der in erster Instanz nicht anwaltlich vertreten gewesen war, davon ausgegangen, dass er die Wochenfrist eingehalten habe. Er habe daher einen Sachvortrag hinsichtlich der abschließenden mündlichen Stellungnahme des Betriebsrates nicht für erforderlich gehalten. Wäre ihm die Rechtslage bewusst gewesen, so hätte er diese Gesichtspunkte bereits in erster Instanz mitgeteilt.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 20.05.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte hält die arbeitsgerichtliche Entscheidung für zutreffend. Auch in der Berufungsinstanz ergebe sich aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht, dass der Betriebsrat ausdrücklich zugestimmt habe. Insbesondere sei zu vermerken, dass die Beklagte bis zum 27.01.2009 abgewartet habe, bevor sie das Kündigungsschreiben übergeben habe. Sie sei also offenbar selbst nicht davon ausgegangen, dass in einer behaupteten Erklärung der Betriebsratsvorsitzenden am 22.01.2009 eine abschließende Stellungnahme zu sehen gewesen sei. Im Übrigen stehe dies auch im Widerspruch zu Äußerungen des Personalleiters im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht. Hinzuzufügen sei, dass die Betriebsratsanhörung auch inhaltlich unzureichend sei, da sie den Kündigungsgrund nur mit einem Satz belege.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Beklagten und Berufungsklägerin vom 04.06.2009 (Bl. 88 ff. d.A.) und vom 12.08.2009 (Bl. 119 ff. d.A.) und auf denjenigen der Klägerin und Berufungsbeklagten vom 10.08.2009 (Bl. 112 ff. d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG, 511 ZPO statthafte Berufung ist form- und fristgerecht im Sinne von §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 519 ZPO eingelegt und begründet worden.
Die Berufung ist daher zulässig.
2. Die Berufung hatte in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Kündigung im Hinblick auf § 102 Abs. 1 BetrVG als unwirksam angesehen. Denn die Beklagte hat die Kündigung vor Ablauf der dem Betriebsrat gemäß § 102 Abs. 2 BetrVG eingeräumten Wochenfrist ausgesprochen.
2.1 Die Einleitung des Anhörungsverfahrens des Betriebsrates erfolgte am 20.01.2009; gemäß §§ 187 ff. BGB endete die dem Betriebsrat gemäß § 102 Abs. 2 BetrVG zur Verfügung stehende Wochenfrist zur Stellungnahme mit dem Ablauf des 27.01.2009, also um 24:00 Uhr. Bei Übergabe des Kündigungsschreibens an die Klägerin am 27.01.2009 um 16:00 Uhr war diese Frist mithin noch nicht abgelaufen.
2.2 Allerdings ist anerkannt, dass der Arbeitgeber auch vor Ablauf der Wochenfrist die Kündigung ohne Verstoß gegen § 102 BetrVG zugehen lassen kann, wenn nämlich zuvor eine „abschließende Stellungnahme“ des Betriebsrats zu der beabsichtigten Kündigung vorliegt.
Dies war im Streitfalle nicht gegeben.
2.2.1 Die Frage, wann eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrates vorliegt, wird unterschiedlich beantwortet.
Einigkeit besteht darüber, dass die auf ihren Gehalt zu prüfende Äußerung des Betriebrates jedenfalls von dem vertretungsberechtigten Organ des Betriebsrats erfolgt sein muss, also von dem Betriebsratsvorsitzenden oder im Falle von dessen Verhinderung von seinem Stellvertreter, § 26 BetrVG.
Unbestritten ist auch, dass dann, wenn der Betriebsrat im Verlaufe der Wochenfrist dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, dass er der beabsichtigten Kündigung zustimme, mit dieser Mitteilung grundsätzlich das Anhörungsverfahren abgeschlossen ist (BAG vom 26.01.2003 – 2 AZR 707/01 – NZA 2003, 3076). Bei sonstigen Erklärungen des Betriebsrates ist durch Auslegung zu ermitteln, ob sich aus ihnen der eindeutige Wille des Betriebsrates ergibt, die Angelegenheit als abgeschlossen anzusehen (BAG vom 12.03.1987 – 2 AZR 176/86 – NZA 1988, 137). Das Bundesarbeitsgericht hat eine „abschließende Stellungnahme“ des Betriebsrates so gekennzeichnet, dass hiervon dann auszugehen ist, wenn der Arbeitgeber aus der Mitteilung entnehmen kann, dass der Betriebsrat eine weitere Erörterung des Falles nicht mehr wünscht. Bei der Auslegung sei vor allem der „Übung“ des Betriebsrats eine maßgebliche Bedeutung beizumessen. Bringe der Betriebsrat mit einer Erklärung üblicherweise zum Ausdruck, dass er keine weitere Erörterung der Angelegenheit wünsche, so könne der Arbeitgeber auch im konkreten Fall von einer abschließenden Stellungnahme des Betriebsrates ausgehen.
In der Rechtsprechung sind dabei unterschiedliche Fallkonstellationen uneinheitlich entschieden worden. So ist beispielsweise eine Äußerung des Betriebsrats, er nehme die Kündigungsabsicht „zur Kenntnis“, teilweise als abschließende und teilweise als nicht abschließende Stellungnahme ausgelegt worden (vgl. LAG Hamm vom 17.8. 1982 – 13 Sa 331/82 – DB 1983, 48; LAG Baden-Württemberg vom 29.04.1986 – 10 Sa 127/85 – LAGE Nr. 6 zu § 1 KSchG Krankheit). Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber vor Ablauf der Wochenfrist mit, er wolle „die Frist verstreichen lassen“, so soll dies nach Auffassung des Hessischen Landesarbeitsgerichts (Hessisches LAG vom 21.11.1986 – 13 Sa 455/86 – BB 1987, 1324) keine „abschließende Stellungnahme“ des Betriebsrates im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sein. Denn der Betriebsrat habe zum Ausdruck gebracht, dass er gerade die Wahrung der Frist fordere.
Demgegenüber hat das Hessische Landesarbeitsgericht in einer anderen Entscheidung (Hess. LAG vom 18.7.1997 – 8 Sa 977/96 – LAGE Nr. 114 zu § 626 BGB) das Anhörungsverfahren für abgeschlossen gehalten, wenn der Betriebsrat mitgeteilt habe, er habe beschlossen, die Anhörungsfrist verstreichen zu lassen. Daraus ergebe sich, dass er eine weitere Erörterung nicht wünsche; soweit in der Erklärung möglicherweise auch die Vorstellung anklinge, der Arbeitgeber möge vor Fristablauf nicht kündigen, sei festzustellen, dass der Betriebsrat dem Arbeitgeber keine Fristen setzen könne. Das Arbeitsgericht Hamburg (ArbG Hamburg vom 2.12.1982 – 2 Ca 259/82 -) ist in einer Entscheidung davon ausgegangen, dass von einer abschließenden Stellungnahme überhaupt nur dann gesprochen werden könne, wenn der Betriebsrat sich ausdrücklich, also positiv, über Widerspruch, Bedenken etc erklärt habe.
2.2.2 Nach Auffassung der Kammer kann von einer „abschließenden Stellungnahme“ des Betriebsrates (nur) dann ausgegangen werden, wenn seine nach §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung der Betriebsüblichkeiten auszulegende Erklärung beinhaltet, dass er „mit dieser Erklärung“ das Verfahren abschließen will. In diesem Sinn kann von einer abschließenden Stellungnahme stets dann ausgegangen werden, wenn der Betriebsrat beispielsweise erklärt, er stimme der Kündigung zu oder er erhebe Bedenken oder lege Widerspruch ein. Gleiches gilt, wenn seine Erklärung in sonstiger Weise den „Schlusspunkt“ für das Verfahren setzen will. Dies wird der Fall sein, wenn er einen schriftlichen Anhörungsbogen dem Arbeitgeber zurückgibt, und zwar möglicherweise auch dann, wenn dort – außer der Unterschrift des Betriebsratsvorsitzenden – keine weitere Erklärung enthalten ist. Denn in einem solchen Fall wird durch die tatsächliche (körperliche) Rückgabe des Anhörungsbogens regelmäßig – geradezu bildlich – zum Ausdruck gebracht, die Angelegenheit sei für die Betriebsratsseite „erledigt“.
Demgegenüber dürften sich Erklärungen, die sich auf den „Fristablauf“ beziehen, regelmäßig nicht ohne weiteres als „abschließende Erklärung“ verstehen lassen. Denn in einem solchen Fall bezieht sich die Erklärung des Betriebsrats zuvorderst gerade nicht auf eine aktuelle eigene Handlung oder Erklärung, sondern auf den Ablauf der gesetzlichen Frist. Natürlich kann einer solchen Erklärung gegebenenfalls auch entnommen werden, der Betriebsrat werde innerhalb der Frist nicht mehr tätig werden. Sicher ist dies jedoch nicht; bei einer solchen Erklärung des Betriebsrates wäre es ihm möglicherweise aus Rechtsgründen nicht zu verwehren, vor Ablauf der Frist doch noch eine Erklärung abzugeben. Ob diese dann unter dem Gesichtspunkt „widersprüchlichen Verhaltens“ Rechtswirksamkeit entfalten könnte oder nicht, wäre gesondert zu prüfen. Ausgeschlossen wäre eine solche Verhaltensweise jedoch nicht, wenn der Betriebsrat ausdrücklich auf den „Fristablauf“ Bezug nimmt. Bei einer entsprechenden Erklärung des Betriebsrates könnte ein Wille des Betriebsrates dahin, der Arbeitgeber möge die Frist abwarten und dann kündigen, nicht in jedem Falle ausgeschlossen werden. Hieran könnte der Betriebsrat beispielsweise dann ein Interesse haben, wenn nach Ausschöpfung der Frist ein anderer Kündigungstermin anstünde und der Betriebsrat dem von ihn vertretenen Arbeitnehmer diese „Vergünstigung“ zukommen lassen wollte. Damit würde dem Arbeitgeber nicht – unzulässigerweise – eine Frist gesetzt, es würde (nur) erklärt werden, die Frist des § 102 Abs. 2 BetrVG werde nicht abgekürzt.
Maßgeblicher Gesichtspunkt bei der Auslegung wird, worauf das Bundesarbeitsgericht und die Instanzgerichte zu Recht und insoweit übereinstimmend hinweisen, aber jeweils die „Üblichkeit“ also dasjenige sein, was im konkreten Betrieb zwischen den konkreten Betriebsparteien üblicherweise erfolgt ist.
2.3 Unter Berücksichtigung und in Anwendung dieser Grundsätze war vorliegend nicht davon auszugehen, dass der Betriebsrat – und zwar auch nach der Behauptung der Beklagten – eine „abschließende Erklärung“ abgegeben hätte.
Nach der Behauptung der Beklagten in der Berufungsinstanz hatte die Betriebsratsvorsitzende dem Arbeitgeber in der Beratung am 22.01.2009 mitgeteilt, dass der Betriebsrat in seiner Betriebsratssitzung am 21.01.2009 abschließend über die Kündigung beraten habe und dass der Kündigung gemäß dem auf dieser Betriebsratssitzung gefassten Beschluss „nicht widersprochen“ werde. Unterstellt man diese Behauptung als richtig, so ergibt sich aus dieser Erklärung der Betriebsratsvorsitzenden nach Auffassung der Kammer nicht eindeutig der Wille, dass „hiermit“ dem Arbeitgeber das Ende des Anhörungsverfahrens mitgeteilt werden solle.
Zum einen handelt es sich dem Wortlaut nach um eine Erklärung, die in die Zukunft gerichtet ist. Der Betriebsrat hat – nach dieser Behauptung – erklärt, dass er der Kündigung nicht widersprechen werde; er hat nicht erklärt, dass er der Kündigung (jetzt) nicht widerspreche.
Des weiteren spricht gegen eine abschließende Stellungnahme der Umstand, dass der Betriebsrat das Anhörungsformular, das ihm vom Arbeitgeber schriftlich übergeben worden ist, nicht zurückgegeben hat. Die Beklagte hat vorgetragen, dass dies an sich der Üblichkeit des Verfahrens entspreche. Zwar hat die Beklagte ergänzend weiter vorgetragen, dass dann, wenn vor Übergabe der schriftlichen Stellungnahme eine Beratung mit dem Arbeitgeber stattfinde, es auch üblich sei, dass der Betriebsrat bereits vorab über das Ergebnis seiner Beschlüsse informiere. Dann aber stellt sich die Frage, ob diese „Information“ über einen gefassten Beschluss zugleich – unter Berücksichtigung der so eben dargelegten Grundsätze – darauf hindeutet, dass mit dieser „Information“ auch ein „Abschluss“ des Anhörungsverfahrens gewollt ist. Dies aber ist nach dem Gesagten das Kriterium: Von einer „abschließenden Stellungnahme“ kann nur ausgegangen werden, wenn durch sie das Verfahren beendet werden soll. Die (bloße) Mitteilung über ein in der Zukunft liegendes Verhalten reicht hierfür nicht aus.
2.2.4 Demnach konnte auch auf der Grundlage der Behauptungen der Beklagten nach Auffassung der Kammer nicht von einer etwaigen abschließenden Stellungnahme des Betriebsrates bereits am 22.01.2009 ausgegangen werden. Nur am Rande war festzustellen, dass die Beklagte ihrerseits offenbar selbst nicht von einer solchen Folge ausgegangen ist. Der Vernehmung der benannten Zeugin N. bedurfte es daher nicht.
3. Erwies sich die Kündigung insoweit als gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam, so musste die Berufung der Beklagten mit der Folge zurückgewiesen werden, dass sie gemäß § 97 ZPO die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.
4. Die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.