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Kündigung – Wahlrecht bei unwirksamer Kündigung

Landesarbeitsgericht Düsseldorf

Az: 12 Sa 1679/07

Urteil vom 02.04.2008


In dem Rechtsstreit hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 16.01.2008 für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 30.08.2007 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

A. Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung der Beklagten vom 28.02.2007, über den Gehaltsanspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 09.02. bis 30.04.2007, darüber, ob die von der Klägerin beantragte Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.2007 oder zum 31.08.2007, dem ordentlichen Kündigungstermin, wirkt, sowie über die Höhe der vom Arbeitsgericht zuerkannten Abfindung (9 Gehälter).

Die am 02.02.1967 geborene Klägerin trat gemäß Anstellungsvertrag vom 14.09.1988 am 01.10.1988 als kaufmännische Angestellte in die Dienste der Beklagten, einem Großhandelsunternehmen für Bäckereien, Konditoreien und die Gastronomie mit in der Regel mehr als 10 Beschäftigten. Mit Schreiben vom 22.08.1988 gruppierte die Beklagte sie in Gehaltsgruppe IV des Gehaltsrahmenabkommens des Groß- und Außenhandels NRW ein.

In der Zeit vom 29.06.2001 bis 08.02.2007 nahm die Klägerin, die als Einkaufssachbearbeiterin im Bereich Gastronomie eingesetzt war, Elternzeit in Anspruch. Unter dem „31.Juni 2001“ hatte die Beklagte ein Zwischenzeugnis ausgestellt.

Im August 2006 äußerte die Klägerin den Wunsch nach einer Teilzeittätigkeit, den sie mit Schreiben vom 06.02.2007 zurückzog. Die Beklagte sprach im Oktober 2006 eine Kündigung aus, die gemäß Prozessvergleich vom 08.12.2006 hinfällig wurde. Mit Schreiben vom 08.02.2007 (Bl. 18 GA) lehnte die Beklagte mit der Begründung, sich betriebsorganisatorisch auf den (zu unbestimmt gewesenen) Teilzeitantrag der Klägerin eingerichtet zu haben, die Wiederbeschäftigung der Klägerin in Vollzeit vorläufig ab. Mit Schreiben vom 21.02.2007 wies sie ihr ab dem 26.02.2007 eine Vollzeittätigkeit „in der kfm. Warenausgangsprüfung, mit Bestell- und Kommissionierscheinkontrolle“ zu. Am 26.02. und 27.02.2007 verrichtete die Klägerin diese Tätigkeit. Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.02.2007 lehnte sie die Tätigkeit, weil „bislang von einem gewerblichen Lagerarbeiter ausgeführt“, als nicht vertragsgerecht ab. Die Beklagte sprach daraufhin am 28.02.2007 eine schriftliche und eine mündliche Abmahnung aus. Nachdem die Klägerin bei ihrer Ablehnung blieb, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 28.02.2007 wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung (Bl. 6 GA).

Durch Urteil vom 30.08.2007 hat das Arbeitsgericht der Kündigungsschutz- und der Zahlungsklage stattgegeben und das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2007 gegen eine Abfindungszahlung in Höhe von Euro 20.392,20 brutto aufgelöst.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte den Antrag auf Klageabweisung weiter. Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens greift sie die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Schlussfolgerungen des Urteils an. Die Klägerin verteidigt das Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen vollumfänglich Bezug genommen.

B. Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung der Kündigungsschutz- und der Zahlungsklage stattgegeben. Es hat auch zu Recht das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2007 aufgelöst; die ausgeurteilte Abfindung ist weder dem Grunde noch der Höhe zu beanstanden. Die Kammer macht sich die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zu eigen, und hat ihnen mit Blick auf die Angriffe der Berufung lediglich das Folgende hinzuzufügen:

I. Die Kündigung vom 28.02.2007 ist nach § 626 Abs. 1 BGB oder § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG rechtsunwirksam. Zwar ist die beharrliche Arbeitsverweigerung geeignet, einen an sich wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung oder einen verhaltensbedingten Grund zur ordentlichen Kündigung abzugeben. Die Klägerin hat jedoch keine Arbeitsverweigerung begangen, denn sie schuldete nach dem Arbeitsvertrag nicht die ihr ab 26.02.2007 zugewiesene Arbeit (§ 106 GewO).

Nach dem Anstellungsvertrag vom 14.09.1985 i.V.m. dem Schreiben vom 22.08.1989 durfte die Beklagte der Klägerin nur eine Tätigkeit mit den Merkmalen der Gehaltsgruppe IV zuweisen. Das § 1 Abs. 2 u. 3 des Anstellungsvertrages vorbehaltene Um-/Versetzungsrecht umfasst nicht die Zuweisung einer geringerwertigen Tätigkeit, so dass es hier nicht darauf ankommt, ob die Vertragsklausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB Stand hält und ein auf die dauerhafte Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten gerichteter Änderungsvorbehalt gegen den kündigungsschutzgesetzlichen Inhaltsschutz (§ 2 KSchG) verstößt (vgl. BAG vom 09.05.2006, NZA 2007, 145, LAG Köln vom 09.01.2007, NZA-RR 2007, 343).

Damit hätte eine Arbeitsverweigerung nur dann vorgelegen, wenn die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, der Arbeitsanordnung der Beklagten vom 21.02.2007 am 28.02.2007 nachzukommen. Zu Lasten der Beklagten, die die Darlegungspflicht für die Rechtmäßigkeit der Anweisung trägt, ist nicht feststellbar, dass es sich bei der Tätigkeit mit den Schwerpunkten

„1. Bestellunterlagen in die entsprechenden Touren sortieren.

2. Wareneingangskontrolle lt. Lieferscheinen an der Ware.

3. Warenausgangskontrolle lt. Kommissionierscheinen an der Ware.

4. MHD-Kontrolle lt. MHD-Schein am Regal.

5. Belege aus den Ablagekörben in die entsprechenden Ordner heften.“

(Anlage B7) um eine vertragsgerechte Beschäftigung nach Gehaltsgruppe IV („Selbständiges Ausführen von Tätigkeiten nach allgemeinen Anweisungen, die Kenntnisse und Berufserfahrung erfordern, wie sie durch mehrjährige einschlägige Tätigkeit nach erfolgter kaufmännischer Ausbildung erlangt werden …“) handelt. Abgesehen davon, dass keines der dortigen Tätigkeitsbeispiele auch nur annähernd erfüllt wird und der Vortrag der Beklagten nicht den durch diese Aufbaufallgruppe (vgl. BAG vom 26.07.1995, NZA 1996, 714, ferner BAG vom 25.09.1991, NZA 1992, 273, LAG Hamm vom 26.03.2003, 18 (5) Sa 958/02, Juris) präsumierten Darlegungsanforderungen genügt, liegt auf der Hand, dass gegenüber der übertragenen Aufgabe der Einkaufssachbearbeiterin (vgl. Tätigkeitsbeispiel 1.1. der Gehaltsgruppe IV) und den damit verbundenen Arbeitsbedingungen die neue Tätigkeit deutlich geringerwertig ist. Dabei kann dahinstehen, ob die Tätigkeit nach ihrem Gesamtgepräge zum überwiegenden Teil (§ 2 Nr. 4 Gehaltsrahmenabkommen, § 2 Nr. 4 Lohnrahmenabkommen) die eines Angestellten oder die eines gewerblichen Arbeitnehmers ist. Als „Arbeitertätigkeit“ wäre sie eine solche nach Lohngruppe IV oder V, als Angestelltentätigkeit eine solche nach Gehaltsgruppe II (inbes. Tätigkeitsbeispiele 1.1, 1.4, 1.5), allenfalls und dann nur zum geringen Teil nach Gehaltsgruppe III. Soweit der Prozessvortrag der Beklagten über die Anlage B7 (Schreiben vom 23.02.2007 – „Tätigkeitsschwerpunkte“) hinaus die Höherwertigkeit von bestimmten Aufgaben reklamiert, muss die Beklagte sich zum einen entgegen halten lassen, dass die Frage, ob die zugewiesene Arbeit vertragsgemäß war, allein nach der Arbeitsanordnung vom 21.02.2007 und dem Schreiben vom 23.02.2007 zu beurteilen ist, zum anderen der Prozessvortrag nicht auf die tariflichen Qualifikationsmerkmale, sondern auf eine – insoweit irrelevante – „Bedeutung“ für das Unter-nehmen abstellt, und schließlich nicht ersichtlich ist, dass mit dem „überwiegenden“ Teil der verschiedenen Tätigkeiten die Eingruppierungsmerkmale der Gehaltsgruppe IV erfüllt werden.

II. Die Beklagte schuldet gemäß § 611, § 615 BGB ab dem 09.02.2007 das vereinbarte Gehalt.

1. Nach § 615 Satz 1 BGB hat der Arbeitgeber die nach § 611 BGB vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs richten sich nach den §§ 293 ff. BGB. Nach § 296 Satz 1 BGB obliegt es dem Arbeitgeber als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung, dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen Die dem Arbeitgeber nach § 296 Satz 1 BGB obliegende Handlung besteht darin, die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung hinreichend zu bestimmen und durch Zuweisung eines bestimmten Arbeitsplatzes zu ermöglichen (BAG vom 04.10.2005, NZA 2006, 442).

Dem war die Beklagte nicht nachgekommen. Sie verweigerte der Klägerin die Zuweisung eines vertragsgerechten Arbeitsplatzes.

2. Dem Eintritt des Annahmeverzugs steht nicht entgegen, dass die Klägerin den Wunsch nach Teilzeitarbeit geäußert hatte und die Beklagte sich darauf eingerichtet haben will, der Klägerin nach dem Ende der Elternzeit keine Vollzeittätigkeit mehr übertragen zu müssen.

Die Beklagte verkennt mit ihrem Einwand schon, dass im Rahmen des Annahmeverzugs der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung das verschuldensunabhängige Risiko trägt, dem Arbeitnehmer arbeitstäglich die Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung durch Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes zu ermöglichen. Nach § 296 BGB wird der Gläubiger über die Leistungsfähigkeit des Schuldners grundsätzlich im unklaren gelassen (BAG vom 19.09.1991, 2 AZR 619/90, n.v.). Weil es sich bei dem Anspruch aus § 615 BGB nicht um einen Schadenersatzanspruch handelt, gehen Erwägungen im Sinne eines Verschuldens oder Mitverschuldens des Arbeitnehmers fehl. Darüber hinaus fehlt es im vorliegenden Fall am Schutzbedürfnis der Beklagten auch deshalb, weil sie selbst den Teilzeitwunsch für „zu unbestimmt“ und damit unzulässig erachtete. Dann entfiel – aus ihrer eigenen Sicht – eine Verpflichtung, kurzfristig die Klägerin (nur noch) in Teilzeit zu beschäftigen (§ 8 Abs. 2 TzBfG), so dass es ihr betriebsorganisatorisch oblag, zum 09.02.2007 einen Vollzeit-Arbeitsplatz für die Klägerin bereitzustellen.

3. Gemäß § 297 BGB entfällt der Annahmeverzug, wenn der Schuldner nicht leistungsbereit ist. Zu den Voraussetzungen der Leistungsbereitschaft gehört der ernsthafte Leistungswille des Schuldners. Darlegungs- und beweispflichtig für das Fehlen dieses Leistungswillens ist grundsätzlich der Gläubiger, i. c. die Beklagte als Arbeitgeberin (Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 297 Rz. 3).

Es liegen schon keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, aus denen auf eine fehlende Leistungsbereitschaft der Klägerin geschlossen werden könnte. Die Klägerin hatte ihren Teilzeitwunsch unter dem 06.02.2007 ausdrücklich zurückgezogen und am 26. und 27.02.2007 ganztägig gearbeitet. Dass sie danach die Fortführung der nicht vertragsgerechten Beschäftigung ablehnte, stellt ihre Leistungsbereitschaft für eine im Rahmen des arbeitsvertraglich Vereinbarten geschuldete Tätigkeit nicht in Frage (vgl. MünchArbR/Boewer, 2. Aufl., § 76 Rz. 26).

III. Das Arbeitsgericht hat zu Recht dem Auflösungsantrag stattgegeben.

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG hat das Gericht das durch eine sozialwidrige Kündigung nicht beendete Arbeitsverhältnis durch Urteil aufzulösen, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Dafür muss nicht ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB, der dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar macht, vorliegen. Vielmehr reicht es aus, wenn ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Dauer i. S. v. § 9 KSchG unzumutbar ist (Stahlhacke/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 9. Aufl., Rz. 1976). Das Verhalten des Arbeitgebers vor oder im Zusammenhang mit der ausgesprochenen Kündigung kann dabei je nach den Umständen geeignet sein, die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu begründen (BAG vom 27.03.2003, EzA Nr. 47 zu § 9 nF KSchG, KR/Spilger, 8. Aufl., § 9 KSchG Rz. 41).

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In Anwendung dieser Maßstäbe hat das Arbeitsgericht zu Recht einen Auflösungsgrund angenommen. Die Beklagte greift mit der Berufung das erstinstanzliche Urteil in diesem Punkt auch nicht näher an und widersetzt sich nicht prinzipiell der Auflösung, was die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit zur Folge hätte.

2. Zu Unrecht meint die Beklagte unter Hinweis auf § 13 Abs. 1 Satz 4 KSchG, dass für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Zeitpunkt, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen worden sei (28.02.2007), und nicht der Zeitpunkt, zu dem die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung wirke (31.08.2007), festzulegen sei.

a) Nach vorherrschender und richtiger Rechtsauffassung (AnwK-ArbR/Dreher/Schmitz-Scholemann, § 13 KSchG Rz. 17, KR/Friedrich, 8. Aufl., § 13 KSchG Rz. 107 (65), ErfK/Kiel, 8. Aufl., § 13 KSchG Rz. 17, Stahlhacke/Vossen, a. a. O., Rz. 1999 a, v. Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, 14. Aufl., § 13 KSchG Rz. 17, Boewer RdA 2001, 380 [399], hat, wenn der Arbeitgeber eine außerordentliche und (hilfsweise) eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hat und beide Kündigungen nach § 626 BGB bzw. § 1 KSchG unwirksam sind, der Arbeitnehmer ein Wahlrecht, auf welche Kündigung er den Auflösungsantrag beziehen will.

Die Beklagte hat im Schreiben vom 28.02.2007 sowohl „außerordentlich fristlos“ als auch „vorsorglich ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ gekündigt. Damit konnte die Klägerin den Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 KSchG stellen und das Arbeitsgericht entsprechend das Arbeitsverhältnis zu dem Zeitpunkt nach § 9 Abs. 2 KSchG auflösen.

b) Der Streitfall erfordert keine Klärung der Problematik, ob das Arbeitsverhältnis auch auf den allein durch Umdeutung der außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung gewonnenen Zeitpunkt aufgelöst werden kann. Die Befürworter in der Literatur (z.B. v. Hoyningen-Huene/Linck, a.a.O., APS/Biebl. 3. Aufl., § 13 KSchG Rz. 46 [28]) stützen sich auf ein BAG-Urteil vom 26.08.1993 (NZA 1994, 70), in dem zu einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung, die auch als ordentliche Kündigung sozialwidrig wäre, ausgeführt wird: „Kommt eine Umdeutung der fristlosen Kündigung des Arbeitgebers in eine ordentliche Kündigung in Betracht, so hat der Arbeitnehmer grundsätzlich die Möglichkeit, bezogen auf die fristlose Kündigung des Arbeitgebers keinen Auflösungsantrag zu stellen und die Auflösung nur bezogen auf die umgedeutete fristgerechte Kündigung zu beantragen.“

Nach § 140 BGB setzt eine Umdeutung voraus, dass zum einen eine ordentliche Kündigung dem mutmaßlichen Willen des außerordentlich Kündigenden entspricht und zum anderen die ordentliche Kündigung sämtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt (BAG vom 15.11.2001, NJW 2002, 2972, vgl. Palandt/Heinrichs, § 140 BGB, Rz. 5, 8, Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 140 Rz. 13, Staudinger/Roth, BGB [2003], § 140 Rz. 20, Baumberger/Roth/Wendtland, BGB, § 140 Rz. 10). Die Umdeutung in eine unwirksame, weil sozialwidrige, ordentliche Kündigung scheidet damit aus. Anders als die Umdeutung der unwirksamen außerordentlichen in eine wirksame ordentliche Kündigung muss dem Arbeitgeber, der „nur“ außerordentlich gekündigt hat, an einem Umdeutungsversuch in eine unwirksame ordentliche Kündigung wegen der aufgrund des unterschiedlichen Auflösungszeitpunktes (nach § 13 Abs. 1 Satz 4 KSchG oder nach § 9 Abs. 2 KSchG) divergierenden Vergütungspflichten nicht gelegen sein. Daher wird die Annahme eines „mutmaßlichen Willens“ des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf den zum Zeitpunkt der ordentlich gerichteten Kündigungstermin aufgelöst werden soll, ein eindeutiges Erklärungsverhalten des Arbeitgebers und ggf. das vom Gericht nach § 139 ZPO auszuübende Fragerecht voraussetzen.

3. Die Höhe der nach § 9 KSchG vorgesehenen Abfindung richtet sich nach § 10 KSchG, wobei nach dem Gesetz lediglich Höchstgrenzen festgesetzt sind. Die Angemessenheit der Abfindung hat sich an ihrem Zweck zu orientieren. Er besteht in erster Linie darin, dem Arbeitnehmer einen Ausgleich für die Vermögens- und Nichtvermögensschäden zu gewähren, die sich aus dem an sich nicht gerechtfertigten Verlust des Arbeitsplatzes ergeben. Ferner hat die Abfindung auch einen Sanktionscharakter für den Arbeitgeber, der eine rechtswidrige außerordentliche Kündigung ausgesprochen hat. Die wichtigsten Faktoren bei der Bemessung der Abfindung sind die Dauer des Arbeitsverhältnisses, aber auch das Lebensalter des Arbeitnehmers, soweit es seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt beeinflusst. Daneben können auch Familienstand und Unterhaltspflichten sowie Umstände Berücksichtigung finden.

Im vorliegenden Fall hat das Arbeitsgericht das monatliche Gehalt und die Dauer der Betriebszugehörigkeit (knapp 19 Jahre) zum Ansatz für die Bemessung der Abfindung genommen. Die weiteren, vorgenannten Kriterien wirken sich per saldo jedenfalls nicht zu Gunsten der Beklagten auf den mit Euro 20.392,50 (9 Gehälter x Euro 2.265,80) angemessenen Abfindungsbetrag aus.

C. Die Kosten der Berufung hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

Für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht besteht keine Veranlassung, da Zulassungsgründe i.S.v. § 72 Abs. 2 ArbGG nicht ersichtlich sind. Hinsichtlich der Einzelheiten der Nichtzulassungsbeschwerde wird die Beklagte auf § 72 a ArbGG hingewiesen.

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