AG Hamburg-Harburg – Az.: 646 C 197/15 – Urteil vom 28.04.2016
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.739,75 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.05.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 206,95 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.05.2015 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 4.740,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten Provision aus einem Maklervertrag.
Der Kläger ist gewerblicher Makler, der Beklagte Mieter eines Lagers und Büros in … . Der Kläger annoncierte im Februar 2015 eine 150m2 messende Halle zzgl. 68 m2 Bürofläche auf dem Portal … unter der …-ID … .
Dort enthalten war der Absatz: „Courtage: 3 Bruttomonatsmieten zzgl. 19% MwSt“. Unter der …-ID … war durch den Vermieter eine nahezu inhaltsgleiche Annonce eingestellt worden. Am 04.02.2015 kontaktierte der Beklagte den Kläger über die Kontakttelefonnummer des Klägers. Noch am gleichen Tag wurde ein Termin zur Besichtigung vereinbart. Der Kläger versandte nach dem Telefonat eines Exposé an den Beklagten. Dieses enthielt ebenfalls einen Hinweis auf die Courtage und die AGB des Klägers. Für den Inhalt der AGB wird auf die Anlage B 3 zum Schriftsatz des Beklagten vom 30.06.2015, Bl. 69 ff. d. A., Bezug genommen.
Am 06.02.2015 besichtigten die Parteien und ein Mitarbeiter der Vermieterin, Herr …, das Objekt. Am Gelände befand sich ein Schild, auf dem es u.a. hieß: „Provisionsfrei! Direkt vom Eigentümer!“. Anschließend bemühte sich der Kläger, finanzielle Vergünstigungen von der Vermieterin, erst in Form einer Teilübernahme der Provision, später in Form einer Anpassung der Mieterhöhung und der Abrede, dass der erste Monat mietfrei ist, zu erzielen.
Der Mietvertrag kam schließlich zwischen dem Beklagten und der Vermieterin unter diesen veränderten Konditionen zustande. Die Monatsmiete wurde mit 1.327,66 € brutto vereinbart.
Der Kläger behauptet, er habe am 18.4.2013 einen widerruflichen Vermittlungsauftrag des Eigentümers der Halle durch den Akquisiteur, Herrn …, erhalten. Dieser sei im streitigen Zeitraum auch noch nicht widerrufen worden.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 10.06.2015 seine Klage im Bezug auf die Zinsforderung teilweise zurückgenommen.
Der Kläger beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.740,00 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Jeweiligen Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 206,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage ist abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, es habe keinen Auftrag durch den Eigentümer gegeben. Beim Besichtigungstermin sei deutlich geworden, dass Kläger und Vermieter erstmals Kontakt gehabt hätten. Der Beklagte erklärte daher – was unstreitig ist – die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen … im Zuge der mündlichen Verhandlung am 07.04.2016. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und zum weit überwiegenden Teil begründet.
I.
1. Der Kläger kann 4.739,75 € vom Kläger aus dem Maklervertrag gem. § 652 BGB verlangen.
a. Ein Maklervertrag wurde zwischen den Parteien durch die Kontaktaufnahme des Klägers über die in der Annonce des Klägers angegebene Telefonnummer und der Übersendung des Exposés an den Beklagten abgeschlossen. Ob bereits die Annonce des Klägers ausnahmsweise ein Angebot oder nur eine invitatio ad offerendum darstellt (so BGH, NJW 2012, 2268), kann dahinstehen. Denn auch die hohen Anforderungen an den konkludenten Vertragsschluss eines Maklervertrags sind hier erfüllt. Es genügt für den Rechtsbindungswillen nicht jedes Genügenlassen einer Maklerleistung. Da in der Annonce des Klägers ausdrücklich auf die Provision hingewiesen wurde, machte der Beklagte bereits mit seiner Kontaktaufnahme ein Vertragsangebot unter Bezugnahme auf die Provision. Dieses wurde durch Übersenden des Exposés und eine Vereinbarung eines Besichtigungstermins, spätestens aber mit der Verhandlung finanzieller Vergünstigungen angenommen. Dem kann der Beklagte nicht erfolgreich mit einem schutzwürdigen Vertrauen auf dem Schild am Objekt und der zweiten Annonce des Vermieters entgegentreten. Von diesen Umständen hatte der Kläger keine Kenntnis bzw. musste der Kläger keine Kenntnis haben, so dass aus objektivierter Klägersicht die Willenserklärung des Beklagten nicht auf eine kostenfreie Tätigkeit ausgerichtet ist. Auch hat der Beklagte nicht kundgetan, dass er für die Leistungen des Maklers nicht zahlen wolle. Dies aber hätte er machen müssen, wenn er den Vertragsschluss vermeiden möchte (vgl. dazu BGH, NJW 2002, 817).
b. Der Kläger hat die Maklerleistung erbracht, da er den Vertragsschluss vermittelte. Eine Vermittlung liegt vor, wenn der Makler bewusst und zweckgerichtet auf den Vermieter zum Abschluss des konkreten Vertrages einwirkt. Der Kläger führte hier Vertragsverhandlungen mit dem Vermieter und dem Beklagten und ermöglichte so einen Vertragsschluss zu für den Beklagten besseren und wesentlich veränderten Konditionen.
Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag lässt eine Vermittlung für die Entstehung eines Provisionsanspruchs genügen. Ausweislich des Vertragstextes wurde sowohl ein Nachweis- als auch ein Vermittlungsmaklervertrag vereinbart. Der Inhalt des Vertrags ist damit auslegungsbedürftig. Dabei sind die AGB des Klägers zu berücksichtigen. Diese sind wirksam gem. § 305 Abs. 2 BGB einbezogen worden. Denn der Kläger wies in der E-Mail vom 4.2.2015 auf die AGB in dem angehängten Exposé hin. Die dort enthaltene Klausel, dass der Provisionsanspruch entstehe, „sobald aufgrund unseres Nachweises bzw. unserer Vermittlung ein Hauptvertrag […] zustande gekommen ist“, ist als kombinierte Vereinbarung sowohl eines Nachweis- als auch Vermittlungsmaklervertrages auszulegen.
Auch wenn das Gesetz beide Vertragstypen trennt, ist eine Vereinbarung möglich, da regelmäßig beide Tätigkeiten ineinander übergehen und der Makler ein Interesse an beiden Formen der Vereinbarung haben kann (Roth, in: MünchKomm BGB, 6 Aufl. 2012, § 652 Rn. 56). Dem Gericht ist bekannt, dass – ebenso wie die gebräuchlichere Formel „und/oder“ – der Begriff „bzw.“ die sprachliche Funktion von „und“ bzw. „oder“ bzw. beidem haben kann. Auch dass der Kläger in der Rechnung von „Vermittlungsabschluss“ spricht, deutet darauf hin, dass er seinen Provisionsanspruch auf die Vermittlungsmaklertätigkeit stützt.
c. Der Mietvertrag ist unstreitig zustande gekommen. Auf den erhobenen Einwand der Vorkenntnis etwa durch das Schild oder die weitere Annonce des Vermieters kommt es beim Vermittlungsmakler nicht an (Roth, a.a.O., § 652 Rn. 179). Ferner führte der Kläger Vertragsverhandlungen mit dem Vermieter. Damit war die Maklerleistung auch mitursächlich für den Vertragsschluss.
d. Der Vertrag ist nicht aufgrund der erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ex tunc nichtig. Es fehlt am Anfechtungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB. Der Kläger hat über seine Beauftragung durch den Vermieter nicht getäuscht. Eine Beauftragung lag zur Überzeugung des Gerichts vor. Das Gericht stützt sich dabei auf den bestehenden Akquiseprotokoll (Anlage K16) vom 16.4.2013 sowie die Aussage des Zeugen und Vermieters, …. Dieser bestätigte, dass der Kläger seit einiger Zeit alle verfügbaren Lager- und Büroflächen des Objekts vermitteln dürfe, nachdem dieser darum gebeten habe. Ein Widerruf sei bislang nicht erfolgt. Das Gericht sieht keinen Anlass, an der Glaubhaftigkeit der Aussage zu zweifeln, zumal das Akquiseprotokoll seine Aussage untermauert. Zwar setzt sich der Zeuge im Widerspruch zum Klägervortrag, wonach die Beauftragung durch einen Dritten Akquisiteur vermittelt worden sei, dies ändert jedoch nichts daran, dass die insoweit beweisbelastete Beklagtenseite jedenfalls nicht hat belegen können, dass die streitgegenständliche Lagerhalle ohne Veranlassung des Vermieters der Halle vermakelt wurde.
Aufgrund des bestehenden Auftragsverhältnis steht dem Kläger auch keine rechtshindernde Einrede aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu.
Der Beklagte hat auch keinen Anfechtungsgrund aufgrund einer Täuschung über die Person des Klägers. Es fehlt jedenfalls an der Kausalität einer Täuschung. Ob auf der Homepage abmahnfähige Inhalte zu finden sind, muss das Gericht nicht beurteilen. Denn es ist unabhängig davon widersprüchlich, dass der Beklagte einerseits auf die Solidität, Stammkapital und Organisationsstruktur des Klägers einerseits vertraut haben, andererseits aber seine Klage auf einen nicht vorhandenen Vertragsschluss stützen will.
e. Die im Mietvertrag vereinbarte Bruttomonatsmiete beträgt 1.327,66 €. Drei Monatsmieten (3.982,98 €) nebst 19% Umsatzsteuer (756,77 €) ergeben in der Summe 4739,75 €. Soweit der Kläger im Klagantrag zu 1.) einen höheren Betrag fordert, ist die Klage abzuweisen.
2. Der Kläger hat einen Zinsanspruch i.H.v. 8 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszins auf Grundlage seiner AGB i.V.m § 291 BGB.
3. Der Anspruch auf die vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 206,95 € steht dem Kläger aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB, §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300, 7002 VV RVG zu. Dieser ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins zu verzinsen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Beklagte unterliegt sowohl in Hauptforderung als auch den Nebenforderungen zu einem Betrag weit unter 10%, sodass eine vollständige Auferlegung der Kosten gerechtfertigt ist. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 2 ZPO.