LG Frankfurt – Az.: 2-31 O 311-16 – Urteil vom 04.10.2017
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 119.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.08.2015 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.480,44 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Lohnzahlung für die Erbringung von Maklerleistungen betreffend einer Immobilie in Frankfurt am Main.
Aufgrund einer Anzeige im Internet kam die Beklagte, die Eigentümerin mehrerer Immobilien in Frankfurt am Main ist, im März 2015 auf den Kläger zu und äußerte ihr Interesse am Kauf eines Mehrfamilienhauses mit 14 Wohneinheiten sowie Gewerbeeinheiten in der …………in…….., ………, ……….., welche der Kläger für eine Kundin zu einem Preis von 2,95 Mio. Euro zum Kauf anbot.
Daraufhin schlossen die Parteien im März 2015 einen mündlichen Maklervertrag über den Erwerb des Objekts. Der Kläger vermittelte der Beklagten sodann den Kontakt zur Verkäuferin. Am 13. März 2015 sendete der Kläger an die Beklagte eine E-Mail, in der er darauf hinwies, dass das Exposé zu dem streitgegenständlichen Objekt zum Herunterladen bereit stehe. Im Rahmen eines Treffens an dem streitgegenständlichen Objekt am 26.03.2015 übergab der Kläger der Beklagten auch das Exposé. In dem Exposé hieß es u.a., dass im Erdgeschoss des Objekts eine Gewerbefläche von 2 x ca. 250 qm vorhanden ist und alle Wohnungen und die Gewerbeeinheiten sowie Garagen/Stellplätze vermietet seien (Anlage B 1). Als Mieteinnahmen für das Erdgeschoss (Gewerbe) war eine Bruttomiete von 7.700,– € angegeben. Der Jahresnettomietertrag war mit insgesamt 190.556,88 € angegeben.
Eine Widerrufserklärung war dem Exposé nicht beigefügt.
Am 01.04.2015 sandte der Kläger der Beklagten alle bestehenden Mietverträge zu.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 19.06.2015 (Anlage K 3), auf den im übrigen verwiesen wird, erwarb der Sohn der Beklagten, ……………, einen ideellen Miteigentumsanteil von 80 % an dem gegenständlichen Objekt zu einem Kaufpreis von 2 Mio. Euro. Der Beklagten, die in dem Kaufvertrag als Verwalterin aufgeführt war, wurde in Ziffer 7) des Kaufvertrages ein Vorkaufsrecht über den verbleibenden Anteil eingeräumt. Gemäß Ziffer 2.3.5 des Kaufvertrages war der Sohn der Beklagten als Käufer berechtigt, über seine finanzierenden Banken ein Wertgutachten für den Kaufgegenstand einzuholen. Im Falle, dass dieses Wertgutachten Mängel des Kaufgegenstandes feststellen sollte, die eine Bankfinanzierung zu den marktüblichen Bedingungen ausschließen oder im Falle, dass eine Finanzierung wegen des Kaufs nur des ideellen Anteils nicht erfolgen kann, war der Käufer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt.
Die Beklagte beauftragte ein Wertgutachten für das streitgegenständliche Objekt bei der Deutschen Bank. Das eingeholte Wertgutachten ergab einen Beleihungswert von 1,91 Mio. Euro, weil die Gewerbeflächen nicht vermietet seien und eine Dachgeschosswohnung nicht an Mieter vermietbar sei. Der Jahresnettomietertrag war in dem Wertgutachten mit 100.436,88 € angegeben.
Nach Erstattung des Wertgutachtens erklärte der Sohn der Beklagten den Rücktritt von dem Kaufvertrag, weil eine Bankfinanzierung zu dem vereinbarten Kaufpreis der ideellen Miteigentumsanteile nicht möglich war.
Mit Rechnung vom 24.07.2015 forderte der Kläger von der Beklagten Maklerlohn in Höhe von 119.000,– €. Die Beklagte wies den Anspruch mit Schreiben vom 29.07.2015 (Anlage K 2) zurück.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.08.2015 forderte der Kläger die Beklagte auf, die geforderte Summe spätestens bis zum 26.08.2015 zu zahlen. Am 10.09.2015 mahnte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben den geforderten Betrag erneut an und setzte eine letzte Nachfrist bis zum 14.09.2015.
Die Beklagte erklärte mit anwaltlichem Schreiben vom 04.09.2015 (Anlage B 5) den Widerruf des Maklervertrages, da der Maklervertrag unter Vornehmung von Telekommunikationsmitteln im Sinne des § 312 b Abs. 2 BGB zustande gekommen sei.
Der Kläger behauptet, die Beklagte sei Inhaberin einer Liegenschaftsverwaltung.
Der Kläger beantragt,
– die Beklagte zu verurteilen, an ihn 119.000,– € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.08.2015 zu zahlen,
– die Beklagte zu verurteilen, an ihn die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.480,44 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, sie habe das ihr übersandte Exposé nicht öffnen können. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt klargestellt, dass die Gewerbeflächen nicht vermietet seien. Der Kläger habe im Rahmen des Treffens an dem Objekt am 26.03.2015 ausdrücklich auf Nachfrage bestätigt, dass beide Läden im Erdgeschoss vermietet seien. Im Gespräch am 10.04.2015 sei kein Hinweis darauf erfolgt, dass entgegen den Angaben im Exposé die Gewerberäume nicht vermietet seien. Der beabsichtigte Erwerb des Gebäudes habe allein der privaten Vermögensanlage gedient.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des der Höhe nach unstreitigen Maklerlohns von 119.000,– € gemäß § 652 Abs. 1 BGB.
Die Parteien haben einen Maklervertrag geschlossen.
Der Maklervertrag ist durch den Widerruf der Beklagten auch nicht gemäß § 355 Abs. 3 BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden.
Die Beklagte hat den Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Widerruf der Beklagten gemäß § 355 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 356 Abs. 3 BGB zu spät erklärt wurde, da der Beklagten ein Widerrufsrecht gemäß §§ 312 b, 312 c BGB schon nicht zustand. Gemäß § 312 Abs. 1 BGB finden diese Vorschriften nämlich nur auf Verbraucherverträge Anwendung.
Die Beklagte ist bei Abschluss des Maklervertrages nicht als Verbraucherin tätig geworden. Die Beklagte hat bei Abschluss des Rechtsgeschäfts vielmehr gemäß § 14 Abs. 1 BGB in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit gehandelt. Dabei ist unter gewerblicher Tätigkeit jede planmäßige und auf Dauer angelegte selbständige wirtschaftliche Tätigkeit unter Teilnahme am Wettbewerb zu verstehen (Saenger, in: Ermann, BGB, 15. Aufl. 2017, § 14, Rn. 9). Abzugrenzen ist die gewerbliche Tätigkeit von der privaten Vermögensverwaltung, insbesondere bei dem Erwerb und der Vermietung von Immobilien. Die Verwaltung eigenen Vermögens gehört nicht zur gewerblichen Tätigkeit. Ein geeignetes Abgrenzungskriterium ist dabei der Umfang der betriebenen Geschäfte. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, z.B. die Unterhaltung eines Büros oder eine besondere Organisation, liegt eine gewerbliche Betätigung vor (BGH, NJW 2002, 368). Handelt es sich um die Vermietung oder Verpachtung von Immobilien, so ist dementsprechend nicht deren Größe entscheidend, sondern Umfang, Komplexität und Anzahl der damit verbundenen Vorgänge. Ein ausgedehntes oder sehr wertvolles Objekt an eine geringe Anzahl von Personen zu vermieten, hält sich daher grundsätzlich im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Dagegen spricht die Ausrichtung auf eine Vielzahl gleichartiger Geschäfte für ein professionelles Vorgehen (BGH, NJW 2002, 368 ).
Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte vorliegend als Unternehmerin gehandelt. Dabei kann dahinstehen, wie viele Wohnungen im Einzelnen vermietet werden müssen, um eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 14 BGB anzunehmen (vgl. Lützenkirchen, in: Lützenkirchen, Anwaltshandbuch Mietrecht, 5. Aufl. 2015, V. Rn. 150 ff.).
Die Beklagte ist unstreitig Eigentümerin von Immobilien in …………..Das streitgegenständliche Objekt, für welches sich die Beklagte interessierte, wies 14 Wohneinheiten und Gewerbeeinheiten auf. Allein die Größe dieser Immobilie führt zu der Annahme einer gewerblichen Tätigkeit der Beklagten, da bei der Vermietung von 14 Wohnungen und von Ladenlokalen mietvertragliche Geschäftsabschlüsse planmäßig und mit einer gewissen Regelmäßigkeit auftreten, bzw. zumindest beabsichtigt werden, so dass ein professionelles Vorgehen der Beklagten vorliegt (vgl. auch LG Görlitz, WuM 2000, 542 betr. ein Objekt mit 11 Wohneinheiten). Die Beklagte firmiert denn auch unstreitig auf einem Werbeschild, welches in der Offenbacher Landstraße … angebracht ist, unter „………….“. Dabei ist auch unerheblich, ob die Beklagte über ein Büro verfügt, in dem sie ihrer Tätigkeit nachgeht, oder ob dies in Räumen geschieht, die grundsätzlich einer anderen Zweckbestimmung unterliegen (AG Frankfurt am Main, WuM 1998, 418).
Der Hauptvertrag ist auch durch die Tätigkeit des Klägers zustande gekommen.
Der zwischen dem Sohn der Beklagten und der Verkäuferin geschlossene Kaufvertrag stimmt mit dem Geschäft überein, mit dessen Herbeiführung der Kläger beauftragt war. Der Umstand, dass der Sohn der Beklagten an dem Objekt kein Alleineigentum, sondern lediglich einen ideellen Miteigentumsanteil von 80 % erwarb, lässt die wirtschaftliche Gleichwertigkeit des Hauptvertrages mit den im Maklervertrag vorgesehenen Bedingungen nicht entfallen. Angesichts des Umstandes, dass der Sohn der Beklagten einen überwiegenden Miteigentumsanteil von 80 % erworben hat und der Beklagten des Weiteren ein Vorkaufsrecht für den restlichen Anteil eingeräumt wurde, ist der mit dem Maklervertrag bezweckte wirtschaftliche Erfolg größtenteils eingetreten. So ist dann auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass die wirtschaftliche Gleichwertigkeit nicht notwendig zu verneinen ist, wenn der Auftraggeber des Maklers statt des vorhergesehenen Alleineigentums das Grundstück lediglich zur ideellen Hälfte erwirbt (BGH, NJW-RR 1996, 113; BGH, NJW 2008, 651 ).
Auch der im Hauptvertrag für den Erwerb des 80prozentigen Miteigentumsanteils vereinbarte Kaufpreis von 2 Mio. Euro bewegt sich im Rahmen des im Maklervertrag vorgesehenen Kaufpreises für den Erwerb des Alleineigentums. Schließlich ist es unschädlich, dass der Sohn der Beklagten und nicht die Beklagte selbst den Kaufvertrag abgeschlossen hat. Im Fall, dass ein Dritter den Vertrag mit dem vorgesehenen Vertragspartner abschließt, ist eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit dann gegeben, wenn der Dritte in einer besonders engen persönlichen Beziehung zu einer der ursprünglich vorgesehenen Vertragsparteien steht (BGH, NJW 2008, 651 ). Dies ist vorliegend der Fall. Im Übrigen hat die Beklagte auch insoweit selbst an dem Vertragserfolg partizipiert, als ihr ein Vorkaufsrecht bzgl. des restlichen Miteigentumsanteils eingeräumt wurde.
Ferner führt auch der Umstand, dass der Sohn der Beklagten aufgrund des vertraglich eingeräumten Rücktrittsrechtes den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hat, nicht dazu, dass ein Provisionsanspruch des Klägers nicht besteht. Die Vorschrift des § 652 BGB macht die Entstehung des Provisionsanspruchs nur vom Zustandekommen des Hauptvertrages, nicht von der Ausführung des Geschäfts abhängig. Umstände, die das wirksame Zustandekommen des Hauptvertrages verhindern oder ihn als von Anfang an unwirksam erscheinen lassen, schließen demgemäß die Entstehung eines Provisionsanspruchs aus. Umstände dagegen, die lediglich die Leistungspflicht aus dem wirksam zustande gekommenen Vertrag beseitigen – wie einverständliche Aufhebung des Vertrages, nachträgliche Unmöglichkeit, Kündigung – lassen die Provisionspflicht unberührt. Auch der Rücktritt vom Vertrag macht den Vertragsschluss nicht ungeschehen, sondern hebt nur die vertragliche Leistungspflicht auf. Er hat deshalb grundsätzlich auf die Provisionspflicht keinen Einfluss. Die Rechtsprechung hat von dieser Regelung nur für den Fall eine Ausnahme gemacht, dass sich eine Partei im Hauptvertrag ein zeitlich befristetes, aber sonst an keine Voraussetzung gebundenes Rücktrittsrecht ausbedungen hat. In einem solchen Fall entsteht die Provisionspflicht erst dann, wenn die Frist abgelaufen ist, ohne dass die rücktrittsberechtigte Partei ihr Recht ausgeübt hat. Diese Ausnahme wird durch die Überlegung gerechtfertigt, dass in einem solchen Fall eine echte vertragliche Bindung erst in dem Zeitpunkt begründet wird, in dem der Rücktrittsberechtigte sein Rücktrittsrecht nicht mehr ausüben kann. Dieser Fall ist deshalb ebenso zu behandeln, wie der, in dem ein Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen wird. Sonst muss es aber bei der aus dem Gesetz abgeleiteten Regel verbleiben, so insbesondere bei der Ausübung eines gesetzlichen, eines dem gesetzlichen nachgebildeten oder eines von bestimmten sachlichen Voraussetzungen abhängig gemachten vertraglichen Rücktrittsrechts (BGH, NJW-RR 1991, 820 ).
Nach diesen Grundsätzen hindert der Rücktritt des Sohns der Beklagten von dem Kaufvertrag den Provisionsanspruch des Klägers nicht. In dem Kaufvertrag haben die Parteien gerade kein zeitlich befristetes Rücktrittsrecht vereinbart und ein Rücktritt war danach nur zulässig, wenn das eingeholte Wertgutachten Mängel des Kaufgegenstandes feststellte, die eine Bankfinanzierung zu den marktüblichen Bedingungen ausschließen oder eine solche Finanzierung wegen des Kaufs nur des ideellen Anteils nicht erfolgen kann und damit an den Eintritt konkreter Voraussetzungen geknüpft.
Der Provisionsanspruch des Klägers ist auch nicht gemäß § 654 BGB analog verwirkt. Zwar kommt eine Verwirkung des Provisionsanspruchs in Betracht, wenn der Makler wesentliche Vertragspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt. Dies gilt auch für Pflichtverletzungen im Vorvertragsstadium, etwa durch unrichtige Exposéangaben (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 09.11.1992, 18 U 26/92). Unabhängig davon, ob das der Beklagten übergebene Exposé über das streitgegenständliche Objekt hinsichtlich des Vermietungsstandes und der Mieteinnahmen unrichtig war oder nicht, hat der Kläger der Beklagten am 01.04.2015 unstreitig alle bestehenden Mietverträge betreffend das Objekt zugesendet, so dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses über den Vermietungsstand und die erzielten Mieteinnahmen vollumfänglich informiert war. Die vermeintlichen fehlerhaften Ausführungen in dem Exposé hatten aufgrund der Berichtigung bzw. Übersendung der aktuellen Mietverträge an die Beklagte dementsprechend keine Auswirkungen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 2 BGB.
Der Kläger hat gegen die Beklagte zudem einen Anspruch auf Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.480,44 € (1,3 Gebühr aus einem Gegenstandswert von 119.000,- € zzgl. Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer) gem. §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB. Der Zinsanspruch folgt insoweit aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB
Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.