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Mieterhöhungsschreiben ohne Beifügung einer Vollmacht

AG Tempelhof-Kreuzberg, Az.: 19 C 335/17, Urteil vom 16.03.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, einer Erhöhung der Nettokaltmiete für ihre von der Klägerin gemietete Wohnung E-Straße in Berlin, 5. OG links von 233,51 € um 10,17 € auf 243,68 € seit dem 1.9.2017 zuzustimmen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist im Hauptsacheantrag begründet. Eine Entscheidung über den Hilfsantrag war damit nicht veranlasst.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete auf insgesamt 243,68 € gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB zum 1.9.2017.

1.

Die Aufforderung zur Zustimmung zur Mieterhöhung vom 19.6.2017 ist entgegen der Ansicht der Beklagten wirksam. Die Beklagte kann sich nicht auf § 174 BGB berufen.

Anerkannt ist, dass das Zurückweisungsrecht aus § 174 BGB auch auf die Aufforderung zur Zustimmung zur Mieterhöhung – jedenfalls analog – anwendbar ist, Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Auflage, § 174 Rn. 2 mwN.

Der streitgegenständlichen Mieterhöhungsaufforderung war keine Vollmachtsurkunde beigefügt. Jedoch ist eine Rüge gemäß § 174 Satz 2 BGB vorliegend ausgeschlossen. Nach § 174 Satz 2 BGB ist die Zurückweisung des Rechtsgeschäfts ausgeschlossen, wenn der Mieter von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden ist. Dies ist vorliegend der Fall.

Unstreitig ließ die Klägerin durch ihre Hausverwaltung bereits im Jahre 2015 mitteilen, dass die Verwalterin der Wohnanlage die B-GmbH sei. Ferner wurde im Schreiben mitgeteilt, dass die Beklagte sich mit allen Belangen an die Ihr bereits bekannten Ansprechpartner wenden könne. Die B-GmbH ist auch in der Folgezeit gegenüber der Beklagten als bevollmächtigte Hausverwalterin aufgetreten, ohne dass die Beklagte eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung angezweifelt hat. Beispielsweise hat die B-GmbH auch im Folgenden über die Betriebs- und Heizkosten des Jahres 2015 und 2016 abgerechnet.

Mieterhöhungsschreiben ohne Beifügung einer Vollmacht
Symbolfoto: fizkes/Bigstock

Die Beklagte hatte damit Kenntnis von der Stellung der B-GmbH. Das Gesetz fordert entgegen der Ansicht der Beklagten gerade nicht, dass eine Originalvollmacht zu irgendeinem Zeitpunkt vorgelegt wird. Vielmehr genügt das Inkenntnissetzen über eine Bevollmächtigung. Zudem ist anerkannt, dass die Vermittlung der Kenntnis auch dadurch erfolgen kann, dass der Bevollmächtigte in eine Stellung berufen wird, mit der die Abgabe bestimmter Erklärungen regelmäßig verbunden ist, vgl. BAG, Urteil vom 6.2.1997 zum Az. 2 AZR 128/16, zitiert aus juris. Im vorliegenden Fall kann aufgrund der Umstände des Einzelfalles angenommen werden, dass zu den Aufgaben der B-GmbH regelmäßig auch die Aufforderung der Zustimmung zu Mieterhöhungen gehören. Dies kommt schon im Schreiben aus dem Jahre 2015 an die Beklagte zum Ausdruck. Denn dort wird von „allen Belangen” gesprochen. Unstrittig trägt die Klägerin auch vor, dass der gesamte Schriftverkehr anlässlich des Mietverhältnisses mit der Beklagten über die B-GmbH geführt worden ist. Des weiteren gehört es zu einer typischen Verwaltertätigkeit, gerade auch hier bei einer umfassenden Tätigkeit, Mieterhöhungen auszusprechen. Denn diese Erklärungen berühren per se nicht das grundsätzliche Fortbestehen des Verhältnisses zwischen Vermieter und Mieter, sondern gestalten und verwalten das bestehende Verhältnis. Daher ist die restriktive Rechtsprechung zur Kündigung eines Mietverhältnisses auf den vorliegenden Einzelfall nicht übertragbar.

2.

Die weiteren Voraussetzungen einer Mieterhöhung sind gegeben. Die ortsübliche Vergleichsmiete beträgt nach unbestrittenem Vortrag der Klägerseite jedenfalls 5,27 €/m². Dazu ist die Wertung des Berliner Mietspiegels 2017 schlüssig herangezogen worden. Die Wohnung ist in der Zeit von 1950-1964 erstmals bezugsfertig geworden, liegt in einfacher Wohnlage und hat eine Größe von 46,24 m². Sie weist in der Zusammenschau 4 negative Merkmalsgruppen aus, so dass vom Mittelwert des Mietspiegelfeldes D3 ein Abschlag von 80 % der Differenz zum untersten Wert zu machen ist. Dies entspricht einer ortsüblichen Vergleichsmiete der geforderten 5,27 €/m² und damit insgesamt monatlich nettokalt 243,68 €.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

III.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die hier zu entscheidende Frage grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Landgerichts. Die streitgegenständliche Frage bemisst sich an einer Entscheidung nach Abwägung im Einzelfall. Die Anwendbarkeit des § 174 BGB ist allgemein anerkannt, das Eingreifen der Voraussetzungen des § 174 Satz 2 BGB ist eine Frage der Umstände des Einzelfalls. Das Gericht weicht auch nicht von einer Rechtsprechung des Landgerichts ab. Denn die vielfach zitierte Rechtsprechung des Landgerichts Berlin zum Az. 67 S 196/06 erging vielmehr auch aufgrund der dortigen Abwägung der Umstände des Einzelfalls. In keinem Fall wurde grundsätzlich erklärt, unter welchen Bedingungen eine Kenntnis nach § 174 Satz 2 BGB angenommen werden könne.

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