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Mieterhöhungsverlangen mit Typengutachten

BGH

Az: VIII ZR 122/09

Urteil vom 19.05.2010


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2010 für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

Die Klägerin verlangte von der Beklagten mit Schreiben vom 25. Januar 2008 die Zustimmung zu einer Mieterhöhung für die von ihr bewohnte Wohnung in B. ab 1. April 2008 um 54,65 € monatlich. Zur Begründung nahm die Klägerin auf ein dem schriftlichen Erhöhungsverlangen beigefügtes Sachverständigengutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete Bezug.

Die Beklagte stimmte der Mieterhöhung nicht zu. Sie stellt die Ortsüblichkeit der verlangten Miete nicht in Abrede, meint jedoch, das zur Begründung herangezogene Sachverständigengutachten sei mangelhaft; dies führe zur formellen Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Ein Mieterhöhungsverlangen könne gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB auf ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Bezug nehmen. Welche Anforderungen an die Gründe des in Bezug genommenen Gutachtens zu stellen seien, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Ausreichend sei in einer Gemeinde ohne Mietspiegel – wie hier – insoweit, dass der Gegenstand des Gutachtens entweder die Wohnung des Mieters oder bei Typengutachten – wie hier – eine benachbarte, nach Ausstattung und Größe vergleichbare Wohnung sei, der Gutachter die örtliche Vergleichsmiete dafür benenne und seine Herangehensweise bei der Ermittlung und Auswertung der Daten darlege. Diese formalen Mindestanforderungen halte das von der Klägerin ihrem Mieterhöhungsverlangen vom 25. Januar 2008 beigefügte Sachverständigengutachten ein.

Zweifele der Mieter die Richtigkeit des vom Vermieter in Bezug genommenen Gutachtens an, handele es sich um eine Frage der materiellen Begründetheit, nicht der formellen Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens. Die materielle Richtigkeit des Gutachtens könne hier dahinstehen, weil die Beklagte das Ergebnis – die Ortsüblichkeit der verlangten Miete – nicht anzweifle.

II.

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die Klägerin kann von der Beklagten die Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung verlangen (§ 558 Abs. 1, § 558b Abs. 2 BGB). Es kann dahingestellt bleiben, ob sich ein Mieter auf die formelle Unwirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens berufen kann, wenn er – wie die Beklagte – ausdrücklich nicht anzweifelt, dass die vom Vermieter verlangte erhöhte Miete ortsüblich ist. Denn das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin ist entgegen der Auffassung der Revision wirksam.

1.

Das unter Bezugnahme auf das Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen S. erfolgte Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom 25. Januar 2008 entspricht den Anforderungen des § 558a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB.

a)

Mit der nach § 558a BGB erforderlichen Begründung des Mieterhöhungsverlangens sollen dem Mieter im Interesse einer außergerichtlichen Einigung die Tatsachen mitgeteilt werden, die er zur Prüfung einer vom Vermieter nach § 558 BGB begehrten Mieterhöhung benötigt (Senatsurteile vom 11. März 2009 – VIII ZR 74/08, NJW 2009, 1667, Tz. 8; vom 10. Oktober 2007 – VIII ZR 331/06, NZM 2008, 124, Tz. 18; vom 19. Juli 2006 – VIII ZR 212/05, NJW-RR 2006, 1305, Tz. 17). Im Falle der Beifügung eines Sachverständigengutachtens ist der Begründungspflicht grundsätzlich Genüge getan, wenn das Gutachten Angaben über Tatsachen enthält, aus denen die geforderte Mieterhöhung hergeleitet wird, und zwar in einem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötigt, um der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachgehen und diese zumindest ansatzweise selbst überprüfen zu können (Senatsurteil vom 12. Dezember 2007 – VIII ZR 11/07, NJW 2008, 573, Tz. 12). Der Sachverständige muss somit eine Aussage über die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete treffen und die zu beurteilende Wohnung in das örtliche Preisgefüge einordnen (BVerfG, Beschlüsse vom 5. Mai 1996 – 1 BvR 12/85, WuM 1986, 239; vom 14. Mai 1986 – 1 BvR 494/85, NJW 1987, 313 f.).

b)

Diese Anforderungen hat das Berufungsgericht zu Recht als erfüllt angesehen, denn der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, wie er die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt und die Wohnung der Beklagten in das örtliche Mietpreisgefüge eingeordnet hat.

Die von der Revision gegen das Gutachten vorgebrachten methodischen Einwände, der Sachverständige habe nur Wohnungen aus dem Bestand der Klägerin zugrunde gelegt und zudem nur ein „Typengutachten“ – ohne Besichtigung der Wohnung der Beklagten – erstellt, sind nicht geeignet, die formelle Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens in Frage zu stellen. Bei der Begründung des Mieterhöhungsverlangens durch Benennung von drei Vergleichswohnungen (§ 558 Abs. 2 Nr. 4 BGB) ist es dem Vermieter ebenfalls unbenommen, sich auf Wohnungen aus dem eigenen Bestand zu beziehen (BT-Drs. 14/4553, S. 54 f.; MünchKommBGB/Artz, 5. Aufl., § 558a Rdnr. 31; Schmidt-Futterer/ Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 558a BGB Rdnr. 98, 100). Auch ein so genanntes Typengutachten versetzt den Mieter entsprechend dem Zweck des § 558a BGB in die Lage, der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachzugehen und diese zumindest ansatzweise überprüfen zu können, und ist daher zur formellen Begründung eines Mieterhöhungsverlangens ausreichend (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, aaO, Rdnr. 88; MünchKommBGB/Artz, aaO, Rdnr. 25; aA Mersson in: Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Stand Dezember 2009, § 558a BGB Rdnr. 6.5a).

2.

Die materiellen Voraussetzungen des § 558 BGB (Kappungsgrenze, Wartefrist usw.) stehen zwischen den Parteien ebenso wenig in Streit wie die Ortsüblichkeit der von der Klägerin geforderten Miete. Auf die von der Revision geltend gemachten inhaltlichen Mängel des Gutachtens kommt es daher nicht an.

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