Landgericht Hamburg
Az.: 307 S 50/01
Urteil vom 17.05.2001
Vorinstanz: AG Hamburg-Blankenese, Az.: 517 C 271/99
In der Sache erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 7, auf die mündliche Verhandlung vom 19.04.2001 für Recht:
Die Berufung des Klägers gegen das Schlussurteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 31.01.01, Geschäfts-Nr. 517 C 271/99, wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Amtsgericht in seinem Schlussurteil der Widerklage stattgegeben und den Kläger zur Herausgabe des Sparbuches mit der Kautionssperre sowie zur Abgabe der Freigabeerklärung gegenüber der Hamburger Sparkasse verurteilt.
Der Beklagte hat gegen den Kläger einen Anspruch auf Herausgabe des Sparbuches und auf Abgabe der Freigabeerklärung, nachdem das Mietverhältnis der Parteien seit 30.11.1998 beendet ist und der Kläger durch Einbringung der Kautionsposition in den Prozess konkludent über die Kaution abgerechnet hat. Dieser Anspruch ist weder durch Aufrechnung mit den vom Kläger teils in der Klage, teils gegen die Widerklage geltend gemachten verjährten Schadensersatzansprüchen erloschen noch in seiner Durchsetzbarkeit aufgrund eines entsprechenden Zurückbehaltungsrechts des Klägers gehemmt.
Dabei kann dahinstehen, ob die rechtliche Konstruktion der zwischen den Parteien am 09.03.1992 geschlossenen Kautionsabrede einer Verpfändung oder einer Barkaution gleichgestellt werden und der Kläger daher in zumindest analoger Anwendung des § 390 S. 2 BGB gegen den Herausgabeanspruch mit verjährten Schadensersatzforderungen aus der Beendigung des Mietverhältnisses aufrechnen oder insoweit ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen könnte.
Denn Voraussetzung wäre in jedem Fall, dass dem Kläger in unverjährter Zeit tatsächlich fällige einredefreie Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zugestanden hätten. Daran fehlt es vorliegend.
Ein Anspruch auf Zahlung der Maurerkosten für die Erneuerung des Fliesenschildes im Badezimmer stand dem Kläger vor Eintritt der Verjährung weder aus § 326 BGB noch aus den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung zu.
Das Beseitigen der vom Beklagten unstreitig gebohrten Dübellöcher ist keine Schönheitsreparatur, deren Nichtdurchführung trotz Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung einen Schadensersatz in Geld auslösen könnte. Eine individualvertragliche Vereinbarung dazu existiert nicht.
Ein Anspruch aus positiver Forderungsverletzung besteht nicht, da das Bohren von Dübellöchern grundsätzlich einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache darstellt. Anhaltspunkte für einen vertragswidrigen Gebrauch aufgrund übermäßig hoher Anzahl der Bohrlöcher sind nicht gegeben. Zwar ist die Zahl von insgesamt 32 Dübellöchern abstrakt als recht hoch anzusehen. Die Frage, ab wann die Grenze des vertragsgemäßen Gebrauchs überschritten ist, darf jedoch nicht schematisch nach der Anzahl der Dübellöcher beantwortet werde. Maßgeblich hierfür ist eine Einzelfallbetrachtung des individuellen Mietverhältnisses.
Vorliegend ist vermieterseits ein Bad gestellt worden, dass außer den reinen Sanitärgegenständen Toilette, Bidet, Waschbecken und Badewanne keine der sonstigen zur vertragsgemäßen Nutzung notwendigen Ausstattungsgegenstände enthielt. Daher ist es nicht als vertragswidrig anzusehen, dass der Beklagte selbst, um das Badezimmer bestimmungsgemäß benutzen zu können, Halter für Spiegel, Spiegelkonsole und Spiegellampen, Handtücher, Zahnputzgläser, Seifenschale, Klopapierrolle, Klobürste sowie eine Duschstange und einen Haltegriff an der Badewanne angebracht und hierfür die notwendigen Dübellöcher gebohrt hat. Dabei handelt es sich um Gegenstände, die üblicherweise zur Ausstattung eines Badezimmers gehören und dessen bestimmungsgemäße Nutzung ermöglichen. Eine Vertragsverletzung allein aus der mieterseitigen Herstellung üblicher Sanitärausstattung vermag die Kammer nicht zu erkennen.
Darüber hinaus ist jedenfalls auch bei unterstellter Annahme vertragswidrigen Gebrauchs ein Schaden für den Kläger nicht ersichtlich. Denn wie sich aus der klägerseits eingereichten Maurerrechnung vom 26.04.1999, Anlage K 3, ergibt, hat der Kläger nach Auszug des Beklagten das gesamte Badezimmer neu gestalten und dabei einen neuen Leichtbetonboden und Estrich, neue Boden- und Wandfliesen und eine neue Badewanne einbauen lassen. Selbst wenn also der Beklagte die Dübellöcher verschlossen bzw. das Fliesenschild ersetzt hätte, wären diese Arbeiten durch den anschließenden „Umbau“ wieder zerstört worden, so dass für den Kläger kein Vermögensnachteil besteht.
Der Kläger hatte auch in unverjährter Zeit keinen Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Malerkosten aus dem Kostenvoranschlag vom 16.01.1999, Anlage K 1, wegen Nichtdurchführung geschuldeter Schönheitsreparaturen trotz Aufforderung mit Fristsetzung und Ablehnungsandrohung. Die Voraussetzungen des § 326 BGB lagen zu keiner Zeit vor.
Zum einen ist bereits eine vertragliche Verpflichtung des Beklagten zur Durchführung von Schönheitsreparaturen angesichts der Streichung von § 14 Abs. 2 des Mietvertrages vom 03.03.1992 nicht gegeben. Die Regelung des § 14 Abs. 3 bezieht sich eindeutig auf den vorangegangenen Absatz 2, der von den Parteien einvernehmlich bei Unterzeichnung des Vertrages durchgestrichen worden war. Dass Absatz 3 eine eigenständige Verpflichtung des Beklagten zur Durchführung einer Endrenovierung – unabhängig von Absatz 2 – begründen könnte, ist weder aus dem Zusammenhang der Absätze selbst noch aus den vorgetragenen Umständen der Vertragsverhandlungen ersichtlich.
Zum anderen würde das unstreitig vor der Verjährung zugegangene Aufforderungsschreiben vom 23.02.1999 (auszugsweise in der Anlage K 5 überreicht) nicht den Anforderungen des § 326 BGB genügen.
Der dort angehängte Zustandsbericht ist zu wenig aussagekräftig. In der Abmahnung nach § 326 BGB müssen die Mängel so spezifiziert werden, dass der Mieter erkennen kann, was konkret von ihm verlangt wird und inwiefern der Vermieter den Vertrag als nicht erfüllt ansieht. Dies war anhand des zitierten Schreibens nicht zweifelsfrei möglich. Dem Beklagten wurde nicht hinreichend deutlich gemacht, welche Arbeiten er genau durchführen muss. Gerade wegen der Streichung des § 14 Abs. 2 des Mietvertrages hätte der Kläger jedoch deutlicher machen müssen, weshalb er den beschriebenen Zustand der Wohnung als nicht vertragsgemäß ansieht und was er genau zur Behebung der Beanstandungen verlangt. Nur beispielhaft sei auf die im Zustandsbericht mehrfach verwendete Formulierung verwiesen, Wände und Decken zeigten „einen nach 6,7 Jahren Nutzung zu erwartenden Zustand“. Hieraus ist – gerade im Lichte der vertraglichen Vereinbarung in § 14 des Mietvertrages – nicht erkennbar, was der Kläger vom Beklagten verlangt und was er andererseits als normale Abnutzungserscheinung durch Mietgebrauch und somit als vertragsgemäß akzeptiert.
Auch ein Schadensersatzanspruch wegen notwendiger Erneuerung des Spültisches in der Küche hat dem Kläger gegen den Beklagten vor Eintritt der Verjährung nicht zugestanden.
Soweit dieser wegen einer Leckage der zuführenden Leitung und daraus folgender Feuchtigkeit an der Wand ausgetauscht werden musste, stellt dies keine Schönheitsreparatur dar, zu der der Beklagte als Mieter verpflichtet gewesen wäre.
Ein Anspruch aus positiver Forderungsverletzung scheitert daran, dass der Kläger nicht hinreichend dargelegt hat, dass der insoweit bestreitende Beklagte trotz Kenntnis der Leckage schuldhaft eine Unterrichtung des Klägers unterlassen habe und erst dadurch der Schaden am Spültisch dem Beklagten zurechenbar entstanden sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.