OLG Rostock
Az.: 3 U 36/11
Urteil vom 03.11.2011
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung weiterer aus ihrer Sicht rückständiger Mieten.
Auf der Grundlage eines Rahmenvertrages schlossen die Parteien am 18.01.1994 einen Mietvertrag für die Nutzung von Kellerräumen als Gewerberäume für die Einrichtung einer Wäscherei durch die Beklagte. Mit Vereinbarung vom 04.04.2000 wurde die monatliche Kaltmiete auf 3.539,13 DM = 1.809,53 Euro zzgl. USt. vereinbart. Am 30.06.2003 vereinbarten die Vertragsparteien u. a., dass die Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten mit Wasser- und Elektroanschluss kostenneutral erfolgen solle. In Ziffer 7 der Änderungsvereinbarung vom 30.06.2003 heißt es:
„Die Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt davon unberührt.“
Am 03.07.2009 kündigte die Klägerin die Vereinbarung vom 30.06.2003 mit dem Hinweis darauf, dass zum 31.03.2010 wieder die Vereinbarung vom 04.04.2000 in Kraft trete. Die Parteien streiten über die Wirkungen dieses Kündigungsschreibens.
Mit Urteil vom 25.03.2011 hat das Landgericht Stralsund die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 13.345,53 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 20.10.2010 zu zahlen. Wegen der Begründung nimmt der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug.
Mit ihrer Berufung begehrt die Beklagte weiterhin Klagabweisung in vollem Umfang. Das Landgericht habe die Beklagte zu Unrecht zur Zahlung verurteilt, so dass das Urteil im vollen Umfang zur Überprüfung durch den Senat gestellt werde.
Die Kündigungserklärung vom 03.07.2009 habe die Vereinbarung der Vertragsänderung nicht beendet und die Beklagte sei daher weiterhin nicht zur Zahlung eines Mietzinses verpflichtet.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Die Frage, ob die Parteien bei Abschluss der Vereinbarung eine gewisse Kostenneutralität hätten herstellen wollen, habe für die Dauer der Vereinbarung und ihre Kündbarkeit keine Bedeutung.
II.
Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klägerin konnte die Änderungsvereinbarung vom 30.06.2003 nicht separat kündigen, so dass es bei der Miethöhevereinbarung aus dieser Vereinbarung verbleibt. Die Klägerin kann daher nicht die nach der Änderungsvereinbarung vom 04.04.2000 zunächst geschuldete Miete verlangen, soweit diese über die von der Beklagten bereits geleistete Miete hinausgeht.
Die Parteien verbindet der Mietvertrag vom 18.01.1994, der mit Vereinbarung vom 30.06.2003 wirksam abgeändert worden ist. Da die Parteien in dieser Vereinbarung übereinstimmend eine Vertragsänderung sehen, die die übrigen Regelungen des Ursprungsvertrages unberührt lassen sollte, stellt dies den übereinstimmenden Parteiwillen dar, an den der Senat bei der Vertragsauslegung aufgrund des unstreitigen Sachvortrages gebunden ist.
Da sich die Kündigungserklärung ausdrücklich darauf beschränkt, nur die Änderungsvereinbarung vom 30.06.2003 und damit die Vereinbarung der kostenneutralen Überlassung durch ordentliche Kündigung zu beenden, war sie nicht geeignet, rechtliche Wirkungen zu entfalten. Sie zielt darauf ab, die durch zweiseitigen Vertrag bestimmte Hauptleistungspflicht der Beklagten aus dem Mietvertrag aufzukündigen und damit einseitig abzuändern. Dies stellt sich als unzulässige Teilkündigung dar. Die Kündigung ist nach ihrem gesetzlichen Gehalt auf die Auflösung des Rechtsverhältnisses in seiner Gesamtheit ausgerichtet, so dass Teilkündigungen grundsätzlich unzulässig sind (Oprée in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 2. Aufl., Kap. 15 Rn. 41 m. w. N.; LG Köln, Urt. v. 17.10.2001, 10 S 154/01, WuM 2002, 671). Daher kann eine Kündigung nicht auf einen Teil der vertraglichen Abmachungen beschränkt werden, sondern nur das gesamte Vertragsverhältnis gekündigt werden (Wolf/Eckert/Ball, HdB des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl., Rn. 902; Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 542 Rn. 78). Dem folgend können einzelne Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag grundsätzlich nicht von einer Vertragspartei einseitig aufgekündigt werden (Kandelhard in Herrlein/Kandelhard, MietR, 4. Aufl., § 542 Rn. 25; MünchKomm-BGB/Bieber, 5. Aufl., § 542 Rn. 15; Blank in Schmidt-Futterer, Miete, 10. Aufl., § 542 Rn. 87; AG Düsseldorf, Urt. v. 06.08.1993, 32 C 4631/93, WuM 1994, 426; AG Plauen, Urt. v. 05.10.1993, 2 C 885/93, WuM 1994, 18; LG Aachen, Urt. v. 13.01.1989, 3 S 271/88, ZMR 1989, 227). Eine Abänderung einzelner vertraglicher Pflichten und Rechte kann demnach grundsätzlich nur durch eine entsprechende Änderungsvereinbarung erreicht werden, die die Parteien aber nicht getroffen haben.
Von diesen Grundsätzen abweichend wird in Rechtsprechung und Literatur allenfalls dann ausnahmsweise eine Teilkündigung für zulässig gehalten, wenn es um separate Teile der Mietsache geht, nicht aber um einzelne, die willendliche Ausgewogenheit des Mietverhältnisses betreffende Rechte und Pflichten. Daher wird ausnahmsweise zum Teil dann eine Teilkündigung bejaht, wenn mehrere Mietgegenstände in einem Vertrag vermietet worden sind oder es sich sonst um abtrennbare Teile handelt und dem Mieter die Teilkündigung nicht unzumutbar ist. Der Senat kann offen lassen, ob derartigen Ausnahmen zu folgen ist oder ob sie in Anbetracht einer ausdrücklichen Regelung für Wohnraummietverhältnisse in § 573 b BGB in Ermangelung einer Regelungslücke hierfür kein Raum ist, denn ein der vorbeschriebenen Fallkonstellation vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor.
Dafür, dass die Parteien mit der Änderungsvereinbarung vom 30.06.2003 nur eine befristete Änderung der Miethöhe oder eine vorläufige Herabsetzung der Miete, die jede der Parteien jederzeit widerrufen konnte, vereinbaren wollten, ist nichts ersichtlich. Vielmehr ist Ziffer 7 der Vereinbarung vom 30.06.2001 sachgerecht dahin auszulegen, dass die Parteien die Mietänderung als solche nicht von vornherein befristen wollten, um die langfristige Bindung des gesamten Vertragswerkes insgesamt nicht zu gefährden und deshalb ausdrücklich auf die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund als allein verbleibende Möglichkeit hingewiesen haben, sich aus dem langfristigen Vertragsverhältnis zu lösen. Für eine Auslegung der Klausel dahin, dass die Parteien die langfristige Bindung des Vertragswerkes insgesamt aufgeben wollten, bieten sich keine Anhaltspunkte.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Gründe, die Revision gemäß § 543 ZPO zuzulassen, bestehen nicht.