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Mietvertragskündigung kann nicht zurückgenommen werden

AG Donaueschingen – Az.: 2 C 30/22 – Urteil vom 18.07.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.550,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger macht gegenüber den Beklagten offene Mietrückstände aus einem zwischenzeitlich beendeten Mietverhältnis geltend.

Die Beklagten schlossen zum 1.08.2014 mit dem damaligen Eigentümer, ### einen Mietvertrag über die Wohnung im OG im Gebäude ### (Anlage K1). Zu einem nicht mehr bestimmbaren Zeitpunkt wechselten die Beklagten die Wohnung innerhalb des Gebäudes und zogen in Absprache mit dem damaligen Vermieter vom OG in das DG. Ein neuer schriftlicher Mietvertrag wurde dabei nicht verfasst. Nach dem Tod des ### erwarb der Kläger im März 2021 das Eigentum an der streitgegenständlichen Wohnung und trat somit als Vermieter in das Mietverhältnis ein.

In der nachfolgenden Zeit kam es zwischen den Parteien aus verschiedenen Gründen zu Unstimmigkeiten und Auseinandersetzungen. Mit Schreiben vom 16.07.2021 (Anlage B2) sprach der Kläger die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses, hilfsweise die ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt Ende September 2021, aus. Zur Begründung berief sich der Kläger darauf, dass die Beklagten den Abschluss eines neuen Mietvertrages nach Eigentümerwechsel verweigerten. Als Übergabetermin wurde der 31.08.2022 vorgeschlagen.

Mit Schreiben vom 18.07.2021 (Anlage B3) sprach der Kläger eine weitere außerordentliche Kündigung, ersatzweise ordentliche Kündigung, aus. Zusätzlich wurde in der Begründung aufgeführt, die Beklagten würden sich weigern, die Nebenkosten zu bezahlen. Die Beklagten wurden dazu aufgefordert, die Wohnung bis 31.08.2021 zu räumen und die Schlüssel zu übergeben.

In der Folgezeit wandten sich die Beklagten an den Deutschen Mieterbund (DMB). Dieser wies den Kläger mit Schreiben vom 30.07.2021 (Anlage K6) darauf hin, dass die bisherigen Schreiben des Klägers zum Anlass genommen werden, die Sache nochmals mit den Beklagten zu besprechen. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass unzulässigerweise ausgesprochene fristlose Kündigungen ebenfalls als Pflichtverletzung des Vermieters anzusehen seien. Mit Schreiben des DMB vom 13.08.2021 (Anlage K7) teilte dieser mit, dass die Beklagten ohnehin beabsichtigen, das Mietverhältnis zum Jahresende zu beenden. Es wurde ein Vorschlag unterbreitet, wie das Mietverhältnis für die letzten 4 Monate fortgeführt werden könne, unter anderem wurde dabei als Bedingung genannt, dass die Beklagten berechtigt sein sollen, mit einer Frist von 2 Wochen zum Monatsende das Mietverhältnis einseitig beenden zu können.

Der Kläger antwortete hierauf mit Anwaltsschriftsatz vom 19.08.2021 (Anlage K8). Zwar erklärte er sich grundsätzlich zu einer Fortführung des Mietverhältnisses bis Ende des Jahres 2021 bereit, schlug hierfür jedoch gänzlich andere Bedingungen vor als die vom DMB unterbreiteten.

Mietvertragskündigung kann nicht zurückgenommen werden
(Symbolfoto: gopixa/Shutterstock.com)

Mit Schreiben vom 25.08.2021 (Anlage B6) wandten sich die Beklagten direkt an den Kläger und teilten mit, dass das Angebot auf sofortige Aufhebung des Mietvertrages nunmehr seitens der Beklagten angenommen werde. Hilfsweise sprachen die Beklagten ebenfalls die außerordentliche, hilfsweise ordentliche, Kündigung des Mietverhältnisses aus. Weiter teilten sie dem Kläger mit, die Wohnung bereits geräumt zu haben. Über den Einwurf dieses Schreibens wurde der Kläger zusätzlich durch ein Schreiben des Deutschen Mieterbundes vom 25.08.2021 (Anlage K3) informiert.

Der Kläger behauptet, im Rahmen eines Gespräches am 28.05.2021 sei zwischen den Parteien eine neue Miethöhe von monatlich 850,00 Euro vereinbart worden. Der Kläger ist der Ansicht; das Mietverhältnis sei nicht bereits Ende August, sondern erst zum 30.11.2021 beendet worden. Für die Monate September bis November 2021 hätten die Beklagten daher zu Unrecht keine Miete mehr bezahlt. Mit Schreiben vom 7.12.2021 seien die Beklagten zur Zahlung der offenen Forderungen bis spätestens 17.12.2021 aufgefordert worden. Der Kläger meint, die Beklagten seien zu einer außerordentlichen Kündigung nicht berechtigt gewesen. Es läge lediglich eine ordentliche Kündigung der Beklagten zum 30.11.2021 vor. Auf die vom Kläger selbst ausgesprochene außerordentliche Kündigung käme es nicht mehr an, nachdem der Deutsche Mieterbund dieser Kündigung mit Schreiben vom 30.07.2021 und 13.08.2021 (Anlage K6 und K7) widersprochen habe.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 2.550,00 Euro zzgl. 5 %-Punkten Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 18.12.2021 zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche rechtsanwaltschaftliche Verfolgungskosten in Höhe von 367,23 Euro zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, das Mietverhältnis sei durch Kündigung des Klägers, jedenfalls aber durch ihre eigene Kündigung, zum 31.08.2021 beendet worden. Die Beklagten behaupten, die Wohnung zu diesem Zeitpunkt geräumt und an den Kläger herausgegeben zu haben, indem sie ihm auch die Schlüssel mit Schreiben vom 25.08.2021 übersandten.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 20.06.2022 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen keine Ansprüche auf Zahlung offener Mietforderungen mehr zu.

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Donaueschingen sachlich nach § 23 Nr. 2 a) GVG und örtlich nach §§ 12, 13 ZPO zuständig.

II.

Der Kläger hat aus dem ursprünglich mit den Beklagten bestehenden Mietverhältnis keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Mietforderungen für die Monate September bis November 2021 von monatlich 850 Euro.

Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, in welcher Höhe die Parteien eine Miete zu diesem Zeitpunkt vereinbart hatten. Jedenfalls für den vom Kläger geltend gemachten Zeitraum von September bis November 2021 kann eine Mietzahlung nicht verlangt werden, da das Mietverhältnis bereits zum 31.08.2021 beendet worden war. Die Beendigung trat durch die außerordentliche Kündigung des Klägers in den Schreiben vom 16.07 und 18.07.2021, jedenfalls aber – soweit davon ausgegangen wird, dass diese Kündigungen unberechtigt und damit unwirksam waren – durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 25.08.2021 ein.

1. Der Kläger ist nach § 566 Abs. 1 BGB in den zunächst zwischen den Beklagten und dem mittlerweile verstorbenen ### bestehenden Mietvertrag als Vermieter eingetreten. Dieser Mietvertrag war ursprünglich auf unbefristete Zeit geschlossen worden.

2. Mit Schreiben vom 16.07 und 18.07.2021 sprach der Kläger gegenüber den Beklagten eine außerordentliche Kündigung zum 31.08.2021 aus. Da die Kündigung als Gestaltungsrecht grundsätzlich bedingungsfeindlich ist, konnte sie vom Kläger einseitig nicht mehr zurückgenommen werden. Zwar bestehen hier Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung, insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes und aufgrund der fehlenden vorherigen Abmahnung nach § 543 Abs. 3 BGB. Vorliegend haben die Beklagten dieser Kündigung jedoch ausdrücklich mit Schreiben vom 25.08.2021 zugestimmt und sich zum Auszug bereit erklärt. Somit kann der Kläger sich in der konkreten Situation nicht auf eine etwaige Unwirksamkeit seiner eigenen Kündigung und die Fortsetzung des Mietverhältnisses berufen. Soweit der Kläger einerseits außerordentlich fristlos kündigt, sich andererseits aber – sobald er erkennt, dass die Mieter zu einem schnellen Auszug bereit sind – auf die Unwirksamkeit der Kündigung beruft, um weitere Mietforderungen geltend machen zu können, stellt dies ein widersprüchliches Verhalten im Sinne von § 242 BGB dar, welches gegen die Gebote von Treu und Glauben verstößt.

Darauf, ob in den Schreiben des DMB für die Beklagten ein Widerspruch gegen die Kündigung im Sinne von § 574 BGB zu sehen sein könnte, wie es die Klägerseite zuletzt in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, kommt es bereits deshalb nicht an, da § 574 BGB im Falle einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund i.S.v. § 543 BGB keine Anwendung findet (Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl. 2021, § 574 Rn. 5, 15).

Anders als von der Klägerseite dargestellt, ist es auch nicht durch die Schreiben des DMB zu einer übereinstimmenden Fortführung des Mietverhältnisses bis zum 30.11.2021 gekommen. Zum einen war Gegenstand dieser Schreiben allenfalls eine Fortführung bis 31.12.2021. Zum anderen konnten sich die Parteien nicht auf die wesentlichen Bedingungen, unter denen eine Fortführung zustande kommen sollte, einigen. Eine Fortführung des Mietverhältnisses bis Ende des Jahres 2021 – welche im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich möglich gewesen wäre – ist daher nicht zustande gekommen. Die abändernden Vorschläge durch die Parteien sind als jeweils neue Angebote auszulegen, die jedoch nicht von der jeweiligen Gegenpartei angenommen wurden.

3. Jedenfalls wurde das Mietverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 25.08.2021 wirksam zum 31.08.2021 beendet. Ein zur außerordentlichen Kündigung berechtigender wichtiger Grund ist dabei in der unberechtigten Kündigung des Klägers zu sehen. Die unberechtigte außerordentliche Kündigung des Vermieters stellt nämlich einen Unterfall des Vorenthalten des vertragsgemäßen Gebrauchs im Sinne von § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar und berechtigt wiederum den Mieter zur außerordentlichen Kündigung (Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl. 2021, § 543 Rn. 18, 37).

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Aufgrund der Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.08.2021 kann der Kläger für den darüber hinaus liegenden Zeitraum keine Mietforderungen verlangen.

Mangels Hauptforderungen besteht kein Anspruch auf Zinszahlung oder Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 BGB.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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