Oberlandesgericht Düsseldorf
Az.: IV-2 Ss (OWi) 84/08 – (OWi) 39/08 III
Beschluss vom 03.06.2008
1. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Die Sache wird dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Jedoch wird der Schuldspruch dahin ergänzt, dass der Betroffene wegen vorsätzlicher verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons in Tateinheit mit vorsätzlichem verbotswidrigem Halten auf einer Kraftfahrstraße verurteilt ist.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen „Nutzung eines Mobiltelefons und Haltens auf einer Kraftfahrstraße“ zu einer Geldbuße von 50 Euro verurteilt.
Hiergegen richtet sich der mit der Sachrüge begründete Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde war durch Entscheidung des Einzelrichters zuzulassen, weil es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG). Die Sache gibt Gelegenheit, im Hinblick auf § 23 Abs. 1a StVO Leitsätze zu der in der obergerichtlichen Rechtsprechung bisher nicht behandelten Fallkonstellation aufzustellen, dass ein Fahrzeugführer mit laufendem Motor auf dem Seitenstreifen einer Kraftfahrstraße anhält und dort mit einem Mobiltelefon telefoniert.
Die Sache war nach § 80a Abs. 3 OWiG dem mit drei Richtern besetzten Senat für Bußgeldsachen zu übertragen. Nach § 80a Abs. 3 OWiG überträgt in den Fällen des § 80 a Abs. 1 OWiG der mit einem Richter besetzte Bußgeldsenat die Sache an den Senat in der Besetzung mit drei Richtern, wenn es geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen.
Eine Pflicht des Einzelrichters zur Übertragung besteht daher immer dann, wenn die Rechtsbeschwerde – wie hier – gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts zugelassen worden ist, da sich Zulassungs- und Übertragungsgrund in diesen Fällen stets decken (vgl. OLG Düsseldorf VRS 105, 27).
III.
Die Rechtsbeschwerde, die sich mit der Sachrüge allein gegen den Schuldspruch wegen verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons und den Rechtsfolgenausspruch richtet, ist nicht begründet.
1.
Das Amtsgericht hat zum Tatgeschehen folgende Feststellungen getroffen:
„Am 07.09.2007 gegen 13.00 Uhr befuhr der Betroffene als Führer des Pkw Opel mit dem amtlichen Kennzeichen …… in …. die …… (eine Kraftfahrstraße im Sinne des § 18 StVO) in Fahrtrichtung ……. Er hielt auf dem Seitenstreifen an und ließ den Motor an. Dann telefonierte er mit seinem Mobiltelefon.“
Diese Feststellungen tragen nicht nur den nicht angegriffenen Schuldspruch wegen verbotswidrigen Haltens auf einer Kraftfahrstraße (§§ 18 Abs. 8, 49 Abs. 1 Nr. 18 StVO). Vielmehr hat der Betroffene nach dem festgestellten Sachverhalt tateinheitlich auch eine Ordnungswidrigkeit nach §§ 23 Abs. 1a, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO begangen.
Nach § 23 Abs. 1a StVO ist dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon aufnimmt oder hält. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.
Diese Vorschrift soll gewährleisten, dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobiltelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat (vgl. Begründung zur ÄnderungsVO vom 11. Dezember 2000, VBl. 2001, 8). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 23 Abs. 1a StVO ist die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, solange das Fahrzeug in Bewegung oder bei einem Kraftfahrzeug der Motor in Betrieb ist (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 23 StVO Rdn. 13). Demgemäß gilt das Benutzungsverbot auch dann, wenn der Fahrzeugführer mit laufendem Motor an einer roten Ampel wartet (vgl. OLG Celle NJW 2006, 710; OLG Hamm NStZ 2006, 358).
Ob nach Sinn und Zweck der Verbotsnorm eine Teilnahme am fließenden Verkehr erforderlich ist (vgl. OLG Hamm a.a.O.), bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da ein solches Erfordernis jedenfalls erfüllt ist. Denn der Betroffene stand während der Benutzung des Mobiltelefons mit laufendem Motor nicht etwa auf einem Parkplatz, sondern auf dem Seitenstreifen einer Kraftfahrstraße. Der Seitenstreifen, der auch als Standspur bezeichnet wird, ist nicht als rechtlich selbständige Verkehrsfläche neben den Fahrstreifen der Richtungsfahrbahn anzusehen. Der Seitenstreifen ist vielmehr ein unselbständiger Bestandteil der Richtungsfahrbahn der Autobahn oder Kraftfahrstraße und bildet mit den angrenzenden Fahrstreifen eine Fahrbahn im Rechtssinne (vgl. BGH NJW 1981, 1968, 1969). Während des vorübergehenden Haltens auf dem Seitenstreifen blieb der Betroffene mithin Teilnehmer des fließenden Verkehrs. Da das Halten auf dem Seitenstreifen verboten ist (§ 18 Abs. 8 StVO) und dieser nur in einem Not- oder Unglücksfall oder auf polizeiliche Weisung benutzt werden darf (vgl. BGH a.a.O. 1970), war der Betroffene verpflichtet, den Seitenstreifen unverzüglich zu verlassen. Für diese Fahraufgabe musste er die Hände frei haben. Abgesehen davon wurde durch den laufenden Motor dokumentiert, dass sich der Betroffene während der Standzeit auf dem Seitenstreifen selbst als aktiven Teilnehmer am Straßenverkehr betrachtet hat, der jederzeit in der Lage sein muss, das Fahrzeug wieder in Bewegung zu setzen.
2.
Kann – wie hier – eine Ordnungswidrigkeit vorsätzlich oder fahrlässig begangen werden, ist auch die Schuldform im Urteilstenor zu bezeichnen. Das Amtsgericht hat – wenn auch erst im Rahmen der rechtlichen Würdigung – rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Betroffene die beiden Verkehrsverstöße jeweils vorsätzlich begangen hat. Dementsprechend hat der Senat die Urteilsformel ergänzt.
Das Amtsgericht hat der Verurteilung ferner zutreffend Tateinheit zugrunde gelegt, dies jedoch nicht in der Urteilsformel zum Ausdruck gebracht. Auch insoweit hat der Senat die erforderliche Ergänzung vorgenommen.
3.
Der Rechtsfolgenausspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.