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Nachbarrechtliches Gemeinschaftsverhältnis – Höhe einer Hecke bei einer Kündigung

Nachbarschaftsstreit im Fokus: Eibenhecke, Sichtschutzelemente und die Grenzen des Rechts

In einem komplexen Rechtsstreit hat das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein entschieden, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verschiedene Anpassungen an ihrem Grundstück vornehmen müssen. Im Kern des Falles stand die Frage, wie weit das Nachbarschaftsrecht geht, wenn es um die Höhe einer Hecke und die Installation von Sichtschutzelementen geht. Die Klägerin hatte sich über die Höhe der Eibenhecke und die Sichtschutzelemente auf dem Grundstück der Beklagten beschwert. Sie forderte zudem Schadensersatz und die Übernahme der vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 12 U 111/21   >>>

Die Hecke als Anpflanzung und nicht als Einfriedung

Nachbarrechtliches Gemeinschaftsverhältnis - Höhe einer Hecke bei einer Kündigung
Nachbarschaftsstreit gelöst: Grenzen des Rechts bei Eibenhecken und Sichtschutzelementen festgelegt. Klarheit und Frieden für alle Beteiligten (Symbolfoto: ninikas /Shutterstock.com)

Das Gericht stellte klar, dass die Hecke als Anpflanzung und nicht als Einfriedung zu betrachten ist. Dies ist ein wichtiger Punkt, da die rechtlichen Vorgaben für Anpflanzungen und Einfriedungen unterschiedlich sind. Die Beklagten hatten argumentiert, dass die Hecke als Einfriedung zu werten sei, was das Gericht jedoch ablehnte. Die Klägerin hatte einen Rückschnitt der Hecke auf 1,20 m gefordert, aber das Gericht entschied, dass aufgrund einer vorherigen Vereinbarung zwischen den Parteien ein Rückschnitt auf 1,60 m ausreichend sei.

Sichtschutzelemente und die Frage der Ortsüblichkeit

Ein weiterer Streitpunkt waren die Sichtschutzelemente, die die Beklagten auf ihrem Grundstück installiert hatten. Die Klägerin argumentierte, dass es keine Ortsüblichkeit für solche Elemente gebe, da in der Umgebung verschiedene Arten von Zäunen und Einfriedungen existieren. Das Gericht folgte dieser Argumentation und verurteilte die Beklagten, die Sichtschutzelemente auf eine Höhe von 1,60 m zu reduzieren und sie nicht über die Grundstücksgrenze der Klägerin hinaus auszudehnen.

Schadensersatz und Anwaltskosten

Die Klägerin hatte auch Schadensersatz in Höhe von 998,90 € und die Übernahme der vorgerichtlichen Anwaltskosten gefordert. Das Gericht gab ihr in beiden Punkten Recht. Die Beklagten wurden verurteilt, den genannten Betrag sowie die Anwaltskosten zu zahlen.

Kostenteilung und vorläufige Vollstreckbarkeit

Abschließend entschied das Gericht, dass die Beklagten 70 % und die Klägerin 30 % der Kosten des Rechtsstreits tragen müssen. Das Urteil wurde als vorläufig vollstreckbar erklärt.

Dieser Fall zeigt, wie komplex und vielschichtig Streitigkeiten im Rahmen des Nachbarschaftsrechts sein können. Es verdeutlicht auch, wie wichtig klare Vereinbarungen und das Verständnis der geltenden Gesetze für ein friedliches Zusammenleben in der Nachbarschaft sind.

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Das vorliegende Urteil

 

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 12 U 111/21 – Urteil vom 13.07.2022

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die auf ihrem Grundstück X – Straße … in Y im vorderen Grundstücksbereich angepflanzte Eibenhecke auf eine Höhe von 1,60 m und seitlich bis an die Grundstücksgrenze der Klägerin zurück zu schneiden – soweit sich im seitlichen Bereich nicht ohnehin der von der Klägerin errichtete Zaun befindet.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die im rückwärtigen Grundstücksbereich montierten Sichtschutzelemente – Stabgitterzaun mit Kunststoffbändern – gemessen vom Grundstücksniveau der Klägerin auf eine Höhe von 1,60 m zu kürzen und seitlich die Grundstücksgrenze der Klägerin nicht zu überschreiten, sowie die im rückwärtigen Grundstücksbereich vorhandene Schürze des Betonsockels des Stabgitterzauns vollständig vom Grundstück der Klägerin zu entfernen.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 998,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 24.09.2019 zu zahlen.

4. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 159,94 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 17.05.2019 zu zahlen.

5. Im übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

6. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner 70 % und die Klägerin 30 % der Kosten des Rechtsstreits.

7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. als Gesamtschuldner

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 7.000,00 € festgesetzt.

Gründe

(abgekürzt gemäß § 313 a ZPO)

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung sowie den Ergänzungsbeschluss vom 04.11.2021 Bezug genommen (§ 540 Abs.1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage zum Teil abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil (Seite 8 -17) verwiesen.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Berufungen; die Klägerin verfolgt ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiter, die Beklagten erstreben die vollständige Abweisung der Klage.

Die Klägerin führt unter anderem aus:

Das Landgericht habe unzutreffenderweise einen Rückschnitt auf weniger als 1,60 m abgelehnt und dies aus der Vereinbarung der Parteien hergeleitet. Diese Vereinbarung sei in der Folgezeit von den Beklagten nicht fristgerecht und nicht vollständig eingehalten worden und schließlich sogar selbst von den Beklagten gekündigt worden.

Ein Ausschluss des Anspruchs der Klägerin auf Rückschnitt könne nicht eingreifen, da die Klägerin bis zur Kündigung der Vereinbarung keine Veranlassung gehabt habe, den sonst ohne Vereinbarung bestehenden Anspruch auf Rückschnitt geltend zu machen. Aufgrund der Kündigung sei eine neue Situation entstanden und die Frist für einen Anspruch auf Rückschnitt von unzulässigen Anpflanzungen sei damit erneut in Gang gesetzt worden. Bei Einhaltung des gesetzlichen Maßes von 1,20 m Heckenhöhe könne keine Beeinträchtigung durch Überwuchs auf ihr Grundstück mehr stattfinden, da sie in Höhe von 1,20 m einen geschlossenen Zaun gebaut habe. Oberhalb des Zaunes sei bereits erneut Überwuchs aufgetreten. Die Beklagten hätten unmittelbar hinter der Hecke 6 Sichtblenden a 1,80 m Länge und 1,80 m Höhe montiert.

Den Ausführungen des Landgerichts zur angeblichen Ortsüblichkeit der von den Beklagten neben der Grenze errichteten Sichtschutzelemente sei zu widersprechen. In der näheren und weiteren Umgebung seien alle möglichen Zäune in verschiedenen Höhen vorhanden. Wenn daher in der näheren oder weiteren Umgebung unterschiedlich hohe Einfriedungen vorhanden wären, könne keine Ortsüblichkeit im Sinne der Darstellung der Beklagten festgestellt werden. Nach der Rechtsauffassung des Landgerichts würden an jedem Ort, in dem verschiedene Einfriedungen vorzufinden seien, was praktisch überall der Fall sei, die Regelungen des Nachbarschaftsrechtes außer Kraft gesetzt. Es sei überhaupt nicht erkennbar, ob die jeweiligen Nachbarn bei höheren Einfriedungen als 1,20 mit der vom Nachbarn geschaffenen Situation einverstanden seien.

Sie beanspruche unverändert einen vollen Ersatz der ihr entstandenen Kosten für den durch die Untätigkeit der Beklagten erforderlichen Auftrag auf Rückschnitt an eine Fachfirma. Für eine anteilige Kürzung bestehe keine Veranlassung.

Die Beklagten erwidern unter anderem:

Die Einordnung des Landgerichts, welches die Hecke nicht als Einfriedung, sondern als Anpflanzung werte, sie fehlerhaft.

Dies gelte auch für die Beweiswürdigung. Der Zeuge S1 sei von der Beklagten mit der Errichtung der Betonsockel beauftragt worden. Die Erklärung der Klägerin sei rechtsverbindlich gewesen, weil der Handwerker habe wissen müssen, ob er auch das Nachbargrundstück mit einbeziehen konnte.

Rechtsfehlerhaft sei eine Verwirkung bzw. ein Rechtsmissbrauch verneint worden. Es sei offensichtlich treuwidrig, wenn sich die Klägerin bei der Errichtung mit einer im übrigen nicht sichtbaren Eigentumsbeeinträchtigung einverstanden erklärte und hierauf die Beklagten die Arbeiten ausführen lasse, um Jahre später eine Eigentumsbeeinträchtigung sehe und zudem noch während des laufenden Verfahrens einen Zaun an dieser Stelle setzen lasse.

Fehlerhaft sei die Entscheidung auch insoweit, als dass der Ausschluss der Ausschluss nach § 40 Abs. 1 NachbG S-H nicht vollständig gelte, weil dies der Billigkeit entspreche.

Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin ohne Genehmigung Fotoaufnahmen von den Beklagten und Gästen angefertigt, PKWs ohne Zustimmung rechtswidrig fotografiert, Gespräche der Beklagten und ihren Gästen aufgezeichnet und die Beklagte verleumdet habe. Außerdem habe sie Unkraut auf das Grundstück der Beklagten geworfen; dies alles sei unstreitig.

Aus der Anlage K 21 sei zu erkennen, dass der Hauseingang zum klägerischen Haus über einen 3- stufigen Podest gestaltet sei, der es der Klägerin und ihrem Lebensgefährten erlaube, über die Hecke direkt in das Wohnzimmer der Beklagten zu schauen. Den Beklagten sei nur die Möglichkeit geblieben, ihre Privatsphäre zu schützen, indem sie die Hecke unter Verstoß gegen die Vereinbarung habe höher wachsen lassen bzw. Bandreihen eingezogen bzw. ständig ihre Gardinen zugezogen lasse.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg; die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

1. Klageantrag zu 1. (Rückschnitt der Hecke):

Der Senat schließt sich den überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Urteil an (Seite 8 -12). Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, dass die Hecke eine Einfriedung im Sinne des § 28 Abs. 2 NachbG SH darstellt. Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich um eine Anpflanzung im Sinne von § 37 NachbG SH handelt (Urteil Seite 9).

Der Anspruch der Klägerin auf Rückschnitt der Hecke auf eine Höhe von 1,20 m ist ausgeschlossen; sie kann lediglich einen Rückschnitt bis zur Höhe von 1,60 m verlangen.

Aufgrund der im Jahr 2011 abgeschlossenen Vereinbarung ist insoweit eine Modifikation der gesetzlichen Regelung eingetreten, als sich die Parteien trotz Kenntnis der für das Nachbarschaftsrecht geltenden Höhe von 1,20 m auf eine Höhe von 1,60 m verständigt haben. Diese Vereinbarung wirkt über den Zeitpunkt der Kündigung durch die Beklagten fort und zwar unter Berücksichtigung des von der Rechtsprechung entwickelten sog. nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis als Ausprägung von § 242 BGB für den Bereich des notwendigen Zusammenlebens von Grundstücksnachbarn, aus dem Pflichten zu gegenseitiger Rücksicht für Eigentümer und Nutzungsberechtigte entspringen (BGH NJW RR 2008,610; Grünberg/ Herrler, 81. Auflage, § 903 Rn. 13).

Das Rechtsinstitut kann in zwingenden Ausnahmefällen (BGH NJW – RR 2015,1425) Rechte beschränken oder ausschließen. Eine solche Beschränkung von Rechten ist im Streitfall – trotz der wegen der Kündigung der Vereinbarung eingetreten Zäsur – vorzunehmen. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils (Seite 2 -3) haben die Parteien die Vereinbarung vom 19.05.2011 bis zur Kündigung am 11.09.2017- wenngleich nicht ohne Probleme – „gelebt“ und dadurch gezeigt, dass die damaligen Regelungen tragfähig für ein Zusammenleben in unmittelbarer Nachbarschaft waren.

Das von den Beklagten dargelegte Verhalten der Klägerin und ihres Lebensgefährten, welches sie zur Kündigung der Vereinbarung veranlasst hat, hat indes nicht zur Folge, dass nunmehr ein Anspruch der Klägerin auf Rückschnitt der Hecke vollständig ausgeschlossen ist und die Beklagten die Hecke ohne Beschränkung weiter wachsen lassen können.

Wenngleich eine diesbezügliche Beeinträchtigung der Beklagten vom Gericht nicht verkannt wird, entspricht es gleichwohl der Billigkeit – wie bereits vom Landgericht erkannt – der Klägerin eine neue Zweijahresfrist zur Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe hinsichtlich einer Höhe der Hecke von 1,60 m zuzubilligen (Urteil Seite 10 -11). Mittels der Begrenzung des ursprünglich bestehenden Anspruchs der Klägerin auf Rückschnitt von 1,20 m auf 1,60 m wird den Belangen der Beklagten zumindest teilweise Rechnung getragen.

Zutreffend hat das Landgericht ferner erkannt, dass die Beklagten zudem verpflichtet sind, den seitlichen Überwuchs zu entfernen. Eine solche Verpflichtung ergibt sich aus der Vereinbarung vom 19.05.2011, die nach vorstehenden Ausführungen weiterhin Berücksichtigung zu finden hat. Letztlich folgt der Senat der Bewertung des Landgerichts, dass kein Anspruch der Klägerin auf Rückschnitt besteht, soweit sie zwischenzeitlich einen Zaun mit einer Höhe von 1,20 m auf ihrem Grundstück errichtet hat.

2. Klageantrag zu 2. (Demontage Sichtschutzelemente sowie Entfernung Betonsockel):

a) Ein Anspruch der Klägerin auf Entfernung des Zaunes besteht nicht. Der Senat folgt den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (Seite 12 -13) und merkt ergänzend an:

Aus dem unstreitigen Tatbestand (Ergänzungsbeschluss vom 04.11.2021) folgt, dass in der Umgebung zu den Grundstücken der Parteien Grenzeinrichtungen mit ganz unterschiedlicher Höhe festzustellen sind: 3 m, 2,50 m sowie 2 m.

Die streitigen Ausführungen der Klägerin zur Ortsüblichkeit im Schriftsatz vom 13.04.2022 sind, da die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen, verspätet und somit im Berufungsrechtszug nicht zu berücksichtigen.

Das Landgericht hat darauf hingewiesen, dass es den Zaun als Einfriedung bewertet und es insoweit auf die Ortsüblichkeit ankommen dürfte (Seite 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2020; Blatt 275). Aufgrund dieses Hinweises hätte es bereits im erstinstanzlichen Verfahren Ausführungen der Klägerin zur Frage der Ortsüblichkeit bedurft, die allerdings dort nicht gehalten worden sind.

Im übrigen entfaltet auch hier die Vereinbarung vom 19.05.2011 über die Kündigung hinaus Rechtswirkungen. Die Parteien haben dort zu Grunde gelegt, dass es sich hinsichtlich des Zauns um eine Grundstückseinfriedung gemäß §§ 28 ff. des NachbG SH handelt und dieser eine Höhe von 2,10 m aufweist.

In der Vereinbarung wurde u.a. formuliert:

„um die unglückliche Konstruktion abzumildern sollen Steinplatten unter den Zaun gelegt werden … Es ist ein Rückbau auf die zulässige Höhe von 1,20 m vorzunehmen… Abweichend hierzu wird vereinbart, dass die oberen 2 grünen Plastikbandreihen abmontiert werden und zwar ausgehend von den beiden kleinen Eckelementen. Damit ist die dann eingehaltene Höhe 1,60 m Hecke identisch“.

Die Klägerin hat demnach in Kenntnis der damaligen Rechtslage keinen Rückbau des Zaunes, der auf dem Grundstück der Beklagten errichtet worden war, verlangt, sondern sich mit Demontage der Plastik – Bandreihen auf eine Höhe von 1,60 m einverstanden erklärt.

Wenngleich die Beklagten die Vereinbarung zwischenzeitlich gekündigt haben, steht ein Rückbauverlangen gerichtet auf vollständige Entfernung des Zauns das hier zu berücksichtigende Gemeinschaftsverhältnis entgegen. Die damalige Vereinbarung hat auch insoweit unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte fortzugelten.

b) Der Hilfsantrag der Klägerin, der auf eine Kürzung der Sichtelemente auf 1,20 m gerichtet ist, hat dagegen teilweise Erfolg. Die Sichtelemente sind von den Beklagten auf 1,60 m zu kürzen.

Nach Ansicht des Senates ist auch im Rahmen des grundsätzlich bestehenden Beseitigungsanspruches der Klägerin nicht nur – wie vom Landgericht dargelegt auf die Frage der Ortsüblichkeit des Zaunes – sondern auch auf die Grundsätze des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis abzustellen.

Wie bereits dargelegt können die Regelungen des Nachbarrechtes hiernach in Einzelfällen Beschränkungen erfahren. Im Hinblick auf die oben dargelegte Verpflichtung der Beklagten, die Hecke zurück zu schneiden und die bei beiden Parteien bei Abschluss der Vereinbarung vom 19.05.2011 vorhandene Kenntnis bezüglich der an sich nach dem Nachbarrecht geltenden Höhen ist eine Angleichung der Höhe der Sichtelemente von 2,10 m auf die Heckenhöhe mit 1,60 m vorzunehmen. Hierdurch wird die bereits in der Vereinbarung vom 19.05.2011 zum Ausdruck gekommene Angleichung der Heckenhöhe und der Höhe der Sichtelemente fortgesetzt.

c) Zu Recht hat das Landgericht einen Anspruch auf teilweise Entfernung des Betonsockels zuerkannt.

Die Berufung zeigt keine Rechtsfehler in der Beweiswürdigung des Landgerichts auf. Die Beklagten versuchen ohne Erfolg, ihre Beweiswürdigung an die Stelle des Gerichts zu setzen. Das wiedergegebene Gespräch des Zeugen mit der Klägerin ist nicht ausreichend, um eine diesbezügliche Rechtsbindung der Klägerin in Form einer Billigung eines Überbaus zu konstruieren.

Im Übrigen dokumentiert die dezidierte Vereinbarung aus dem Jahr 2011, dass die Klägerin bei erheblichen Vereinbarungen im Verhältnis zu ihren Nachbarn, den Beklagten, auf verbindliche, schriftliche Regelungen besteht. Dieser Umstand war den Beklagten bei Errichtung des Zaunes bewusst. Deshalb hätte es im Hinblick auf die anstehende Baumaßnahme, die zu einem Überbau auf dem Grundstück der Klägerin führte, nahegelegen, eine Vereinbarung, wie bereits im Jahr 2011 geschehen, zu schließen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt sich das Beseitigungsverlangen der Klägerin auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar. Die Klägerin hat sich im Verhandlungstermin vom 24.06. 2021 zur Demontage ihres Zaunes zu diesem Zwecke bereit erklärt. Eine Verwirkung liegt ebenfalls nicht vor. Zutreffend hat das Landgericht erkannt, dass es hier am sogenannten Umstandsmoment fehlt (Urteil Seite 15 -16).

Schließlich gebieten es auch die Grundsätze des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis nicht, dass die Klägerin die nicht unbeträchtliche Eigentumsbeeinträchtigung – die Betonschürze des Zaunsockels ragt etwa 8 -10 cm auf ihr Grundstück, dauerhaft hinnehmen muss. Insoweit ist nämlich ein berechtigtes Interesse der Klägerin zu erkennen. Sie hat vorgetragen, eine Erneuerung bzw. Erweiterung der Pflasterung zu beabsichtigen, wobei die Betonschürze hinderlich ist.

3.Klageantrag zu 3. (Kostenerstattung Rückschnitt der Hecke):

Zu Recht hat das Landgericht einen Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung bejaht (Urteil Seite 16). Wie oben dargelegt kann sie einen Rückschnitt der Hecke auf 1,60 m verlangen.

Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin gegen die vom Landgericht vorgenommene Kürzung, die der Senat als plausibel und schlüssig ansieht.

Entgegen ihrer Behauptung, die diesbezügliche Rechnung (KE, Blatt 241) beziehe sich nur auf den seitlichen Überwuchs, wurde der in der Rechnung angegebene Stundenlohn für den „Rückschnitt der Hecke seitlich auf die Grenze, auf die Mitte des Grenzkreuzes und in der Höhe bis 2,30 m“ angesetzt.

Da die Klägerin aber nur einen Rückschnitt der Hecke auf bis zu 1,60 m verlangen kann, ist die vom Landgericht vorgenommene Kürzung nicht zu beanstanden. Der Anspruch der Klägerin besteht in Höhe von 998,90 €.

4. Klageantrag zu 4.(vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten):

Der Klägerin steht ein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu.

Mit Schriftsatz vom 21.08.2019 wurde die Beklagte vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin aufgefordert, bis zum 28.08.2018 den Rückschnitt der Hecke vorzunehmen (Blatt 110). Da dem Grunde nach ein Anspruch der Klägerin auf Rückschnitt der Hecke bestand, gerieten die Beklagten ab 29.08.2019 mit dieser Verpflichtung in Verzug. Folglich stellen die durch das Schreiben vom 10.04.2019 (Blatt 245) ausgelösten, vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten einen Verzugsschaden dar.

Unter Berücksichtigung eines Gegenstandswertes von 998,90 € beträgt die Geschäftsgebühr 114,40 €, hinzu kommt eine Pauschale von 20,00 €, so dass sich ein Nettobetrag von 134,40 € ergibt. Zuzüglich der Umsatzsteuer beträgt der Anspruch der Klägerin 159,94 €

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt sind hiernach die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Die Beklagten unterliegen überwiegend.

Unter Berücksichtigung der zutreffend vom Landgericht festgestellten Gegenstandswerte (1.500,00 € für den Klageantrag zu 1., 4.000,00 € für den Klageantrag zu 2. sowie 1.500,00 € für den Klageantrag zu 3.) ergibt sich eine Quote von 70 % für die Beklagten und von 30 % für die Klägerin.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 8, 711,713 ZPO.

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