Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 5 U 75/19 – Urteil vom 28.03.2019
Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. August 2018 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 12 O 99/16, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage hinsichtlich des Antrags zu 1 einschließlich des Hilfsantrags als unzulässig abgewiesen wird.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil sowie die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesen Urteilen zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für beide Instanzen: bis 18.000 €
Gründe
I.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks T… 12 in … (Flur A, Flurstücke a und b). Die Beklagte ist Eigentümerin des Grundstücks T… 10 (Flur A, Flurstücke c und d). Das Amtsgericht … hatte die Beklagte mit Urteil vom 2. Juli 1998 (Az. 2 C 1196/96) verurteilt, der Rechtsvorgängerin der Klägerin, B… S…, als Notweg einen Zugang von der Straße „Am T…“ über einen 1,5 m breiten Grundstücksstreifen Zug um Zug gegen Zahlung einer im Voraus zu entrichtenden Geldrente zu gewähren und die weitergehende Klage abgewiesen. Der als Notweg zu gewährende Grundstücksstreifen verläuft danach an der Nordostseite des Flurstücks c und im Weiteren an der Südwestseite des Flurstücks e. Beantragt hatte die Klägerin in jenem Verfahren die Gewährung eines Zugangs und einer Zufahrt von der Straße „Am T…“ über einen mindestens 2 m breiten Grundstücksstreifen. Ausweislich des unstreitigen Tatbestandes dieses Urteils war das auf dem Grundstück der Klägerin aufstehende Gebäude zu diesem Zeitpunkt zu Wohnzwecken für einen monatlichen Mietzins von 400 DM vermietet. Das Amtsgericht hatte zur Begründung seiner Entscheidung u. a. ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Duldung eines Zufahrtsrechts. Die Notwendigkeit eines solchen erweiterten Rechtes habe sie schon nicht substantiiert vorgetragen. Unter Berücksichtigung der Örtlichkeiten, von denen sich das Gericht im Ortstermin einen Eindruck verschafft habe, sei es der Klägerin zuzumuten, Fahrzeuge in der Nähe des öffentlichen Weges „Am T…“ zu parken und das Wohnhaus zu Fuß zu erreichen.
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin die Gewährung eines Notwegs (Zugang und die Zufahrt mit Fahrzeugen) in einer Breite von 3 m für sich, ihre Familienangehörigen und Gäste sowie die Verurteilung der Beklagten zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen, um das Herabfallen von Steinen vom nördlichen Hang des Flurstücks e auf den zu gewährenden Notweg zu verhindern, hilfsweise die Gewährung eines 1,50 m breiten Notwegs. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Gefahr des Herabfallens von Steinen auf den Notweg die Klage insgesamt abgewiesen und – soweit dies die Klägerin betrifft – wie folgt begründet: Die Klage sei zulässig, ihr stehe nicht die Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts … vom 2. Juli 1998 entgegen. Die Klägerin sei zwar im Sinne von § 325 ZPO Rechtsnachfolgerin der damaligen Klägerin, es bestehe aber keine Identität der Streitgegenstände, weil seinerzeit nur ein Notweg in einer Breite von 2 m begehrt worden sei. Die Klage sei aber unbegründet. Dem Anspruch der Klägerin stehe das genannte Urteil des Amtsgerichts … insofern, als dieses vorgreiflich sei und eine präjudizielle Wirkung für den vorliegenden Rechtsstreit habe, entgegen. Das Gericht sei gehindert, eine abweichende Entscheidung, d. h. einen über dieses Urteil hinausgehenden Notweg zu gewähren. Das Amtsgericht habe Frau B… S… den Zugang über einen 1,50 m breiten Zugang von der Straße „Am T…“ gewährt und damit bereits insofern über das Begehren der Klägerin zu 1 entschieden, als es unter Berücksichtigung des Umstandes der Nutzung des klägerischen Grundstücks zu Wohnzwecken und einer geforderten Zufahrt für Kraftfahrzeuge in einer Breite von 2 m einen Zugang in der vorgenannten Breite gewährt habe. Die Klägerin zu 1 habe keine Tatsachen vorgetragen, die sie berechtigen würden, ihr einen Notweg in dem nun begehrten Umfang zu gewähren. Die Klägerin erachte die Bestimmung des Amtsgerichts nur deswegen nicht mehr für ausreichend, weil sie und ihr Ehemann älter würden und für sie der Zugang zu ihrem Grundstück beschwerlicher werde. Dies sei aber kein für die Festlegung und Ausgestaltung des Notwegs maßgeblicher Umstand. Entscheidend für die ordnungsgemäße Benutzung eines Grundstücks seien dessen Lage, Größe und Wirtschaftsart, Gründe, die in der Person des Eigentümers lägen, seien unmaßgeblich. Der Klägerin sei zudem nicht der Beweis gelungen, dass der Notweg im nördlichen Bereich durch sich aus dem Hang herauslösende Steine und umsturzgefährdete Bäume beeinträchtigt sei.
Gegen das ihr am 14. August 2018 zugestellte Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) hat die Klägerin mit am 14. September 2018 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14. November 2018, mit am 13. November 2018 eingegangenen Schriftsatz begründet. Das Landgericht habe zwar noch zutreffend erkannt, dass die Klage zulässig sei, weil die Entscheidung des Amtsgerichts … einen anderen Streitgegenstand betreffe, es habe aber verkannt, dass sich seit dem Jahr 1998 die Rechtsprechung zu der Frage, was zu einer ordnungsgemäßen Nutzung eines Grundstücks gehöre, erheblich verändert habe. So habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 12. Dezember 2008 festgestellt, dass zur ordnungsgemäßen Nutzung eines Wohngrundstücks grundsätzlich die Möglichkeit gehöre, dieses mit dem eigenen Kraftfahrzeug anfahren zu können. Eine solche Zufahrtsmöglichkeit habe seit 1977 bis zum 31. März 1995 bestanden und es sei ohne größeren Aufwand möglich, diese ursprüngliche Zufahrt wieder anlegen zu lassen. Das Amtsgericht … sei zudem davon ausgegangen, dass der Notweg eine Länge von 90 m habe, tatsächlich betrage der Weg von der ersten Parkmöglichkeit bis zum Haus der Klägerin tatsächlich 150-200 m. Die Feststellungen des Sachverständigen zur Gefahr durch sich aus dem Hang lösende und auf den Weg rollende Steine hätten sich dadurch, dass im Juli 2018 ein Steinbrocken mit einem Durchmesser von über 1 m herabgefallen sei, als unzutreffend erwiesen. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 10. August 2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 12 O 99/16, nach ihren erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen, hilfsweise hinsichtlich des Antrages zu 2 die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf diese und Wiederholung ihres Vorbringens.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 517, 519, 520 ZPO), bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Der Klageantrag zu 1, mit der die Klägerin mit Haupt- und Hilfsantrag von der Beklagten die Duldung eines Notwegs im geltenden gemachten Umfang verlangt, ist bereits unzulässig, weil hierüber durch das Urteil des Amtsgerichts … vom 2. Juli 1998 (Az. 2 C 1196/96) bereits rechtskräftig entschieden worden ist.
Gegenstand jenes Verfahrens war ein Antrag der B… S… auf Duldung eines Notwegs (Zugang und Zufahrt in einer Breite von 2 m entlang der Grenze der Flurstücke c und e bis zum Flurstück a). Das Grundstück T… 12 wurde damals schon als Wohngrundstück genutzt. Das Amtsgericht hatte die damalige und jetzige Beklagte verurteilt, einen Notweg in einer Breite von 1,50 m als Zugang zu dulden, und im Übrigen, also soweit darüber hinaus eine Zufahrt in einer Breite von 2 m begehrt wurde, abgewiesen.
Im Umfang der Rechtskraft dieser Entscheidung gilt diese auch gegenüber der Klägerin als (Einzel-)Rechtsnachfolgerin der damaligen Klägerin.
Nach § 322 Abs. 1 ZPO sind Urteile der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden worden ist. Das rechtskräftige Urteil wirkt nach § 325 Abs. 1 ZPO für und gegen die Parteien und die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Der Anspruch im Sinne von § 322 Abs. 1 ZPO ist prozessual zu verstehen, in Rechtskraft erwächst die Entscheidung über den Streitgegenstand. Das Gericht darf – bei Zugrundelegung des vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff – nur über den sich aus dem Antrag und dem sich von den Parteien vorgetragenen Lebenssachverhalt (Klagegrund) ergebenden prozessualen Anspruch entscheiden (BGHZ 117, 5 m. w. Nachw.; 154, 342, 347 f; 157, 47, 50; 183, 77 Rn. 10; 189, 56 Rn. 3; 198, 294 Rn. 15 = NJW 2014, 314; 199, 159 Rn. 16; 209, 168 Rn. 27; BAG NJW 2014, 717 Tz 17). Zum Lebenssachverhalt (Klagegrund) sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht vorträgt (BGHZ 157, 47, 51; 194, 314 Rn. 19; 198, 294 Rn. 15 = NJW 2014, 314; 199, 159 Rn. 16; 209, 168 Rn. 27 = NJW 2016, 1818; 211, 189 Rn. 24 = NJW 2017, 61). Durch Einführung neuer Tatsachen kann entweder der Lebenssachverhalt ergänzt oder aber der Streitgegenstand verändert werden (Zöller/Vollkommer ZPO, Einleitung Rn. 83). Zu dem Lebenssachverhalt, der für den Streitgegenstand maßgebend ist, gehören alle Tatsachen, die den Geschehensablauf bilden, auf den es für die Anwendung des den Klageantrag rechtfertigenden Rechtssatzes ankommt. Weitere Tatsachen, die zwar in einem natürlichen Zusammenhang mit diesem Tatsachenstoff stehen, jedoch außerhalb des für die Schlüssigkeit der Klage bedeutsamen Geschehensablaufs stehen, gehören damit nicht zum maßgebenden Lebenssachverhalt (Musielak, ZPO, Einl. Rn. 76).
Die Rechtskraft einer Entscheidung begründet in einem nachfolgenden Prozess ein Wiederholungs- oder ein Abweichungsverbot. Ist der Streitgegenstand des neuen Rechtsstreits mit demjenigen des bereits rechtskräftig entschiedenen in dem zuvor beschriebenen Sinn identisch, ist die Rechtskraft eine negative Prozessvoraussetzung, das heißt sie verbietet nicht nur eine abweichende Entscheidung, sondern macht das neue Verfahren und eine Entscheidung darin schlechthin unzulässig (BGHZ 93, 289; 123, 139; 157, 50; BGH NJW 95, 1757; 95, 2993; 2003, 3058, 3059; 2008, 1227 f; NJW-RR 2009, 790; Zöller/Vollkommer, ZPO, Vorbemerkungen zu § 322 Rn. 17). Ist die rechtskräftig erkannte Rechtsfolge für einen zweiten Rechtsstreit lediglich vorgreiflich, hindert die Rechtskraft das nachentscheidende Gericht in der Sache insoweit an einer abweichenden Entscheidung. Ein Verstoß gegen die Bindungswirkung (BGH NJW 2012, 1964 Rn. 11 f.) macht die Klage in diesem Fall nicht unzulässig, sondern unbegründet (BGH NJW 2008, 1227, 1228 Rn. 23).
Danach ist der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens mit demjenigen des im Jahr 1998 vom Amtsgericht … entschiedenen identisch und damit die nunmehr erhobene Klage, soweit sie mit Haupt- und Hilfsantrag auf die Duldung eines Notwegs gerichtet ist, schon unzulässig. In jenem Verfahren war Gegenstand ein Antrag der damaligen Eigentümerin der Flurstücke a und b der Flur B (Am T… 12), eingetragen im Grundbuch von Oderberg des Amtsgerichts … Blatt … auf Duldung eines Notwegs als Zugang und Zufahrt entlang der Grenzen der Flurstücke c und e der Flur A. Die Lage und Größe der betroffenen Grundstücke haben sich seither nicht verändert. Auch hinsichtlich der Wirtschafts-/Nutzungsart haben sich keine Veränderungen ergeben. Das Grundstück der Klägerin wurde, so der unstreitige Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts …, schon 1998 als Wohngrundstück genutzt. Voraussetzung für einen Anspruch aus § 917 Abs. 1 BGB auf Duldung eines Notwegs ist, dass es an einer Verbindung fehlt, die eine ordnungsgemäße Benutzung des notleidenden Grundstücks zulässt. Die Ordnungsmäßigkeit der Benutzung beurteilt sich nach einem objektiven strengen Maßstab, der sich an den Eigenschaften des Grundstücks ausrichtet. Entscheidend ist, ob die Nutzung nach allen vorliegenden objektiven Umständen, insbesondere nach Größe, Lage und Wirtschafts-/Nutzungsart des Grundstücks sowie nach seiner Umgebung und der dort üblichen Nutzung eine nach vernünftigem Ermessen naheliegende Bewirtschaftung darstellt (RGZ 79, 116, 119; BGH NJW-RR 2014, 398 Rn 11; 2009, 515 Rn 18; Staudinger/Roth BGB § 917, Rn. 18). Rein persönliche Bedürfnisse des Eigentümers oder Nutzungsberechtigten (BGH MDR 1979, 127f) oder vorübergehende außergewöhnliche Bedürfnisse (BGH WM 1966, 143, 145; MDR 1979, 127) sind nicht maßgebend (Erman/Lorenz, BGB, 15. Aufl. 2017, § 917 BGB Rn. 2).
Die von der Klägerin nunmehr vorgetragenen persönlichen Umstände (Verlegung des Lebensmittelpunktes, geplante Gebäudesanierung, Einschränkungen der Mobilität des Ehemannes der Klägerin) sind für den Anspruch auf Duldung eines Notwegs nicht maßgeblich und zählen deswegen nicht zum Anspruchsgrund. Die objektiven Umstände (Wirtschaftsart, Lage, Größe) haben sich nicht geändert. Der Umstand, dass das Gebäude im Jahr 1998 vermietet war und nunmehr von der Klägerin selbst – allerdings von der Beklagten bestritten – zu Wohnzwecken genutzt wird, ändert nichts an der unveränderten Nutzung zu Wohnzwecken als der für den Umfang des Notwegs maßgeblichen Wirtschaftsart. Nicht geändert hat sich auch die Entfernung zum öffentlichen Straßenland. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten 150 m -200 m beziehen sich nicht auf die Länge des Notwegs, sondern auf die Entfernung zu einem öffentlichen Parkplatz. Vorübergehende außergewöhnliche Bedürfnisse, wie etwa der geplante Ausbau der Remise oder die Nutzung durch Rettungsfahrzeuge, sind kein Maßstab für eine ordnungsgemäße Benutzung des verbindungslosen Grundstücks.
Die von der Klägerin angeführte Änderung in der Rechtsprechung zu der Frage, was in dem vorbeschriebenen Sinn zu einer ordnungsgemäßen Benutzung des Grundstücks gehört, ist schon kein Umstand, der für sich eine erneute Sachentscheidung gebietet. Allein Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder der einer bereits ergangenen Entscheidung zugrunde liegenden Vorschriften, die nicht gleichzeitig bewirken, dass nunmehr neue Tatsachen für die Anwendung des den Klageantrag tragenden Rechtssatzes Bedeutung erlangen und sich damit der Streitgegenstand ändert, genügen insoweit nicht.
Davon abgesehen hat es entgegen der Auffassung der Klägerin einen solchen Wandel der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der Frage, ob die Erreichbarkeit eines Wohngrundstücks mit einem Kraftfahrzeug zur ordnungsgemäßen Nutzung eines Grundstücks gehört, auch nicht gegeben. Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Entscheidung vom 12. Dezember 2008 (V ZR 106/07; NJW-RR 2009, 515 ff Rn. 24) gerade nicht unter Aufgabe oder Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung einen solchen Rechtssatz aufgestellt. Er hat lediglich darauf hingewiesen, dass – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – seiner Entscheidung vom 9. November 1979 (BGHZ 75, 315) ein anderer Sachverhalt zugrunde lag. Dort grenzte das Grundstück nämlich an eine öffentliche Straße; es konnte mit Kraftfahrzeugen angefahren werden, die wegen der baulichen Gegebenheiten mangels Zufahrtmöglichkeit lediglich nicht auf dem Grundstück abgestellt werden konnten. Im Unterschied dazu diene die Möglichkeit, ein Wohngrundstück mit dem Kraftfahrzeug anfahren zu können, der Erfüllung eines Grundbedürfnisses seiner Bewohner. Dies war aber schon vor dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs der Fall. Der Umstand, dass dies zum Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts … im Jahr 1998 noch nicht in dieser Form konkret höchstrichterlich entschieden gewesen sein mag, schränkt die Rechtskraftwirkungen des Urteils des Amtsgerichts solange nicht ein, wie nicht neue Tatsachen für die Entscheidung über den Anspruch aus § 917 Abs. 1 BGB bedeutsam sind, auf die es zum Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts noch nicht ankam. Dies ist aber gerade nicht der Fall. Ob das Urteil des Amtsgerichts auf der Grundlage des zur Entscheidung stehenden Sachverhaltes zutreffend ergangen ist, ist für den Umfang seiner Rechtskraftwirkung, die nach § 325 Abs. 1 ZPO auch gegenüber der Klägerin besteht, ohne Bedeutung.
Wenn die Klägerin – insoweit abweichend von dem Antrag in dem vor dem Amtsgericht von ihrer Rechtsvorgängerin geführten Rechtsstreit – nunmehr die Duldung einer Zufahrt mit einer Breite von 3 m verlangt, führt dies nicht dazu, dass dem vorliegenden Verfahren ein anderer Streitgegenstand zugrunde liegt und damit allein eine präjudizielle Wirkung der vorangegangenen Entscheidung in Betracht käme.
Das Amtsgericht … hatte dem Antrag auf Duldung eines Notwegs in Form eines Zugangs und einer Zufahrt in einer Breite von 2 m teilweise stattgegeben, die Beklagte zur Duldung eines Zugangs in einer Breite von 1,5 m verurteilt und die weitergehende Klage hinsichtlich einer Zufahrt mit einer Breite von 2 m abgewiesen. Damit steht zunächst rechtskräftig auch zu Gunsten der jetzigen Klägerin fest, dass die Beklagte den Notweg, wie er sich aus dem Tenor des Urteils des Amtsgerichts … ergibt, zu dulden hat. Das Urteil ist aber auch der Rechtskraft hinsichtlich des die Klage im Übrigen abweisenden Teils der Rechtskraft fähig. Das klageabweisende Urteil nach einer Leistungs- oder positiven Feststellungsklage stellt fest, dass die streitige Rechtsfolge unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt aus diesem Lebenssachverhalt hergeleitet werden kann, selbst wenn das Gericht nicht alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen geprüft hat. Unterscheidet sich jedoch der Streitgegenstand des neuen Rechtsstreits von dem des Vorprozesses, weil ein seinem Wesen nach anderer Sachverhalt vorgetragen wird, so steht die Rechtskraft des früheren Urteils der neuen Klage nicht entgegen, selbst wenn das Klageziel äußerlich unverändert geblieben ist und die Tatsachen, die der neuen Klage zugrunde gelegt sind, schon im Vorprozess hätten geltend gemacht werden können (BGH NJW 1990, 1795, 1796; NJW 2000, 3492 Rn. 19, 3494; Musielak ZPO, § 322 Rn. 48).
Das Amtsgericht hat den Anspruch auf Duldung einer Zufahrt abgewiesen. Damit steht zum einen rechtskräftig fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Duldung einer Zufahrt hat, zum anderen aber auch, dass ein Notweg über die Breite von 1,50 m hinaus nicht verlangt werden kann. Dieser Rechtskraftwirkung kann die Klägerin nicht dadurch entgehen, dass sie an Stelle der früher verlangten 2 m nunmehr eine Notwegbreite von 3 m verlangt.
Wollte man dies anders sehen, wäre der Teil der Klage, der über die Duldung eines Weges von mehr als 2 m hinausgeht, zwar zulässig, dann aber jedenfalls unbegründet, weil über den Anspruch auf Duldung einer Zufahrt rechtskräftig entschieden und ein Zugang von einer Breite von mehr als 1,5 m nicht erforderlich ist.
Aus diesen Gründen steht auch der Zulässigkeit des Hilfsantrags auf Duldung eines Notwegs in einer Breite von 1,5 m entgegen, dass über diesen Anspruch bereits rechtskräftig entschieden ist.
Soweit die Klägerin schließlich die Verurteilung der Beklagten zur Ergreifung der erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung des Herabrollens von Steinen vom nördlichen Hang des Grundstücks der Beklagten auf den Weg verlangt, ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet, ohne dass es insoweit auf das Ergebnis der Beweisaufnahme ankäme.
Zwar genießt das Notwegerecht als Eigentumsinhalt Rechtsschutz durch § 1004 Abs. 1 BGB (Palandt/Herrler BGB, § 917 Rn. 14; der Ableitung eines solchen Anspruches aus einer entsprechenden Anwendung von § 1027 BGB bedarf es insoweit nicht), allerdings besteht ein hierauf gestützter Beseitigungsanspruch vorliegend nicht. Die Klägerin macht nicht geltend, dass die Beklagte durch Maßnahmen auf ihrem Grundstück die Gefahr erhöht hat, dass Steine aus dem Hang herausbrechen und auf den Notweg rollen können und damit entweder die Nutzung des Notwegs beeinträchtigen oder die Nutzer des Weges gefährden können. Ein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB setzt aber voraus, dass der Eigentümer eines Grundstücks als Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB für die Beeinträchtigung eines anderen Grundstücks verantwortlich ist (BGHZ 114, 183, 187). Die durch Naturereignisse ausgelösten Störungen sind dem Eigentümer eines Grundstücks nur dann zuzurechnen, wenn er sie durch eigene Handlungen ermöglicht hat oder wenn die Beeinträchtigung erst durch ein pflichtwidriges Verhalten herbeigeführt worden ist (BGHZ 90, 255, 266; BGH NZM 2014, 366 f. Rn.10; NJW 1985, 1773). Der Bundesgerichtshof hatte in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2013 (V ZB 15/13) zudem entschieden, dass den Grundstückseigentümer, der auf seinem Grundstück eine Rohranlage, die der Eigentümer des tiefer liegenden Nachbargrundstücks zum Schutz seines Grundstücks (kontrolliertes Ableiten von Oberflächenwasser) unterhält, keinerlei Verkehrssicherungspflichten treffen. Für den von der Klägerin unterhaltenen Notweg auf dem Grundstück der Beklagten kann nichts anderes gelten, so dass die Beklagte unabhängig davon, ob aufgrund des Zustands des Hanges das Herabrollen von Steinen auf den Notweg droht, insoweit nicht Störerin im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB ist.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) bestehen nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
Soweit die Klägerin mit Haupt- und Hilfsantrag die Duldung eines (erweiterten) Notwegs verlangt, ist für die Bemessung ihres für die Festsetzung des Streitwerts maßgeblichen Interesses die Wertsteigerung ihres Grundstücks maßgeblich, das der Senat entsprechend § 6 ZPO, § 48 Abs. 1 S. 1 GKG auf 15.000 €. Für den Störungsbeseitigungsanspruch, der Gegenstand des Antrags zu 2 ist, ist aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin nicht auf den möglichen Aufwand für erforderliche Sicherungsmaßnahmen abzustellen, sondern auf das Interesse an der uneingeschränkten Nutzung des Weges. Diesen Wert schätzt der Senat nach § 3 ZPO, § 48 Abs. 1 S. 1 GKG auf 3.000 €, so dass der Streitwert insgesamt auf 18.000 € festzusetzen war.