LG Rostock – Az.: 10 O 53/05 – Urteil vom 31.08.2005
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.201,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 24.390,68 EUR ab dem 14.02.2003, aus weiteren 1.300,00 EUR seit dem 03.10.2003 und aus weiteren 511,30 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein Versicherungsunternehmen. Sie macht gegenüber dem Beklagten geleistete Krankentagegeldzahlungen in Höhe von 24.390,68 EUR im Wege der Rückzahlung geltend. Dabei handelt es sich um das von ihr in der Zeit vom 01.12.2001 bis 24.07.2002 ausgezahlte Krankentagegeld, reduziert um die vom Beklagten geleisteten Versicherungsbeiträge.
Der Beklagte unterhielt bei der Klägerin eine Krankheitskostenversicherung, die zunächst einen Selbstbehalt von 2.500,00 DM vorsah, der zum 01.01.2002 auf 1.300,00 EUR umgestellt wurde.
Hierneben unterhielt er eine Krankentagegeldversicherung aus der ihm im Versicherungsfall ein Krankentagegeld von 200,00 DM/102,26 EUR nach Tarif TV 42/200 täglich bei einer Karenzzeit von 42 Tagen zustand.
Der Beklagte war seit dem 09.08.2001 in Folge zweier Bandscheibenvorfälle wegen Krankheit arbeitsunfähig. Die Klägerin erbrachte daher insgesamt für die Zeit bis zum 24.07.2002 Krankentagegeldleistungen i.H.v. 31.496,08 EUR, wobei die 42 Karenztage Berücksichtigung fanden.
Mit Schreiben vom 09.08.2002 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass ihm aufgrund eines Rentenbescheides der N. Versicherungs AG vom 06.09.2002 ab August 2002 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zustehe. Die W.-Versicherungen ihrerseits teilten der Klägerin schriftlich unter dem 06.09.2002 mit, dass von ihnen dem Beklagten ab dem 01.09.2001 eine Berufsunfähigkeitsrente gewährt werde.
Mit Schreiben vom 17.10.2002 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass der Krankentagegeldtarif seit dem 01.09.2001 wegen der Leistung einer Berufsunfähigkeitsrente beendet ist. Gleichzeitig forderte sie ihn auf, die Leistungen zwischen dem 01.12.2001 und 24.07.2002 i.H.v. 24.390,68 EUR zurückzuzahlen. Diesen Betrag mahnte die Klägerin unter dem 16.01.2003 unter Fristsetzung zum 13.02.2003 an. Der Beklagte leistete jedoch nicht.
Im Jahre 2003 verletzte sich der Beklagte im Weiteren am Handgelenk und musste sich im Krankenhaus Grevesmühlen behandeln lassen. Dieses rechnete die erbrachten Leistungen unter dem 18.08.2003 mit 1.836,67 EUR ab. Die Klägerin beglich diese Rechnung vollständig gegenüber dem Krankenhaus. Mit Schreiben vom 16.09.2003 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von 1.300,00 EUR auf, die dieser nicht leistete.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass dem Beklagten gem. § 15 b) der Musterbedingungen für Krankentagegeld (MB/KT) die ausgezahlten Krankentagegelder nicht zustehen, da er seit dem 01.08.2001 eine Berufsunfähigkeitsrente bezieht. Gem. § 15 b) MB/KT 1994 ende das Versicherungsverhältnis betreffend das Krankentagegeld mit dem Eintritt der Berufsunfähigkeit. Nach Ziffer 30 der Allgemeinen Vertragsbedingungen der Klägerin ende das Versicherungsverhältnis darüber hinaus ohne Anspruch auf Nachleistungen nach § 15 b) MB/KT 94 mit dem Bezug von einer Berufsunfähigkeitsrente. Dabei würden sich die Bedingungen der Klägerin aus den Bestimmungen der MB/KT und den in den Vertragsbedingungen als Kästchen hervorgehobenen weiteren Bedingungen der Klägerin zusammensetzen. Grund der nach Ziffer 30 ihrer Bedingungen getroffenen Bestimmung sei der Charakter des Krankentagegeldes als Verdienstausfallersatz bei Erkrankung bis zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit.
Weiterhin begehrt sie vom Beklagten weitere 1.300,00 EUR. Sie habe Behandlungskosten für den Beklagten ausgeglichen, ohne dessen vertraglich vereinbarten Selbstbehalt von 1.300,00 EUR berücksichtigt zu haben.
Schließlich habe die Klägerin dem Beklagten einen Betrag von 511,30 EUR für physiotherapeutische Leistungen doppelt am 28.05.2002 und 04.07.2002 erstattet, da der Beklagte diesen Betrag unter Einreichung der Originalrechnung und weiterhin Einreichung einer Rechnungskopie doppelt geltend gemacht habe. Mit Schreiben vom 18.12.2002 habe die Klägerin den Beklagten auf die Doppelzahlung hingewiesen und den überzahlten Betrag – erfolglos – zurückverlangt.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 26.201,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 24.390,68 EUR ab dem 14.02.2003, aus weiteren 1.300,00 EUR seit dem 03.10.2003 und aus weiteren 511,30 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Klägerin die geltend gemachten Rückforderungsansprüche aus der Krankentagegeldversicherung nicht zustehen. Das Versicherungsverhältnis sei nicht gem. § 15 b) MB/KT in dem Zeitraum, für den der Rückzahlungsanspruch geltend gemacht wird, beendet gewesen.
Eine Berufsunfähigkeit liege nur vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Berufsunfähigkeit habe für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht vorgelegen, weil die bedingungsmäßige Berufsunfähigkeit einer medizinischen Prognose für einen überschaubaren Zeitraum – in der Regel drei Jahre – erfordere, eine solche Prognose aber nicht erstellt sei. Schon die Klägerin trage nicht vor, dass der Beklagte nach einem medizinischen Befund für die Zeit ab dem 01.12.2001 mindestens 50 % erwerbsunfähig gewesen sei. Die Ärzte, die beim Kläger im November 2001 und Februar 2002 Operationen durchführten, seien zwar von einer Erwerbsunfähigkeit, nicht aber von einer Berufsunfähigkeit ausgegangen.
Die Berufsunfähigkeit des Beklagten wurde erst, was zwischen den Parteien unstreitig ist, gutachterlich im Juli 2002 im Rahmen eines in einem Unterhaltsrechtsstreit in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens dokumentiert. Der Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit sei nach § 15 b) MB/KT jedoch erst der Zeitpunkt der Erhebung des medizinischen Befundes, mit dem die Berufsunfähigkeit festgestellt wird. Daher könne eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit erst ab Mitte Juli 2002 vorgelegen haben. Eine rückwirkende Feststellung der Berufsunfähigkeit sei unzulässig, was sich nach obergerichtlicher Rechtsprechung aus der Verwendung des Wortes „nach“ ergebe. Die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente reiche für die Feststellung der Berufsunfähigkeit dagegen nicht aus, weshalb es auch nicht darauf ankomme, ab wann der Beklagte aus den Berufsunfähigkeitsversicherungen Leistungen erhalten habe.
Soweit die Klägerin im Weiteren einen Selbstbehalt in Höhe von 1.300,00 EUR für Behandlungen im Jahr 2003 verlangt, stehe ihr dieser nicht zu. Der Beklagte sei bereits im Frühjahr 2003 wegen Rückenbeschwerden behandelt worden und habe die hierfür erteilten Rechnungen zur Abrechnung bei der Klägerin eingereicht. Er gehe davon aus, dass die Klägerin bereits von diesen den Selbstbehalt in Abzug gebracht habe.
Eine Doppelzahlung eines Erstattungsbetrages von 511,30 EUR bestreitet der Beklagte mit Nichtwissen.
Wegen beider letzterer Ansprüche beruft sich der Beklagte auf Entreicherung. Er habe diese Beträge für seine Lebensbedürfnisse aufgewendet, insbesondere Kleidung, Lebensmittel, Wohnkosten, Wasser, Strom etc. aufgewendet.
Schließlich erhebt der Beklagte hilfsweise die Einrede der Verjährung.
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Den Rückzahlungsanspruch kann die Klägerin aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Krankentagegeldversicherungsvertrag i.V.m. § 15 Buchst. b) MB/KT erfolgreich geltend machen.
1. Die Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung Stand 1994 sind neben den besonderen Versicherungsbedingungen der Klägerin Bestandteil deren Vertragsbedingungen, die wiederum über den Versicherungsvertrag einbezogen worden sind.
Gem. § 15 MB/KT kommen zwei Möglichkeiten in Betracht, die zu einer Beendigung der Leistungspflicht des Krankentagegeldversicherers führen können.
Das Versicherungsverhältnis kann hinsichtlich der betroffenen versicherten Person gem. § 15 a) MB/KT bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit zum Ende des Monats, in dem die Voraussetzung weggefallen ist, enden. Vorliegend lässt sich aus dieser Klausel eine Leistungsfreiheit der Klägerin nicht herleiten. Die im Versicherungsvertrag genannten Tarifbedingungen sind vorliegend nicht weggefallen. Eine Klausel etwa, wonach die Versicherung beendet sei, wenn Berufsunfähigkeit eintrete, die der BGH im Rahmen der Klauselprüfung nach § 9 AGBG überdies für unwirksam erklärt hatte (vgl. BGH VersR 1992, 479), enthält der Vertrag nicht. Folgerichtig stützt die Klägerin ihren Anspruch auch nicht ausdrücklich auf diese Klausel.
2. Der Anspruch ergibt sich allerdings aus einer vertragsergänzenden Auslegung des § 15 b) MB/KT.
a) Gem. § 15 b) MB/KT endet das Versicherungsverhältnis hinsichtlich der betroffenen versicherten Person mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50% erwerbsunfähig ist.
b) Anders als § 15 a) MB/KT, der den Wegfall einer tariflichen Bedingung für die Beendigung des Versicherungsverhältnisses genügen lässt, setzt § 15 b) MB/KT die Feststellung der Berufsunfähigkeit durch medizinischen Befund voraus. Dabei ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, welche Anforderungen an die Qualifikation des medizinischen Befundes zu stellen sind. Dies aber braucht die Kammer vorliegend nicht zu vertiefen, da im Juli 2002 die Berufsunfähigkeit des Beklagten gutachterlich festgestellt worden ist. Dabei ist es unschädlich, dass das Gutachten nicht unmittelbar von der Klägerin oder aber den Vertragspartnern der Berufsunfähigkeitsversicherung eingeholt worden ist. Vielmehr genügt hier ein anderweitig erstelltes medizinisches Gutachten (so Wilms in Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 3. Aufl., § 15 MB/KT Rn. 24). Ebenso braucht sich die Kammer nicht damit auseinandersetzen, ob und in welchem Umfang dieser Befund durch den Versicherer zum Verfahrensgegenstand zu machen ist. Vorliegend steht die Befundlage zwischen den Parteien unstreitig.
c) Die Rechtsprechung geht entgegen des Wortlautes des § 15 b) MB/KT zwar davon aus, dass die medizinische Feststellung der Berufsunfähigkeit nicht zur Beendigung des Versicherungsverhältnisses führe, den Versicherer aber von seiner Leistungspflicht befreit (vgl. BGH VersR 1992, 479; OLG Düsseldorf VersR 1999, 354; OLG Düsseldorf VersR 1999, 356; OLG Oldenburg VersR 2000, 752). Das damit verbundene Argument, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass späterhin der Versicherte seine Erwerbsfähigkeit zurück erlangen könnte, dann aber eine neue wesentlich teuere Krankentagegeldversicherung abschließen müsse, ist überzeugend, stellt doch auch § 15 b) MB/KT auf einen absehbaren Zeitraum ab. Die Kammer schließt sich insoweit dieser Rechtsprechung an.
d) Das OLG O. nun hat in seiner vorzitierten Entscheidung darüber hinausgehend angenommen, dass aus der vorgenannten Rechtsansicht hergeleitet werden könne, dass eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach die Leistungspflicht aus § 15 b) MB/KT bereits mit Bezug einer Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente ende, wenn dem Versicherten ein Anwartschaftsrecht verbleibe, nicht gegen § 9 AGBG verstoße. Ob aber Nr. 30 Abs. 2 der Vertragsbedingungen der Klägerin dem genügt, kann dahinstehen, da zumindest an dieser Stelle einer Vertragsbedingung, die zum einen die MB/KT und zum anderen weitere Bedingungen aufführt, nicht mehr mit abweichenden Regelungen zu § 15 b) MB/KT rechnen muss, die die Grundlagen der Norm in beachtlichem Maße außer Kraft setzen würden.
Dies braucht die Kammer aber nicht weiter zu vertiefen, da aus ihrer Sicht jedenfalls eine ergänzende Vertragsauslegung zu einem vergleichbaren Ergebnis führt.
e) Zunächst ist also für den Eintritt der Leistungsfreiheit der Klägerin von der Feststellung der Berufsunfähigkeit des Beklagten durch medizinischen Befund auszugehen. Ein solcher liegt hier vor.
Nun ist es aber in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob die Verwendung des Wortes „nach“ in § 15 b) MB/KT eine zeitliche Zäsur zu bewirken hat, wonach die Leistungsfreiheit erst dann und ab dem Zeitpunkt eintreten kann, an dem der Befund vorliegt (so etwa OLG Hamm VersR 1992, 346; a.A. jedoch mit weiteren Nachweisen für beide Ansichten Wilms in Bach/Moser, § 15 MB/KT Rn. 25). Schon das für die zeitliche Zäsur ins Feld geführte Argument, eine Prognose der Erwerbsfähigkeit bzw. -unfähigkeit könne rückwirkend medizinisch nicht vorgenommen werden, überzeugt dabei nicht. Wird nämlich nach einer gewissen Zeit der bereits attestierten Arbeitsunfähigkeit durch medizinisches Gutachten festgestellt, dass sich dieser seit Längerem vorliegende Zustand auf absehbare Zeit nicht ändern wird, spricht nichts dagegen, auch den vorangegangenen Zeitraum in die Feststellung der Berufsunfähigkeit einzubeziehen. Hierdurch erhält die Prognoseerhebung vielmehr eine weitere zeitliche Stütze.
f) Selbst aber wenn man dieser Ansicht nicht folgen wollte, gebietet die ergänzende Auslegung des Versicherungsvertrages jedenfalls eine Leistungsfreiheit dann anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer (auch) rückwirkend eine Berufsunfähigkeitsrente ausgezahlt erhält.
Die Krankentagegeldversicherung ist ihrem Wesen nach eine Verdienstausfallversicherung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 MB/KT; § 178b Abs. 3 VVG). Sie dient dazu, die krankheitsbedingten Einkommenseinbußen, die mit der verminderten oder gänzlich entfallenden Erwerbsfähigkeit zwischen der Erkrankung und der vollständigen Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit verbunden sind, auszugleichen. Sie hat also Lohnersatzfunktion für den Fall der Arbeitsunfähigkeit (BGH VersR 1980, 1163; BGH VersR 1989, 943; BGH VersR 1992, 477; BGH VersR 1992, 479; OLG Köln VersR 1974, 851; Wilms in Bach/Moser, § 15 MB/KT Rn. 19). Tritt jedoch an die Stelle des aufgrund der Arbeitsunfähigkeit mit Einbußen verbundenen Arbeitseinkommens eine andere Einkommensart, etwa eine Berufsunfähigkeitsrente, endet die Lohnersatzfunktion der Krankentagegeldversicherung und damit auch die Leistungspflicht des Versicherers (BGH VersR 1989, 943). Dies gilt umso mehr, als sich Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit ausschließen (BGH VersR 1992, 479).
Aus diesen Erwägungen heraus hat der BGH in Fällen, in denen zwar die Leistungspflicht nach § 15 a) MB/KT nicht weggefallen ist, weil es nicht zum Wegfall einer Tarifvoraussetzung gekommen ist, gleichwohl bereits eine Rente (auch rückwirkend) wegen Berufsunfähigkeit gezahlt wurde, eine planwidrige Regelungslücke angenommen, die eine ergänzende Vertragsauslegung gebietet (vgl. BGH VersR 1992, 477; BGH VersR 1992, 479). Davon ausgehend, dass der Versicherungsnehmer durch das Zusammentreffen von Krankentagegeld und Berufsunfähigkeitsrente nicht besser gestellt werden soll, als er bei Ausübung seiner Erwerbstätigkeit stünde, da der Zweck der Krankentagegeldversicherung eben gerade im Ausgleich von durch die Erwerbsunfähigkeit bedingten Einkommenseinbußen besteht, ist der BGH in den vorzitierten Entscheidungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Versicherungsvertrag dahin ergänzend auszulegen sei, dass auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 15 a) MB/KT nicht gegeben sind, eine Leistungspflicht des Krankentagegeldversicherers ab dem Tage entfalle, ab dem der Versicherungsnehmer eine Berufsunfähigkeitsrente erhalte, selbst wenn dies rückwirkend erfolgt (im Ergebnis, wenn auch mit anderen Gründen, so schon BGH VersR 1980, 1163; BGH VersR 1989, 943).
Wenn allerdings der BGH eine solche ergänzende Vertragsauslegung schon im Fall des § 15 a) MB/KT für geboten erachtet, ist dieses aus Sicht der Kammer erst recht auf § 15 b) MB/KT zu übertragen, der nicht nur auf den bloßen Wegfall einer Tarifvoraussetzung sondern auf die medizinische Feststellung der Berufsunfähigkeit abstellt. Erhält also der Versicherungsnehmer aufgrund dieser medizinischen Feststellung eine Berufsunfähigkeitsrente und wird ihm diese rückwirkend gewährt, kann er nicht anders zu behandeln sein, als dies den vom BGH geschöpften Grundsätzen entspricht. Er ist somit zur Rückzahlung der für den Zeitraum, für welchen er die Berufsunfähigkeitsrente rückwirkend erhält, geleisteten Krankentagegelder verpflichtet. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem vorbeschriebenen Vorteilsverbot.
3. Unter Zugrundelegung der unter 2. entwickelten Grundsätze ergibt sich vorliegend ein Rückzahlungsanspruch für Leistungen, die der Beklagte von der Klägerin ab dem 01.09.2001 erhalten hat. Tatsächlich macht die Klägerin jedoch erst Leistungen geltend, die sie im Zeitraum vom 01.12.2001 bis Juli 2002 erbracht hat. Dabei hat sie bereits die geleisteten Beitragszahlungen des Beklagten bei der Berechnung ihres Anspruches in Abzug gebracht, so dass der insoweit erhobene Einwand des Beklagten fehlgeht.
Dem so berechneten Anspruch steht auch die nach § 15 b) MB/KT grundsätzlich bestehende 3-monatige Nachhaftungspflicht – berechnet ab dem Zeitpunkt der medizinischen Feststellung der Berufsunfähigkeit – nicht entgegen. Sinn und Zweck dieser Nachhaftungsregelung sind darin begründet, dass § 15 b) MB/KT für den Wegfall der Leistungspflicht des Krankentagegeldversicherers allein auf die Feststellung der Berufsunfähigkeit abstellt. Dabei ist zu beachten, dass sich zum Zeitpunkt der medizinischen Feststellung nicht unmittelbar die Leistungen des Berufsunfähigkeitsversicherers anschließen, da diesem in aller Regel eine angemessene Prüfungs- und Bearbeitungsfrist betreffend seine Leistungspflicht zuzubilligen sein wird.
Diese Funktion der Nachhaftung entfällt jedoch im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung, wenn der Versicherungsnehmer tatsächlich Rentenbezüge erhält. Anderenfalls würde der Zweck dieser ergänzenden Vertragsauslegung, die Besserstellung gegenüber der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, gerade ins Leere laufen.
Schon aus diesen Gründen kann es dahin stehen, ob die in den Besonderen Versicherungsbedingungen der Klägerin in § 30 Abs. 2 getroffene Regelung zum gleichen Ergebnis führt oder die Klausel auch insoweit mit dem Überraschungsverbot allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht vereinbar wäre.
4. In seiner Entscheidung vom 26.02.1992 (VersR 1992, 479) hat der BGH weiter ausgeführt, dass es sich bei dem Rückforderungsanspruch des Krankengeldtageversicherers, der aufgrund einer Rentenleistung von seiner Leistung befreit ist, nicht um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch, sondern um einen unmittelbaren vertraglichen Rückforderungsanspruch handelt. Der Einwand der Entreicherung kann dem Rückzahlungsanspruch daher nicht entgegengehalten werden.
5. Auch die Einrede der Verjährung kann der Beklagte nicht mit Erfolg erheben. Gem. § 12 Abs. 1 VVG beträgt die Verjährungsfrist 2 Jahre. Sie wird mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch des Versicherers fällig wird, in Lauf gesetzt. Für die Bestimmung dieses Zeitpunktes, kommt es bei Rückforderungsansprüchen des Versicherers darauf an, wann dieser von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangte oder hätte erlangen müssen, er also seine Forderung neu bestimmen konnte (BGH NJW-RR 1990, 159; BGH NJW-RR 1994, 410). Kenntnis davon, dass die W.-Versicherungen dem Beklagten eine Berufsunfähigkeitsrente für die Zeit ab dem 01.09.2001 gewähren, hat die Klägerin erst mit deren Schreiben vom 06.09.2002 erlangt. Damit begann die Verjährungsfrist mit dem 01.01.2003 zu laufen und endete frühestens zum 31.12.2004. Vorliegend jedoch hat die Klägerin unter dem 18.08.2003 einen Mahnbescheidsantrag bei Gericht eingereicht, der gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB zur Hemmung der Verjährung führte. Nachdem der Beklagte hiergegen unter dem 03.09.2003 Widerspruch eingelegt hatte, die Parteien sodann aber das Verfahren nicht weiter betrieben, führte dies gem. § 204 Abs. 2 BGB zu einer 6-monatigen Verjährungshemmung. Damit war die Verjährungsfrist zum Zeitpunkt der Zustellung der Anspruchsbegründungsschrift an den Beklagten am 20.01.2005 in jedem Fall nicht abgelaufen.
II.
1. Soweit die Klägerin im Weiteren den Selbstkostenanteil des Beklagten wegen einer Krankenhausbehandlung im Jahr 2003 geltend macht, steht ihr dieser in Höhe von 1.300,00 EUR bereits aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über eine Krankheitskostenversicherung zu. Dieser Vertrag sieht eine Selbstbeteiligung des Versicherungsnehmers in Höhe von 1.300,00 EUR jährlich vor.
Vorliegend macht die Klägerin geltend, für die im Krankenhaus Grevesmühlen erfolgten Behandlungen im Jahr 2003 in vollem Umfang geleistet zu haben. Da jedoch der Beklagte im Jahr 2003 eine Kostenbeteiligung noch nicht geleistet hatte, ergab sich aus dem Vertrag seine Leistungspflicht in Höhe der Selbstbeteiligung.
Der Beklagte hält dem entgegen, dass er sich vor der Behandlung im Krankenhaus G. im Jahr 2003 bereits einer Kernspintomographie unterzogen habe. Er habe diese bei der Klägerin abgerechnet und gehe davon aus, dass die Klägerin bereits dort den Selbstkostenbeitrag abgezogen habe. Bei diesem Vortrag handelt es sich augenscheinlich nicht um Tatsachenvortrag. Die Formulierung „der Beklagte gehe davon aus“ machte deutlich, dass es sich dabei um durch nichts belegte Vermutungen handelt. Augenscheinlich hat sich der Beklagte nicht einmal der Mühe unterzogen, die von ihm behauptete Abrechnung, die die Klägerin im Übrigen bestreitet, auf einen Abzug des Selbstkostenbeitrages hin zu überprüfen. Als reine Schutzbehauptung aber ist dieser Vortrag nicht beachtlich.
2. Soweit der Beklagte hiergegen einwendet, entreichert zu sein, greift dies nicht durch. Er macht geltend, diesen Betrag für seine Lebensführung aufgewandt zu haben. Aufwendungen seien insbesondere auf Miete, Kleidung und Lebensmittel erfolgt. Dies aber sind die Aufwendungen zur notwendigen Lebensführung, die der Beklagte ohnehin hätte machen müssen, so dass er diese anderweitig erspart hat und dem folgend nicht entreichert ist. Überdies hat die Klägerin eine entsprechende Entreicherung bestritten, so dass die konkreten Aufwendungen ohnehin weiter zu substantiieren gewesen wären.
Soweit der Beklagte auch gegen diesen Anspruch die Einrede der Verjährung erhebt, geht diese gänzlich fehl. Auf den bereicherungsrechtlichen Anspruch findet die Regelverjährung des § 195 BGB von 3 Jahren Anwendung, die bei weitem noch nicht abgelaufen ist.
III.
Schließlich begehrt die Klägerin zu Recht weitere 511,30 EUR. Dieser Anspruch rechtfertigt sich ebenfalls aus § 812 BGB, da die Klägerin insoweit auf die Abrechnung des Beklagten für eine abgerechnete Leistung aus der Krankheitskostenversicherung doppelt geleistet hat. Da die Klägerin selbstverständlich nur einmal zum Ausgleich nur einmal entstandener Krankheitskosten verpflichtet ist, führt die erneute Auskehr des gleichen Betrages an den Beklagten zu einer ungerechtfertigten Bereicherung, deren Rückzahlung die Klägerin verlangen kann.
Soweit der Beklagte die Doppelzahlung mit Nichtwissen bestreitet, ist dies vorliegend unzulässig. Der Beklagte kann durch einfache Kontrolle seiner Kontoauszüge und der möglicherweise übersandten Abrechnungen der Klägerin feststellen, ob er eine doppelte Leistung erhalten hat oder nicht. Damit liegt die Verschaffung konkreter Kenntnisse, die einem ordnungsgemäßen Sachvortrag zugrunde zu legen sind, in seiner eigenen Sphäre. Da aber der Beklagte mit einem Bestreiten mit Nichtwissen ausgeschlossen war, gilt der Vortrag der Klägerin damit als zugestanden.
Die auch hiergegen erhobene Einrede der Entreicherung greift aus den unter II. 2. genannten Gründen nicht.
Gleiches gilt für die Verjährungseinrede. Die zur Bereicherung führende wiederholte Auskehr des Abrechnungsbetrages erfolgte unter dem 04.07.2002. Unter Hinzusetzung der 3-jährigen Regelverjährungsfrist war die Verjährung bei Zustellung der Anspruchsbegründungsschrift am 20.01.2005 noch nicht abgelaufen.
IV.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 BGB.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus 709 ZPO.