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Pauschalreisevertrag mit Rail & Fly Ticket – verpasster Hinflug aufgrund Zugverspätung

AG München – Az.: 114 C 23274/18 – Urteil vom 28.05.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.074,45 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Kläger machen Ansprüche aus Reisevertrag geltend.

Am 20.05 2018 buchte der Kläger zu 1) für sich und seinen Sohn den Kläger zu 2) über das Reisebüro … bei der Beklagten eine Pauschalreise von Düsseldorf nach Dubai vom 06.07 2018 bis zum 13.7 2018 zum Gesamtreisepreis von 1768€. In dem Paket der Pauschalreise war ein „Rail and Fly“ Ticket der Deutschen Bahn AG für eine Bahnfahrt jeweils am Hin- und Rückflugtag zum/ vom Flughafen Düsseldorf enthalten.

Der Abflug vom Düsseldorfer Flughafen sollte am 06.07.2018 um 21:15 Uhr erfolgen. Die Ankunft in Dubai wäre am nächsten Tag um 5:40 Uhr vorgesehen gewesen.

In den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten heißt es unter Ziffer 10 Abs. 5:

„Im Rahmen von Flugreisen haben sich Reisende mindestens zwei Stunden vor dem planmäßigen Abflug am Flughafen einzufinden. Soweit die Anreise des Reisenden zum Flughafen per Zug erfolgt (z.b. Rail and Fly), ist dieser gehalten möglicherweise auftretende Verzögerungen bei der Zugbeförderung angemessen bei der Auswahl der Zugverbindung zu berücksichtigen”

Die Kläger verpassten jedoch den Flug.

Das Reisebüro der Kläger organisierte den Klägern einen Flug nach Dubai am 8.07. 2018 um 0:05 Uhr und erhob hierfür Ersatzflugkosten in Höhe von 841,44 €.

Die Kläger übernachteten am 6.07.2018 in einem Hotel am Flughafen Düsseldorf und mussten hierfür 139 € aufwenden.

Die Kläger wandten sich an die Beklagte und forderten Schadensersatz für den entgangenen Urlaubstag. Mit E-Mail vom 30.10 2018 lehnte die Beklagte eine Zahlung von Ersatzansprüchen ab.

Daraufhin mandatierten die Kläger den Prozessbevollmächtigten, welcher mit Schreiben vom 16.11.2018 Ersatzansprüche wegen der Hotelkosten und Schadensersatzansprüche wegen des entgangenen Urlaubstages geltend machte. Mit Schreiben vom 20.11.2018 machte der Prozessbevollmächtigte auch die weiteren Kosten für den Ersatzflug bei der Beklagten geltend, sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 406,50 €.

Die Kläger behaupten, dass sie sich am 06.07.2018 planmäßig zur Abfahrt des Zuges ICE …, welchen sie zur Anfahrt mittels Rail & Fly-Ticket ausgewählt hatten, um 16:31 Uhr am Hauptbahnhof in Hannover befunden hätten. Die Ankunft des Zuges am Düsseldorfer Flughafen sei für 18:58 Uhr geplant gewesen. Der Zug hätte sich jedoch verspätet und sei erst um 20:40 Uhr am Flughafen Düsseldorf eingetroffen. Zu dieser Zeit seien bereits die Schalter geschlossen gewesen und die Kläger hätten den Flug verpasst.

Die Kläger sind der Auffassung, dass die Beklagte die Zugfahrt als eigene Leistung angeboten habe, da es in ihren Kunden Hinweisen heiße:

„… bietet in Kooperation mit der Deutschen Bahn AG und dem Verband deutscher Verkehrsunternehmen VDV einen umfassenden Anreiseservice zum/vom Flughafen an.”

Pauschalreisevertrag mit Rail & Fly Ticket - verpasster Hinflug aufgrund Zugverspätung
(Symbolfoto: Von alexfan32/Shutterstock.com)

Die Kläger beantragen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger den Betrag in Höhe von 2074,45 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2018 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 406,50 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Die Beklagte behauptet, dass bei einer Fahrtstrecke pro 100 gefahrenen Kilometer 45 Minuten Zeitpuffer eingeplant werden müssen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass auch keine rechtzeitige Mängelanzeige erfolgte, da die Kläger sich nur nach deren Aussage ans Reisebüro gewannt hätten. Die Beklagte habe nach eigener Auffassung, die Zugfahrt nicht als eigene Leistung angeboten. Daher habe der Reisende mit der Auswahl der Zugverbindung selbst sicherzustellen, dass er sich entsprechend der AGB rechtzeitig am Flughafen befindet.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien, sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.04.2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I. Das Amtsgericht München ist gemäß §§ 17 ZPO, 23 Nr. 1 GVG örtlich und sachlich zur Entscheidung zuständig.

II. Den Klägern steht kein Anspruch auf Erstattung der Kosten des Ersatzfluges, sowie der Übernachtungskosten und auch keine Minderung zu.

1. Unterstellt man könne durch die Anpreisung des Rail & Fly Tickets durch die Beklagte und den Umstand, dass bei der Buchungsbestätigung Anlage K 1 keine gesonderte Ausweisung des Rail & Fly- Tickets hinsichtlich Kosten und Leistungsumfangs vorgenommen wurde nach objektiven Empfängerhorizont von einer eigenen Leistung der Beklagten im Rahmen des mit ihr geschlossenen Reisevertrags ausgehen, so fehlt es jedenfalls an einem Abhilfeverlangen der Kläger.

3. Sieht man in der Zuganreise zum Flughafen eine Eigenleistung der Beklagten, so ist das Verpassen des Fluges ebenfalls als Mangel der Reiseleistung der Beklagten zuzurechnen, da es sich dann um eine geschuldete einheitliche Anreiseleistung handelt. Somit liegt in der Verspätung des ausgewählten Zuges, welcher regulär wie von den AGB der Beklagten verlangt 2 Stunden vor dem Abflugzeitpunkt eintreffen sollte (siehe auch Anlage K 3), und der darauf beruhenden Unmöglichkeit der Wahrnehmung des geschuldeten Fluges ein erheblicher Mangel i.S.v. § 651 c Abs. 1 BGB a.F. vor.

2. Jedoch liegt kein zur Geltendmachung von Mängelansprüchen erforderliches Abhilfeverlangen der Kläger gegenüber der Beklagten vor.

Nach § 651 c Abs. 2 BGB a.F. ist der Mangel zunächst jedoch gegenüber dem Reiseveranstalter anzuzeigen und ihm eine Frist zur Abhilfe einzuräumen. Darauf wies auch Ziffer 12 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten hin, indem dort als Kontaktperson für die Mängelanzeige, die in den Reiseunterlagen benannte Kontaktperson als zuständiger Empfänger benannt wird.

Nach Vortrag der Kläger wandten sie sich unmittelbar nach Verpassen des Fluges an ihr Reisebüro und buchten über dieses einen Ersatzflug. Eine Meldung der Zugverspätung gegenüber der Beklagten während der Anreise bzw. bei Ankunft am Flughafen wurde von den Klägern nicht vorgetragen. Die von den Klägern vorgelegte Reisebestätigung weist lediglich den Reisevermittler als Aussteller der Reisebestätigung aus und spricht nicht von einer Kontaktperson in Fragen von Mängelanzeigen. Dies zeigt auch der Umstand, dass die Reisebestätigung von einem Mitarbeiter des Reisebüros unterschrieben wurde und nicht von einem Mitarbeiter der Beklagten.

Eine Frist war auch nicht nach § 651c Abs. 3 S. 2 BGB a.F. entbehrlich, da ebenso der Reiseveranstalter einen Ersatzflug zur Verfügung stellen hätte können. Eine Verweigerung der Abhilfe lag zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht vor. Somit konnten die Kläger auch nicht im Rahmen der Ersatzvornahme auf Kosten der Beklagten gemäß § 651 Abs. 3 S. 1 BGB a.F über ihr Reisebüro einen Ersatzflug buchen.

Aufgrund des Fehlens eines ordnungsgemäßen Abhilfeverlangens konnte auch keine Minderung geltend gemacht werden gemäß § 651 d Abs. 2 BGB.

3. Daher kam es auf ein etwaiges Mitverschulden der Kläger bei der Auswahl der Zugverbindung nicht an.

4. Mangels Hauptanspruch ist den Klägern auch kein Verzugsschaden und damit eine Befreiung von der Erstattung der Rechtsanwaltskosten zuzusprechen.

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

IV. Die Streitwertfestsetzung folgt dem Leistungsantrag.

 

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