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Pauschalreisevertrag: Schadenersatzanspruchs wegen vertaner Urlaubszeit

LG Berlin, Az.: 86 S 14/10, Urteil vom 28.01.2010

1.Die Berufung der Kläger gegen das am 29. Juli 2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köpenick – 6 C 42/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. § 26 Nr. 8 EGZPO) abgesehen.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511 ff. ZPO; sie hat – wie bereits in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt – in der Sache keinen Erfolg, denn die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine von der erstinstanzlichen abweichende Entscheidung, § 513 ZPO.

Dem Kläger stehen keine Schadenersatzansprüche nach § 283 i.V.m. 281 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Denn soweit es um Ansprüche gegen den Reiseveranstalter wegen einer Beeinträchtigung der Reise durch einen Mangel aus dem Gefahrenbereich des Veranstalters geht, schließen §§ 651 c ff. BGB ab Vertragsschluss das allgemeine Leistungsstörungsrecht aus. Wird nämlich bei einer Pauschalreise eine geschuldete Leistung aus Gründen, die nicht allein in der Person des Reisenden liegen, ganz oder teilweise nicht erbracht, so handelt es sich grundsätzlich um einen Reisefehler, für den der Reiseveranstalter nach den §§ 651 c ff. BGB haftet, das allgemeine Leistungsrecht wird durch die spezielleren Reisevorschriften verdrängt (BGH Urteil vom 20.3.1986 zum Aktenzeichen VII ZR 187/85).

Pauschalreisevertrag: Schadenersatzanspruchs wegen vertaner Urlaubszeit
Symbolfoto: Pro Image Content/Bigstock

Die Kläger haben keinen Schadenersatzanspruch in Höhe von 330,83 Euro nach § 651 f Abs. 1 BGB. § 651 f Abs. 1 BGB setzt einen Mangel der Reiseleistung voraus. Die Kläger haben nicht dargelegt und es ist auch nicht ersichtlich, inwieweit der insgesamt fünftägige Aufenthalt in den vertraglich vereinbarten Hotels mangelhaft gewesen sein soll. Soweit die Kläger vortragen, sie hätten die Reise nicht angetreten, wenn sie gewusst hätten, dass der Hotelupgrade nicht vollständig erfüllt wird, ist dies im Rahmen des Schadenersatzanspruches nach § 651 f BGB unerheblich. Allein im Falle der Kündigung des Reisevertrages verliert der Reiseveranstalter seinen Entschädigungsanspruch nach § 638 Abs. 3 BGB auch für bereits erbrachte oder zur Beendigung der Reise noch zu erbringende Reiseleistungen, wenn die Teilleistungen infolge der Aufhebung des Vertrages für den Reisenden kein Interesse haben. Dass den Klägern die Kündigung angeblich unmöglich war, weil es keine Rückflugmöglichkeiten gegeben haben soll, ändert nichts daran, dass sie die Reise nicht abgebrochen haben, der Reisevertrag also weiterhin bestand. Auf ein möglicherweise fehlendes Verschulden kommt es insoweit nicht an.

Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Minderung des Reisepreises nach § 651 d Abs. 1 BGB. Wenn die Hotels “ … Hotel“, “ … Park“, “ … … Resort“, “ … Beach Resort“ und “ … … … „, in welchen die Kläger insgesamt sieben Tage untergebracht waren, mit weniger Sternen klassifiziert wurden als die vertraglich vereinbarten Hotels, stellt dies zwar grundsätzlich einen Mangel im Sinne von §§ 651 c, 651 d BGB dar. Denn zugesichert hatte der Beklagte jeweils ein Hotel mit einem oder mehr zusätzlichen Sternen. Dennoch sieht sich das Gericht nicht in der Lage, festzustellen oder auch nur zu schätzen, ob bzw. inwieweit aufgrund dieses Mangels der Wert dieser Reise gegenüber einer Reise in den vertraglich vereinbarten Hotels gemindert wäre. Denn dafür fehlt es an jedem konkreten Anhaltspunkt. Die Kläger haben dazu lediglich vorgetragen, im Hotel “ … Beach Resort“, in dem sie eine Nacht verbracht haben, seien die Badezimmer veraltet und verdreckt, es sei allerhand Ungeziefer vorhanden, die Tapeten seien rissig und verschmutzt gewesen und das Bett habe sich in einem „unbeschreiblichen Zustand“ befunden. Aus diesem Vortrag ist nicht ersichtlich, worin die Mängel des Bettes bestanden haben sollen, inwieweit Badezimmer und Tapeten verschmutzt gewesen seien, welches Ungeziefer in welchen Mengen vorhanden gewesen sei und wie viele und wie groß die Risse an den Tapeten gewesen sein sollen. Dass die Kläger die Beherbergungsbedingungen darüber hinaus als katastrophal und schrecklich empfunden haben, lässt keine Rückschlüsse auf den Zustand der Unterkünfte zu, da es sich hierbei um eine subjektive Bewertung handelt.

Ferner steht den Klägern auch kein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung nach § 651 f Abs. 2 BGB zu. Ein Schadenersatzanspruch nach § 651 f Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Reise durch den Mangel gänzlich vereitelt oder zumindest erheblich beeinträchtigt ist. Ein Verzicht auf die Erheblichkeitsschwelle, wie er unter Bezugnahme auf das „Leitner-Urteil“ des EuGH teilweise gefordert wird, weil § 651 f Abs. 2 BGB insoweit europarechtswidrig und damit nicht anwendbar sei, ist nicht gerechtfertigt. Art. 5 der Pauschalreise-Richtlinie 90/314/EWG verschafft einem Reisenden nach der Rechtsprechung des EuGH zwar „grundsätzlich“ einen Anspruch auf immaterielle Entschädigung bei einem Reisemangel, was aber nicht ausschließt, dass der nationale Gesetzgeber, der einen solchen Anspruch normiert, auch die Voraussetzungen dazu regelt. Die Erheblichkeitsschwelle des § 651f BGB stellt eine derartige Umschreibung der Anspruchsvoraussetzungen dar (so zutreffend OLG Köln Urteil vom 14.7.2008 zum Aktenzeichen 16 U 82/07 und Führich Reiserecht 5. Auflage Rz. 409). Eine für den Schadenersatzanspruch nach § 661 f Abs. 2 BGB erforderliche erhebliche Beeinträchtigung der Reise kann im Regelfall erst dann angenommen werden, wenn der Gesamtwert der Reise oder einzelne Teile um mehr als 50 % gemindert sind. Diesem Richtwert schließt sich das Gericht an und befindet sich damit im Einklang mit der ganz überwiegenden Rechtsprechung und zunehmend auch der Literatur. Da die Kläger schon – wie oben bereits ausgeführt – nicht konkret vorgetragen haben, woraus sich die Minderung der Leistung ergeben soll, kann eine erhebliche Beeinträchtigung nicht festgestellt werden.

Im übrigen tragen die Kläger selbst vor, der Gesamtwert der Reise sei lediglich um 20 % gemindert. Sie behaupten zwar, ein Abschlag für die mangelhaften Hotelleistungen betrage weit mehr als 20 %, wie viel dies im Einzelnen sein soll, tragen die Kläger jedoch nicht vor.

Schließlich ist es für die Bewertung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, unerheblich, ob der Beklagte die Kläger vorsätzlich in mit weniger Sternen qualifizierten Hotels untergebracht haben, als vereinbart. Dieser Umstand kann lediglich im Rahmen der Bemessung der Höhe des Schadenersatzanspruches für entgangene Urlaubsfreuden berücksichtigt werden.

Die Revision ist nicht zuzulassen, nachdem die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf § 708 Nr. 10 und § 713 ZPO.

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