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Photovoltaikanlage – Kaufpreisminderung wegen Minderkapazität

OLG Koblenz – Az.: 5 U 932/11 – Beschluss vom 03.11.2011

Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 07.07.2011, Az. 1 O 347/09, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Im Einzelnen ist zur Sach- und Rechtslage zu bemerken:

Gründe

I. Der Kläger hatte ein in Thüringen gelegenes Areal von etwa 30 ha gepachtet, auf dem eine große Photovoltaikanlage installiert werden sollte. Die beiden Beklagten, die unter derselben Adresse in Rheinhessen ansässig sind, waren daran interessiert, das Projekt über mehrere Einzelgesellschaften zu realisieren; deren Anteile sollten gewinnbringend vermarktet werden. Vor diesem Hintergrund schlossen sie, vertreten durch ihren gemeinsamen Geschäftsführer, am 1./2.11.2007 einen „Projektrechtekaufvertrag“ mit dem Kläger.

In der Präambel erklärte der Kläger, „alleiniger Inhaber der Rechte für die Netzeinspeisung mit 12,5 MW und der Baugenehmigung sowie Pächter von 30 ha für ca. 13 MW Photovoltaikanlagen“ zu sein. Alsdann überließ er den Beklagten „die Rechte und Pflichten“ aus dem von ihm geschlossenen Pachtvertrag, der erteilten Baugenehmigung und der Anschlusszusage des Netzbetreibers. Als Preis waren 650.000 € (hergeleitet aus 50.000 € je MW potenzielle Kapazität) vereinbart. Außerdem waren 225.000 € zum Ausgleich der Zahlungen, die der Kläger – namentlich in Form von Vorausleistungen – im Hinblick auf den Pachtvertrag erbracht hatte, zu erstatten.

Nach dem Vorbringen des Klägers einigte man sich am 6.03.2008 darauf, das Entgelt kapazitätsbezogen auf 360.000 € (ausgerichtet an 9 MW zu je 40.000 €) zu ermäßigen. Daran knüpft eine unter dem 1.07.2009 an die Beklagte zu 1. adressierte Schlussrechnung an, die gleichzeitig unstreitige Abschlagszahlungen von 90.000 € in Abzug bringt. Der Differenzbetrag von 270.000 € ist nebst Zinsen im hiesigen Rechtsstreit eingeklagt worden.

Photovoltaikanlage - Kaufpreisminderung wegen Minderkapazität
Symbolfoto: Von Kampan/Shutterstock.com

Die Beklagten haben eingewandt, dass sich der Kläger allenfalls an die Beklagte zu 1. halten könne, da die Beklagte zu 2. vereinbarungsgemäß aus dem Vertrag ausgeschieden sei. Außerdem haben sie gerügt, dass nur Stromerzeugungskapazitäten von 8,882 MW hätten geschaffen werden können und zahlreiche bei Vertragsschluss nicht ins Auge gefassten Zusatzkosten entstanden seien. Deshalb sei Einvernehmen hergestellt worden, die Ansprüche des Klägers auf 50 % des bei der Vermarktung der Photovoltaikanlage erzielten Gewinns zu begrenzen und, da schon mehr als das entsprechende Entgelt erbracht worden sei, seien keine weiteren Zahlungen zu leisten. Darüber hinaus sind die Beklagten dem Verlangen des Klägers vorsorglich aufrechnungsweise begegnet, indem sie auf Schadensersatzforderungen verwiesen haben: Die – im Verhältnis zu den Angaben im Kaufvertrag vom 1./2.11.2007 – geringe Kapazität der Photovoltaikanlage habe bei der Vermarktung zu Erlösausfällen von 397.440 € geführt, und die Belastung mit unvorhergesehenen Kosten habe 222.607 € betragen.

Das Landgericht hat die Beklagten, abgesehen von geringfügigen Abstrichen an der Zinsforderung des Klägers, antragsgemäß verurteilt. Aus seiner Sicht ist deren Verteidigung, die Beklagte zu 2. sei aus dem streitigen Kaufvertrag entlassen worden und im Übrigen habe man sich geeinigt, dass der Kläger keine Ansprüche mehr habe, ohne Substanz gewesen. Der Kläger sei auch nicht ersatzpflichtig, da er lediglich Rechte verkauft habe, deren Umsetzung in das unternehmerische Risiko der Beklagten gefallen sei. Zudem sei dem Umstand, dass die Kapazität der gebauten Photovoltaikanlage hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei, durch die vom Kläger konzedierte Kaufpreisreduktion Rechnung getragen.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagten mit der Berufung und erstreben die Abweisung der Klage. Sie halten daran fest, dass es bereits an der grundlegenden Passivlegitimation der Beklagten zu 2. fehle. Des Weiteren verweisen sie erneut auf die finanziellen Auswirkungen, die die – ihrer Meinung nach vom Kläger zu verantwortende – Minderkapazität der Photovoltaikanlage gehabt habe. Dazu hätten neben erheblichen Zusatzaufwendungen Erlösausfälle von 334.500 € gehört.

II. Damit vermögen die Beklagten nicht durchzudringen. Das angefochtene Urteil hat Bestand.

Der zuerkannte Zahlungsanspruch von 270.000 € wird durch den Kaufvertrag vom 1/2.11.2007 getragen. Darin wurden dem Kläger Forderungen von 650.000 € zugebilligt, die nach dessen Darstellung dann am 6.03.2008 auf 360.000 € herabgesetzt worden sind. Die bisher erbrachten Tilgungsleistungen belaufen sich auf 90.000 €.

1. Die vertraglichen Zahlungspflichten treffen nicht nur die Beklagte zu 1., sondern gleichermaßen die Beklagte zu 2.. Der Vertrag vom 1./2.11.2007 wurde ausdrücklich auch in ihrem Namen geschlossen; dabei wurde sie durch ihren Geschäftsführer vertreten. Die Rechtsverteidigung, im Vorfeld des Vertragsschlusses – nämlich entweder im September 2007 (so der erstinstanzliche Vortrag) oder im Oktober 2007 (so das Berufungsvorbringen) – sei vereinbart worden, dass sich ausschließlich die Beklagte zu 1. verpflichte oder dass sich die Beklagte zu 2. nur vorübergehend neben dieser binde, bezieht sich auf – behauptete – Abreden, die jedenfalls von den am 1./2.11.2007 ohne jede Einschränkung getroffenen Regelungen überholt wurden. Eine nachträgliche Entlassung der Beklagten zu 2. aus dem von ihr vorbehaltslos eingegangenen Vertrag ist nicht zu erkennen. Das Landgericht hat zu Recht bemerkt, dass substantielle Darlegungen dazu fehlen. Daran hat sich in zweiter Instanz nichts geändert. Unter welchen Umständen die Beklagte zu 2. von ihren vertraglichen Pflichten entbunden worden sein soll, hätte insbesondere deshalb näher beschrieben werden müssen, weil der Vertrag dafür die Schriftform vorsah und bloße mündliche Absprachen, bei denen es offenbar verblieben sein soll, nicht ohne Weiteres Wirksamkeit beanspruchen konnten.

Die neuerliche Mitteilung der Beklagten, der Kläger habe unter dem 17.03.2008 die Übertragung der Projektrechte auf die Beklagte zu 1. bestätigt, ist unbehelflich. Daraus kann nicht hergeleitet werden, dass die Beklagte zu 2. von ihren Zahlungsverbindlichkeiten befreit worden wäre. Genauso wenig ergiebig ist der Hinweis darauf, dass die Zuständigkeit für die Errichtung und die Vermarktung der Photovoltaikanlage bei der Beklagten zu 1. gelegen habe. Auch dadurch konnte die einmal begründete Haftung der Beklagten zu 2. gegenüber dem Kläger nicht aufgehoben werden. Die weitergehende Erwägung, dieser habe gezeigt, dass er sich ausschließlich an die Beklagte zu 1. halten wolle, indem er sämtliche Rechnungen an sie gestellt habe, trifft bereits im Tatsächlichen nicht zu. So war die Abschlagsrechnung vom 7.08.2008 an die Beklagte zu 2. adressiert.

2. Das Landgericht hat zutreffend eine vertragliche Gewährleistungshaftung des Klägers verneint. Wie die Überschrift des Vertrags vom 1/2.11.2007 dokumentiert, handelte es sich um einen bloßen Rechtskauf. Kaufgegenstand waren gemäß § 1 die Rechte und Pflichten aus dem vom Kläger geschlossenen Pachtvertrag, etwa vorhandene persönliche Dienstbarkeiten sowie die Rechte und Pflichten, die aus der bestehenden Baugenehmigung und aus der Anschlusszusage des Netzbetreibers hervorgingen. Allein in diesem Rahmen wollte der Kläger Gewähr leisten. Das erhellt § 3, wo es unter der Überschrift „Gewährleistung“ heißt:

„Der Verkäufer bestätigt, dass er Inhaber der in § 1 dieses Vertrages aufgeführten Rechtspositionen ist, soweit sie zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrags bereits vorliegen und dass er berechtigt ist, die sich daraus ergebenden Rechte und Genehmigungen zu verwerten.

Der Verkäufer steht dafür ein, dass der Übertragung der Rechte dieses Vertrages und damit der Errichtung und dem dauerhaften kommerziellen Betrieb eines Photovoltaikparks oder den mit dem Gewerk zu erzielenden Erträgen nichts im Wege steht, soweit er dies zu vertreten hat und er insbesondere keine Pflichten aus diesem Vertrag verletzt hat.“

Die in diesem Rahmen abgegebenen Zusagen sind eingehalten worden. Es ist weder behauptet noch sonst ersichtlich, dass die Beklagten die vom Kläger zu übertragenen Rechtspositionen nicht erhalten hätten. Ihre Rüge geht lediglich dahin, dass die Möglichkeiten, auf dem überlassenen Gelände Strom zu erzeugen, geringer als vorhergesehen gewesen seien und sich deshalb bei der Vermarktung von Beteiligungsrechten nicht der erwartete, sondern ein nur um 397.440 € (so der erstinstanzliche Vortrag) bzw. ein um 314.500 € (so die zweitinstanzliche Behauptung) niedrigerer Erlös habe erzielen lassen und dass zahlreiche nicht eingeplante Zusatzaufwendungen erforderlich geworden seien. Das sind indessen Umstände, die außerhalb der vertraglichen Leistungspflichten des Klägers liegen.

3. Allerdings sind sie geeignet, die Geschäftsgrundlage des Vertrages vom 1/2.11.2007 zu erschüttern, weil die Parteien, wie die Präambel deutlich macht, seinerzeit übereinstimmend davon ausgingen, dass sich auf dem Gelände in Spitzenzeiten eine Stromleistung von etwa 13 MW produzieren lasse und dies – nach den freilich vom Kläger bestrittenen Angaben der Beklagten – nicht möglich sein soll. Daraus kann aber nur ein Recht der Beklagten auf eine der – behaupteten – Minderkapazität entsprechende Vertragsanpassung (§ 313 Abs. 1 und 2 BGB) hergeleitet werden. Eine stattdessen bestehende Rücktrittsbefugnis (§ 313 Abs. 3 BGB) ist weder zu ersehen noch wird sie von den Beklagten reklamiert.

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Die Vertragsanpassung haben die Parteien nach dem Vorbringen des Klägers aber bereits am 6.03.2008 vollzogen: Sie lehnten den an einer Maximalleistung von 13 MW orientierten Kaufpreis von 650.000 € (= 13 MW x 50.000 €/MW) nur noch an eine Kapazität von 9 MW an, wie sie gegenwärtig annähernd realisiert worden ist und reduzierten ihn dann am Ende noch mehr, als es der Relation dieser beiden Werte entsprechen würde, auf 360.000 € (= 9 MW x 40.000 €/MW). Eine solche Anpassung trägt den nach dem Vortrag der Beklagten gegebenen Änderungen in der Geschäftsgrundlage angemessen Rechnung.

Sollten sich die Parteien, wie dies die Beklagten einwenden, noch nicht in der vom Kläger mitgeteilten Weise geeinigt haben, würde das den Klageerfolg nicht in Frage stellen: Die Beklagten können keine Vertragsanpassung beanspruchen, die über das vom Kläger konzedierte Maß hinausgeht. Damit sind sie gehindert, das Zahlungsverlangen des Klägers mit dem Argument zu Fall zu bringen, es gründe sich auf Forderungen, die wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu kürzen seien und daher letztlich keinen Bestand hätten (vgl. dazu BGH NJW 2010, 1663).

4. Den Einwand der Beklagten, der von ihnen geschuldete Kaufpreis sei mit Rücksicht auf ihre enttäuschten Gewinnerwartungen vereinbarungsgemäß so weit zu mindern, dass sie keine weiteren Zahlungen zu erbringen hätten, hat das Landgericht zu Recht als nicht nachvollziehbar und unsubstantiiert behandelt. Demgemäß ist der Einwand in der Berufungsinstanz auch nicht erneuert worden.

III. Nach alledem sollten die Beklagten die Rücknahme ihres Rechtsmittels erwägen.

Bis zum 02.12.2011 besteht Gelegenheit zur Stellungnahme.

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