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Rechtsschutz gegen Corona-Verordnung – Verschärfung privater Kontaktbeschränkungen

OVG Lüneburg – Az.: 13 MN 11/21 – Beschluss vom 18.01.2021

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren die vorläufige Außervollzugsetzung der Regelungen einer infektionsschutzrechtlichen Verordnung, die den Kontakt zu nicht hausstandsangehörigen Dritten grundsätzlich auf eine Einzelperson beschränken.

Die Antragsteller leben in einer niedersächsischen Gemeinde in einem gemeinsamen Hausstand. Sie sind Eltern von vier erwachsenen Kindern, die in anderen Hausständen leben.

Am 30. Oktober 2020 erließ das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, handelnd durch die Ministerin, die Niedersächsische Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung) und verkündete diese im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 30. Oktober 2020, S. 368. In der zuletzt durch Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 22. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 576) geänderten Fassung enthielt diese Verordnung unter anderem folgende Regelungen:

§ 2

Kontaktbeschränkungen, Abstandsgebot

(1) 1Jede Person darf sich in der Öffentlichkeit außerhalb der eigenen Wohnung nur mit Personen, die dem eigenen oder einem weiteren Hausstand angehören, insgesamt aber mit nicht mehr als fünf Personen aufhalten, wobei Kinder bis einschließlich 14 Jahren nicht einzurechnen sind und für Angehörige im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) die Hausstandszugehörigkeit nicht maßgeblich ist. 2Satz 1 gilt nicht für Versammlungen im Sinne des § 2 des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes.

(2) 1Jede Person hat in der Öffentlichkeit, in den für einen Besuchs- oder Kundenverkehr geöffneten Einrichtungen und Veranstaltungen jeglicher Art sowie in den übrigen in dieser Verordnung geregelten Fällen soweit möglich einen Abstand von mindestens 1,5 Metern zu jeder anderen Person einzuhalten (Abstandsgebot); die Regelungen dieser Verordnung über Beschränkungen und Verbote von Veranstaltungen, Dienstleistungen und des Betriebs von Einrichtungen bleiben unberührt. 2Kann eine Person das Abstandsgebot in der Öffentlichkeit unter freiem Himmel nach Satz 1 nicht nur vorübergehend nicht einhalten, so hat sie eine Mund-Nasen-Bedeckung nach § 3 zu tragen; im Übrigen bleibt § 3 unberührt.

(3) Die Kontaktbeschränkungen nach Absatz 1 und das Abstandsgebot nach Absatz 2 gelten nicht

2. in Gruppen von Kindern bis zu einem Alter von 14 Jahren,

§ 6

Rechtsschutz gegen Corona-Verordnung - Verschärfung der privaten Kontaktbeschränkungen
(Symbolfoto: Von Andrii Yalanskyi/Shutterstock.com)

Regelungen für private Zusammenkünfte und Feiern

(1) Private Zusammenkünfte und Feiern, die

1. in der eigenen Wohnung oder anderen eigenen geschlossen Räumlichkeiten,

2. auf eigenen oder privat zur Verfügung gestellten Flächen unter freiem Himmel wie zum Beispiel in zur eigenen Wohnung gehörenden Gärten oder Höfen oder

3. in der Öffentlichkeit, auch in außerhalb der eigenen Wohnung zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten,

stattfinden, sind nur mit Angehörigen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB sowie mit Personen, die dem eigenen oder einem weiteren Hausstand angehören, höchstens aber mit insgesamt nicht mehr als fünf Personen zulässig, wobei Kinder bis einschließlich 14 Jahren nicht einzurechnen sind.

§ 20

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 2. November 2020 in Kraft und mit Ablauf des 10. Januar 2021 außer Kraft.

Am 8. Januar 2021 erließ das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, handelnd durch die Ministerin, die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung und verkündete diese im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt vom 8. Januar 2021, S. 3. Diese Änderungsverordnung enthält unter anderem folgende Regelungen:

Artikel 1

Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung

Die Niedersächsische Corona-verordnung vom 30. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 368), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 576), wird wie folgt geändert:

1. § 2 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1) 1Jede Person darf sich in der Öffentlichkeit außerhalb der eigenen Wohnung nur allein oder mit Personen, die dem eigenen Hausstand angehören, und höchstens einer weiteren Person oder als Einzelperson mit mehreren Personen aus einem gemeinsamen Hausstand aufhalten. 2Begleitpersonen oder Betreuungskräfte, die erforderlich sind, um Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen, werden nicht eingerechnet. 3Eine weitere Person ist zulässig, soweit diese Dritte im Sinne des § 1684 Abs. 4 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für Versammlungen im Sinne des § 2 des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes.“

c) Absatz 3 wird wie folgt geändert:

bb) Nummer 2 wird gestrichen.

dd) Es wird die folgende Nummer 11 angefügt:

„11. beim Bringen und Abholen von Kindern und Jugendlichen zu und von den Einrichtungen und Angeboten nach den Nummern 8 und 9, Kindertageseinrichtungen (§ 12) und Schulen (§ 13).“

3. § 6 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1) 1Private Zusammenkünfte und Feiern, die

1. in der eigenen Wohnung oder anderen eigenen geschlossen Räumlichkeiten,

2. auf eigenen oder privat zur Verfügung gestellten Flächen unter freiem Himmel wie zum Beispiel in zur eigenen Wohnung gehörenden Gärten oder Höfen oder

3. in der Öffentlichkeit, auch in außerhalb der eigenen Wohnung zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten,

stattfinden, sind nur mit Personen des eigenen Hausstands und höchstens einer weiteren Person oder als Einzelperson mit mehreren Personen aus einem gemeinsamen Hausstand zulässig. 2Begleitpersonen oder Betreuungskräfte, die erforderlich sind, um Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen, werden nicht eingerechnet. 3Eine weitere Person ist zulässig, soweit diese Dritte im Sinne des § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB ist.“

11. In § 20 Abs. 1 wird das Datum „10. Januar 2021“ durch das Datum „31. Januar 2021“ ersetzt.

Artikel 3

Inkrafttreten

1Diese Verordnung tritt am 10. Januar 2021 in Kraft. …

Am 11. Januar 2021 haben die Antragsteller bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einen Normenkontrolleilantrag gestellt. Sie begehren die vorläufige Außervollzugsetzung der Regelungen der Änderungsverordnung, die den Kontakt zu nicht hausstandsangehörigen Dritten grundsätzlich auf eine Einzelperson beschränken. Sie sehen in dieser Kontaktbeschränkung ohne jedwede Ausnahme für Familien eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 6 GG. Ihre Kinder hätten sich zum Schutz ihrer systemrelevanten Eltern vorbildlich in ihren Kontakten reduziert. Auch für sie, die mit einem Alter von 21 bis 26 Jahren einer in dieser Pandemie häufig vergessenen Generation angehörten, sei es aber zwingend erforderlich, mit ihren Ängsten, Sorgen und Nöten in der Ursprungsfamilie Gehör und Halt zu finden. Bisher hätten ihre Kinder diese Unterstützung regelmäßig in Anspruch genommen, etwa bei Fragen zur Ausbildung und zum Studium, zum Verlust studentischer Hilfsjobs, zur sozialen Vereinsamung im dauerhaften Home-Office oder allgemein bei Zukunftsängsten. Der ihren Kindern verlässlich gegebene Halt sei für die Bewältigung der Krisensituation unerlässlich. Die Regelungen der Änderungsverordnung machten es ihnen unmöglich, diesen Halt weiter zu gewährleisten. Dies sei „sowohl absurd als auch grausam“ und berücksichtige den grundgesetzlichen Schutz der Familie gar nicht, jedenfalls aber nicht angemessen. Es sei ihnen nicht zuzumuten, ein Kind wieder wegzuschicken, wenn sich bereits ein anderes Kind bei ihnen befinde. Dies würde zu massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihrer Kinder und auch ihrer selbst führen. Das Ziel der Kontaktbeschränkung, durch die verordnete Vereinzelung Anreize für private Zusammenkünfte zu reduzieren, werde im familiären Bereich von vorneherein nicht erreicht. Der gewollte und für notwendig erachtete Kontakt werde dann vielmehr unter Beachtung der verordneten Vereinzelung erfolgen.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß, Art. 1 Nr. 1 Buchst. a) und Buchst. c) bb) sowie Nr. 3 Buchst. a der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung vom 8. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 3) vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er verteidigt die angefochtenen Regelungen der Änderungsverordnung. Mit den bis dahin ergriffenen Maßnahmen sei es wahrscheinlich gelungen, die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Virus zu verlangsamen. Ein deutlicher Rückgang der Infektionszahlen sei aber nicht erreicht worden. Angesichts der von der Virusverbreitung besonders betroffenen älteren Bevölkerungsteile, der steigenden Sterbefallzahlen, der sich zuspitzenden Situation auf den Intensivstationen, der noch nicht absehbaren Folgen erhöhter Mobilität an den Weihnachtsfeiertagen und zum Jahreswechsel und der Verbreitung von Virusmutanten aus Großbritannien und Südafrika mit erhöhter Ansteckungsfähigkeit müssten die ergriffenen Maßnahmen nicht nur fortgeschrieben, sondern nochmals verschärft werden. Kernziel der Maßnahmen bleibe es, die 7-Tage-Inzidenz auf unter 50 abzusenken, um eine konkrete Nachverfolgung der Infektionsketten wieder zu ermöglichen. Dieses Ziel könne nur durch eine weitere Verringerung der physischen Kontakte zwischen Personen erreicht werden. Jeder einzelne Kontakt könne zu einer Ansteckung führen und jeder einzelne vermiedene Kontakt könne eine Ansteckung verhindern. Gegenüber der streitgegenständlichen Kontaktbeschränkung mildere, aber gleich effektive Maßnahmen seien nicht ersichtlich. Insoweit komme dem Verordnungsgeber eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Einschätzungsprärogative zu. Die Kontaktbeschränkung sei ein wesentlicher Baustein in der komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie, die in anderen Bundesländern in gleicher Weise zur Anwendung gelange. Die Maßnahme greife auch nicht unangemessen in die Grundrechte der Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 6 GG ein. Die Verschärfung gegenüber den bisher geltenden Kontaktbeschränkungen führe „nicht zu einer wesentlich erhöhten Eingriffsintensität“. Der persönliche Kontakt zu anderen Personen werde nur beschränkt, sei aber weiterhin möglich. Lediglich der gleichzeitige Kontakt zu mehreren anderen Personen werde ausgeschlossen. Überschneidungen von Besuchszeiten könnten durch Absprachen verhindert werden. Persönlich nicht anwesende andere Personen könnten telefonisch oder digital an der Kommunikation beteiligt werden. Die Kontaktbeschränkung gelte „lediglich für einen überschaubaren Zeitraum“.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung des Art. 1 Nr. 1 Buchst. a und Buchst. c) bb) sowie Nr. 3 Buchst. a der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung vom 8. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 3) ist zulässig (1.), bleibt in der Sache aber ohne Erfolg (2.).

Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.6.2009 – 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter.

1. Der Antrag ist zulässig.

a. Der Normenkontrolleilantrag ist nach § 47 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 75 NJG statthaft. Die Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung vom 8. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 3), im Folgenden: Änderungsverordnung, ist – ebenso wie die Niedersächsische Corona-Verordnung selbst – eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: Senatsbeschl. v. 31.1.2019 – 13 KN 510/18 -, NdsRpfl. 2019, 130 f. – juris Rn. 16 ff.).

b. Die Antragsteller sind auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da sie geltend machen können, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die in diesem Verfahren streitgegenständlichen Regelungen der Änderungsverordnung beschränken die Möglichkeit der Antragsteller, in der Öffentlichkeit und im privaten Raum Kontakte mit Dritten, und zwar sowohl (Familien-)Angehörigen als auch fremden Personen, aufzunehmen. Dies lässt es möglich erscheinen, dass die Antragsteller durch die streitgegenständlichen Regelungen der Änderungsverordnung in ihren Grundrechten der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG und des Schutzes der Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG verletzt sind.

c. Der Antrag ist zutreffend gegen das Land Niedersachsen als normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet. Das Land Niedersachsen wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen, v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 15.9.2017 (Nds. MBl. S. 1288), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert am 18.11.2019 (Nds. MBl. S. 1618)).

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2. Der Antrag ist aber unbegründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind im Rahmen der sog. „Doppelhypothese“ die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.2019 – BVerwG 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4 (zur Normenkontrolle eines Bebauungsplans); OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.10.2019 – 6 B 11533/19 -, juris Rn. 5 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags); Sächsisches OVG, Beschl. v. 10.7.2019 – 4 B 170/19 -, juris Rn. 20 (zur Normenkontrolle einer Rechtsverordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirats); Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 11.5.2018 – 12 MN 40/18 -, juris Rn. 24 ff. (zur Normenkontrolle gegen die Ausschlusswirkung im Flächennutzungsplan) jeweils m.w.N.).

Die hiernach bestehenden Voraussetzungen für eine vorläufige Außervollzugsetzung der streitgegenständlichen Regelungen der Änderungsverordnung sind nicht erfüllt. Der Senat vermag den Erfolg eines in der Hauptsache noch zu stellenden Normenkontrollantrags derzeit nicht verlässlich abzuschätzen (a.). Die danach gebotene Folgenabwägung führt nicht dazu, dass die von den Antragstellern geltend gemachten Gründe für die einstweilige Außervollzugsetzung die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe überwiegen (b.).

a. Derzeit ist offen, ob die Regelungen in Art. 1 Nr. 1 Buchst. a) und Buchst. c) bb) sowie Nr. 3 Buchst. a der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung vom 8. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 3) in einem Hauptsacheverfahren für unwirksam zu erklären sind.

Dabei geht der Senat unter Zugrundelegung seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. zuletzt mit eingehender Begründung und weiteren Nachweisen etwa den Senatsbeschl. v. 5.1.2021 – 13 MN 582/20 -, V.n.b. Umdruck S. 4 ff.; v. 30.11.2020 – 13 MN 519/20 -, juris Rn. 26 ff.) und unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens (vgl. hierzu die Angaben im täglichen Situationsbericht des Robert Koch-Instituts unter www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html und des Niedersächsischen Landesgesundheitsamts unter www.niedersachsen.de/Coronavirus/aktuelle_lage_in_niedersachsen/) weiterhin davon aus, dass die Niedersächsische Corona-Verordnung und die auf diese bezogenen Änderungsverordnungen auf einer tauglichen Rechtsgrundlage beruhen, formell rechtmäßig sind und hinsichtlich deren materieller Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das „Ob“ eines staatlichen Handelns keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Die in §§ 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten Kontaktbeschränkungen für den öffentlichen und den privaten Raum sind auch mit Blick auf den Adressatenkreis dieser Regelungen und die Art der gewählten Schutzmaßnahme nicht zu beanstanden (vgl. Senatsbeschl. v. 23.12.2020 – 13 MN 506/20 -, juris Rn. 54 ff. (zu §§ 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung v. 30.10.2020 i.d.F. v. 18.12.2020); v. 23.12.2020 – 13 MN 569/20 -, juris Rn. 14 ff. (zu § 2 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung v. 30.10.2020 i.d.F. v. 18.12.2020); v. 18.11.2020 – 13 MN 448/20 -, juris Rn. 66 ff. (zu § 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung v. 30.10.2020)).

Zweifelhaft ist aber, ob die Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum, wie sie die Verordnungsregelungen in Art. 1 Nr. 1 Buchst. a) und Buchst. c) bb) sowie Nr. 3 Buchst. a der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung vom 8. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 3) gegenüber den zuvor geltenden Regelungen in §§ 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 368), zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 22. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 576), vornehmen, in Gänze im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG objektiv notwendig sind.

(1) Der Senat stellt dabei nicht in Abrede, dass der Verordnungsgeber weiterhin das legitime Ziel (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 6.11.2020 – 13 MN 411/20 -, juris Rn. 43) verfolgt, im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit eines und einer jeden die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden. Zur Vorbeugung einer akuten nationalen Gesundheitsnotlage sollen die Kontakte in der Bevölkerung drastisch reduziert werden, um das Infektionsgeschehen insgesamt zu verlangsamen und die Zahl der Neuinfektionen wieder in durch den öffentlichen Gesundheitsdienst nachverfolgbare Größenordnungen zu senken (vgl. hierzu auch die Angaben in der Begründung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und ihrer Änderungsverordnungen, Nds. GVBl. 2020, 411 ff., 457, 491 f. und 2021, 6 ff.). Diese Zielrichtung wahrt die besonderen Anforderungen des § 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG (vgl. Senatsbeschl. v. 23.12.2020 – 13 MN 506/20 -, juris Rn. 61).

Fraglich ist aber, ob darüber hinaus für die Gesamtheit der in der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten Schutzmaßnahmen die konkrete Erreichung einer 7-Tage-Inzidenz (Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen) von genau 50 legitim ist.

Der Senat nimmt zur Kenntnis, dass ein maßgeblich inzidenzgesteuertes Vorgehen in § 28a Abs. 3 Sätze 4 ff. IfSG gesetzlich vorgesehen ist und eine 7-Tage-Inzidenz von höchstens 50 häufig als eine Größenordnung angesehen wird, bis zu welcher der öffentliche Gesundheitsdienst als zu einer effektiven Kontaktnachverfolgung fähig angesehen wird. Der Senat stellt auch nicht infrage, dass bei einer 7-Tage-Inzidenz von 50 in einem bestimmten Gebiet tatsächliche Anhaltspunkte für ein dynamisches Infektionsgeschehen und eine erhöhte Infektionswahrscheinlichkeit bestehen. Dies allein rechtfertigt es aber nicht ohne Weiteres, für alle Personen in einem solchen Gebiet eine einheitliche Gefahrenlage anzunehmen und diesen gegenüber unterschiedslos generalisierende infektionsschutzrechtliche Maßnahmen zu treffen. Vielmehr können vorhandene oder zumutbar zu ermittelnde tatsächliche Erkenntnisse zum Infektionsgeschehen in dem betroffenen Gebiet zu einer differenzierten Betrachtung und zu unterschiedlichen infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen zwingen, etwa bei zu lokalisierenden und klar eingrenzbaren Infektionsvorkommen (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschl. v. 15.10.2020 – 13 MN 371/20 -, juris Rn. 59; Bayerischer VGH, Beschl. v. 28.7.2020 – 20 NE 20.1609 -, juris Rn. 45; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 6.7.2020 – 13 B 940/20.NE -, juris Rn. 54 ff.).

Es bedarf zudem näherer Prüfung, die nur in einem Hauptsacheverfahren geleistet werden kann, ob die seit Pandemiebeginn angenommene 7-Tage-Inzidenz von 50 als Obergrenze für eine effektive Kontaktnachverfolgung durch den öffentlichen Gesundheitsdienst als sachlich gerechtfertigt angesehen werden kann. Hierin bestehen in verschiedener Richtung Zweifel. Zum einen ist fraglich, ob bis zu einer 7-Tage-Inzidenz von 50 die Kontaktnachverfolgung durch den öffentlichen Gesundheitsdienst wirklich umfassend gewährleistet ist. Schon angesichts bestehender rechtlicher Grenzen für die Tätigkeit des öffentlichen Gesundheitsdienstes dürfte eine lückenlose Kontaktnachverfolgung kaum möglich sein. Auch die Angaben des RKI zur Erforschung von Infektionsumfeldern (RKI, Infektionsumfeld von COVID-19-Ausbrüchen in Deutschland, in: Epidemiologisches Bulletin v. 17.9.2020, S. 3 ff., veröffentlicht unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/38_20.pdf?__blob=publicationFile) nähren Zweifel. Denn hiernach war der öffentliche Gesundheitsdienst in der Zeit bis zum 11. August 2020 bei 7-Tage-Inzidenzen von deutlich unter 50 (vgl. RKI, Lagebericht v. 11.8.2020, dort S. 6; veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Archiv_August.html) in der weit überwiegenden Zahl der Fälle nicht in der Lage, eine Infektion bis zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen und ein konkretes Infektionsumfeld festzustellen. Zum anderen ist die personelle und sachliche (etwa die Einführung des Systems SORMAS) Verstärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes während der Pandemie, die fraglos auch der Antragsgegner betrieben hat, zu berücksichtigen und zu klären, wie sich diese auf die Fähigkeit des öffentlichen Gesundheitsdiensts zur Kontaktnachverfolgung, die bereits ohne diese Verstärkung bei einer 7-Tage-Inzidenz von bis zu 50 angenommen wurde, ausgewirkt hat. Die sich danach ergebende tatsächliche Fähigkeit zur Kontaktnachverfolgung des öffentlichen Gesundheitsdiensts dürfte schließlich das weitere Vorgehen des Antragsgegners im Falle der Erreichung des Ziels einer 7-Tage-Inzidenz von 50 ganz maßgeblich bestimmen.

(2) Im Hinblick auf die verfolgten legitimen Ziele dürfte auch die Eignung der streitgegenständlichen Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum noch gegeben sein.

Angesichts der hohen Infektiosität und der Übertragungswege steht für den Senat außer Zweifel, dass Beschränkungen von Zusammenkünften und Ansammlungen mehrerer Personen – vor allem in geschlossenen Räumen – geeignet sind, die Verbreitung von SARS-CoV-2 zu verhindern (vgl. Senatsbeschl. v. 18.11.2020 – 13 MN 448/20 -, juris Rn. 81; v. 11.6.2020 – 13 MN 192/20 -, juris Rn. 52).

Die Geeignetheit der Kontaktbeschränkungen in §§ 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung wird auch nicht dadurch grundlegend in Frage gestellt, dass durch mehrere zeitlich voneinander getrennte Kontakte die verordnete Höchstzahl an gleichzeitigen Kontakten überschritten werden kann (Person A aus Haushalt 1 trifft nacheinander Personen B bis Z aus den Haushalten 2 bis 26; vgl. zu dieser Möglichkeit auch die Erläuterungen des Antragsgegners unter: www.niedersachsen.de/Coronavirus/antworten-auf-haufig-gestellte-fragen-faq-185463.html, Stand: 16.1.2021). Denn durch eine zeitliche Trennung wird jedenfalls der Anreiz, sich überhaupt zusammenzufinden, gesenkt. Außerdem sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sich Dritte (Personen B bis Z aus den Haushalten 2 bis 26) gegenseitig anstecken, deutlich (vgl. Senatsbeschl. v. 23.12.2020 – 13 MN 569/20 -, juris Rn. 22).

Den Antragstellern ist aber zuzugeben, dass bei Kontakten im familiären Umfeld, die von allen Beteiligten aus nachvollziehbaren persönlichen Gründen als notwendig empfunden werden, der Anreiz für zeitlich getrennte und damit erlaubte Kontakte kaum gemindert wird. Die Eignung verblasst schließlich auch in den Fällen, in denen mehrere Kontaktpersonen aus einem gemeinsamen Hausstand kommen. Die in der streitgegenständlichen Änderungsverordnung vorgegebene Vereinzelung dieser Personen bei Kontakten zu Personen aus anderen Hausständen führt nur zu einer zeitlichen Verzögerung relevanter Infektionen, verhindert diese aber nicht (Haushalt 1 bestehend aus den Personen A und B trifft Person C aus dem Haushalt 2, der aus den Personen C, D und E besteht. Bei einer Virusübertragung von Person A auf Person C erfolgt nahezu zwangsläufig eine weitere Virusübertragung auf die Personen D und E bei Rückkehr der Person C in den gemeinsamen Haushalt 2). In diesen Fallgestaltungen erscheint eine (bessere) Eignung der streitgegenständlichen Regelungen der Änderungsverordnung vom 8. Januar 2021 gegenüber den zuvor geltenden, grundsätzlich an Hausstände anknüpfenden Regelungen in der Fassung der Änderungsverordnung vom 22. Dezember 2020 zweifelhaft.

Auch mit Blick auf die Eignung ist schließlich zu berücksichtigen, dass eine Verhaltenssteuerung durch Regeln, die das Verhalten im privaten Raum betreffen, im freiheitlichen Rechtsstaat des Grundgesetzes zuvörderst von der freiwilligen Befolgung durch die Rechtsunterworfenen abhängt und allenfalls punktuell durch staatlichen Vollzug oder Pönalisierung erreicht wird. Anders gewendet: Einer Verschärfung von Regeln für den privaten Raum, die in weiten Teilen der Bevölkerung als nicht mehr hinnehmbar empfunden, die nicht freiwillig befolgt und die durch staatliche Behörden auch nicht effektiv durchgesetzt werden kann, dürfte die erforderliche Eignung fehlen.

(3) Soweit die streitgegenständliche Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum als zur Erreichung legitimer Ziele geeignet angesehen werden kann, durfte sie der Antragsgegner unter Berücksichtigung des ihm zukommenden Einschätzungsspielraums auch noch für erforderlich halten.

(a) Mildere, aber in ihrer Wirkung gleich effektive Mittel, die auch die Allgemeinheit oder Dritte nicht stärker belasteten, drängen sich dem Senat im Hinblick auf das tätigkeitsbezogene Infektionsgeschehen derzeit nicht auf. Der private Haushalt stellt, soweit ermittelbar, das Setting dar, in welchem die meisten Ausbruchsgeschehen stattfinden (vgl. Senatsbeschl. v. 23.12.2020 – 13 MN 569/20 -, juris Rn. 24; RKI, COVID-19-Lagebericht v. 12.1.2021, S. 11; RKI, Infektionsumfeld von COVID-19-Ausbrüchen in Deutschland, in: Epidemiologisches Bulletin v. 17.9.2020, S. 3 ff., veröffentlicht unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/38_20.pdf?__blob=publicationFile).

Auch die Festsetzung der Höchstzahl auf nunmehr grundsätzlich nur noch eine hausstandsfremde Person erscheint bei summarischer Prüfung gerade noch vom Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers umfasst (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 15.1.2021 – 13 B 1899/20.NE -, juris Rn. 97 (zum öffentlichen Raum); Senatsbeschl. v. 24.8.2020 – 13 MN 297/20 -, juris Rn. 38). Die vorherige Begrenzung auf insgesamt nicht mehr als fünf Personen (zuzüglich Kindern bis 14 Jahren) in §§ 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der zuletzt durch Änderungsverordnung vom 22. Dezember 2020 geänderten Fassung durfte der Verordnungsgeber angesichts weiterhin hoher Infektionszahlen zwar nicht als völlig wirkungslos, aber doch als unzureichend ansehen (vgl. Senatsbeschl. v. 23.12.2020 – 13 MN 506/20 -, juris Rn. 71 (zur vorausgegangenen Absenkung der Personenhöchstzahl von 10 auf 5 Personen)).

Andere Hygiene- und Schutzmaßnahmen im privaten Raum, etwa eine Maskenpflicht oder ein Abstandsgebot, erscheinen zwar milder, aber (schon mangels Kontrollmöglichkeiten) nicht nachweislich gleich effektiv. Eine Beschränkung der Schutzmaßnahmen auf besonders schutzbedürftige (Risiko-)Gruppen von Personen ist angesichts der Größe, Heterogenität, Verteilung in der Bevölkerung und nur begrenzt möglichen Konkretisierung dieser Gruppen und der jedenfalls nicht verlässlichen Effektivität einer solchen Beschränkung kein milderes Mittel im o.g. Sinne. Eine gleichermaßen geforderte erhebliche Kapazitätsausweitung im Gesundheitswesen ist weder kurzfristig realisierbar, noch könnten damit schwere Verläufe von COVID-19 bis hin zum Tod verhindert werden; ganz abgesehen davon, dass mit derartigen Maßnahmen Dritte oder die Allgemeinheit stärker belastet würden.

(b) Mildere Mittel sind auch im Hinblick auf das gebietsbezogene Infektionsgeschehen nicht ersichtlich. Der Verordnungsgeber hat die Erforderlichkeit der getroffenen Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum unter Einbeziehung einer Vielzahl für das Infektionsgeschehen relevanter Umstände geprüft (vgl. die Begründung zur Änderungsverordnung v. 8.1.2021, Nds. GVBl. S. 6 f.). Die danach gegebene Bewertung dürfte es derzeit noch rechtfertigen, mit anderen Bundesländern abgestimmte und landesweit einheitliche infektionsschützende Maßnahmen zu ergreifen.

(4) Teilweise erhebliche Zweifel bestehen aber an der Angemessenheit der streitgegenständlichen Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum.

Kontaktbeschränkungen greifen in den Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG ein (vgl. Senatsbeschl. v. 23.12.2020 – 13 MN 569/20 -, juris Rn. 30). Dieser Eingriff wird, entgegen der Darstellung des Antragsgegners, durch die streitgegenständliche Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum auf grundsätzlich nur noch eine hausstandsfremde Person auch erheblich intensiviert.

(a) Im Grundsatz kann auch nach der streitgegenständlichen Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum (vgl. zur Auslegung der Verordnungsregelungen in § 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung: Senatsbeschl. v. 23.12.2020 – 13 MN 569/20 -, juris Rn. 31 ff.) aber noch von einem angemessenen Ausgleich zwischen diesen Grundrechten der Betroffenen und den legitimen Zielen des Verordnungsgebers ausgegangen werden. Die Kontaktbeschränkung schreibt unverändert nicht vor, wie in einem Hausstand lebende Personen ihren Alltag gestalten. Die Betroffenen sind auch nach der Verschärfung durch die hier zu beurteilende Änderungsverordnung nicht gehindert, sich mit jeder beliebigen Person ohne Einhaltung von Infektionsschutzmaßnahmen individuell privat zu treffen. Als Alternativen für die Zusammenkunft mit mehreren Personen stehen die jederzeit möglichen Kontaktaufnahmen über Fernkommunikationsmittel zur Verfügung. Besteht in einer Person ein dringender besonderer Anlass, eine größere Anzahl an hausstandsfremden Personen zu treffen, so kann dies jedenfalls nacheinander erfolgen (siehe hierzu im Einzelnen oben II.2.a.(2)). Dass dies, wie die Antragsteller meinen, „sowohl absurd als auch grausam“ gegenüber volljährigen Familienmitgliedern sein könnte, vermag der Senat nicht wirklich nachzuvollziehen. Mit Blick auf die Bedeutung der Kontaktbeschränkung als essentieller Grundbaustein bevölkerungsbezogener antiepidemischer Maßnahmen zur Verhinderung der Corona-Pandemie und die gravierenden, teils irreversiblen Folgen eines weiteren Anstiegs der Zahl von Ansteckungen und Erkrankungen für die hochwertigen Rechtsgüter Leib und Leben einer Vielzahl Betroffener sowie einer Überlastung des Gesundheitswesens ist der gegebene Eingriff vielmehr gerechtfertigt und daher von den pflichtigen Personen hinzunehmen (vgl. Senatsbeschl. v. 18.11.2020 – 13 MN 448/20 -, juris Rn. 104 ff.).

(b) Eine andere Betrachtung dürfte aber dort geboten sein, wo die streitgegenständliche Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum

– den von ihr Betroffenen die Teilhabe am sozialen Leben in der Gemeinschaft vollständig unmöglich macht oder unzumutbar erschwert (vgl. zur notwendigen Existenz des Menschen als Person in sozialen Bezügen: BVerfG, Urt. v. 18.7.2012 – 1 BvL 10/10 u.a. -, juris Rn. 64; Urt. v. 9.2.2010 – 1 BvL 1/09 u.a. -, BVerfGE 125, 175, 223 – juris Rn. 135; Beschl. v. 14.9.1989 – 2 BvR 1062/87 -, BVerfGE 80, 367, 374 – juris Rn. 16 jeweils m.w.N.) oder

– tatsächlich bestehende familiäre Strukturen nicht angemessen berücksichtigt (vgl. zu diesem Erfordernis: Senatsbeschl. v. 23.12.2020 – 13 MN 506/20 -, juris Rn. 73 f.; v. 18.11.2020 – 13 MN 448/20 -, juris Rn. 103).

Der Verordnungsgeber hat diese Spannungsfelder durchaus erkannt (vgl. die Begründung der Änderungsverordnung v. 8.1.2021, Nds. GVBl. S. 6 f., sowie die Erläuterungen zur geltenden Verordnung unter www.niedersachsen.de/Coronavirus/antworten-auf-haufig-gestellte-fragen-faq-185463.html, Stand: 16.1.2021) und für einzelne Fallgestaltungen durch Sonderregelungen in der Niedersächsischen Corona-Verordnung auch angemessen gelöst, etwa in

– §§ 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 und 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (= Art. 1 Nr. 1 Buchst. a) und Nr. 3 Buchst. a) der Änderungsverordnung v. 8.1.2021: „Begleitpersonen oder Betreuungskräfte, die erforderlich sind, um Menschen mit einer wesentlichen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen, werden nicht eingerechnet. Eine weitere Person ist zulässig, soweit diese Dritte im Sinne des § 1684 Abs. 4 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist.“

– § 2 Abs. 3 Nr. 11 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (= Art. 1 Nr. 1 Buchst. c) dd) der Änderungsverordnung v. 8.1.2021: „Die Kontaktbeschränkungen nach Absatz 1 und das Abstandsgebot nach Absatz 2 gelten nicht beim Bringen und Abholen von Kindern und Jugendlichen zu und von den Einrichtungen und Angeboten nach den Nummern 8 und 9, Kindertageseinrichtungen (§ 12) und Schulen (§ 13).“).

Die Regelungen der Niedersächsischen Corona-Verordnung sind zudem auch nach der streitgegenständlichen Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum einer verfassungskonformen Auslegung dahin zugänglich, dass in bestehenden familiären oder anderen sozialen Strukturen eine notwendige private Betreuung von Kindern durch andere Personen gewährleistet ist. So gestattet § 11 Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung („Ausgenommen von den §§ 1 bis 3 ist neben der Betreuung von Kindern in Kindertagespflege nach § 43 SGB VIII auch die sonstige private Betreuung von fremden Kindern in Kleingruppen einschließlich des Bringens und Abholens der Kinder.“) bei einem weiten Verständnis auch die Betreuung mehrerer Kinder durch mehrere andere Angehörige (als die Eltern), ohne dass dem die Kontaktbeschränkung des § 2 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (siehe die ausdrückliche Ausnahme in § 11 Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) oder des § 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (zu dem insoweit § 11 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung eine vorrangig anzuwendende speziellere Bestimmung ist) entgegen steht (so ausdrücklich auch der Verordnungsgeber in der Begründung der Änderungsverordnung v. 8.1.2021, Nds. GVBl. S. 7: „Die Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 1 ist weit zu verstehen. Sie ermöglicht die Betreuung durch Großeltern und Nachbarn.“, und der Antragsgegner in seinen Erläuterungen zur geltenden Verordnung unter www.niedersachsen.de/Coronavirus/antworten-auf-haufig-gestellte-fragen-faq-185463.html, Stand: 16.1.2021: „Dürfen zwei (oder mehr) Kinder zu den Großeltern / zu Tante und Onkel gebracht werden? Ja, das ist zulässig. Die Regelung zur Kinderbetreuung ist insgesamt weit zu verstehen. Sie ermöglicht unter anderem die Betreuung durch Großeltern und Nachbarn.“).

Die Regelungen der Niedersächsischen Corona-Verordnung berücksichtigen nach der streitgegenständlichen Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum allerdings nicht mehr angemessen andere (als die in §§ 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 und 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung = Art. 1 Nr. 1 Buchst. a) und Nr. 3 Buchst. a) der Änderungsverordnung v. 8.1.2021 geregelten) Fallgestaltungen, in denen den Betroffenen die Teilhabe am sozialen Leben in der Gemeinschaft vollständig unmöglich macht oder unzumutbar erschwert wird. Dies sind in erster Linie kleine Kinder, denen eine soziale Teilhabe nur mittels einer Begleitperson möglich ist. So schließen es die geltenden Kontaktbeschränkungen in §§ 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung etwa aus, dass ein kleines Kind, das zwingend auf die Begleitung durch jedenfalls ein Elternteil angewiesen ist, die in einem anderen Hausstand lebenden Angehörigen oder Dritten gemeinsam jedenfalls mit dem es begleitenden Elternteil aufsucht oder sich mit diesen gemeinsam in der Öffentlichkeit aufhält. Dies grenzt dieses kleine Kind von jedweder sozialen Teilhabe aus. Dieser Ausschluss dürfte auch unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens unangemessen sein, und zwar für kleine Kinder bis zu einem Alter, in dem ihnen die Realisierung sozialer Teilhabe ohne Begleitung jedenfalls eines Elternteils möglich und zumutbar ist, was nicht wesentlich vor Eintritt der Grundschulreife liegen dürfte. Diese Unangemessenheit hat im Ansatz auch der Antragsgegner erkannt, aber noch nicht durch eine Änderung der Verordnung korrigiert (vgl. die Erläuterungen zur geltenden Verordnung unter www.niedersachsen.de/Coronavirus/antworten-auf-haufig-gestellte-fragen-faq-185463.html, Stand: 16.1.2021: „Darf eine Mutter mit Baby die Großeltern (oder ein eng befreundetes Paar) besuchen und umgekehrt? Ja, beides wird über den Wortlaut der Verordnung hinaus geduldet. Ein Baby bzw. ein ganz kleines Kind bis drei Jahren muss noch ununterbrochen betreut werden und darf deshalb auch bei Kontakten der Betreuungsperson (in der Regel ein Elternteil) dabei sein. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung ist für die nächste Änderung der Corona-VO vorgesehen. Bei Besuchen von Großeltern ist zu beachten, dass nur eine Person kommen darf, die nicht zum Hausstand gehört.“). Eine Möglichkeit, diese Unangemessenheit durch verfassungskonforme Auslegung der geltenden Regelungen der Niedersächsischen Corona-Verordnung zu beseitigen, sieht der Senat nicht.

b. Die wegen der danach offenen Erfolgsaussichten gebotene Folgenabwägung führt dazu, dass die von den Antragstellern geltend gemachten Gründe für die vorläufige Außervollzugsetzung und auch die Interessen Dritter oder der Allgemeinheit die für den weiteren Vollzug der Verordnung sprechenden Gründe nicht überwiegen.

Würde der Senat die streitgegenständliche Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum in Art. 1 Nr. 1 Buchst. a) und Buchst. c) bb) sowie Nr. 3 Buchst. a der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung vom 8. Januar 2021 vollständig (vgl. zur Unzulässigkeit von Normergänzungen im Normenkontrollverfahren: Senatsbeschl. v. 14.5.2020 – 13 MN 156/20 -, juris Rn. 5 m.w.N.) außer Vollzug setzen, bliebe der Normenkontrollantrag in der Hauptsache aber ohne Erfolg, könnten die Antragsteller zwar vorübergehend die mit der Schutzmaßnahme verbundenen Einschränkungen für Zusammenkünfte mit ihren erwachsenen Kindern vermeiden. Ein nicht zu vernachlässigender Baustein der komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie des Antragsgegners würde aber in seiner Wirkung deutlich reduziert (vgl. zur Berücksichtigung dieses Aspekts in der Folgenabwägung: BVerfG, Beschl. v. 1.5.2020 – 1 BvQ 42/20 -, juris Rn. 10), und dies in einem Zeitpunkt eines weiterhin dynamischen und ernst zu nehmenden Infektionsgeschehens. Die Möglichkeit, eine geeignete und erforderliche Schutzmaßnahme zu ergreifen und so die Verbreitung der Infektionskrankheit zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung, einem auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG, Urt. v. 30.7.2008 – 1 BvR 3262/07 u.a. -, BVerfGE 121, 317, 350 – juris Rn. 119 m.w.N.), noch effektiver als bisher zu verhindern, bliebe hingegen zumindest zeitweise bis zu einer Reaktion des Verordnungsgebers (irreversibel) ungenutzt.

Würde hingegen die streitgegenständliche Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum in Art. 1 Nr. 1 Buchst. a) und Buchst. c) bb) sowie Nr. 3 Buchst. a der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und der Niedersächsischen Quarantäne-Verordnung vom 8. Januar 2021 nicht vorläufig außer Vollzug gesetzt, hätte der Normenkontrollantrag aber in der Hauptsache Erfolg, wären die Antragsteller vorübergehend zu Unrecht zur Befolgung der – für den Fall der Nichtbefolgung bußgeldbewehrten – Schutzmaßnahme verpflichtet und müssten die gewünschten gleichzeitigen Zusammenkünfte mit mehreren ihrer erwachsenen Kinder unterlassen. Der damit verbundene Eingriff in ihre Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG würde für die Dauer der Verpflichtung, längstens für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens, verfestigt. Dieser Eingriff ist nach Einschätzung des Senats aber nur von mäßigem Gewicht. Den Antragstellern wird es nicht unmöglich gemacht, gewünschte unmittelbare soziale Kontakte zu jedem ihrer erwachsenen Kinder aufrecht zu erhalten und zu pflegen. Lediglich gleichzeitige Zusammenkünfte mit mehreren oder allen erwachsenen Kindern werden eingeschränkt und sind nicht mehr unmittelbar, sondern nur noch etwa vermittelt über technische Fernkommunikationsmittel zulässig. Dass dies den Antragstellern und ihren erwachsenen Kindern für einen vorübergehenden Zeitraum unzumutbar sein könnte, etwa weil die Auswahl des unmittelbaren Kontakts „sowohl absurd als auch grausam“ sein oder deren Notwendigkeit nicht begreiflich gemacht werden könnte, vermag der Senat auch nach größeren Anstrengungen nicht nachzuvollziehen. Aber auch mit Blick auf die die Antragsteller und ihre erwachsenen Kinder nicht betreffenden Fallgestaltungen, in denen die streitgegenständliche Verschärfung der Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum den Betroffenen die Teilhabe am sozialen Leben in der Gemeinschaft vollständig unmöglich macht oder unzumutbar erschwert wird, erscheint eine vorläufige Außervollzugsetzung nicht geboten. Denn diesen Fallgestaltungen ist, ohne dass dies eine Rechtswidrigkeit der betreffenden Verordnungsregelungen beseitigen würde, vorübergehend dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass der Verordnungsgeber unter Betätigung seines nach §§ 32 Satz 1, 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG bestehenden Ermessens von einer Anwendung der streitgegenständlichen Verschärfung der Kontaktbeschränkungen absieht (siehe hierzu oben II.2.a.(4)(b)), eine Änderung der Verordnung insoweit in Aussicht gestellt hat und deshalb eine gerichtliche vorläufige Außervollzugsetzung zur Beseitigung wesentlicher Nachteile nicht mehr notwendig erscheint. Der hiernach für alle Rechtsunterworfenen verbleibende Eingriff hat hinter dem mit der Maßnahme verfolgten legitimen Ziel eines effektiven Infektionsschutzes zurückzustehen und ist vorübergehend hinzunehmen. Denn ohne diesen würde sich die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der erneuten Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen auch nach den derzeit nur vorliegenden Erkenntnissen erheblich erhöhen (vgl. zu dieser Gewichtung: BVerfG, Beschl. v 7.4.2020 – 1 BvR 755/20 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 28.4.2020 – 1 BvR 899/20 -, juris Rn. 12 f.).

In diese Folgenabwägung wird auch eingestellt, dass die Verordnung gemäß ihres § 20 Abs. 1 zeitlich befristet wurde. Damit ist sichergestellt, dass die Verordnung unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen der Corona-Pandemie fortgeschrieben werden muss. Hierbei hat der Antragsgegner – wie auch bei jeder weiteren Fortschreibung der Verordnung – hinsichtlich der im vorliegenden Verfahren relevanten Schließung zu untersuchen, ob es angesichts neuer Erkenntnisse etwa zu den Verbreitungswegen des Virus oder zur Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems verantwortet werden kann, die Schließung unter – gegebenenfalls strengen – Auflagen weiter zu lockern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.4.2020 – 1 BvQ 28/20 -, juris Rn. 16).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO.

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG. Es entspricht der ständigen Praxis des Senats, in Normenkontrollverfahren in der Hauptsache nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO für jeden Antragsteller grundsätzlich den doppelten Auffangwert im Sinne des § 52 Abs. 2 GKG, mithin 10.000 EUR, als Streitwert anzusetzen (vgl. Senatsbeschl. v. 31.1.2019 – 13 KN 510/18 -, Nds. Rpfl. 2019, 130 f. – juris Rn. 29). Dieser Streitwert ist für das Verfahren auf sofortige Außervollzugsetzung der Verordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zu halbieren.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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