Ein geläufiger Irrtum ist, dass ein Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses automatisch Anspruch auf eine Abfindung hat.
Kaum ein Mythos hält sich im deutschen Arbeitsrecht so hartnäckig wie der, dass Arbeitnehmern ein Recht auf Abfindung zusteht, wenn sie von ihrem Arbeitgeber gekündigt werden. Dabei kennt das deutsche Recht keinen Anspruch auf Abfindung. In rechtlicher Hinsicht ist die Abfindung lediglich ein Instrument, das in Ausnahmefällen zum Einsatz kommt. Insbesondere, wenn betriebsbedingte Kündigungen gemäß § 1a KSchG anliegen. Aber auch spezielle Klauseln im Arbeitsvertrag, ein Sozialplan oder Regelungen im Tarifvertrag können die Zahlung einer Abfindung bedingen. Doch was sind die Voraussetzungen für die Zahlung einer Abfindung und welche Irrtümer im Bezug auf diese Kündigungszahlung gibt es?
Was genau ist eigentlich eine Abfindung?
Unter Abfindungen versteht man Zahlungen eines Arbeitgebers, die bei einer Kündigung oder bei einem Abschluss eines Aufhebungsvertrages geleistet werden. Einen generellen gesetzlichen Anspruch auf Abfindungen kennt das deutsche Arbeitsrecht nicht, bei ihnen handelt es sich vielmehr um freiwillige Leistungen des Arbeitgebers. Von den eigentlichen Abfindungen müssen Sonderzahlungen oder Zahlungen für nicht genommenen Urlaub unterschieden werden. Diese sind gesetzlich geregelt und stehen in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der Abfindung. Eine Abfindung ist häufig das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
In welchen Fällen wird eine Abfindung gezahlt?
Ansprüche auf Abfindung können sich beispielsweise aus einem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder anderen Betriebsvereinbarungen ergeben. Ein weiterer Anwendungsfall der Abfindungszahlung kann sich aus einer so genannten betriebsbedingten Kündigung entwickeln. Um nach solch einer Kündigung zu verhindern, dass der ehemalige Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage anstrebt, bietet der Arbeitgeber häufig aus freien Stücken die Zahlung einer Abfindung an. Die Abfindung fungiert in diesem Fall also als Gegenleistung dafür, dass der Arbeitnehmer nicht vor Gericht zieht. Die Höhe der Abfindung ergibt sich dabei aus einem halben Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Beschäftigung.
Anspruch auf Zahlung aufgrund einer betrieblichen Übung
Selbst wenn die Zahlung einer Abfindung bei Kündigung durch den Arbeitgeber nicht im Arbeitsvertrag oder in anderen Betriebsvereinbarungen schriftlich fixiert wurde, kann einem Arbeitnehmer solch eine Zahlung aufgrund einer sogenannten betrieblichen Übung zustehen. Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung eines bestimmten Verhaltens durch den Arbeitgeber, dem die Arbeitnehmer entnehmen können, dass ihnen diese Leistung auch in Zukunft zusteht. Wenn also die Zahlung einer Abfindung an gekündigte Mitarbeiter in einem Betrieb mehrfach (meist mindestens dreimal) ohne Freiwilligkeitsvorbehalt geleistet wurde, dann kann sich dadurch eine rechtliche Pflicht für den Arbeitgeber entwickeln, diese Leistung auch in Zukunft erbringen zu müssen. Also, auch anderen gekündigten Mitarbeitern eine Abfindung zu zahlen. Dabei reicht es allerdings nicht aus, dass ehemalige Mitarbeiter in der Vergangenheit mit ihren Arbeitgebern vor Gericht die Zahlung einer Abfindung ausgehandelt haben, sondern die Abfindungszahlungen müssen sich vielmehr als ein generelles Prinzip des Betriebs darstellen.
Zahlung einer Abfindung bei Massenentlassungen
Auch bei Massenentlassungen können gekündigte Mitarbeiter einen Anspruch auf eine Abfindungszahlung haben, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Zum einen muss der entlassende Betrieb insgesamt mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigen, von denen eine gesetzlich vorgeschriebene Anzahl von Mitarbeitern entlassen wird. Zudem muss in diesem Fall ein Sozialplan greifen, der den finanziellen Ausgleich der entlassenen Mitarbeiter vorsieht. Sozialpläne werden im Vorfeld vom Betriebsrat ausgehandelt.
Abfindungen aufgrund eines Auflösungsantrags
Wenn eine arbeitsgerichtliche Streitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber tobt, dann hat das zuständige Arbeitsgericht die Möglichkeit, auf Antrag einer der beiden sich streitenden Parteien, die Auflösung des Arbeitsverhältnis festzustellen. Es handelt sich also um die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch ein richterliches Gestaltungsurteil. Vorschriften über die Auflösung von Arbeitsverhältnissen durch Urteil gegen die Zahlung einer Abfindung finden sich in den §§ 9 und 13 KSchG. Solch ein Auflösungsantrag kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Parteien nicht mehr zumutbar ist, obwohl die Kündigung in rechtlicher Hinsicht unwirksam ist.
Wie hoch kann eine Abfindungzahlung ausfallen?
Grundsätzlich wird die Höhe einer eventuellen Zahlung individuell verhandelt. Viele Arbeitgeber, aber auch Arbeitnehmer orientieren sich bei der Vereinbarung einer Abfindungszahlung an folgender Faustregel: Ein halbes bis in Ausnahmefällen auch volles Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Beschäftigung bildet die Grundlage für die Berechnung der Abfindung. Natürlich kann die Abfindungshöhe nach oben oder nach unten individuell abweichend vereinbart werden. Droht dem Arbeitgeber vor Gericht eine eindeutige Niederlage gegen den Arbeitnehmer, so lässt er sich dessen Abfindung schon mal etwas kosten. Weitere Faktoren, welche die Abfindungshöhe beeinflussen können, sind das Lebensalter, die Familiensituation oder die persönlichen Chancen des Gekündigten auf dem Arbeitsmarkt.