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Rücktritt Wohnwagen-Kaufvertrag bei behebbarem Mangel unterhalb der Erheblichkeitsschwelle

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 3 U 137/17 – Urteil vom 06.08.2019

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 12.10.2017, Az. 14 O 268/15, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten nach Rücktritt vom Kaufvertrag über einen Wohnwagen auf Rückabwickelung des Vertrages in Anspruch.

Mit Kaufvertrag vom … 2013 erwarb der Kläger beim Beklagten einen neuen Wohnwagen der Marke X zum Preis von 49.336 €. Auf der Urlaubsfahrt im Juni 2014 löste sich während der Fahrt eine Dekoscheibe in der Größe der durch sie verkleideten Heckscheibe und fiel auf die Fahrbahn.

Diesen Mangel zeigte der Kläger dem Beklagten mit Rechtsanwaltsschreiben vom 16.06.2015 an, berief sich auf weitere Mängel und darauf, rücktrittsberechtigt zu sein. Nach weiterem Schriftverkehr, in dem auch die Möglichkeit der Rücknahme des Wohnwagens und Lieferung eines neuen ähnlichen bzw. identischen Modells angesprochen wurde, forderte der Kläger den Beklagten mit Rechtsanwaltsschreiben vom 18.08.2015 auf, das Fahrzeug bis zum 21.08.2015 zu reparieren und wies darauf hin, dass nach Fristablauf die Mängelbeseitigung abgelehnt und der Rücktritt erklärt werde. Im Anschluss daran bot der Beklagte dem Kläger am 18.08.2015 gegen die Zuzahlung von 22.000 € einen Wohnwagen der Baureihe Y desselben Herstellers an und gab hierbei an, es handele sich um einen Neufahrzeug mit einem Neupreis von ca. 69.000 €. Nachdem der Kläger sich damit einverstanden erklärt hatte, sein Fahrzeug X gegen den Y gegen eine Abstandszahlung von 16.500 € zu tauschen, kam es am 22.08.2015 zu einem Treffen zwischen dem Kläger und einem Mitarbeiter des Beklagten, um den Tausch vorzunehmen. Dieser scheiterte, nachdem sich der Kläger geweigert hatte, das Fahrzeug zu übernehmen, da dieses ausweislich des Lieferscheines ein Vorführfahrzeug war, das bereits seit Mai 2015 zugelassen war. Mit Anwaltsschreiben vom 24.08.2015 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Vertrag und forderte den Beklagten zur Rückzahlung von 49.336 € auf.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 49.336,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04. September 2015 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Im Wege der Hilfswiderklage hat er beantragt, den Kläger zu verurteilen, an ihn 466,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt, die Hilfswiderklage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Zeugeneinvernahme unter Berücksichtigung eines in Abzug zu bringenden Nutzungsersatzes von 8.831,75 € in Höhe von 40.504,25 € stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung Zug um Zug gegen Herausgabe des Wohnwagens verurteilt.

Es hat im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der Kläger aufgrund des unstreitig bestehenden Mangels (unzureichende Sicherung der Deko-Rückscheibe gegen Herausfallen während der Fahrt) zum Rücktritt berechtigt gewesen sei. Der Beklagte habe den Mangel nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist bis zum 21. August 2015 beseitigt. Die Frist sei einzuhalten gewesen, auch wenn die Beteiligten zwischenzeitlich Verhandlungen über den Ankauf eines anderen Wohnwagens geführt hätten. Der Rücktritt sei auch nicht durch diese Verhandlungen unzulässig geworden, da der Beklagte dem Kläger entgegen seinen schriftlichen Äußerungen einen Vorführwagen liefern wollte, obwohl die Erklärungen des Klägers auf ein Neufahrzeug gerichtet gewesen seien. Der Beweis, dass der Kläger damit einverstanden gewesen sei, dass es sich um ein Vorführfahrzeug handelte, sei dem Beklagten nicht gelungen. Der Rücktritt sei auch nicht wegen Geringfügigkeit nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

Er meint, er habe wegen der Verhandlungen über ein Austauschfahrzeug die Frist nicht einhalten müssen. Zudem sei der Rücktritt wegen Geringfügigkeit des Mangels ausgeschlossen. Die Mangelbeseitigung verursache Kosten von allenfalls 900 €.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 12.10.2017 – Az.: 14 O 268/15 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Rücktritt Wohnwagen-Kaufvertrag bei behebbarem Mangel unterhalb der Erheblichkeitsschwelle
(Symbolfoto: Von bear_productions/Shutterstock.com)

Im Wege der Anschlussberufung beantragt er, das Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weitere 6.699,94 € sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 47.204,19 € seit dem 04.09.2015 zu zahlen.

Er trägt vor, das Landgericht habe den Abzug wegen der Nutzungsentschädigung fehlerhaft berechnet. Die Höhe von monatlich 304,54 € sei nicht zu beanstanden. Er habe das Fahrzeug insgesamt aber nur 7 Monate nutzen können, so dass für 22 Monate Nutzungsentschädigung zu zahlen sei.

Der Beklagte beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (§ 540 Abs 1 Nr. 1 ZPO) und die wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl. Ing. … . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten (Blatt 246 ff. der Akte) Bezug genommen.

Der Senat hat am 29.05.2018 über die Berufung mündlich verhandelt. Im zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung anberaumten Termin vom 02.07.2019 ist keine der Parteien erschienen. Der Senat hat daraufhin eine Entscheidung nach Lage der Akten angekündigt, für den 06.08.2019 Verkündungstermin anberaumt und diesen den Parteien mitgeteilt.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg.

Der Senat entscheidet über die Berufung nach Lage der Akten nach § 251 a Abs. 1 ZPO, nachdem im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 02.07.2019, zu dem beide Parteien ordnungsgemäß geladen worden waren, niemand erschienen ist und der Senat bereits am 29.05.2018 mündlich verhandelt hatte.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages aus §§ 433, 434 Abs. 1, 440, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, § 346 BGB.

1.

Der Wohnwagen X war zwar mangelbehaftet. Der Mangel bestand in der unzureichenden Sicherung der Deko-Rückscheibe gegen ein Herausfallen während der Fahrt, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.

2.

Der Beklagte hat den Mangel auch nicht innerhalb der ihm gemäß § 323 BGB gesetzten Frist, die am 21.08.2015 ablief, beseitigt.

Soweit das Landgericht ausgeführt hat, der Rücktritt sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger sich aufgrund der Verhandlungen über den Ankauf eines Ersatzfahrzeuges sich auf die ursprünglich gesetzte Frist nicht mehr berufen könne, folgt der Senat dem.

a)

Zwar ist es rechtsmissbräuchlich, sich auf eine Fristüberschreitung zu berufen, wenn der Schuldner nach dem Verhalten des Gläubigers darauf vertrauen durfte, der Verstoß werde folgenlos bleiben (Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 242, Rn 57). Der Gläubiger kann sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf eine Fristüberschreitung berufen, wenn er selbst einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, nach dem der Schuldner sich darauf verlassen durfte, dass der Gläubiger aus einer Fristüberschreitung nicht die vereinbarten Folgen herleiten werde. Ob der Gläubiger einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat und die Berufung auf die Fristüberschreitung sich deshalb als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt, kann dabei nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles beurteilt werden (BGH NJW 2003, 2448).

Diese Voraussetzung wäre grundsätzlich auch hier zu bejahen, wenn die Parteien während des Laufs der Nachbesserungsfrist einverständlich in Verkaufsverhandlungen über den Ankauf eines anderen Caravans und die damit verbundene gleichzeitige Rückgabe des mangelhaften Wohnwagens (anstelle der Nachbesserung) getreten wären. War dies der Fall, hätte der Kläger damit gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass er für die Dauer der Vertragsverhandlungen auf die Nachbesserung verzichte und hätte dem Beklagten nach Scheitern der Verhandlungen die Möglichkeit geben müssen, die Nachbesserung noch vorzunehmen. Die Berufung auf die ursprüngliche Frist wäre rechtsmissbräuchlich. Der Beklagte wäre nicht verpflichtet gewesen, um dem Rücktritt zu entgehen, schon vorsorglich das Fahrzeug zu reparieren, wenn im Raum stand, dass der Kläger das Fahrzeug zurückgibt und dafür ein anderes erwirbt.

b)

Hier hat aber die Beweisaufnahme vor dem Landgericht ergeben, dass das Fahrzeug, welches dem Kläger zum „Tausch“ angeboten wurde, entgegen den ursprünglichen Bezeichnungen im Schreiben vom 18. August 2015 als „Neufahrzeug“ und der Fahrzeugbeschreibung, in dem ebenfalls von einem „Neufahrzeug“ die Rede ist, ein Vorführfahrzeug war und der Kläger dies nicht bekannt war. Dem Beklagten ist nicht der Beweis gelungen, dass der Kläger dies entgegen diesen schriftlichen Angaben bereits vor dem vereinbarten Übergabetermin schon wusste, so dass der Beklagte nicht davon ausgehen durfte, dass der Kläger, dem ein neues Fahrzeug angekündigt war, dieses tatsächlich erwerben werde. Die dahingehende Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Infolgedessen ist hier dem Kläger die Berufung auf die ursprüngliche Frist nicht verwehrt, da er nur unter den dem Beklagten zuzurechnenden falschen Voraussetzungen zu den Verhandlungen bereit war.

3.

Der Rücktritt ist aber ausgeschlossen, da es an der Erheblichkeit der Pflichtverletzung fehlt (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB).

a)

Nach der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28.05.2014, VIII ZR 94/13, NJW 2014, 3229 ist nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB der Rücktritt ausgeschlossen, wenn die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung unerheblich ist, das heißt, wenn der Mangel geringfügig ist. Dabei ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers abzustellen. Die Beurteilung der Frage, ob eine Pflichtverletzung unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist, erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls. Im Rahmen dieser umfassenden Interessenabwägung ist bei behebbaren Mängeln grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen. Dabei ist von einer Geringfügigkeit eines behebbaren Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung in der Regel auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind. Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung ist von einer Geringfügigkeit des Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) in der Regel nicht mehr auszugehen, wenn bei einem behebbaren Mangel der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von 5 % des Kaufpreises übersteigt (BGH, a.a.O., BGH, Urteil vom 29. Juni 2011 – VIII ZR 202/10 BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 – VIII ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 33).

Für die Erheblichkeit eines behebbaren Mangels im Rahmen des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB kommt es regelmäßig auf die Relation zwischen den Kosten der Mängelbeseitigung und dem Kaufpreis an, denn das Gewicht der dem Verkäufer insoweit zur Last fallenden Pflichtverletzung lässt sich nur unter Berücksichtigung des Umfangs der geschuldeten Leistung insgesamt bewerten. Dies gilt auch für Güter aus einem höheren Preissegment wie im vorliegenden Fall. Für die Frage der Erheblichkeit der Pflichtverletzung im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist bei behebbaren Mängeln grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen. Auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung kommt es vielmehr nur dann entscheidend an, wenn der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar oder die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungeklärt ist (BGH, Urteil vom 29. Juni 2011, VIII ZR 202/10). Denn ein zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung erheblicher Mangel wird nicht dadurch unerheblich, dass es dem Verkäufer möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt noch hätte gelingen können, das Fahrzeug in einen der geforderten Beschaffenheit entsprechenden Zustand zu versetzen. Solange die Ursache eines aufgetretenen Mangelsymptoms unklar ist, lässt sich nicht abschätzen, ob überhaupt und mit welchem Aufwand die Ursache aufgefunden und in der Folge beseitigt werden kann. In dieser Situation kann die Geringfügigkeit eines Mangels deshalb regelmäßig nur an der von dem Mangelsymptom ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung gemessen werden (BGH, Urteil vom 26.10.2016, VIII ZR 240/15).

Insgesamt handelt es sich bei der Schwelle von 5 % des Kaufpreises um eine nicht starre („in der Regel“), sondern – entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – um eine flexible, in eine Interessenabwägung und eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls eingebettete Erheblichkeitsschwelle, die dem Ziel dient, die Interessen der Kaufvertragsparteien zu einem sachgerechten Ausgleich zu bringen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 242/16).

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c)

Unter Berücksichtigung dieser vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze ist vorliegend die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten.

aa)

Das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten hat ergeben, dass die Reparatur der Scheibe Kosten in Höhe von lediglich 972,48 € netto (1.157,25 € brutto) verursacht, das sind weniger als 2 % des Kaufpreises. Der Senat folgt den dahingehenden Ausführungen des Sachverständigen. Der Sachverständige hat die Instandsetzungskosten unter Zugrundelegung der beim Hersteller eingeholten Auskünfte und Informationen ermittelt und ausgeführt, dass hierfür eine Inaugenscheinnahme des Fahrzeuges nicht erforderlich war. Es gibt für den Senat keine Veranlassung für die Annahme, der Sachverständige habe hierbei nicht die für eine fachgerechte Reparatur notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen berücksichtigt. Der Kläger hat auch keine Umstände angeführt, die darauf hinweisen könnten und keine konkreten Einwendungen gegen das Gutachten erhoben.

bb)

Das Landgericht hat die Erheblichkeit trotz dieser niedrigen Reparaturkosten damit begründet, dass der Mangel sich nicht im Verlust der Scheibe erschöpfe, sondern darüber hinaus darin liege, dass die die Scheibe haltende Verankerung keinen zuverlässigen Schutz gegen ein Herausfallen bei der Fahrt biete. Aus einem hieraus resultierenden Verkehrsunfall, der zu erheblich höheren Kosten führen könne, wäre der Kläger gegenüber einem Geschädigten in vollem Umfang ersatzpflichtig, so dass von einer Geringfügigkeit nicht gesprochen werden könne. Dem folgt der Senat nicht. Der Mangel lag in der (herstellermäßig) ungenügenden Befestigung der Dekoscheibe, so dass diese herausfallen konnte, was hier auch (letztlich offenbar ohne weitere Konsequenzen) geschehen ist. Dass hiervon eine erhöhte Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausging, ist offensichtlich. Allein damit kann aber die Erheblichkeit der Pflichtverletzung nicht begründet werden. Der Gutachter hat unter Berücksichtigung der vom Hersteller zur Verfügung gestellten Daten ermittelt, dass eine Reparatur der Heckscheibe – dies beinhaltet naturgemäß deren ordnungsgemäße und sichere Befestigung – zu einem Nettopreis von 972,48 € netto möglich ist. Damit besteht die mangelhafte Befestigung nach dem Neueinbau der Scheibe bei fachgerechter Reparatur entsprechend den Vorgaben des Herstellers nicht mehr. Der Mangel war und ist demnach ohne weiteres behebbar, so dass die nach einer entsprechenden Reparatur durch eine fachgerechte Befestigung die Gefahr eines Herausfallens der (neuen) Scheibe nicht mehr gegeben ist. Die Behebbarkeit bestand auch schon zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung, die Mangelursache war zu diesem Zeitpunkt auch nicht ungeklärt. Es stand zu keinem Zeitpunkt im Zweifel, dass sich die Scheibe aufgrund einer fehlerhaften Befestigung gelöst hatte. Bereits im Schreiben des Beklagten vom 24.06.2015 (Blatt 10) ist erwähnt, dass es aufgrund des Problems mit den Scheiben eine Rückrufaktion vom Hersteller gab. Im Fax vom 19.08.2015 (Blatt 40) teilt der Beklagte dem Kläger mit, dass auf Nachfrage beim Hersteller … und Schilderung des Problems eine neue Heckscheibe bereits bestellt ist. Am 20.08.2015 (Blatt 42) teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass das Fahrzeug am kommenden Freitag repariert ausgeliefert werden könne. Angesichts dessen ist es hier gerade nicht so, dass die Mangelursache im – maßgeblichen – Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungewiss war, weil sie der Verkäufer nicht feststellen konnte. Insofern sind die Umstände auch nicht mit dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 26.10.2016, VIII ZR 240/15 zugrundeliegenden Sachverhalt, auf die der Kläger Bezug nimmt, vergleichbar. Dort war die Ursache für eine Funktionsstörung der Kupplung zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung gänzlich unklar.

Dass sich die Gefahr, die von der unzureichenden Befestigung der Scheibe ausging, sich nach dem Vortrag des Klägers bereits realisiert hat, als die Scheibe während der Fahrt herausfiel, führt im Rahmen der Gesamtabwägung der Umstände und der beiderseitigen Interessen zu keiner anderen Beurteilung. Dass das Herausfallen der Scheibe zu Konsequenzen geführt oder einen Unfall verursacht hat, ist dem Kläger nach seinem eigenen Vortrag nicht zur Kenntnis gelangt. Er hat seine Fahrt auch ohne diese Scheibe, die zur Funktionsfähigkeit des Wohnwagens selbst nicht notwendig ist, fortgesetzt.

cc)

Der Kläger hat seine Rücktrittserklärung auch nicht auf andere Mängel als den der verlorenen Heckscheibe gestützt und den Beklagten auch nicht zu Beseitigung anderer, konkret bezeichneter Mängel aufgefordert, so dass er hieraus kein Rücktrittsrecht herleiten kann. Die Mangelanzeige vom 16.06.2015 enthält als einzigen konkret aufgeführten Mangel den Verlust der Heckscheibe. Weitere potentielle Mängel werden nur pauschal und zudem als Kleinigkeiten erwähnt („z. Bsp. falsch eingebaute Schrankverschlüsse, fehlerhafte Frischwasseranzeigen, unzureichende Belüftung und Wärmeversorgung des hinteren Badraumes), ohne diese konkret zu benennen oder zu spezifizieren. Zwar wird in weiteren Schreiben vom 07.07.2015 (Blatt 11) und vom 21.07.2015 (Blatt 14) angekündigt, eine Liste mit weiteren Mängeln einzureichen. Insofern fehlt aber konkreter Vortrag dazu, wann eine solche Liste übergeben worden sein soll und welche Mängel dort konkret bezeichnet worden sein solle. Das als Anlage K 18 erstmals in der Berufungsinstanz vorgelegte Schriftstück, ersetzt einen solchen Vortrag nicht. Es lässt auch weder erkennen, wann es gefertigt worden sein soll und an wen es gerichtet gewesen sein soll.

3.

Da dem Kläger kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages zusteht, war auch die nach § 524 Abs. 1 ZPO zulässige Anschlussberufung zurückzuweisen.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen; es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.

6. Streitwert des Berufungsverfahrens: 47.204,19 €

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