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Sachverständiger überschreitet Vorschusshöhe – Hinweispflicht

Baustreit eskaliert: Sachverständiger im Vergütungsstreit gefangen

In einem Rechtsstreit über Baumängel wurde einem Sachverständigen ein Vorschuss von 6.000 EUR für die Erstellung eines Gutachtens gewährt. Nachdem der Sachverständige den Vorschuss erheblich überschritten hatte, ohne das Gericht rechtzeitig darüber zu informieren, wurde seine Vergütung auf den ursprünglichen Vorschussbetrag beschränkt. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte diese Entscheidung, indem es die Beschwerde des Sachverständigen zurückwies und betonte, dass der Sachverständige die heranziehende Stelle frühzeitig hätte informieren müssen, wenn absehbar war, dass die Kosten den Vorschuss erheblich überschreiten würden.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 25 W 305/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Sachverständiger überschritt den ihm gewährten Vorschuss von 6.000 EUR erheblich, ohne das Gericht rechtzeitig zu informieren.
  • Das Landgericht begrenzte seine Vergütung auf den ursprünglichen Vorschussbetrag.
  • Der Sachverständige legte Beschwerde ein, die vom Oberlandesgericht Hamm zurückgewiesen wurde.
  • Das Gericht betonte die Pflicht des Sachverständigen, über eine erhebliche Überschreitung des Vorschusses rechtzeitig zu informieren.
  • Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Kommunikation zwischen Sachverständigen und Gericht bei absehbaren Kostenüberschreitungen.

Sachverständiger: Vorschusshöhe überschritten – Hinweispflicht beachten!

Ein Sachverständiger wird oft beauftragt, um ein Gutachten zu erstellen. Hierbei wird meist ein Vorschuss gezahlt, der die voraussichtlichen Kosten abdeckt. Doch was passiert, wenn die tatsächlichen Kosten den Vorschuss übersteigen? In diesem Fall hat der Sachverständige eine Hinweispflicht. Was es damit auf sich hat und welche Folgen eine unterbliebene Hinweispflicht haben kann, erklären wir in diesem Artikel.

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Ein Streit über Baumängel eskaliert: Der Fall eines Sachverständigen und sein Kampf um Vergütung

Im Zentrum eines juristischen Streits stand die Festsetzung der Sachverständigenvergütung nach einem Baumängelstreit im Rahmen einer Bauträgermaßnahme mit 36 Einheiten. Ein Beweisbeschluss des Landgerichts vom Oktober 2020 zielte auf die Untersuchung vermeintlicher Mängel an Tiefgarage und Fassaden/Balkonen ab. Zwei Sachverständige wurden bestellt, doch die Vergütung eines von ihnen, Beteiligter zu 1 genannt, geriet ins Kreuzfeuer der juristischen Auseinandersetzung.

Die Vorschusszahlung: Ein überschrittener Rahmen führt zu Komplikationen

Dem Beteiligten zu 1 wurde ein Vorschuss von 6.000 EUR gewährt, den er erheblich überschritt, ohne das Gericht rechtzeitig zu informieren. Ein weiterer Sachverständiger wurde ebenfalls beauftragt, und zwischen den beiden Sachverständigen wurde der Vorschuss nicht differenziert. Der Beteiligte zu 1 erhielt kein Auftragsschreiben mit Hinweisen zur Vorschusshöhe, was später zu Problemen führte. Nachdem ein Teil des Vorschusses einem anderen Sachverständigen zugewiesen wurde, blieb dem Beteiligten zu 1 unklar, wie viel vom Vorschuss noch zur Verfügung stand.

Gerichtliche Fristen und fehlende Kommunikation: Eine juristische Zwickmühle

Die Situation eskalierte, als dem Beteiligten zu 1 verschiedene Fristen zur Erstellung des Gutachtens gesetzt wurden, gepaart mit der Androhung von Ordnungsgeldern. Trotz eines Hinweises auf mögliche Kostenüberschreitungen und der Bitte um Überprüfung durch das Gericht, setzte der Beteiligte zu 1 seine Arbeit fort und reichte schließlich ein Gutachten ein, dessen Kosten den Vorschuss weit überschritten. Das Landgericht forderte daraufhin eine genauere Aufstellung der Tätigkeiten und Kosten, die zu weiteren Verzögerungen und rechtlichen Auseinandersetzungen führten.

Das Urteil des OLG Hamm: Eine klare Linie in der Vergütungsfrage

Das Oberlandesgericht Hamm wies die Beschwerde des Beteiligten zu 1 schließlich zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts, seine Vergütung auf den ursprünglichen Vorschussbetrag von 2.318,79 EUR zu begrenzen. Das Gericht betonte, dass der Sachverständige die Verpflichtung gehabt hätte, das Gericht rechtzeitig über die erhebliche Überschreitung des Vorschusses zu informieren. Es wurde deutlich gemacht, dass eine solche Information nicht nur eine formale Pflicht, sondern eine essenzielle Voraussetzung für die gerechte Abwicklung juristischer Prozesse darstellt.

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Kommunikation zwischen Sachverständigen und Gericht, insbesondere im Hinblick auf die Kostenkontrolle bei der Erstellung von Gutachten. Die Entscheidung zeigt auf, dass Sachverständige eine aktive Rolle in der Überwachung und Mitteilung ihrer Kosten spielen müssen, um eine gerechte Vergütung zu gewährleisten.

In einem rechtlichen Kontext, in dem die genaue Abrechnung von Sachverständigenleistungen oft komplex und streitanfällig ist, setzt dieses Urteil ein klares Signal für die Notwendigkeit transparenter und proaktiver Kommunikation. Es verdeutlicht die Konsequenzen, die entstehen können, wenn diese Verpflichtungen nicht erfüllt werden, und dient als Mahnung für alle Beteiligten in ähnlichen Fällen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Welche Rolle spielt ein Vorschuss bei der Beauftragung eines Sachverständigen?

Bei der Beauftragung eines Sachverständigen spielt der Vorschuss eine zentrale Rolle, da er als eine Art Sicherheitsleistung für die zu erwartenden Kosten des Gutachtens dient. Der Vorschuss deckt in der Regel die voraussichtlichen Auslagen und Honorare des Sachverständigen ab. Die Bedeutung des Vorschusses und die damit verbundenen Pflichten sowohl des Sachverständigen als auch der beauftragenden Partei sind im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) sowie in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt.

Hinweispflicht und Kostentransparenz

Ein Sachverständiger ist verpflichtet, auf eine erhebliche Überschreitung des angeforderten Auslagenvorschusses hinzuweisen. Diese Hinweispflicht dient dem Schutz des Kostenschuldners vor unerwartet hohen Kosten. Sollte der Sachverständige gegen diese Pflicht verstoßen und das Gericht deshalb keinen ausreichenden Vorschuss anfordern, ist das Honorar des Sachverständigen auf die Höhe des Vorschusses beschränkt. Diese Regelung soll sicherstellen, dass die Kosten für das Gutachten transparent und nachvollziehbar bleiben.

Vergütungsanspruch und Überschreitung des Vorschusses

Die Vergütung des Sachverständigen ist grundsätzlich auf den eingezahlten Vorschuss zu kürzen, wenn die tatsächlichen Kosten die ursprünglich geschätzten und vorgestreckten Beträge erheblich überschreiten. Dies gilt insbesondere, wenn der Sachverständige seine Pflicht zur Kostentransparenz verletzt hat. Allerdings erhält ein Sachverständiger, wenn die ihm objektiv zustehende Vergütung den eingezahlten Vorschuss nicht erheblich übersteigt, eine höhere Vergütung.

Rechtliche Konsequenzen bei Nichtzahlung des Vorschusses

Wird der Vorschuss nicht innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist bezahlt, kann die Beauftragung des Sachverständigen unterbleiben. Dies dient der Vermeidung von Verzögerungen im Verfahren. Die Partei ist jedoch nicht gehindert, den Sachverständigen später im Verfahren zu stellen oder den Antrag auf Einholung eines Gutachtens aufrechtzuerhalten, solange dies das Verfahren nicht verzögert.

Der Vorschuss bei der Beauftragung eines Sachverständigen dient als finanzielle Absicherung für die entstehenden Kosten und fördert die Kostentransparenz. Sachverständige sind zur Mitteilung erheblicher Kostenüberschreitungen verpflichtet, um die beauftragende Partei vor unerwartet hohen Ausgaben zu schützen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen stellen sicher, dass die Interessen beider Seiten gewahrt bleiben und das Verfahren effizient fortgeführt werden kann.

Was passiert, wenn die Kosten eines Sachverständigengutachtens den Vorschuss übersteigen?

Wenn die Kosten eines Sachverständigengutachtens den Vorschuss übersteigen, ist der Sachverständige verpflichtet, auf eine erhebliche Überschreitung des angeforderten Auslagenvorschusses hinzuweisen. In der Rechtsprechung wird eine erhebliche Überschreitung überwiegend bei 20–25 % angenommen. Wenn der Sachverständige diesen Hinweis unterlässt, wird seine Vergütung grundsätzlich auf die Höhe des vorhandenen Auslagenvorschusses beschränkt.

Es gibt jedoch auch Situationen, in denen der Sachverständige trotz einer Überschreitung des Vorschusses eine höhere Vergütung erhalten kann. Dies ist der Fall, wenn die tatsächliche, objektiv zustehende Vergütung den Vorschuss nicht erheblich übersteigt. Hier kann dem Sachverständigen ein „Toleranzbetrag“ von 20–25 % des eingezahlten Vorschusses zugesprochen werden.

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Sollte der Sachverständige jedoch ohne einen entsprechenden Hinweis weiterarbeiten und dadurch die Kosten weiter steigen, kann dies dazu führen, dass die Vergütung auf den ursprünglich angeforderten Vorschuss gekappt wird. Das bedeutet, dass der Sachverständige für die zusätzlichen Kosten, die über den Vorschuss hinausgehen, keine Vergütung erhält, es sei denn, es liegt eine begründete Ausnahme vor.

In Fällen, in denen der Sachverständige den Kostenvorschuss um mehr als 20 % überschreitet und nicht vorab darauf hingewiesen hat, ist die Vergütung mit dem Betrag des Vorschusses zu kappen. Wenn der Sachverständige jedoch rechtzeitig auf die Überschreitung hinweist, kann das Gericht entscheiden, ob es einen weiteren Vorschuss bewilligt oder ob der Sachverständige seine Arbeit einstellen soll.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass Sachverständige bei der Erstellung von Gutachten nicht nur fachlich kompetent sein müssen, sondern auch in Bezug auf Kostenaufklärung und -transparenz sorgfältig agieren sollten, um finanzielle Einbußen zu vermeiden.

Welche Konsequenzen hat das Nichtbeachten der Hinweispflicht durch den Sachverständigen?

Das Nichtbeachten der Hinweispflicht durch den Sachverständigen kann verschiedene Konsequenzen nach sich ziehen. Eine wesentliche Folge ist, dass der Sachverständige seine Vergütung verlieren kann, wenn er es versäumt, auf eine erhebliche Überschreitung des angeforderten Auslagenvorschusses hinzuweisen. Dies ist im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) geregelt, welches besagt, dass die Vergütung auf den ursprünglich angeforderten Vorschuss beschränkt werden kann, wenn der Sachverständige die Hinweispflicht missachtet.

Zudem kann das Gericht bei wiederholter Missachtung der Hinweispflicht des Sachverständigen ein Ordnungsgeld verhängen oder im Extremfall zur entschädigungslosen Entpflichtung des Sachverständigen führen. Das bedeutet, dass der Sachverständige in solchen Fällen nicht nur sein Honorar verlieren, sondern auch mit weiteren Sanktionen rechnen muss.

Darüber hinaus kann der Sachverständige für Schäden haftbar gemacht werden, die durch eine von ihm verursachte Verfahrensverzögerung entstehen. Wenn also durch die Nichtbeachtung der Hinweispflicht das Verfahren verzögert wird und dadurch den Parteien Schäden entstehen, kann der Sachverständige dafür zur Verantwortung gezogen werden.

Die Hinweispflicht dient dem Schutz des Kostenschuldners und soll verhindern, dass dieser durch die Arbeit des Sachverständigen vor vollendete Tatsachen und unerwartet hohe Kosten gestellt wird. Die Konsequenzen für das Nichtbeachten dieser Pflicht sind daher sowohl finanzieller als auch rechtlicher Natur und können die berufliche Reputation des Sachverständigen beeinträchtigen.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 4 JVEG (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz): Regelt die Vergütung für Sachverständige, die von Gerichten herangezogen werden. Im Kontext des Urteils geht es um die Festsetzung der Vergütung eines Sachverständigen.
  • § 407a Abs. 4 S. 1 ZPO (Zivilprozessordnung): Verpflichtet den Sachverständigen, bei Unklarheiten im Zusammenhang mit seinem Auftrag, insbesondere bezüglich der Vergütung, das Gericht zu informieren. Dies dient der Klärung und Vermeidung von Missverständnissen bezüglich der Vergütungshöhe.
  • § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO: Legt fest, dass der Sachverständige das Gericht rechtzeitig informieren muss, wenn absehbar ist, dass die Kosten für das Gutachten den erteilten Kostenvorschuss erheblich übersteigen werden. Die Pflicht zur rechtzeitigen Information soll verhindern, dass unerwartet hohe Kosten entstehen, ohne dass das Gericht und die Parteien darauf reagieren können.
  • § 8a Abs. 4 JVEG: Bestimmt, dass die Vergütung eines Sachverständigen auf die Höhe des bereits gezahlten Auslagenvorschusses begrenzt ist, wenn die berechnete Vergütung diesen Vorschuss erheblich überschreitet und der Sachverständige nicht rechtzeitig auf diese Überschreitung hingewiesen hat. Im vorliegenden Fall wurde die Vergütung des Sachverständigen aufgrund dieser Regelung begrenzt.
  • § 4 Abs. 8 JVEG: Grundlage für den Kostenausspruch im Urteil, der besagt, dass die Entscheidung über die Vergütung des Sachverständigen gebührenfrei erfolgt und keine Kosten erstattet werden.

Diese Paragraphen bilden die rechtliche Basis für die Entscheidung des OLG Hamm zur Vergütung eines Sachverständigen, der die Höhe des ihm erteilten Vorschusses erheblich überschritten hat, ohne das Gericht rechtzeitig darüber zu informieren.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: 25 W 305/23 – Beschluss vom 07.02.2024

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 03.08.2023 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Verfahrensgegenständlich ist die Festsetzung der Sachverständigenvergütung des Beteiligten zu 1. nach § 4 JVEG.

Zugrunde liegt ein Rechtsstreit über Baumängel im Rahmen einer Bauträgermaßnahme mit insgesamt 36 Einheiten. Das Landgericht erließ am 09.10.2020 einen Beweisbeschluss (Bl. I 198 ff.), der vermeintliche Mängel an der Tiefgarage (Themenkomplex A) und an Fassade und Balkonen (Themenkomplex B) betraf. Für den Themenkomplex A wurde ### zum Sachverständigen bestellt, für den Themenkomplex B der Beteiligte zu 1.. Der Klägerin wurde die Zahlung eines Auslagenvorschusses i.H.v. 6.000 EUR ohne nähere Differenzierung nach den beiden Themenkomplexen aufgegeben. Dieser Vorschuss wurde auch gezahlt (Bl. III).

Die Akte wurde zunächst an ### zur Gutachtenerstellung übersandt. Dieser leitete die Akte, wie ihm vom Landgericht aufgegeben worden war, nach Durchführung eines Ortstermins unmittelbar an den Beteiligten zu 1. weiter (Bl. I 228, 248, 282); ein Auftragsschreiben des Landgerichts erhielt der Beteiligte zu 1. nicht, insbesondere nicht das übliche Anschreiben ZP22 unter Hinweis auf die Höhe des Vorschusses.

Dem Sachverständigen ### wurde am 09.09.2021 aus dem Retent eine Vergütung i.H.v. 3.681,21 EUR angewiesen (Bl. I 262). Dies gelangte dem Beteiligten zu 1. nicht zur Kenntnis.

Durch Beschluss vom 09.11.2021 (Bl. I 288) wurde dem Beteiligten zu 1. eine Frist zur Erstellung des Gutachtens bis zum 10.01.2022 gesetzt. Mit weiterem Beschluss vom 21.02.2022 (Bl. I 307) wurde ihm eine Nachfrist bis zum 31.05.2022 unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 3.000 EUR gesetzt, verlängert durch Beschlüsse vom 29.03.2022 (Bl. I 316) bis zum 15.07.2022 und vom 28.06.2022 (Bl. I 327) bis zum 30.09.2022. Die Kammer setzte mit Beschluss vom 13.10.2022 (Bl. I 350) gegen den Beteiligten zu 1. ein Ordnungsgeld von 500 EUR fest unter Setzung einer weiteren Frist zur Erstattung des Gutachtens bis zum 15.12.2022 und Androhung eines weiteren Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 3.000 EUR sowie entschädigungsloser Entziehung des Gutachtenauftrages. Hiergegen wandte sich der Beteiligte zu 1. mit Beschwerde vom 31.10.2022 (Bl. I 357), eingegangen am selben Tag, u. a. unter Hinweis auf das fehlende Auftragsschreiben. Zugleich teilte er mit, er gehe von einem Stundensatz i.H.v. 105 EUR aus, so dass angesichts einer Bearbeitungszeit für das Gutachten von mindestens drei bis vier Tagen Gutachtenkosten i.H.v. ca. 5.000 EUR netto (6.000 EUR brutto) anfallen könnten, und bat um Prüfung, ob dies durch die Vorschusszahlung gedeckt sei. Mit Schreiben vom 07.11.2022 (Bl. I 363), dem Beteiligten zu 1. zugestellt am 15.11.2022 (Bl. I 366), bat die Kammer um Rücksendung der Verfahrensakte zwecks Prüfung einer weiteren Vorschussanforderung mit der Weisung, die Begutachtung zunächst auszusetzen.

Der Beteiligte zu 1. übersandte mit Begleitschreiben vom 19.11.2022 (Bl. I 370 ff.) sein Gutachten u. a. mit dem Hinweis, er habe – zur Vermeidung eines Ordnungsgeldes – das Gutachten bis zum 15.11.2022 weitgehend bearbeitet und am 17.11.2022 fertig gestellt. Seine Tätigkeit rechnete der Sachverständige mit 5.983,20 EUR ab (Bl. I 397 ff.). Den vom Gericht für den Sachverständigen angeforderten weiteren Auslagenvorschuss i.H.v. 3.664,41 EUR zahlte die Klägerin letztlich am 20.03.2023 (Bl. IV).

Der Beteiligte zu 2. beantragte mit Schreiben vom 16.03.2023 (Bl. I 433) die Festsetzung der Vergütung des Beteiligten zu 1. gemäß § 4 JVEG auf nicht mehr als 2.318,79 EUR. Auf Mängel der Beauftragung könne sich der Beteiligte zu 1. nicht berufen, zumal er dies nicht umgehend gerügt habe. Auch die Pflicht gemäß § 407a Abs. 4 S. 1 ZPO zur Herbeiführung einer Klärung durch das Gericht habe ihn nicht zu einer Kontaktaufnahme mit dem Gericht veranlasst, sondern er habe auf der Grundlage der Heranziehung ein Gutachten erstellt und seine Vergütung abgerechnet. Trotz fehlender Hinweise auf seine Verpflichtungen gemäß § 407a Abs. 1 bis 5 ZPO könne die Nichtbeachtung der Verpflichtungen zu einer Aberkennung oder Kürzung der Vergütung führen. Dem Sachverständigen sei aus dem Beweisbeschluss und der Akte bekannt gewesen, dass ein Vorschuss i.H.v. 6.000 EUR angefordert und gezahlt worden sei. Außerdem sei ihm die vorangegangene Tätigkeit des Sachverständigen ### bekannt gewesen. Zwar habe sich dessen Abrechnung während der Bearbeitung durch den Beteiligten zu 1. nur im Retent befunden, allerdings habe dieser davon ausgehen müssen, dass durch das erste Gutachten bereits ein erheblicher Teil des Vorschusses verbraucht worden sei. Er hätte mit Rücksicht auf die Pflicht nach § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO klären müssen, in welcher Höhe noch ein Kostenvorschuss zur Verfügung stand. Aus der Abrechnung des Beteiligten zu 1. sei nicht ersichtlich, an welchem Tag die jeweiligen Leistungen erbracht worden seien. Nach dem Inhalt des Schreibens vom 31.10.2022 sei davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des Schreibens mit der Gutachtenbearbeitung noch nicht begonnen worden sei. Bis Punkt 4.2 der Abrechnung seien allerdings bereits Kosten i.H.v. 2.414,41 EUR netto (2.872,85 EUR brutto) entstanden, die den verbliebenen Kostenvorschuss um mehr als 20% überschritten hätten. Ob eine erhebliche Überschreitung des Kostenvorschusses vorliege, sei mit Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls festzustellen, im Regelfall aber bei einer Überschreitung von 20 oder 25% ohne weitere Anhaltspunkte anzunehmen. Der Hinweis des Sachverständigen am 31.10.2022 sei daher nicht rechtzeitig gewesen. Für den Fall, dass die Kammer dies dennoch annehmen sollte, weist der Beteiligte zu 2. darauf hin, dass der Beteiligte zu 1. keine Anweisung für eine absehbare Überschreitung, etwa durch den Vordruck ZP22, erhalten habe. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Einstellung der weiteren Bearbeitung gebe es nicht. Allerdings habe das Gericht mit Schreiben vom 07.11.2022 zur Aussetzung der Begutachtung aufgefordert. Dieses Schreiben habe der Beteiligte zu 1. am 15.11.2022 erhalten, als die Gutachtenbearbeitung noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Die danach entfaltete Tätigkeit sei nicht zu vergüten, insoweit sei ggf. eine genauere Aufstellung anzufordern.

Der Beteiligte zu 1. trug mit Schreiben vom 30.03.2023 (Bl. I 449 ff.) zum tatsächlichen Geschehensablauf vor. Bei den Ortsterminen am 24.08.2022 und 30.08.2022 seien Proben genommen worden, die im Labor untersucht worden seien. Um zu vermeiden, dass es zu der Situation komme, dass ein Kostenaufwand entstehe, welcher durch den Vorschuss nicht abgedeckt sei, habe er dann am 31.10.2022 die zu erwartenden Kosten mitgeteilt. Zu diesem Zeitpunkt seien die Leistungen 1 bis 3.4 der Rechnung mit einer Summe von netto 1.679,16 EUR = 1.998,20 EUR brutto erbracht, die Positionen 4 bis 6 noch nicht erbracht worden. Auf Anforderung der Kammer (Bl. I 464 f.) übermittelte der Beteiligte zu 1. mit Schreiben vom 21.07.2023 (Bl. I 467 ff.) eine Aufstellung seiner Tätigkeiten mit Zeitaufwand und Kosten, zu denen er weitere Ausführungen machte.

Durch Beschluss vom 03.08.2023 (Bl. I 470) setzte die Kammer die Vergütung des Beteiligten zu 1. auf 2.318,79 EUR fest. Der Sachverständige habe die heranziehende Stelle rechtzeitig darauf hinzuweisen, wenn die Vergütung den angeforderten Kostenvorschuss erheblich überschreite. Der vorhandene Vorschuss von restlichen 2.318,79 EUR sei mit den in Rechnung gestellten 5.983,20 EUR erheblich, nämlich um 250%, überschritten worden. Zwar habe der Sachverständige noch rechtzeitig auf die Überschreitung des Vorschusses hingewiesen, die Bearbeitung allerdings trotz Aufforderung des Gerichts im Schreiben vom 07.11.2022 nicht ausgesetzt, sondern noch beschleunigt und weitere Kosten verursacht. Ob schon in der weiteren Bearbeitung des Gutachtens nach dem Schreiben vom 31.10.2022 eine Pflichtverletzung liege, könne offenbleiben; hierzu werde vertreten, dass er auch ohne Hinweis des Gerichts mit seinen Arbeiten einhalten und das Gericht hiervon unterrichten müsse, wenn er im Verlauf seiner Tätigkeit zur Vorbereitung des Gutachtens merke, dass der Kostenvorschuss erheblich überschritten werde. Bei Verfassen des Schreibens vom 31.10.2022 sei dem Beteiligten zu 1. bewusst gewesen, dass der vorhandene Vorschuss nicht ausreiche, denn er habe für seine eigene Tätigkeit Kosten i.H.v. 6.000,00 EUR kalkuliert und aus der Akte sei eindeutig zu entnehmen gewesen, dass nur ein Vorschuss von insgesamt 6.000,00 EUR für beide Gutachten zur Verfügung gestanden habe, wobei ein Sachverständiger schon tätig geworden sei, so dass schon Kosten entstanden sein mussten. Spätestens mit Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 07.11.2022 hätte der Beteiligte zu 1. die Bearbeitung unterbrechen müssen, denn der Sachverständige müsse einer Anweisung des Gerichts, den Eingang des Vorschusses abzuwarten, Folge leisten und verliere anderenfalls seinen Vergütungsanspruch. Infolge der erheblichen Überschreitung sei die Vergütung auf die Höhe des Vorschusses ohne Zubilligung eines Toleranzrahmens gedeckelt.

Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 1. mit Schreiben vom 12.09.2023 (Bl. I 506) Beschwerde eingelegt. Bis zum Hinweis mit Schreiben vom 31.10.2022 seien Kosten i.H.v. 1.998,20 EUR angefallen, alle weiteren Kosten danach, wie mit Schreiben vom 21.07.2023 präzisiert; hierzu führt der Beteiligte zu 1. näher aus. Der Vordruck ZP22 sei nicht überstellt worden, so dass für den Beteiligten zu 1. eine Vorschussüberschreitung nicht ersichtlich gewesen sei. Das Schreiben vom 21.07.2023 habe in der Stellungnahme des Beteiligten zu 2. nicht berücksichtigt werden können; nach Auffassung des Beteiligten zu 1. sei es auch im angefochtenen Beschluss unberücksichtigt geblieben. Eine Erkundigungspflicht über den an den Co-Sachverständigen ausgezahlten Kostenbetrag bestehe nach den zivilprozessualen Vorschriften nicht. Fehlerhaft habe das Gericht im Beweisbeschluss den Vorschuss nicht aufgeteilt, die Kostennote des ### habe der Beteiligte zu 1. nicht gekannt. Es sei nicht nachvollziehbar, dass er nur noch den überschießenden Betrag zwischen dessen Rechnung und eingezahltem Vorschuss zugebilligt erhalte. Es könne nicht auf dem Rücken des Beschwerdeführers ausgetragen werden, dass der Beteiligte zu 1. nicht der Erstgutachter gewesen sei. Im Übrigen habe der Beteiligte zu 1. erläutert, dass er am 31.10.2022 den restlich verbliebenen Kostenvorschuss noch gar nicht verbraucht habe; auch dies könne ihm nicht zum Nachteil gereichen.

Das Landgericht hat im Beschluss vom 04.12.2023 (Bl. I 533 ff.) der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Kammer lege die Angaben des Beteiligten zu 1. aus dem Schreiben vom 21.07.2023 zugrunde. Soweit der Beteiligte zu 1. in seiner Beschwerdebegründung ergebnisorientiert darlege, er habe die Arbeiten im Wesentlichen bereits am 09.11.2022 abgeschlossen gehabt, widerspreche dies den Darstellungen des Schreibens vom 21.07.2023, wonach die fachliche Bearbeitung am 17.11.2022 abgeschlossen gewesen sei. Im Ergebnis könne dies jedoch dahinstehen, da der Beteiligte zu 1. seine Pflichten jedenfalls durch die Fortsetzung eines Teils der Begutachtung nach Erhalt der gerichtlichen Weisung am 15.11.2022 fortgesetzt habe. Diese Pflichtverletzung führe zum Verlust des weiteren Vergütungsanspruchs bzw. zur Beschränkung auf die Höhe des Vorschusses analog § 8a Abs. 4 JVEG. Auf den verbleibenden Umfang der Begutachtung komme es nicht an.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht die Vergütung des Beteiligten zu 1. auf 2.318,79 EUR festgesetzt.

Die Vergütung ist gemäß § 8a Abs. 4 JVEG auf den verbleibenden Auslagenvorschuss in dieser Höhe begrenzt.

1. Nach dieser Vorschrift erhält der Sachverständige die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses, wenn die berechnete Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich überschreitet und der Sachverständige nicht rechtzeitig nach § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO auf diesen Umstand hinweist.

2. Die vom Beteiligten zu 1. berechnete Vergütung i.H.v. 5.983,20 EUR und die dem Sachverständigen ### angewiesene Vergütung i.H.v. 3.681,20 EUR summieren sich auf 9.664,40 EUR und liegen damit über der Erheblichkeitsgrenze für die Überschreitung, die jedenfalls bei einer Überschreitung von 25% angenommen wird und damit bei 7.500,00 EUR erreicht war.

3. Der Beteiligte zu 1. hat seine Verpflichtung aus § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO schuldhaft verletzt, indem er im Anschluss an sein Schreiben vom 31.10.2022 die Gutachtenbearbeitung fortsetzte, ohne eine Reaktion des Landgerichts abzuwarten.

a) Gemäß § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO hat der Sachverständige rechtzeitig hinzuweisen, wenn voraussichtlich Kosten erwachsen, die den angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen.

b) Die Mitteilungspflicht bestand auch ohne konkreten gerichtlichen Hinweis hierauf, da es sich um eine gesetzliche Verpflichtung handelt.

c) Auch wenn der Hinweis des Beteiligten zu 1. im Schreiben vom 31.10.2022 zu einem Zeitpunkt erfolgt sein mag, als der Auslagenvorschuss noch nicht überschritten war, hat er dennoch seine Verpflichtung zur rechtzeitigen Hinweiserteilung verletzt, weil sich hieraus für ihn unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten eine Verpflichtung ergab, die Reaktion des Gerichts hierauf abzuwarten, bevor er weiter tätig wurde.

aa) Bei der Rechtzeitigkeit des Hinweises handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der anhand des Zwecks der Mitteilungspflicht auszufüllen ist. § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO soll den Parteien die Möglichkeit geben, angesichts unverhältnismäßiger Kosten auf die Beweisaufnahme zu verzichten, sich ggf. gütlich zu einigen oder ein weniger aufwändiges Verfahren zu wählen (BT-Drs. 11/3621 vom 01.12.1988, S. 40; Scheuch, in: BeckOK-ZPO, 51. Ed., Stand: 01.12.2023, § 407a Rn. 4; vgl. auch Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 407a Rn. 9). Das impliziert, dass für die Parteien auch noch eine Reaktionsmöglichkeit zur Verfügung steht. Von einer rechtzeitigen Mitteilung kann daher nach Sinn und Zweck nur gesprochen werden, wenn der Hinweis zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Parteien diesen noch entgegennehmen und hierauf reagieren können, bevor es zu der Vorschussüberschreitung kommt.

bb) Nach dem nicht zu widerlegenden Vorbringen des Beteiligten zu 1. waren zum Zeitpunkt des Schreibens erst Leistungen mit einer Summe von 1.998,20 EUR brutto erbracht. Dem vorher tätigen Sachverständigen ### war eine Vergütung i.H.v. 3.681,20 EUR ausgezahlt worden, so dass – bei objektiver Betrachtung – rechnerisch der Vorschuss insgesamt noch nicht ganz ausgeschöpft war. Allerdings wäre bei Fortführung der Begutachtung zeitnah die Grenze der wesentlichen Überschreitung des Auslagenvorschusses erreicht gewesen, denn für die Gutachtenbearbeitung veranschlagte der Beteiligte zu 1. einen Stundensatz von 105,00 EUR netto = 124,95 EUR brutto. Auch unter Zugrundelegung der Sicht des Beteiligten zu 1. ergibt sich letztlich nichts anderes. Er rechnete für sich selbst allein schon mit voraussichtlichen Kosten i.H.v. 6.000,00 EUR brutto, so dass unter Berücksichtigung der vorangegangenen Tätigkeit des ### bei lebensnaher Betrachtung die wesentliche Überschreitung des Auslagenvorschusses für ihn mindestens sehr wahrscheinlich war.

cc) Selbst wenn im Zeitpunkt des Schreibens vom 31.10.2022 der Vorschuss noch nicht überschritten war, musste der Beteiligte zu 1. bei der damaligen Sachlage nach seinem Hinweis zunächst die Reaktion der Kammer hierauf abwarten und durfte nicht ohne Weiteres mit der Gutachtenbearbeitung fortfahren.

(1) Die Frage, ob eine grundsätzliche Verpflichtung zur Einstellung der Tätigkeit nach erteiltem Hinweis existiert, ist umstritten. Nach der wohl herrschenden Auffassung muss der Sachverständige nur bei einer Weisung des Gerichts im Einzelfall von einer weiteren Gutachtenbearbeitung absehen (Greger, in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 407a Rn. 3a; Zimmermann, in: MüKo-ZPO, 6. Aufl. 2020, § 407a Rn. 13; OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.08.2017 – 8 W 262/17 -). Andere bejahen eine Wartepflicht (Bleutge, in: BeckOK-KostR, 44. Ed., Stand: 01.01.2024, § 8a Rn. 27; LSG Bayern, Beschluss vom 23.08.2022, 12 SF 209/20, BeckRS 2022, 21846 Rn. 27; Schneider, in: Schneider, JVEG, 4. Aufl. 2021, § 8a Rn. 31, allerdings zum Missverhältnis von Kosten).

(2) Zutreffend ist, dass sich eine Wartepflicht nicht aus dem Gesetz gibt. Allerdings ist der Sachverständige nach Sinn und Zweck des § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO als verpflichtet anzusehen, im Zweifelsfall auf eine Rückmeldung der Kammer auf seinen Hinweis zu warten. Die Mitteilungspflicht nach § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO ist keine reine Formalie. Vielmehr ist im Interesse der Prozessparteien, zu deren Lasten die Kosten gehen, sicherzustellen, dass Reaktionsmöglichkeiten auf diesen Hinweis eröffnet werden, bevor es zu einer wesentlichen Vorschussüberschreitung kommt. Unterliegt es Zweifeln, ob die Rechte der Parteien schon durch den erteilten Hinweis gewahrt werden können, müssen diese Zweifel geklärt werden, bevor die Gutachtertätigkeit fortgesetzt wird. Solche Zweifel mussten sich hier aufdrängen, weil die Höhe des noch zur Verfügung stehenden Vorschusses nach der vorangegangenen, bereits vergüteten Tätigkeit des ### unklar war, der Beteiligte zu 1. aber schon für seine eigene Tätigkeit von voraussichtlichen Kosten in Höhe des insgesamt zur Verfügung stehenden Auslagenvorschusses ausging.

d) Der Beteiligte zu 1. hat schuldhaft gehandelt, wofür Fahrlässigkeit genügt. Er hat die sich aus § 8a Abs. 5 JVEG ergebende Verschuldensvermutung nicht widerlegt.

aa) Der – mangels Auftragsschreiben – unterbliebene Hinweis des Gerichts auf § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO steht nicht entgegen. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies generell anzunehmen ist (so Bleutge, in: BeckOK-KostR § 8a Rn. 27 m. w. N.). Dies galt jedenfalls für den Beteiligten zu 1., der öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger und somit forensisch erfahren war. Dass ihm das Problem der Vorschussüberschreitung bekannt war, ergibt sich zudem aus seinem Schreiben vom 31.10.2022.

bb) Die Unkenntnis der genauen Höhe des verbliebenen Auslagenvorschusses rechtfertigt ebenfalls keine abweichende Beurteilung.

(1) Zwar entspricht es wohl der überwiegenden Auffassung, dass eine fehlende genaue Kenntnis vom Vorschuss das Verschulden entfallen lassen kann (Binz, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, § 8a Rn. 25; Gehle, in: Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl. 2024, § 413 Rn. 9; Bleutge, in: BeckOK § 8a Rn. 34). Dabei ist jedoch, wie eine nähere Betrachtung der hierzu ergangenen Rechtsprechung zeigt, der jeweilige Einzelfall zu prüfen. Soweit hierzu eine Entscheidung des 11. Zivilsenats (OLG Hamm, Beschluss vom 06.06.2014, 11 U 153/12, DS 2014, 287) zitiert wird, lag dieser eine Ladung des Sachverständigen zum Termin zugrunde, bei der diesem schon keine Mitteilung über eine – gemäß §§ 379, 402 ZPO nicht zwingende – Vorschussanforderung gemacht worden war, sondern nur über die an die Parteien erteilten Hinweise hierauf hätte geschlossen werden können. Das LSG Bayern (Beschluss vom 24.08.2016 – L 15 RF 128/16, BeckRS 2016, 72323) stellt auf den Empfängerhorizont des Sachverständigen ab, der nach einem Hinweis gemäß § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO um Fortsetzung der Begutachtung gebeten wurde, ohne die genaue Höhe des letztlich zur Verfügung stehenden Vorschusses betragsgenau bekanntzugeben.

(2) Der Senat sieht keine vergleichbare Konstellation, in der ein Verschulden widerlegt wäre. Die Anordnung sowie die Zahlung eines Vorschusses i.H.v. 6.000 EUR gingen aus der Akte hervor. Unklar war nur, welcher Betrag von diesem Vorschuss noch zur Verfügung stand. Auch wenn man es als Aufgabe des Gerichts ansehen darf, dem Sachverständigen die konkrete Höhe des verbleibenden Vorschusses mitzuteilen, vermag dies den Beteiligten zu 1. nicht vollständig zu entlasten. Ihn trifft auch die Verpflichtung, Unklarheiten im Umfang seines Auftrags abklären, zu dem auch die Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses gehört, § 407a Abs. 4 S. 1 ZPO (vgl. auch Greger, in: Zöller § 413 Rn. 8). Es wäre seine Aufgabe gewesen, den Umfang seines Auftrags und damit die Höhe des verbliebenen Vorschusses zu ermitteln. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass er anderenfalls die Mitteilungspflicht nach § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO für ihn erkennbar nicht ordnungsgemäß erfüllen konnte. Einen Vertrauenstatbestand, auf dessen Basis er von der Billigung seiner weiteren Tätigkeit unabhängig von der Vorschussfrage ausgehen konnte, gab es nicht. Zwar konnte der Beteiligte zu 1. annehmen, dass ### gegenüber dem Gericht seine Vergütung abgerechnet hatte und diese demnach dort bekannt war. Aus einer etwaigen Untätigkeit des Gerichts konnte er aber nichts für sich herleiten, da sich für das Gericht nicht erschließen musste, dass durch die Tätigkeit des Beteiligten zu 1. der gezahlte Vorschuss insgesamt wesentlich überschritten wurde.

(3) Den Beteiligten zu 1. kann auch nicht entlasten, dass er wegen der Fristsetzung zur Gutachtenerstellung und Androhung eines weiteren Ordnungsgeldes sowie entschädigungsloser Entziehung des Gutachtenauftrages möglicherweise unter Zeitdruck stand. Abgesehen davon, dass der Verpflichtung aus § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO der Vorrang einzuräumen sein dürfte, lief die Frist erst am 15.12.2022 ab, so dass nach dem Schreiben vom 31.10.2022 noch rund sechs Wochen für die Bearbeitung zur Verfügung standen, für die er selbst drei bis vier Arbeitstage veranschlagt hatte. Es hätte auch, ggf. telefonisch, auf eine schnelle Klärung gedrängt werden können. Eine etwaige Fristsetzung zur Zahlung eines weiteren Auslagenvorschusses hätte zudem nicht zu Lasten des Beteiligten zu 1. gehen dürfen.

e) Soweit vertreten wird, dass eine Kürzung der Vergütung bei Einverständnis, Zahlung der Vorschüsse oder Begehren weiterer kostenauslösender Maßnahmen unterbleiben soll (vgl. Bleutge, in: BeckOK-KostR § 8a Rn. 34 m. w.N.), vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen, solange nicht im Hinblick auf die mögliche Kostenschuldnerschaft der gegnerischen Partei deren Zustimmung ebenfalls vorliegt (vgl. Schneider, in: ders. § 8a Rn. 39). Dies ist nicht der Fall.

f) Die Vergütung des Beteiligten zu 1. war aufgrund des eindeutigen Wortlaut des § 8a JVEG danach auf den Betrag des (verbleibenden) Vorschusses zu kürzen (OLG Hamm, Beschluss vom 24.07.2014 – 24 U 220/12 m. w. N.).

III.

Der Kostenausspruch beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.

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