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Grundsteuerwertbescheide – Verfassungswidrigkeit

FG Rheinland-Pfalz – Az.: 4 V 1295/23 – Beschluss vom 23.11.2023

1. Die Vollziehung des Bescheids über den Grundsteuerwert auf den 1. Januar2022 vom 28. Dezember 2022 und der Einspruchsentscheidung vom 25. April 2023 wird ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

3. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

4. Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Strittig ist die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften gemäß §§ 218 ff. Bewertungsgesetz (BewG), die zur Ermittlung des für die Grundsteuererhebung ab dem 1. Januar 2025 maßgeblichen Grundsteuerwerts auf den 1. Januar 2022 herangezogen werden sollen. Überdies ist strittig, ob bei der Bewertung der Immobilie der Antragstellerin eine niedrigere als die gesetzlich fingierte Miete angesetzt werden konnte.

Das Antragsverfahren betrifft die wirtschaftliche Einheit des Grundstücks in X, -Straße Nr., Gemarkung, Flur-Nr., Flurstücks-Nr. . Der Bodenrichtwert für das Grundstück wurde zum Stichtag 1. Januar 2022 auf 125 Euro pro Quadratmeter ermittelt. Nach den Angaben der Ausfüllhilfe hat das Grundstück eine „Amtliche Fläche“ von 351 Quadratmetern, das sich im Entwicklungszustand „Baureifes Land“ befindet und eine gemischte Baufläche aufweist.

Diese Werte waren auch in der Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts der Antragstellerin vom 4. September 2022 eingetragen. Als Art des Grundstücks war „Einfamilienhaus“ angegeben, das erstmals vor 1949 bezugsfertig gewesen sei und nur über eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 72 Quadratmetern verfüge.

Mit Bescheid über den Grundsteuerwert vom 28. Dezember 2022, der auf einer vollmaschinellen Auswertung und Verarbeitung der Erklärung der Antragstellerin beruhte, stellte der Antragsgegner den Grundsteuerwert des vorgenannten Objekts für die Hauptfeststellung zum Stichtag 1. Januar 2022 auf 91.600 Euro fest. Zudem traf der Antragsgegner die Artfeststellung „Grundvermögen, Einfamilienhaus“. Der Antragsgegner legte der Grundsteuerwertfeststellung den erklärten Bodenrichtwert, den für Einfamilienhäuser geltenden Liegenschaftszins von 2,5% und den Umrechnungskoeffizienten für Grundstücke > 350 Quadratmetern von 1,10 zugrunde. Da die Restnutzungsdauer für das vor 1949 bezugsfertige Haus weniger als 7 Jahre betrage, werde die gesetzlich fingierte Mindestrestnutzungsdauer von 24 Jahren (30% von 80 Jahren) angesetzt. Für die in Rheinland-Pfalz gelegene Wohneinheit mit einer Fläche zwischen 60 und 100 Quadratmetern wurde der in der Anlage 39 zum BewG hierfür geltende Rohertrag von 6,23 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche angesetzt, von dem für die Lage des Objekts in der Mietniveaustufe 2 ein Abschlag von 10% angenommen wurde.

Mit Schreiben vom 16. Januar 2023 legte die Antragstellerin Einspruch gegen den vorgenannten Grundsteuerwertbescheid ein und stellte zugleich einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung dieses Bescheids sowie auf ein Ruhen des Einspruchsverfahrens. Zur Begründung gab die Antragstellerin an, dass der Grundsteuerwertbescheid aus allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten beanstandet werde, und verwies zur Begründung auf ein Rechtsgutachten von Herrn Prof. Dr. Gregor Kirchhof, das dieser im August 2020 im Auftrag des ZIA Zentraler Immobilien Ausschusses e.V. erstellt hatte.

Dadurch rügte sie insbesondere, dass mit den – angegriffenen – gesetzlichen Regelungen der §§ 218 ff. BewG und insbesondere der §§ 243 ff. BewG der spezifische Belastungsgrund der Grundsteuer nicht erkennbar werde, wie dies verfassungsrechtlich zur Abgrenzung der Grundsteuer von der Einkommensteuer sowie von der Vermögenssteuer erforderlich sei; insbesondere die Abgrenzung zur Vermögensteuer sei unklar, habe aber aufgrund der unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenz und Ertragshoheit entscheidende Bedeutung. Weder die in der Gesetzesbegründung bezeichneten Charakteristika einer „Objektsteuer“ noch die Betonung der „Sollertragsteuer“ oder die Anknüpfung „an das Innehaben von Grundbesitz in Form von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen oder Grundvermögen“ würden den Belastungsgrund hinreichend klar benennen. Weil damit der Belastungsgrund der Grundsteuer unklar sei, sei auch das vorgelagerte Bewertungsrecht verfassungswidrig.

Selbst wenn der Belastungsgrund einer „Sollertragsteuer“ als ausreichend anzusehen sei, sei es jedenfalls „sehr schwer zu rechtfertigen“, dass die Grundsteuer als Objektsteuer nicht darauf abstelle, ob das belastete Objekt fremdfinanziert erworben sei oder nicht, sondern von einem einheitlichen Sollertrag ausgehe. Zudem werde privat genutztes Vermögen, das nicht zur tatsächlichen Ertragserzielung genutzt werde(n könne), im Vergleich zu entgeltlich genutztem Vermögen strukturell benachteiligt. Das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Grundgesetz (GG) setze einer Sollertragsteuer sehr enge Grenzen, wobei fraglich sei, ob diese überschritten seien.

Darüber hinaus rügte die Antragstellerin eine grundsätzliche Verletzung des Rechtsstaatsprinzips dadurch, dass das neue Bewertungsverfahren keinen Rückschluss auf die spätere, tatsächliche Grundsteuerhöhe zulasse und deswegen die spätere Steuerbelastung nicht vorhersehbar sei, weil die Hebesätze der Belegenheitsgemeinde ab 2025 nicht bekannt seien.

Ferner würden die Grundsteuerwerte durch die starken Typisierungen so nivelliert, dass Wertunterschiede zwischen verschiedenen Immobilien nicht mehr realitätsgerecht abgebildet würden, wie es das BVerfG aber gefordert habe.

Es sei im neuen Bewertungsrecht keine Möglichkeit vorgesehen, einen geringeren Grundsteuerwert durch ein Sachverständigengutachten nachzuweisen. Dies verletzte das „Realisationsprinzip“ und das Gebot der Folgerichtigkeit.

Überdies wirkten die einzelnen Bewertungsmethoden und Bewertungsparameter stark vereinfachend – wie die Antragstellerin durch Verweis auf das Gutachten von Prof. Dr. Gregor Kirchhof rügte. Dies habe – trotz der erheblichen Reduzierung der Berechnungselemente auf fünf bzw. acht Bewertungsparameter – ein in sich nicht folgerichtiges und inkonsistentes Bewertungssystem gebracht, was zu starken Friktionen und inkonsistenten Belastungsunterschieden führe. Wenn beispielsweise das Gebäudealter vereinfachend berücksichtigt werde, spiegele dies den Wert einer Immobilie nicht sachgerecht wider, etwa wenn eine Jugendstilvilla mit einem Steinhaus aus den 1980er oder mit einem Betonbau aus den 1990er Jahren verglichen werde.

In systematischer bzw. bewertungsmethodischer Hinsicht rügte die Antragstellerin ergänzend die Differenzierung zwischen Wohn- und Geschäftsgrundstücken als willkürlich.

Weil bei Geschäftsgrundstücken das Sachwertverfahren anzuwenden und alle Nutz- und Verkehrsflächen voll anzusetzen seien – wobei gemischt-genutzte Grundstücke bereits ab einer gewerblichen Nutzung von 20% als Geschäftsgrundstück zu behandeln seien -, führe dies bei gemischt-genutzten Grundstücken zu überproportionalen Bewertungen. Obwohl auch bei derartigen Grundstücken auf die Wohnraummiete abzustellen sei, ließen sich in der Vermietung an Handwerk/Lager keine so hohen Mieten wie bei der reinen Wohnnutzung erzielen. Die tatsächliche Wertigkeit für gemischt-genutzte Immobilien sei daher inzwischen oft geringer als der Wert reiner Wohnimmobilien.

Zugleich trug die Antragstellerin vor, die auf Grundlage des angegriffenen Grundsteuerwertbescheids festzusetzende Grundsteuer werde zu einer unangemessen hohen Belastung führen, wobei sie sich hierbei auf verschiedene Argumentationsstränge bezog:

So sei der – in die Berechnung des Grundsteuerwerts eingehende – Bodenrichtwert ihres Grundstücks zu hoch, unsachgemäß bzw. unverhältnismäßig angesetzt. Generell könnten Bodenrichtwerte nur in einem ungenauen Verfahren dadurch ermittelt werden, dass sie durch eine Schätzung von dem Gebäudewert separiert würden. Zugleich lasse die vorgesehene Methodik, jedenfalls aber die fehlende einzelfallbezogene Berücksichtigung grundstücksindividueller Besonderheiten keine Möglichkeit dafür, dass ungünstige Grundstückszuschnitte, ein Altlastenverdacht oder tatsächlich vorhandene Altlasten wertmindernd berücksichtigt werden könnten.

Zu Verzerrungen führe auch, dass die Differenzierung der Grundstücksflächen, die von der Bezugsfläche von 500 Quadratmetern nach oben (dann niedrigere Bewertung pro Quadratmeter) oder nach unten (dann höhere Bewertung pro Quadratmeter) abwichen, nur im Rahmen der Umrechnungskoeffizienten zur Berücksichtigung abweichender Grundstücksgrößen beim Bodenwert von Ein- und Zweifamilienhäusern (vgl. Anlage 36 zu den §§ 251 und 257 Abs. 1 BewG), nicht aber bei Mehrfamilienhäusern nachvollzogen werde, obwohl auch größere Mietwohngrundstücke proportional eine geringere Bewertung erfahren müssten.

Ferner führe die gesetzliche Anordnung, auf einheitliche Mietniveaus abzustellen, zu einer Überbewertung. So sei selbst für größere Städte dasselbe Mietniveau unabhängig davon anzuwenden, ob es sich um eine der allerbesten Wohnlagen oder lediglich um eine Randwohnlage handele, und obwohl die örtlichen Mietspiegel eine sehr starke Differenzierung nach Wohnlagen mit Schwankungsbreiten von 30% bis 40% ausweisen würden.

Auch die starken Unterschiede der Mieten, die in der Anlage 39 zu § 254 BewG für Einund Zweifamilienhäusern und bei Mietwohngrundstücken festgesetzt worden seien, seien in dieser Form und Höhe in der Praxis nicht festzustellen.

Im Einzelnen rügt die Antragstellerin weiter, dass bei Objekten mit Wohnflächen von 60 Quadratmetern auch die Flächen für Neben- und Zubehörräume als Wohnfläche behandelt würden (AEBewGrSt zu § 254 Abs. 3).

Schließlich sei der angegriffene Grundsteuerwertbescheid jedenfalls deshalb (einfachrechtlich) rechtswidrig, da für das Objekt der Antragstellerin ein unangemessen hoher Mietwert zugrunde gelegt werde. So werde die Gemeinde, in der das Objekt der Antragstellerin liege, typisierend der Mietstufe 2 unterworfen. Stattdessen sei der Ertrag für ihr Haus nur gemäß der Mietstufe 1 zu berechnen, weil das Haus im Jahr 1880 errichtet und seitdem in seinem Zustand nicht verbessert worden, sondern seit Jahrzehnten unrenoviert sei. Beispielsweise weise es noch eine Einfachverglasung der Fenster auf.

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Während über den Einspruch noch nicht entschieden war (und bis heute nicht entschieden ist), weil das Verfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) ruhte, lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Bescheid vom 27. Januar 2023 ab, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestünden und die Vollziehung keine unbillige Härte zur Folge habe. Der Bescheid sei „nach geltendem Recht erlassen worden.“ Eine weitere Begründung zu den substantiierten Einwänden der Antragstellerin enthielt der Ablehnungsbescheid nicht.

Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch vom 22. Februar 2023 nahm die Antragstellerin auf ihr vorheriges Vorbringen Bezug und bat den Antragsgegner, den Blick insbesondere auf die Einordnung des Objekts in die Mietstufe 2 statt Mietstufe 1 zu legen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 25. April 2023 wies der Antragsgegner den Einspruch der Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurück. Die Antragstellerin habe kein besonderes, das öffentliche Interesse am Gesetzesvollzug überwiegendes individuelles Aussetzungsinteresse geltend gemacht, das bei Einwänden gegen die Verfassungsmäßigkeit von Rechtsvorschriften erforderlich sei. Insbesondere sei nicht erkennbar, dass es durch den Gesetzesvollzug und die Erhebung der Grundsteuer zu einer Existenzgefährdung der Antragstellerin komme. Überdies bestünden an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen gesetzlichen Typisierungen keine ernstlichen Zweifel. Der Grundsteuerwert sei nach den einfachrechtlichen Vorgaben, die der Antragsgegner im Einzelnen darstellte und erläuterte, zutreffend errechnet worden. Bewertungsziel sei der „objektiviert reale Wert“ und gerade nicht der Verkehrswert, sodass auch der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts in analoger Anwendung des § 198 BewG nicht möglich sei. Der Antragsgegner sei als Teil der Finanzverwaltung an das formelle Gesetz gebunden und dürfe dieses nicht auf seine Verfassungsmäßigkeit prüfen; dies sei nur durch ein Gericht möglich.

Mit ihrem gerichtlichen Antrag vom 2. Mai 2023 wiederholt die Antragstellerin umfassend ihre vorgerichtlichen Einwände.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, die Vollziehung des Bescheids über den Grundsteuerwert auf den 1. Januar 2022 vom 28. Dezember 2022 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 25. April 2023 auszusetzen.

Der Antragsteller beantragt, den Antrag abzulehnen.

Ergänzend zu seiner Einspruchsentscheidung trägt der Antragsgegner vor, dass die gesetzlichen Typisierungen den durch das BVerfG anerkennten Bewertungsverfahren immanent und nicht zu umfangreich seien.

Soweit die Antragstellerin rüge, dass das neue Bewertungsverfahren keinen Rückschluss auf die spätere, tatsächliche Grundsteuerhöhe zulasse und die Hebesätze der Belegenheitsgemeinde ab 2025 nicht bekannt seien, könnten objektiv keine Aussagen zur Höhe der Definitivbelastung mit Grundsteuer ab dem Jahr 2025 erfolgen, weil die künftig geltenden Hebesätze noch nicht beschlossen seien. Eine Rechtsschutzlücke drohe indes nicht. Zum einen könnten die Grundsteuerbescheide mit den dann ab 2025 einschlägigen Hebesätzen mit dem Rechtsbehelf des Widerspruchs angefochten werden; zum anderen seien die Grundsteuerwertbescheide bereits jetzt justiziabel. Zudem lasse § 25 Abs. 3 Satz 1 des Grundsteuergesetzes (GrStG) sogar ausdrücklich – und in verfassungskonformer Weise – eine Rückwirkung der Hebesatzbestimmung zum Jahresbeginn zu, wenn der Beschluss über den Hebesatz bis zur Jahresmitte ergehe; daher sei eine eingeschränkte Vorhersehbarkeit der gesamten künftigen Grundsteuerbelastung unbeachtlich.

Die – auch im Fall der Antragstellerin zur Anwendung gebrachte – Immobilienbewertungsmethode der Ertragswertbestimmung sei durch das BVerfG grundsätzlich unbeanstandet geblieben. Auch die parallele (bzw. genauer: subsidiäre) Anwendung eines vereinfachten Ertrags- und Sachwertverfahrens im Rahmen der steuerlichen Bewertung des Grundbesitzes sei durch das BVerfG ausdrücklich anerkannt worden. Lediglich das Unterlassen regelmäßiger Neufeststellungen sei gerügt worden; diese seien im neuen Bewertungsrecht aber vorgesehen. Wenn die Antragstellerin eine Typisierung anhand bestimmter Parameter rüge, so sei dies den althergebrachten Verfahren zur Bestimmung des Ertragswerts bzw. des Sachwerts immanent.

Soweit sich die Antragstellerin gegen „absolut gesetzte“ Bodenrichtwerte wende, deren Ermittlung ausdrücklich den Gutachterausschüssen als Kollegialorganen außerhalb des Steuerwesens aufgetragen sei, komme den Gutachterausschüssen infolge ihrer besonderen Sach- und Fachkenntnisse und der größeren Ortsnähe eine vorgreifliche Ermittlungskompetenz bezüglich des Bodenrichtwerts zu. Die Heranziehung von Bodenrichtwerten habe sich für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer, der Grunderwerbsteuer (seit 1. Januar 1996) und auch anlässlich ertragsteuerrechtlicher Wertermittlungsanlässe in langjähriger Praxis ohne verfassungsgerichtliche Beanstandung bewährt. Dadurch werde – ausgehend von der verfassungsrechtlich zulässigen Ausgestaltung der Grundsteuer als Sollertragsteuer – der Gegenwartswert der nachhaltigen Ertragsfähigkeit von Grund und Bodens einfach und sachgerecht ermittelt. Im Übrigen könnten etwaige Defizite bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte durch die Gutachterausschüsse nicht als verfassungsrechtliches Argument gegen die gesetzliche Typisierungsanordnung angeführt werden.

Der Bodenrichtwert sei nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar und im Steuerrechtsverhältnis für die Beteiligten verbindlich. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Bewertung für Zwecke der Grundsteuer um ein Massenverfahren handele, sei eine individuelle Wertermittlung für jedes einzelne Grundstück gesetzlich bewusst nicht vorgesehen. Vielmehr bediene sich der Gesetzgeber der verfassungsrechtlich zulässigen Instrumente „Typisierung“ und „Pauschalierung“ mit dem Ergebnis, dass individuelle Grundstücksmerkmale – vorbehaltlich gesetzlich vorgesehener Anpassungsgründe – nicht zu berücksichtigen seien. Dieser Typisierungs- und Vereinfachungseffekt der Grundsteuerwertermittlung ginge verloren, wenn bei jeder Bewertung eines Grundstücks – neben den in § 247 Abs. 1 Satz 2 BewG einzig vorgesehenen zu differierenden Entwicklungszuständen gemäß § 3 der Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien und der für die Wertermittlung erforderlichen Daten (Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV) vom 14. Juli 2021 (BGBl. I 2021, S. 2805) sowie bei überlagernden Bodenrichtwertzonen in Fällen unterschiedlicher Arten der Nutzung – über die korrekte Höhe des Bodenrichtwerts gestritten würde. Im finanzgerichtlichen Verfahren könne jedenfalls grundsätzlich nicht begehrt werden, dass der Bodenrichtwert der maßgeblichen Zone nicht auf das zu bewertende Grundstück anzuwenden sei.

Auch darüber hinausgehend habe der Gesetzgeber – anders als beispielsweise in § 198 BewG – in den Vorschriften zur Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer auf den 1. Januar 2022 bewusst keine Regelung vorgesehen, die es Steuerpflichtigen ermögliche, einen niedrigeren gemeinen Wert mittels Sachverständigengutachten oder zeitnah erzielten Kaufpreises nachzuweisen. Diese planvolle gesetzgeberische Entscheidung, „die Grundsteuerwertermittlung deutlich zu entindividualisieren“, sei dem Umstand geschuldet, dass im reformierten grundsteuerlichen Bewertungsrecht kein individueller Verkehrswert, sondern nur ein „Durchschnittswert (objektiviert-realer Wert)“ ermittelt werden solle.

Es lägen auch keine Anhaltspunkte für die Behauptung der Antragstellerin vor, dass der für ihr Grundstück anzuwendende Bodenrichtwert konkret zu hoch oder dass der Gutachterausschuss bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte seiner Ermittlungskompetenz in unzureichendem Maße nachgekommen sei. Soweit gegen den Bodenrichtwert überhaupt Rechtsschutz gesucht werden könne, sei jedenfalls der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (§ 40 VwGO).

Soweit sich die Antragstellerin dagegen wende, dass jeweils für das gesamte Gemeindegebiet nur eine einheitliche Mietniveaustufe angenommen werde, lägen der Berechnung gemeindeeinheitliche Durchschnittsmieten als typisierte monatliche Nettokaltmieten zugrunde. Aus Vereinfachungsgründen werde die ortsübliche Vergleichsmiete, die grundsätzlich der Standardbewertungsmethode des Ertragswertverfahrens zugrunde gelegt werde und aus den üblichen Entgelten für in der Gemeinde gelegenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten sechs Jahren ermittelt werde, durch die durchschnittlichen Nettokaltmieten („statistische Miete“ als sogenannte Listenmiete) ersetzt. Diese sei aus der Zusatzerhebung zum Mikrozensus 2018 des Statistischen Bundesamtes abgeleitet worden. Darin liege insgesamt eine erhebliche und nicht zu beanstandende Vereinfachung gegenüber der individuellen Ermittlung einer marktüblich erzielbaren Miete. So würden insbesondere die Fälle vereinfacht, in denen Grundstücke eigengenutzt, ungenutzt, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen würden. Dies diene nicht nur der Verwaltungsvereinfachung, sondern mindere den Deklarationsaufwand der Steuerpflichtigen spürbar.

Da in dieser Ermittlung auch ältere Bestandsmieten enthalten seien, lägen die aus dem Mikrozensus abgeleiteten durchschnittlichen Nettokaltmieten tendenziell unter den ortsüblichen Vergleichsmieten. Um die Mietpreisdynamik im Wohnungsmarkt sachgerecht zu erfassen, würden die durchschnittlichen Nettokaltmieten in der Anlage 39 zum BewG aufgrund der Ermächtigungsgrundlage in § 263 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG regelmäßig an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse angepasst. Der Ansatz von tatsächlich vereinbarten oder ortsüblichen Vergleichsmieten oder von objektspezifischen Nettokaltmieten, etwa aufgrund von wohnungs- oder mietrechtlichen Bindungen, sei aufgrund der Konzeption des Ertragswertverfahrens als Massenbewertungsverfahren daher nicht möglich. Dies sei Ausdruck einer verfassungsrechtlichen Typisierung und Pauschalierung, die vom gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gedeckt sei.

Der weitgehende Typisierungsgrad sei vor dem Hintergrund der Ausgestaltung derGrundsteuer als Objektsteuer sowie der Höhe des Steueraufkommens gerechtfertigt. Der Steuergesetzgeber habe das grundsteuerliche Bewertungsrecht unter Beachtung verfassungsrechtlicher Vorgaben und Berücksichtigung zusätzlicher Ziele wie der Vollzugsvereinfachung und Automationsfähigkeit insgesamt verfassungs- und insbesondere gleichheitskonform geregelt.

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des verfahrensgegenständlichen Grundsteuerwertbescheids ist zulässig.

So ist der Finanzrechtsweg gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für den gesamten Streitfall und hinsichtlich aller dafür maßgeblichen Teilfragen, insbesondere hinsichtlich der Ermittlung der Bodenrichtwerte durch die Gutachterausschüsse eröffnet (dazu Gliederungspunkt II.1.).

Die Antragstellerin konnte ihr Rechtsschutzbegehren des einstweiligen Rechtsschutzes auch allein durch den vorliegenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angegriffenen Grundsteuerwertbescheids nach § 69 Abs. 3 und Abs. 4 FGO verfolgen, denn damit konnte auch die zugrundeliegende Bodenrichtwertfeststellung des zuständigen Gutachterausschusses überprüft werden (dazu Gliederungspunkt II.2).

Das Gericht konnte über den Antrag der Antragstellerin auch entscheiden, ohne das Verfahren nach § 74 FGO aussetzen zu müssen, um die Rechtmäßigkeit des Bodenrichtwerts durch ein Verwaltungsgericht oder um die Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Rechtsvorschriften durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen (dazu Gliederungspunkt II.3).

Schließlich lagen auch die sonstigen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und Abs. 4 FGO vor. Insbesondere war der Antrag auch im Hinblick auf ein Aussetzungsinteresse der Antragstellerin zulässig (dazu Gliederungspunkt II.4).

1. Der Finanzrechtsweg ist gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO gegeben, weil das wegen bewertungsrechtlicher Streitfragen über den Grundsteuerwertbescheid geführte Verfahren eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über eine Abgabenangelegenheit darstellt (dazu Gliederungspunkt a)), die der Gesetzgebung des Bundes unterliegt (dazu Gliederungspunkt b)) und insgesamt der „Verwaltung durch Landesfinanzbehörden“ im Sinne des § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO unterfällt (dazu Gliederungspunkt c)).

Dies gilt umfassend für den angegriffenen Grundsteuerwertbescheid und alle dort als Berechnungsgrundlagen berücksichtigten Berechnungsgrundlagen, d.h. entgegen der Auffassung des Antragsgegners insbesondere bezüglich der durch die Gutachterausschüsse ermittelten Bodenrichtwerte. Der Rechtsschutz ist daher nicht zwischen Finanz- und Verwaltungsrechtsweg zu teilen.

a) Die vorliegende Streitigkeit über eine verbindlich festgestellte Bemessungsgrundlage der Grundsteuer unterfällt umfassend, d.h. auch soweit die Antragstellerin Einwände gegen den in die Bemessungsgrundlage eingegangenen Bodenrichtwert erhebt, dem Begriff der „Abgabenangelegenheit“ im Sinne des § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO.

aa) „Abgabenangelegenheiten“ im Sinne der FGO sind gemäß der Legaldefinition des § 33 Abs. 2 Satz 1 FGO alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten.

Es gehören dazu in erster Linie die Steuerbescheide und die der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen dienenden Bescheide, aber auch sämtliche anderen, der Abgabenverwaltung dienenden Verwaltungsakte der Finanzbehörden auf den Gebieten der Steueraufsicht, der Steuerermittlung, der Steuererhebung, der Vollstreckung, der Erstattung, der Vergütung, der Bewertung, der Zerlegung und Zuteilung (BT-Drucksache IV/1446, S. 43).

Der weite „Abgaben“-Begriff des § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO, der insbesondere die „Steuern“ im Sinne des § 3 Abs. 1 AO, Art. 105 GG umfasst (vgl. BT-Drucksache IV/1446, 43), verweist dabei auch und gerade auf die bewertungsrechtlichen Vorfragen, die für die Bemessung und damit für die Festsetzung der Grundsteuer maßgeblich sind. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Grundsteuer erfasst dabei nicht nur die Bestimmung des Steuergegenstandes, sondern deckt auch die Regelung der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer und die dazu erforderlichen Bewertungsregeln ab (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12, BVerfGE 148, 147).

bb) Nach der gesetzlichen Grundkonzeption des ab dem 1. Januar 2025 anzuwendenden Grundsteuerrechts vollzieht sich die Grundsteuererhebung in drei Stufen (vgl. statt vieler zur Übersicht: Eichholz, DStR 2020, 1158 (1162)):

Einem Grundsteuerwertbescheid auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 2022 kommt nach dem Regelungssystem der §§ 218 ff. BewG und insbesondere nach § 219 Abs. 1 BewG i.V.m. § 180 AO die Funktion eines Grundlagenbescheids für den nach §§ 13 Satz 1, Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 GrStG i.V.m. § 184 Abs. 1 AO i.V.m. § 266 Abs. 1 BewG auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 2025 festzustellenden Grundsteuermessbetrag zu (Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 177. Lieferung Stand 9/2023, § 180 AO Rn. 2), der seinerseits einen Grundlagenbescheid für den nach § 27 GrStG zu erlassenden Grundsteuerbescheid auf den Hauptveranlagungszeitpunkt 1. Januar 2025 darstellt.

Der Grundsteuerwertbescheid stellt gemäß § 219 Abs. 1 BewG den Grundsteuerwert fest und trifft zudem gemäß § 219 Abs. 2 BewG Feststellungen zur Vermögensart (Land- und Forstwirtschaft oder Grundvermögen), bei Grundvermögen zur Grundstücksart im Sinne des § 249 BewG, zur Zurechnung des Grundstücks und bei mehreren Beteiligten zur Höhe ihrer Anteile (Eichholz, DStR 2020, 1158 (1162)).

Da die Bemessungsgrundlage und damit die Höhe der künftigen Grundsteuerfestsetzung maßgeblich durch den auf den 1. Januar 2022 festgestellten Grundsteuerwert bestimmt werden, zählt die Grundsteuerwertfeststellung ohne Weiteres zu den „Abgabenangelegenheiten“.

cc) Um eine „Abgabenangelegenheit“ handelt es sich – entgegen des Vortrags des Antragsgegners sowie entgegen erster Literaturstimmen (Steinhauer, ErbStB 2023, 185 (186); Mandler/Schulze/Zochert, DStR 2023, 1329 (1334 ff.)) – auch, soweit die Antragstellerin Einwände gegen den für das verfahrensgegenständliche Grundstück ermittelten Bodenrichtwert erhebt.

Die Antragstellerin ist mit diesen Einwänden nicht etwa deshalb – wie der Antragsgegner meint – auf den Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO zu verweisen, weil der Bodenrichtwert durch den für das Gebiet des Grundstücks zuständigen örtlichen Gutachterausschuss ermittelt und durch den Antragsgegner lediglich ohne Anpassung als eine maßgebliche Berechnungsgrundlage des verfahrensgegenständlichen Grundsteuerwerts übernommen worden ist.

(1) Die Antragstellerin wendet sich nicht gegen den für ihr Grundstück ermittelten Bodenrichtwert als solchen. Vielmehr begehrt sie – was den Tenor ihres Aussetzungsantrags betrifft – die Aussetzung der Vollziehung des gegen sie ergangenen Grundsteuerwertbescheids, in dessen Rahmen der Bodenrichtwert lediglich als eine Bemessungsgrundlage eingegangen ist, und wendet sich allein gegen die in diesem Bescheid liegende Beschwer. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft damit bereits in formell-rechtlicher Hinsicht umfassend einen in einer Abgabenangelegenheit ergangenen Bescheid.

(2) Dass es sich bei Streitigkeiten über den für steuerliche Zwecke berücksichtigten Bodenrichtwert um eine „Abgabenangelegenheit“ handelt, folgt aus Sicht des Gerichts auch unmittelbar aus § 196 Abs. 1 Satz 1 Baugesetzbuch (BauGB). Danach sind Bodenrichtwerte für Zwecke der steuerlichen Bewertung des Grundbesitzes „nach ergänzenden Vorgaben“ der Finanzverwaltung zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt oder zu sonstigen Feststellungszeitpunkten zu ermitteln. Hierdurch wird in materiell-rechtlicher Hinsicht ein unmittelbarer Zusammenhang des Bodenrichtwerts mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften, der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der Steuerermittlung hergestellt.

(3) Schließlich erfolgt die Heranziehung des Bodenrichtwerts als Berechnungsgrundlage des Grundsteuerwerts allein im Innenverhältnis zwischen Gutachterausschuss und Finanzbehörde (dazu Gliederungspunkt II. 1. c) cc) (5)), sodass es sich bei einem Rechtsbehelf gegen einen Grundsteuerwertbescheid aus Sicht eines Steuerpflichtigen nicht um zwei getrennte Rechtsangelegenheiten, sondern nur um eine (einheitliche bzw. ungeteilte) Abgabenangelegenheit handelt (im Ergebnis ebenso: Hey, ZG 2019, 297 (317)).

b) Die streitige Abgabenangelegenheit unterliegt – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – auch umfassend „der Gesetzgebung des Bundes“, wie dies für die Eröffnung des Finanzrechtswegs nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO erforderlich ist.

Zwar wurde die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Grundsteuer und das zugrundeliegende Bewertungsrecht seit einer Verfassungsänderung durch Gesetz vom 27. Oktober 1994 eingeschränkt. Die zu diesem Zeitpunkt bereits geltenden Bundesgesetze blieben aber nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG als Bundesrecht in Kraft und konnten in engen Grenzen unter Beibehaltung der wesentlichen Elemente der in dem fortgeltenden Bundesgesetz enthaltenen Regelungen weiterentwickelt werden (dazu Gliederungspunkt aa)). Dass sich der Gesetzgeber für die Neuregelungen des Grundsteuer-Reformgesetzes in der Gesetzesbegründung insbesondere auf diese Gesetzgebungskompetenz aus Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG stützte (dazu Gliederungspunkt bb)), ist aus Sicht des Gerichts nicht zu beanstanden (dazu Gliederungspunkt cc)). Zugleich kann sich dies – worauf das Gericht an dieser Stelle hinweist – in der weiteren Zulässigkeitsprüfung auf die Frage auswirken, inwiefern ein besonderes Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung des angegriffenen Bescheids vorliegt (dazu Gliederungspunkt II. 4. c)).

Jedenfalls aber ist die Gesetzgebungskompetenz des Bundes dadurch gegeben, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber mit dem Recht zur Abweichungsgesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG rechtzeitig eine hinreichende Länder-Öffnungsklausel im Sinne des Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG in die Verfassung aufgenommen hatte (dazu Gliederungspunkt dd)).

Schließlich konnte sich der Gesetzgeber auch auf eine umfassende konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 Satz 1 GG berufen, die ebenfalls noch rechtzeitig vor der Ausfertigung sowie der Verkündung des Grundsteuer-Reformgesetzes in die Verfassung aufgenommen worden war (dazu Gliederungspunkt ee)).

aa) Für die Grundsteuer und damit auch für die Bewertungsbestimmungen, die für ihre Erhebung unverzichtbar sind, konnte der Bund jedenfalls bis zur Neufassung des Art. 72 Abs. 2 GG durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 27. Oktober 1994 (BGBl. I 1994, S. 3146) die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für sich in Anspruch nehmen. Denn nach Art. 105 Abs. 2 Nr. 3 GG in der Ursprungsfassung vom 23. Mai 1949 (BGBl. I 1949, S. 1) hatte der Bund die Kompetenz für „die Realsteuern mit Ausnahme der Festsetzung der Hebesätze, wenn er die Steuern ganz oder zum Teil zur Deckung der Bundesausgaben in Anspruch nimmt oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 GG vorliegen“. Nach Art. 106 Abs. 2 GG in seiner ursprünglichen Fassung flossen unter anderem die Realsteuern, zu denen u.a. die Grundsteuer zählt, den Ländern und nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeinden zu (BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14 BVerfGE 148, 147).

Die zu diesem Zeitpunkt bereits geltenden Bundesgesetze blieben nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG als Bundesrecht in Kraft. Dem Bundesgesetzgeber wurde durch Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG die Änderung des fortbestehenden Bundesrechts nicht verwehrt. Die Länder dürfen eine landesrechtliche Neuregelung durch Ersetzung des Bundesrechts nur vornehmen, wenn dazu eine bundesgesetzliche Ermächtigung auf der Grundlage des Art. 125 a Abs. 2 Satz 2 GG geschaffen worden ist. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass es den Ländern verwehrt ist, bei Fortbestand der bundesrechtlichen Regelung einzelne Vorschriften zu ändern. Die Änderungskompetenz des Bundes ist, sofern die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG nicht gegeben sind, eng auszulegen und an die Beibehaltung der wesentlichen Elemente der in dem fortgeltenden Bundesgesetz enthaltenen Regelungen geknüpft. Diese dürfen vom Bundesgesetzgeber modifiziert werden. Zu einer grundlegenden Neukonzeption wären dagegen nur die Länder befugt, allerdings erst nach einer Freigabe durch Bundesgesetz (BVerfG, Urteil vom 9. Juni 2004 – 1 BvR 636/02 BVerfGE 111, 10; BVerfG, Urteil vom 26. Januar 2005 – 2 BvF 1/03 BVerfGE 112, 226; BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14 BVerfGE 148, 147).

bb) Der Bundesgesetzgeber hat seine Gesetzgebungskompetenz für die Neuregelungen des Grundsteuer-Reformgesetzes insbesondere auf Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG gestützt, da fortgeltendes Bundesrecht lediglich fortgeschrieben werde. Mit der Neuregelung sollte bei der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12, BVerfGE 148, 147) unter Wahrung der dem Bund derzeit nach dem Grundgesetz zustehenden Gesetzgebungskompetenz an das bestehende Bewertungs- und Grundsteuersystem angeknüpft werden (BT-Drucksache 19/11085, S. 1, 80 und 88 ff.).

Das Bewertungs- und Grundsteuerrecht bleibe in seiner Grundstruktur erhalten. Das Reformgesetz ziele auf eine verfassungskonforme, rechtssichere und zeitgemäße Fortentwicklung der Grundsteuer und der damit verbundenen Bewertung der Grundsteuerobjekte ab, um die Grundsteuer als verlässliche Einnahmequelle der Kommunen zu erhalten. Die Belastungsentscheidung knüpfe auch künftig an das Innehaben von Grundbesitz in Form von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen oder Grundvermögen an und werde durch den Charakter einer Sollertragsteuer geprägt (BT-Drucksache 19/11085, S. 1 f., 80, 84 f. und 90).

Der Gesetzentwurf stelle keine grundlegende Neukonzeption des Grundsteuerrechts dar. Zur Umsetzung der verfassungsgerichtlichen Vorgaben würden die Bewertungsziele unter Berücksichtigung der Belastungsentscheidung und die Bewertungsverfahren unter Beibehaltung der wesentlichen Elemente lediglich unter Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen modifiziert. Als gleichbleibende wesentliche Elemente halte das neue Recht fest am Steuergegenstand (Betriebe der Land- und Forstwirtschaft bzw. Grundstücke), am System von Hauptfeststellung, Wertfortschreibung und Nachfeststellungen und an den bisherigen Bewertungsmethoden zur Ermittlung des Bewertungsziels (Ertragsund Sachwertverfahren zur Ermittlung eines objektiviert-realen Werts). Der erhöhte Pauschalierungsgrad im Rahmen der Bewertung der notwendigen Anpassung an die aktuellen Verhältnisse sei insbesondere der Verwaltungsvereinfachung und den Anforderungen der Digitalisierung geschuldet. Es würden bestehende Elemente der Grundsteuer verwendet und die üblichen Bewertungsmethoden (Ertrags- und Sachwertverfahren) weiterhin angewendet. Nachdem sich die bisherigen Verfahrens- und Bewertungsvorschriften grundsätzlich bewährt hätten, könne auf diese bei gleichzeitiger Vereinfachung der Regelungen aufgebaut werden. Daneben könne die bisherige Bewertungssystematik durch eine weitgehende Automation zu einem einfacheren, transparenteren und nachvollziehbareren Verwaltungsverfahren fortentwickelt werden (BT-Drucksache 19/11085, S. 1 f., 80, 84 f. und 90).

Auch hinsichtlich der einzelnen Bewertungsverfahren werde an bestehendes Bewertungsrecht angeknüpft. Das nunmehr in den §§ 252 ff. BewG geregelte Ertragswertverfahren, das im bisherigen Recht nach §§ 78 bis 82 BewG angewandt worden sei, sowie das nunmehr in den §§ 258 ff. BewG geregelte Sachwertverfahren, das im bisherigen Recht nach §§ 83 bis 90 BewG angewandt worden sei, würden unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des Wertermittlungsrechts und der aktuellen Datenlage fortentwickelt (BT-Drucksache 19/11085, S. 1 f., 84 f., 90, 112 und 116).

Schließlich nahm der Gesetzgeber in den Begründungen zu den Einzelentwürfen einzelner Vorschriften des Bewertungsverfahrens gemäß §§ 220 ff. BewG sowie der materiellrechtlichen Bewertungsvorschriften der §§ 243 ff. BewG bei nahezu jeder Einzelvorschrift des neuen Bewertungsrechts Bezug auf bereits bestehende Einzelvorschriften, denen die neuen Vorschriften entsprächen oder an die sie angelehnt seien (vgl. etwa BT-Drucksache 19/11085, S. 94 ff. und 108 ff.).

cc) Nach diesen Maßstäben und auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen des Gesetzgebers sieht das Gericht eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG für die vorliegenden Bewertungsregelungen als gegeben an, weil es in den neuen Regelungen keine systematische Neukonzeption eines Grundsteuer- oder Bewertungssystems, sondern noch Modifikationen des vorherigen Rechts erkennt.

Das Gericht sieht die Ausführungen des Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung als insofern überzeugend an und verweist zur Begründung auf sie.

Insbesondere bleiben der Charakter der Grundsteuer als Real- und Gemeindesteuer, die Bestimmung und Abgrenzung des Steuerobjekts bzw. -gegenstands (Betriebe der Landund Forstwirtschaft bzw. Grundstücke), das System der dreistufigen Grundsteuererhebung mit Wertfeststellungs-, Grundsteuermess- und Grundsteuerbescheid einschließlich der Aufgabenteilung zwischen Finanzbehörden und Gemeinden und das bisherige System von Hauptfeststellung, Wert-/Zurechnungsfortschreibung und Nachfeststellungen erhalten. Auch den Belastungsgrund der Grundsteuer erkennt der Gesetzgeber unter anderem im Innehaben von Grundstücken und orientiert sich unverändert am Konzept einer Sollertragsteuer.

Durch vielfältige normative Bezugnahmen in der Gesetzesbegründung auf inhalts- und teils auch wortgleiche Vorgängervorschriften knüpft der Gesetzgeber sodann auch im Einzelnen an konkrete Bestandsregelungen an, deren Verständnis und Auslegung durch die Bezugnahmen in die gesetzlichen Neuregelungen der §§ 218 ff. BewG mit übertragen werden.

Zudem sieht der Gesetzgeber es als Hauptanliegen des Grundsteuer-Reformgesetzes an, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts mit Urteil vom 10. April 2018 (1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12, BVerfGE 148, 147) umzusetzen und unter deren Beachtung das Grundsteuerrecht weiterzuentwickeln. Hierzu wurden insbesondere die bisherigen Bewertungsmethoden (Ertrags-, Sach- und Vergleichswertverfahren) in ihrer Struktur und den wesentlichen Berechnungselementen (z.B. im Ertragswertverfahren die getrennte Bewertung von Grundstück und aufstehendem Gebäude; Bewertung des Objekts nach abgezinstem Reinertrag etc.) übernommen, jedoch um Typisierungen und Pauschalierungen ergänzt, was eine durch das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich angesprochene Regelungsoption zur Erreichung einer gleichheitsgerechten Grundsteuererhebung (und dem vorgelagert: Grundstücksbewertung) darstellt.

Der erhebliche Umfang der mit den Neuregelungen verbundenen Pauschalierungen, der die konkrete Wertermittlung in ganz erheblichem Maß auf die Rechtsanwendung abstrakt-generell vorgegebener Berechnungsgrößen reduziert (dazu Gliederungspunkt II. 2. c)), ist hierbei keine gesetzliche Neukonzeption des Bewertungsrechts, sondern bewirkt mit seinen – wenn auch in erheblichem Umfang vorgenommenen – Typisierungen einzelner Berechnungsgrößen lediglich Modifikationen bzw. Weiterentwicklungen bestehender Bewertungselemente (in diesem Sinne auch: Hey, in: Scheffler/Hey, Aktuelle Fragen der Grundsteuerreform: Wirkungen und Gesetzgebungskompetenz, ifst-Schrift 530 (2019), S. 67 ff. und S. 70; Hey, ZG 2019, 297 (300); Schmidt, NVwZ 2019, 103 (106); a.A. Kirchhof, DStR 2018, 2661 (2668 ff.).

dd) Unabhängig davon, dass das Gericht nach den vorstehenden Ausführungen von einer Bundeskompetenz nach den Maßstäben des Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG ausgeht, erkennt es auch deshalb keinen Kompetenzübergriff des Bundesgesetzgebers, weil dieser den Ländern in Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG das Recht zur Abweichungsgesetzgebung zugebilligt hat.

Dies folgt aus Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG, der nicht nur die Möglichkeit enthält, seitens des Bundesgesetzgebers ein Freigabegesetz zu erlassen. Die Regelung schließt es vielmehr – bei systematischer Auslegung im Sinne eines Erst-Recht-Schlusses – nicht aus, dass der Bundesgesetzgeber im Rahmen seiner Anpassungs- und Änderungskompetenz nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG auch eine bundeseinheitliche Regelung erlässt, die zugleich eine Länder-Öffnungsklausel enthält (Greve, NVwZ 2019, 701 (704); Schmidt, ZRP 2019, 146 (148); Schwarz/Sairinger, DVBl. 2020, 800 (804 f.)).

Wenn eine derartige Öffnungsklausel durch einfaches Bundesgesetz umgesetzt werden kann, muss dies – bei teleologischer und systematischer Auslegung des Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG – auch gelten, wenn sich eine Öffnungsklausel zu einer abweichenden Landesregelung im Verfassungsrecht des Bundes findet (in diesem Sinne auch BT-Drucksache 19/11084, S. 4). Wegen des Rechts zur Abweichungsgesetzgebung in Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG – einer Norm mit Verfassungsrang – ist es daher unschädlich, dass sich in den einfachrechtlichen Vorschriften der §§ 218 ff. BewG in der Fassung des Grundsteuer-Reformgesetzes nicht nochmals eine entsprechende Abweichungsklausel findet.

Für die Frage, in welchem Zeitpunkt der Bund zuständig sein muss, um ein Gesetz erlassen zu können, ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens des auf eine Kompetenzgrundlage gestützten Gesetzes ohne jede Bedeutung. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens ist Teil des Inhalts des einfachen Gesetzes, nicht Teil des Gesetzgebungsverfahrens. Das auf eine Kompetenzgrundlage gestützte Gesetz ist vielmehr, gleichgültig mit welchem Tag des Inkrafttretens es versehen ist, rechtlich existent („erlassen“) mit seiner Verkündung, die den letzten Teil des Gesetzgebungsverfahrens bildet. Ein späterer Tag des Inkrafttretens des Gesetzes bestimmt nur seinen zeitlichen Geltungsbereich, d.h. den Tag, von dem an es anzuwenden ist. Ein einfaches Gesetz, das ausgefertigt wird zu einem Zeitpunkt, an dem die dazu ermächtigende verfassungsrechtliche Norm noch nicht in Kraft war, oder das verkündet wird, bevor die dazu ermächtigende Norm in Kraft getreten ist, ist daher nichtig (BVerfG, Urteil vom 26. Juli 1972 – 2 BvF 1/71 BVerfGE 34, 9).

Das auf einem Gesetzentwurf vom 25. Juni 2019 (BT-Drucksache 19/11084) beruhende verfassungsändernde Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 72, 105 und 125b) vom 15. November 2019 (BGBl. I 2019, S. 1546), das in Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes die Einfügung des Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG vornahm und nach Art. 2 des Gesetzes am Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten sollte, war aufgrund seiner Verkündung am 20. November 2019 in Kraft getreten mit Wirkung zum 21. November 2019.

In dem bereits taggleich mit dem verfassungsändernden Gesetz, nämlich ebenfalls am 25. Juni 2019 eingebrachten Gesetzentwurf des Grundsteuer-Reformgesetzes (BT-Drucksache 19/11085) stützte der Bundesgesetzgeber seine Gesetzgebungskompetenz für das Grundsteuer-Reformgesetz auf den im parallelen Gesetzgebungsverfahren einzuführenden Art. 125a Abs. 2 GG. Das Grundsteuer-Reformgesetz wurde am 26. November 2019 vom Bundespräsidenten ausgefertigt und am 2. Dezember 2019 im Bundesgesetzblatt verkündet. Nach Art. 18 Abs. 1 des Gesetzes traten die in Art. 1 des Gesetzes geregelten Vorschriften der §§ 218 ff. BewG nebst den zugehörigen Anlagen zum BewG sowie die in Art. 3 des Gesetzes geregelten Vorschriften des GrStG am Tag nach der Verkündung, mithin am 3. Dezember 2019 in Kraft. Folglich bestand mit Art. 72 Abs, 3 Satz 1 Nr. 7 GG sowohl im Zeitpunkt der Ausfertigung als auch der Verkündung des Grundsteuer-Reformgesetzes eine Abweichungskompetenz der Länder. Dies genügt als Öffnungsklausel im Sinne des Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG.

ee) Jedenfalls aber besteht eine umfassende konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Erlass des Grundsteuer-Reformgesetzes nach Art. 105 Abs. 2 Satz 1 GG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 72, 105 und 125b) vom 15. November 2019 (BGBl. I 2019, S. 1456), das – bei historischer Auslegung und im systematischen Vergleich mit Art. 105 Abs. 2 Satz 2 GG – dem Bund die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer gerade unabhängig von den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG zugewiesen hat (vgl. BT-Drucksache 19/11084, S. 6).

Auch insofern war durch das verfassungsändernde Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 72, 105 und 125b) vom 15. November 2019 (BGBl. I 2019, S. 1546) in Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes die Einfügung des Art. 105 Abs. 2 Satz 1 GG vorgenommen worden, die mit Wirkung zum 21. November 2019 und damit noch vor der Ausfertigung (26. November 2019) sowie vor der Verkündung des Grundsteuer-Reformgesetzes (2. Dezember 2019) in Kraft trat. Folglich bestand sowohl im Zeitpunkt der Ausfertigung als auch der Verkündung des Grundsteuer-Reformgesetzes eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Regelung der verfahrensgegenständlichen Vorschriften.

Nach den vorstehenden Maßstäben und Ausführungen kann das erkennende Gericht keine „kompetenzrechtlichen Konstruktionsfehler“ darin erkennen, dass der Bund eine ihm nunmehr unbeschränkte Gesetzgebungskompetenz über die Grundsteuer nicht in ausreichendem Umfang genutzt habe, weil er zuvor nur von begrenzten Regelungsspielräumen habe ausgehen müssen (a.A.: Kirchhof, DB 2023, 1116 (1117 und 1119)). Vielmehr zeigen die beiden parallel eingebrachten und in Bezug aufeinander begründeten Gesetzgebungsverfahren, dass der Bundesgesetzgeber bereits bei der förmlichen Einleitung des Gesetzgebungsprozesses von einer umfassenden Gesetzgebungskompetenz ausging. Dass er keine anderen Regelungen als die später Gesetz gewordenen Vorschriften getroffen hat, kann daher nur als Beleg für die Ausübung dieser Kompetenz angesehen werden.

c) Die streitgegenständliche Abgabenangelegenheit, nämlich die Grundsteuerwertfeststellung in einem bewertungsrechtlichen Grundlagenbescheid, unterfällt auch umfassend der „Verwaltung durch Landesfinanzbehörden“ im Sinne des § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO (dazu Gliederungspunkt aa)).

Dass die eigentliche Festsetzung der Grundsteuer durch einen darauf folgenden Grundsteuerbescheid der rheinland-pfälzischen Gemeinden erfolgt, ist hierfür unbeachtlich (dazu Gliederungspunkt bb)).

Auch dass sich die Grundsteuerwertfeststellung mit dem Bodenrichtwert auf eine Bemessungsgrundlage stützt, die durch einen Gutachterausschuss und damit eine außerhalb der Finanzverwaltung stehende Stelle ermittelt wurde, ändert an einer „Verwaltung durch Landesfinanzbehörden“ bezüglich des Grundsteuerwertbescheids nichts (dazu Gliederungspunkt cc)).

aa) Eine „Verwaltung von Abgaben“ im Sinne des § 33 Abs. 2 Halbsatz 1 FGO umfasst alle Maßnahmen einer Finanzbehörde, die von Ermittlungen zu unbekannten Abgabensachverhalten über das konkrete Ermittlungs- und Festsetzungsverfahren bis zum Vollstreckungsverfahren reichen. Dazu gehören in erster Linie die Steuerbescheide, die der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen dienenden Bescheide und die sonstigen Bescheide der Finanzbehörden. Erfasst werden auch die „sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten“. Diese Generalklausel erfasst somit auch alle an die eigentliche Abgabenverwaltung angrenzenden Nebenrechtsgebiete, die jedoch mit der eigentlichen Verwaltung von Abgaben zusammenhängen, etwa indem sie diese vorbereiten oder aus der Abgabenerhebung unmittelbar resultieren. Solche Verwaltungsakte kommen insbesondere auf den Gebieten der Steueraufsicht, der Steuerermittlung, der Steuererhebung, der Vollstreckung, der Erstattung, der Vergütung, der Bewertung, der Zerlegung und Zuteilung und der Vertretung vor den Finanzbehörden und Finanzgerichten in Betracht (BT-Drucksache IV/1446, 43).

bb) Auf der Grundlage des Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG hat der rheinland-pfälzische Landesgesetzgeber für die den Gemeinden allein zufließende Grundsteuer teilweise Gebrauch gemacht und die Verwaltung zum Teil den Gemeinden übertragen: So obliegt nach § 5 Abs. 1 Halbsatz 1 Alt. 2 des rheinland-pfälzischen Kommunalabgabengesetzes (KAG) die Verwaltung der Grundsteuer den Gemeinden. Dies gilt nach § 5 Abs. 1 Halbsatz 2 KAG jedoch nicht für die Festsetzung und Zerlegung der Steuermessbeträge.

Nach dem einfachgesetzlich ausgestalteten dreistufigen Besteuerungssystem von der Grundsteuerwertfeststellung über den Grundsteuermessbescheid bis zur eigentlichen Grundsteuerfestsetzung kommt den rheinland-pfälzischen Gemeinden somit nur die Verwaltungszuständigkeit zur Festsetzung der Grundsteuer in einem Grundsteuerbescheid sowie zur Erhebung der derart festgesetzten Grundsteuer zu.

Im Übrigen, d.h. hinsichtlich der Festsetzung des Grundsteuermessbetrags und gerade auch hinsichtlich der noch vorgelagerten Festsetzung des Grundsteuerwerts verbleibt es hingegen bei der Verwaltungskompetenz der Landesfinanzbehörden nach Art. 108 Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. §§ 2 ff. des Gesetzes über die Finanzverwaltung (FVG), zu denen der Antragsgegner gehört. Die zuständigen Finanzämter ermitteln nicht nur die für den Erlass des angegriffenen Grundsteuerwertbescheids relevanten Besteuerungsgrundlagen, sondern setzen sodann auf der materiell-rechtlichen Grundlage der §§ 218 ff. BewG auch den Grundsteuerwert durch förmlichen Bescheid mit (mittelbarer) Bindungswirkung für die Gemeinde fest.

cc) Eine „Verwaltung durch Landesfinanzbehörden“ im vorgenannten Sinne erfolgt auch, soweit die Finanzbehörden im Zuge ihrer Grundsteuerwertfeststellung auf einen von den rheinland-pfälzischen Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwert als bedeutsame Besteuerungsgrundlage des Grundsteuerwerts zugreifen.

Die im Bewertungssystem der §§ 243 ff. BewG für alle Immobilienarten als Bemessungsgrundlage bedeutsamen Bodenrichtwerte (dazu Gliederungspunkt (1)) werden durch Gutachterausschüsse ermittelt, deren Zusammensetzung und Arbeitsweise ungeachtet weniger bundesgesetzlicher Regelungen im Wesentlichen durch landesrechtliche Vorschriften bestimmt werden (dazu Gliederungspunkt (2)).

Trotz der Bezeichnung in § 192 Abs. 1 BauGB als „selbständige, unabhängige Gutachterausschüsse“ handelt es sich dabei im System der Staatsgewalten jedoch um Landesbehörden (dazu Gliederungspunkt (3)), nicht aber um Finanzbehörden im Sinne der §§ 2 ff. FVG (dazu Gliederungspunkt (4)).

Daher erfolgt die Feststellung von Bodenrichtwerten durch die Gutachterausschüsse und die Übermittlung dieser Werte an die Finanzbehörden nur im Innenverhältnis zwischen verschiedenen Behörden, nicht aber im Außenverhältnis zu den Steuerpflichtigen. Eine derartige Außenwirkung kommt erst dem Grundsteuerwertbescheid zu, in dem der Bodenrichtwert als Bemessungsgrundlage des Grundsteuerwerts herangezogen wird (dazu Gliederungspunkt (5)).

(1) Der Bodenrichtwert geht in die Grundsteuerwertfeststellung gemäß §§ 243 ff. BewG bei allen der Bewertung unterworfenen Immobilienarten als zentrales Element in die Bemessungsgrundlage des Grundsteuerwerts ein:

So ermittelt sich der Grundsteuerwert unbebauter Grundstücke nach § 247 Abs. 1 Satz 1 BewG regelmäßig durch Multiplikation ihrer Fläche mit dem jeweiligen Bodenrichtwert im Sinne des § 196 BauGB. Soweit in den §§ 243 bis 262 BewG sowie in den Anlagen 36 bis 43 zum BewG nichts anderes bestimmt ist, werden Abweichungen zwischen den Grundstücksmerkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks und des zu bewertenden Grundstücks mit Ausnahme unterschiedlicher Entwicklungszustände und unterschiedlicher Arten der Nutzung bei überlagernden Bodenrichtwertzonen nicht berücksichtigt (§ 247 Abs. 1 Satz 2 BewG). Die Bodenrichtwerte sind von den Gutachterausschüssen im Sinne der §§ 192 ff. BauGB auf den Hauptfeststellungzeitpunkt zu ermitteln, zu veröffentlichen und nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung an die zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln (§ 247 Abs. 2 BauGB). Wird von den Gutachterausschüssen kein Bodenrichtwert ermittelt, ist der Wert des unbebauten Grundstücks ausnahmsweise durch die Finanzbehörden aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten (§ 247 Abs. 3 BewG).

Für die Bewertung von Grundstücken, die mit einem Ein- oder Zweifamilienhaus bebaut sind, von Mietwohngrundstücken oder von Wohnungseigentum mit dem Ertragswertverfahren nach § 250 Abs. 2 i.V.m. §§ 252 bis 257 BewG ermittelt sich der Grundsteuerwert nach § 252 BewG aus der Summe des kapitalisierten Reinertrags nach § 253 BewG (Barwert des Reinertrags) und des abgezinsten Bodenwerts nach § 257 BewG. Auch hierbei wirkt sich der Bodenrichtwert nicht nur als Berechnungselement der für die Barwertberechnung heranzuziehenden Liegenschaftszinssätze aus (§ 256 Abs. 2 und Abs. 3 BewG). Vielmehr greift auch die Berechnung des abgezinsten Bodenwerts in § 257 Abs. 1 Satz 1 BewG als zentrales Berechnungselement auf den Bodenwert nach § 247 BewG zurück, der sich durch Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem jeweiligen Bodenrichtwert errechnet und sodann bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern nach § 257 Abs. 1 Satz 2 BewG noch mit größenbezogenen Umrechnungsfaktoren modifiziert wird.

Auch soweit auf andere Grundstücksarten (Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum, sonstige bebaute Grundstücke) nach § 250 Abs. 3 i.V.m. §§ 258 bis 260 BewG das Sachwertverfahren anzuwenden ist, geht der Bodenwert als ein Teilbetrag des gesamten Sachwerts in die Berechnung ein (§ 258 Abs. 3 BewG) und bestimmt sich gemäß § 258 Abs. 2 BewG ebenfalls aus dem Wert des unbebauten Grundstücks nach § 247 BewG, worin erneut ein Rückgriff auf den Bodenrichtwert als maßgebliche Berechnungsgröße liegt.

(2) Die nach § 193 Abs. 5 Satz 1 BauGB für die Ermittlung der Bodenrichtwerte zuständigen Gutachterausschüsse bestehen nach § 192 Abs. 2 BauGB aus einem Vorsitzenden und ehrenamtlichen weiteren Gutachtern. Der Vorsitzende und die weiteren Gutachter sollen gemäß § 192 Abs. 3 Satz 1 BauGB in der Ermittlung von Grundstückswerten oder sonstigen Wertermittlungen sachkundig und erfahren sein und dürfen nicht hauptamtlich mit der Verwaltung der Grundstücke der Gebietskörperschaft, für deren Bereich der Gutachterausschuss gebildet ist, befasst sein.

Zudem ist nach § 193 Abs. 5 Satz 2 BauGB zur Ermittlung der Bodenrichtwerte sowie der sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten zwingend ein Bediensteter der zuständigen Finanzbehörde mit Erfahrung in der steuerlichen Bewertung von Grundstücken als Mitglied des Gutachterausschusses hinzuzuziehen. Indem die Mitwirkung von Finanzbeamten in den Gutachterausschüssen gefordert und ein gegenseitiger Informationsaustausch vorgesehen wird, soll die Verbindung der städtebaulichen Wertermittlung und der steuerlichen Bewertung im Rahmen des Möglichen hergestellt werden (vgl. BT-Drucksache 7/4793, S. 23 und 52 zur Vorgängervorschrift des § 139 BBauG a.F.). So soll auch sichergestellt werden, dass die Belange der steuerlichen Bewertung bereits bei der Bodenrichtwertermittlung in hinreichendem Maße berücksichtigt werden (Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 150. Ergänzungslieferung Stand Mai 2023, § 196 BauGB Rn. 44).

Die Zusammensetzung wird sodann gemäß § 199 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 2 der Landesverordnung über Gutachterausschüsse, Kaufpreissammlungen und Bodenrichtwerte (Gutachterausschussverordnung – GAVO) vom 20. April 2005 näher bestimmt: Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GAVO besteht ein Gutachterausschuss aus einem vorsitzenden Mitglied und aus weiteren ehrenamtlichen Mitgliedern:

Für das vorsitzende Mitglied ist mindestens ein stellvertretendes vorsitzendes Mitglied zu bestellen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GAVO). Das vorsitzende Mitglied und die stellvertretenden vorsitzenden Mitglieder müssen Bedienstete der örtlich zuständigen behördlichen Vermessungsstelle oder des örtlich zuständigen Vermessungs- und Katasteramts sein, von denen nach § 9 Abs. 1 GAVO die Aufgaben der Geschäftsstelle wahrgenommen werden. Zudem müssen sie die Befähigung für das vierte Einstiegsamt der Laufbahn Naturwissenschaft und Technik im Bereich Vermessungs- und Liegenschaftswesen besitzen oder in besonderem Maße in der Grundstückswertermittlung erfahren sein (§ 2 Abs. 2 GAVO).

Die Zahl der ehrenamtlichen Mitglieder eines Gutachterausschusses ist nicht abschließend bestimmt, sondern lediglich im Sinne einer Mindestanzahl aus § 2 Abs. 3 Satz 1 GAVO abzuleiten, wonach mindestens acht ehrenamtliche Mitglieder mit besonderen Qualifikationen benannt sind. Darüber hinaus kann es aber noch „die Übrigen“ ehrenamtlichen Mitglieder geben. Die ehrenamtlichen Mitglieder sollen ihren Wohn- oder Beschäftigungsort im Zuständigkeitsbereich des Gutachterausschusses haben (§ 2 Abs. 3 Satz 2 GAVO).

Von den ehrenamtlichen Mitgliedern müssen nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GAVO insbesondere zwei Bedienstete der Finanzverwaltung bestellt werden, die im Zuständigkeitsbereich des Gutachterausschusses mit der steuerlichen Bewertung von Grundbesitz befasst sind. Diese Mitglieder werden nach § 3 Abs. 2 Satz 1 GAVO durch das Landesamt für Steuern vorgeschlagen und nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GAVO durch das Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz für die Dauer des Gutachterausschusses, in der Regel für fünf Jahre, bestellt. Liegen für die ehrenamtlich tätigen Bediensteten der Finanzverwaltung die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 in der Person des betreffenden Mitglieds nicht mehr vor, so ist dieses Mitglied vom Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz abzuberufen (§ 5 Abs. 3 GAVO).

Nach § 7 Abs. 1 GAVO wird der Gutachterausschuss bei der Ermittlung von Bodenrichtwerten im Sinne des § 196 BauGB in der Besetzung mit dem vorsitzenden Mitglied, einem ehrenamtlichen Mitglied nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GAVO (d.h. mit einem im Zuständigkeitsbereich des Gutachterausschusses mit der steuerlichen Bewertung von Grundbesitz befassten Bediensteten der Finanzverwaltung) und mindestens vier weiteren ehrenamtlichen Mitgliedern tätig. Die Bestimmung der mitwirkenden ehrenamtlichen Mitglieder erfolgt durch das vorsitzende Mitglied (§ 8 Satz 2 Nr. 2 GAVO).

Der Gutachterausschuss berät und beschließt in gemeinsamer, nicht öffentlicher Sitzung. Der Beschluss ergeht mit der Mehrheit der Stimmen des vorsitzenden Mitglieds und der mitwirkenden ehrenamtlichen Mitglieder. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des vorsitzenden Mitglieds. Auf Verlangen sind abweichende Auffassungen aktenkundig zu machen; sie werden nicht Bestandteil eines Gutachtens (§ 7 Abs. 3 GAVO).

Die ehrenamtlichen Mitglieder – mit Ausnahme der nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bestellten Bediensteten der Finanzverwaltung – erhalten für ihre Tätigkeit eine Entschädigung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GAVO), zu der insbesondere eine Gutachterentschädigung in Höhe von maximal 26 Euro (für die freiberuflich tätigen ehrenamtlichen Mitglieder) bzw. 16 Euro (für die übrigen ehrenamtlichen Mitglieder) für jede angefangene halbe Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten zählt (§ 4 Abs. 3 GAVO). Die ehrenamtlichen Mitglieder der Gutachterausschüsse, die nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GAVO als Bedienstete der Finanzverwaltung bestellt sind, werden bei der Ermittlung von Bodenrichtwerten sowie der sonstigen zur Wertermittlung erforderlichen Daten im Hauptamt tätig und erhalten dafür keine gesonderte Vergütung (Amtliche Begründung zur Änderung der Landesverordnung über Gutachterausschüsse, Kaufpreissammlungen und Bodenrichtwerte im Jahr 2014, einzig abrufbar unter https:// lvermgeo.rlp.de/fileadmin/lvermgeo/pdf/rechtsgrundlagen/Begruendung_Aenderung_GAVO2014.pdf, zuletzt abgerufen am 23. November 2023).

Die Dienstaufsicht über die ehrenamtlichen Mitglieder obliegt dem Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz (§ 3 Abs. 4 GAVO). Ein Mitglied kann vom Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz abberufen werden, wenn es an der Erstattung eines Gutachtens mitgewirkt hat, obwohl ein Ausschließungsgrund nach § 1 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) in Verbindung mit § 20 oder § 21 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vorlag. Zu den Ausschlussgründen gehört insbesondere, dass in einem Verwaltungsverfahren nicht tätig werden darf, wer selbst Beteiligter oder Angehöriger eines Beteiligten ist, wer einen Beteiligten kraft Gesetzes oder Vollmacht allgemein oder in diesem Verwaltungsverfahren vertritt oder wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist (§ 20 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Dem Beteiligten steht gleich, wer durch die Tätigkeit oder durch die Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann (§ 20 Abs. 1 Satz 2 VwVfG). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Vor- oder Nachteil nur darauf beruht, dass jemand einer Berufsoder Bevölkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame Interessen durch die Angelegenheit berührt werden (§ 20 Abs. 1 Satz 3 VwVfG).

(3) Zwar handelt es sich bei den Gutachterausschüssen nach der einfachgesetzlichen Vorgabe des § 192 Abs. 1 BauGB um „selbständige, unabhängige“ Einrichtungen.

Diese sind jedoch – jedenfalls soweit sie im hier verfahrensgegenständlichen Kontext tätig werden – als „Behörden“ eines Landes im Sinne des § 1 Abs. 4 VwVfG (BFH, Urteil vom 4. März 2020 – II R 11/17 BFHE 268, 401, BStBl II 2021, 155; Voß, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 149./150. Ergänzungslieferung Stand Februar/Mai 2023, § 192 BauGB Rn. 17 und § 197 BauGB Rn. 25; Schaar, GuG 1991, 252 (253)) bzw. im Sinne des § 2 des rheinland-pfälzischen Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) vom 23. Dezember 1976 sowie im Sinne des § 6 Abs. 1 AO anzusehen. Sie haben unter anderem die Aufgabe, über den Wert unbebauter und bebauter Grundstücke Gutachten zu erstatten, und sind mit dieser Pflicht sowie mit ihren sonstigen Nebenaufgaben im Rahmen des öffentlichen Baurechts hoheitlich tätig. Zudem stehen ihnen gemäß § 197 BauGB verschiedene Auskunfts- und Betretungsbefugnisse zu, deren Ausübung hoheitliche Gewalt darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 1982 – III ZR 156/80 NVwZ 1982, 395).

Zudem haben die Gutachterausschüsse die Bodenrichtwerte gemäß § 196 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 2 Satz 1 BauGB für steuerliche Zwecke und nach Vorgaben der Finanzbehörden zu ermitteln. Sie müssen den Finanzbehörden nach § 193 Abs. 5 BauGB die für die Wertermittlung erforderliche Daten wie Liegenschaftszinssätze, Sachwertfaktoren, Umrechnungskoeffizienten, Gebäude- und Ertragsfaktoren mitteilen und dürfen nach § 195 Abs. 2 Satz 1 BauGB die Kaufpreissammlung (nur) an die zuständigen Finanzbehörden übermitteln. Der Gutachterausschuss kann sich zugleich seiner durch § 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB begründeten Verpflichtung, für jedes Gemeindegebiet einen Bodenrichtwert nach ergänzenden Vorgaben der Finanzverwaltung zu ermitteln, nicht mit dem Hinweis darauf entziehen, die Ermittlung sei nicht möglich. Dies wird durch die Neufassung des § 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB durch Art. 4 Nr. 2 Buchstabe a) des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl. I 2008, S. 3018) bestätigt, wonach die Bodenrichtwerte flächendeckend zu ermitteln sind (BFH, Urteil vom 25. August 2010 – II R 42/09 BFHE 230, 570, BStBl II 2011, 205; Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 149. Ergänzungslieferung Stand Februar 2023, § 196 BauGB Rn. 99).

(4) Hierdurch werden die Gutachterausschüsse indes nicht selbst zur Finanzbehörde im Sinne der §§ 2 ff. FVG. Dies folgt bereits aus ihrer Selbständigkeit, d.h. ihrer Ausgliederung aus der hierarchischen und weisungsabhängigen Behördenstruktur der Finanzverwaltung.

Aufgrund der in § 192 Abs. 1 BauGB angelegten Unabhängigkeit ist eine Dienstaufsicht nur im Sinne einer Rechtsaufsicht zulässig, d.h. die Aufsichtsbehörde kann die Tätigkeit des Ausschusses daraufhin überwachen, ob die für die Tätigkeit zwingenden Verfahrensvorschriften eingehalten werden und ob es nicht zu unsachgemäßen Verzögerungen bei der Gutachtenerstattung kommt (vgl. etwa Federwisch, in: Spannowsky/Uechtritz, BeckOK BauGB, 59. Edition Stand 1. Juni 2023, § 192 BauGB Einleitung und Rn. 13). Regelungen zur Dienstaufsicht über die Mitglieder der rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse finden sich in der GAVO nur punktuell: So obliegt die Dienstaufsicht für alle ehrenamtlichen Mitglieder der Gutachterausschüsse gemäß § 3 Abs. 4 GAVO dem Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz. Diese obere Vermessungs- und Katasterbehörde im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Landesgesetzes über das amtliche Vermessungswesen (LGVerm) vom 20. Dezember 2000 untersteht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 LGVerm i.V.m. § 3 Nr. 21 der Anordnung über die Geschäftsverteilung der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 2021 jedoch dem Ministerium des Innern und für Sport als dem fachlich zuständigen Ministerium (oberste Vermessungs- und Katasterbehörde). Es besteht also gerade keine Fachaufsicht durch das Bundes- oder Landesministerium der Finanzbehörden, das zur Einordnung als Finanzbehörde im Sinne der §§ 2 ff. FVG führen könnte.

Dies gilt mangels anderslautender Anhaltspunkte auch und gerade für die beiden nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GAVO zwingend für jeden Gutachterausschuss zu bestellenden „Bediensteten der Finanzverwaltung“, die „im Zuständigkeitsbereich des Gutachterausschusses mit der steuerlichen Bewertung von Grundbesitz befasst“ sein müssen. Solche Bediensteten werden zwar nach § 3 Abs. 2 Satz 1 GAVO von dem Landesamt für Steuern und damit von einer Finanzbehörde vorgeschlagen. Für die Amtszeit des Gutachterausschusses bestellt werden beide Mitglieder nach § 3 Abs. 1 GAVO aber durch das Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz. Sie unterliegen bezüglich der Ausübung ihres Dienstes für den Gutachterausschuss – entsprechend der vorstehenden Ausführungen – auch der Dienstaufsicht des Landesamts für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz.

(5) Weil die Feststellung von Bodenrichtwerten durch die Gutachterausschüsse und deren Übermittlung an die Finanzbehörden somit nur zwischen verschiedenen Behörden, nicht aber im Außenverhältnis zu den Steuerpflichtigen erfolgt, kommt erst dem Grundsteuerwertbescheid, in dem die Finanzbehörde den Grundsteuerwert feststellt und hierbei den Bodenrichtwert lediglich als Teil der Bemessungsgrundlage übernimmt, eine Außenwirkung zu.

Zwar kann die rechtliche Wirkung eines Grundlagenbescheids im Sinne des § 171 Abs. 10 Satz 1 i.V.m. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO auch von Verwaltungsakten solcher Behörden ausgehen, die nicht zu den Finanzbehörden im Sinne des § 6 AO gehören, wenn diese Verwaltungsakte aufgrund besonderer Vorschrift mit Bindungswirkung für das Besteuerungsverfahren ausgestattet sind (BFH, Urteil vom 4. Oktober 1988 – VIII R 161/84 BFH/NV 1989, 758).

Allerdings kommt den festgestellten Bodenrichtwerten jedenfalls keine derartige rechtliche Bindungswirkung gegenüber Finanzbehörden und Steuerpflichtigen zu, dass sie als Verwaltungsakt und damit als Grundlagenbescheid wirken könnten. Dies folgt daraus, dass sich der Bodenrichtwert nur im Innenverhältnis zwischen den Gutachterausschüssen und den (Bewertungsstellen der) Finanzbehörden auswirkt. Vorbereitende Mitwirkungen anderer Behörden insbesondere durch Auskünfte, Übermittlung von Datensätzen und sonstigen Mitteilungen gegenüber den Finanzbehörden, die normativ nicht als Grundlagenbescheid ausgestaltet sind, haben im Verhältnis zu Steuerpflichtigen grundsätzlich keine Außenwirkung (Güroff, in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 176. Ergänzungslieferung Stand August 2023, § 118 AO Rn. 18.1). Dies gilt auch und gerade für Bodenrichtwerte, für die in § 196 Abs. 3 BauGB lediglich eine allgemeine Veröffentlichung für Zwecke der Grundsteuerwertfeststellung, aber keine grundstücksbezogenen „Bodenrichtwertbescheide“ vorgesehen ist. Die Bodenrichtwerte werden auch nicht für einzelne Flurstücke gegen den/die Grundstückseigentümer förmlich durch Bescheide festgesetzt, nicht einzelfallbezogen bekannt gegeben und nicht mit Rechtsbehelfsbelehrungen versehen. Zudem sind einzelne Bodenrichtwerte gemäß § 14 Abs. 5 Satz 2 ImmoWertV nicht zu begründen, was ebenfalls für ihre Unverbindlichkeit spricht (so auch Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, § 13 ImmoWertV Rn. 34 und § 14 ImmoWertV Rn. 34). Folglich haben Bodenrichtwerte jedenfalls keine Außenwirkung und sind daher keine Verwaltungsakte gegenüber den jeweiligen Grundstückseigentümern. Dies gilt sowohl für die Ermittlung, Festlegung und Veröffentlichung der Bodenrichtwerte als auch für die Einteilung der Bodenrichtwertzonen (so im Ergebnis auch: Freise, in: Brügelmann, BauGB, 126. Ergänzungslieferung Stand April 2023, § 196 BauGB Rn. 40 und § 199 BauGB Rn. 40; Mandler/Schulze/Zochert, DStR 2023, 1329 (1335)).

Weil es somit an der Außenwirkung der Bodenrichtwerte im Verhältnis zu Steuerpflichtigen fehlt, kann es für Zwecke der Zulässigkeitsprüfung dahingestellt bleiben, ob der Bodenrichtwertsammlung der Gutachterausschüsse darüber hinaus auch ein regelnder Inhalt fehlt, weil es sich bei den Bodenrichtwerten gemäß § 196 Abs. 1 BauGB um auf statistischer Erfassung beruhende tatsächliche Angaben zu durchschnittlichen Bodenwerten handelt. Dies entsprach jedenfalls der Rechtslage vor Beginn der Anwendbarkeit des Grundsteuer-Reformgesetzes, wonach der Bodenrichtwert nicht allgemeinverbindlich festgesetzt, sondern nur als Hilfsmittel bei der Wertermittlung herangezogen werde und den Ausgangspunkt für eine Wertschätzung im typisierten Verfahren bilde (so zur Rechtslage vor Einführung des neuen Grundsteuerrechts: BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 – I ZR 185/03 NJW-RR 2007, 342; ebenso zur Belastung der Steuerpflichtige nicht durch die ermittelten Bodenrichtwerte, sondern durch die festgestellten Grundstückswerte: BFH, Beschluss vom 21. Oktober 2005 – II B 123/04 BFH/NV 2006, 499).

Offen bleiben konnte auch, ob die (Bewertungsstellen der) Finanzbehörden – wie der Antragsgegner dies auch vorträgt – gleichwohl (faktisch) an diese Bodenrichtwerte gebunden sind und sie regelmäßig keiner Überprüfung unterziehen dürfen (für eine faktische „Feststellungswirkung“: Mandler/Schulze/Zochert, DStR 2023, 1329 (1334 ff.)) oder ob die Bodenrichtwerte keine Bindungswirkung entfalten und lediglich eine Schätzungsgrundlage der Wertermittlung durch die Finanzbehörden darstellen (in diesem Sinne etwa: BT-Drucksache 7/4793, S. 53 f. zu § 143b BBauG 1976 als der Vorgängervorschrift zu § 196 Abs. 2 BauGB; Federwisch, in: BeckOK BauGB, 59. Edition Stand 1. Juni 2023, § 196 BauGB Rn. 8; Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, § 13 ImmoWertV Rn. 46). Denn selbst wenn eine faktische Bindung bestünde, bedürfte eine Finanzbehörde als der letztendlich entscheidenden Behörde zur Feststellung des Grundsteuerwerts grundsätzlich der Mitwirkung des zuständigen Gutachterausschusses. Ein Grundsteuerwertbescheid ist selbst bei Annahme einer Bindungswirkung ein sog. mehrstufiger Verwaltungsakt, bei dem der Mitwirkungsakt des Gutachterausschusses nur gegenüber der Finanzbehörde, nicht aber gegenüber dem jeweiligen Steuerpflichtigen ergeht und daher keine Außenwirkung entfaltet. Obliegt nur einer Behörde die Entscheidung nach außen, so sind die Mitwirkungsakte der anderen beteiligten Behörden keine selbständigen Verwaltungsakte, sondern lediglich verwaltungsinterne Maßnahmen (BFH, Urteil vom 10. Dezember 1987 – IV R 77/86 BFHE 152, 24, BStBl II 1988, 322; Güroff, in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 176. Ergänzungslieferung Stand August 2023, § 118 AO Rn. 18).

Eine im Außenverhältnis zu Steuerpflichtigen wirkende staatliche Maßnahme geht nach diesen Grundsätzen erst von den Grundsteuerwertbescheiden aus, die aus den vorgenannten Gründen der „Verwaltung durch Landesfinanzbehörden“ unterfallen und nach Art. 19 Abs. 4 GG einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle zugänglich sein müssen (vgl. BFH, Beschluss vom 21. Oktober 2005 – II B 123/04 BFH/NV 2006, 499, Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen durch BVerfG, Beschluss vom 23. August 2006 – 1 BvR 2647/05).

2. Zulässige Antragsart des einstweiligen Rechtsschutzes war ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angegriffenen Grundsteuerwertbescheids nach § 69 Abs. 3 und Abs. 4 FGO. Insbesondere war nicht, soweit sich die Antragstellerin auf die Rechtswidrigkeit des für ihr Grundstück festgestellten Bodenrichtwerts beruft, zusätzlich noch ein Antrag nach § 114 FGO oder gar ein Antrag auf verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz zulässig oder erforderlich.

Obliegt nur einer Behörde die Entscheidung nach außen, so sind die Mitwirkungsakte der anderen beteiligten Behörden keine selbständigen Verwaltungsakte, sondern lediglich verwaltungsinterne Maßnahmen. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Mitwirkungshandlung erfolgt im Rahmen der Anfechtung des Verwaltungsakts (vgl. hierzu grundlegend: BFH, Urteil vom 28. April 1983 – IV R 77/82 BFHE 138, 373, BStBl II 1983, 506; BFH, Urteil vom 10. Dezember 1987 – IV R 77/86 BFHE 152, 24, BStBl II 1988, 322).

Mit der Anfechtung eines Grundsteuerwertbescheids kann somit auch die zugrundeliegende Bodenrichtwertfeststellung des zuständigen Gutachterausschusses überprüft werden. Entsprechend ist ein Abgabenbescheid, der zur Berechnung der festgesetzten Abgabe und damit zur Begründung des Bescheidtenors auf den Bodenrichtwert zurückgreift, aufzuheben, wenn der Bodenrichtwert unzureichend ermittelt wurde (im Ergebnis ebenso: Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 19. Februar 2015 – 7 K 5146/14).

Dies verhindert eine – auch vom Antragsgegner geforderte – Aufspaltung des Rechtswegs, gegen die neben systematischen Bedenken auch verfahrensökonomische Gründe sprechen. Es kann nicht angenommen werden, dass dem Antragsteller zugemutet werden sollte, wegen der im Verfahren gegen den Grundsteuerwertbescheid auftretenden Rechtsfragen mehrere Rechtswege beschreiten zu müssen (gegen die Aufspaltung des Rechtswegs auch in anderem Zusammenhang: BFH, Urteil vom 28. April 1983 – IV R 77/82 BFHE 138, 373, BStBl II 1983, 506).

3. Das Verfahren war nicht nach § 74 FGO auszusetzen, um die Rechtmäßigkeit des für das Grundstück der Antragstellerin geltenden Bodenrichtwerts durch ein Verwaltungsgericht überprüfen zu lassen, wie der Antragsgegner dies nahelegt (dazu Gliederungspunkt a)), oder um ein Normenkontrollverfahren zum BVerfG durchzuführen (dazu Gliederungspunkt b))

a) Eine Aussetzung des Verfahrens war insbesondere nicht anzuordnen, um eine gesonderte, ggf. verwaltungsgerichtliche Klärung der Rechtmäßigkeit des Bodenrichtwerts vorzunehmen, wie der Antragsgegner dies implizit fordert. Vielmehr ist dessen Rechtmäßigkeit entsprechend der vorstehenden Ausführungen allein im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung des angegriffenen Grundsteuerwertbescheids zu überprüfen.

b) Eine Aussetzung des Verfahrens war trotz der erheblichen Zweifel des Gerichts an der Verfassungsmäßigkeit der streitentscheidenden Rechtsvorschriften (dazu Gliederungspunkt III. 5.) auch nicht im Hinblick auf eine mögliche Vorlage zur verfassungsgerichtlichem konkretem Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG vorzunehmen.

An der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sind die Fachgerichte für den Fall, dass sie die angegriffene Regelung für verfassungswidrig erachten, nämlich nicht dadurch gehindert, dass sie über die Frage der Verfassungswidrigkeit nicht selbst entscheiden könnten, sondern insoweit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG einholen müssten. Das dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltene Verwerfungsmonopol hat zwar zur Folge, dass ein Gericht Folgerungen aus der (von ihm angenommenen) Verfassungswidrigkeit eines formellen Gesetzes – jedenfalls im Hauptsacheverfahren – erst nach deren Feststellung durch das Bundesverfassungsgericht ziehen darf. Die Fachgerichte sind jedoch durch Art. 100 Abs. 1 GG nicht gehindert, schon vor der – im Hauptsacheverfahren einzuholenden – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn dies nach den Umständen des Falles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Hauptsacheentscheidung dadurch nicht vorweggenommen wird. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes würde den Eintritt von Nachteilen während der Durchführung des Hauptsacheverfahrens verhindern, und selbst wenn vorläufiger Rechtsschutz versagt werden sollte, wäre dieses Verfahren jedenfalls bereits zur Vorklärung der offenen tatsächlichen und einfachrechtlichen Fragen geeignet (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1992 – 1 BvR 1028/91 BVerfGE 86, 382; BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1993 – 2 BvQ 46/93; BVerfG, Beschluss vom 16. November 1993 – 2 BvR 1587/92; BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 2004 – 1 BvR 2016/01; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2011 – 2 BvR 2362/11 BVerfGK 19, 286; BVerfG, Beschluss vom 14. August 2013 – 2 BvR 1601/13; BVerfG, Beschluss vom 4. März 2014 – 2 BvL 2/13 ; BFH, Beschluss vom 3. März 1998 – IV B 49/97 BFHE 185, 418, BStBl II 1998, 608; BFH, Beschluss vom 22. Dezember 2003 – IX B 177/02 BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367; Finanzgericht München, Beschluss vom 8. Mai 2007 – 9 V 181/07 ; BFH, Beschluss vom 25. April 2018 – IX B 21/18 BFHE 260, 431, BStBl II 2018, 415).

Halten Fachgerichte eine Regelung für verfassungswidrig, sind sie, wenn dies nach den Umständen des konkreten Einzelfalles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Hauptsacheentscheidung nicht vorweggenommen wird, möglicherweise aufgrund von Art. 19 Abs. 4 GG sogar verpflichtet, auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren (BVerfG, Beschluss vom 16. November 1993 – 2 BvR 1587/92).

4. Auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und Abs. 4 FGO liegen vor.

a) Die Voraussetzungen des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO liegen vor. Die Antragstellerin hat einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuerwertbescheids gestellt, der mit Bescheid vom 27. Januar 2023 durch den Antragsgegner abgelehnt wurde. Auch der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 25. April 2023 zurückgewiesen.

b) Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angegriffenen Grundsteuerwertbescheids war unabhängig davon möglich, dass das Einspruchsverfahren der Antragstellerin nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO im Zeitpunkt der gerichtlichen Antragstellung nach § 69 Abs. 3 FGO sowie der gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag ruhte.

Von der Aussetzung der Vollziehung ist die Anordnung des Ruhens eines behördlichen Verfahrens nach § 363 AO zu unterscheiden, bei der es sich um verfahrensleitende Maßnahmen handelt, die die Vollziehbarkeit des angegriffenen Verwaltungsakts nicht berührt (Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 177. Lieferung, 9/2023, § 69 FGO Rn. 11). Wegen der Vollziehbarkeit eines mit dem Einspruch angegriffenen, aber wegen eines ruhenden Einspruchsverfahrens noch nicht formell bestandskräftigen Verwaltungsakts besteht auch in diesen Fällen ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.

c) Schließlich war der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung auch im Hinblick auf ein besonderes Aussetzungsinteresse der Antragstellerin zulässig.

Ob diese in der Rechtsprechung bisweilen formulierte Zulässigkeitsvoraussetzung bei ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit (dazu Gliederungspunkt aa)) überhaupt gefordert werden kann, wurde zuletzt durch mehrere BFH-Senate und das BVerfG offengelassen (dazu Gliederungspunkt bb)).

Im Streitfall liegt ein derartiges Aussetzungsinteresse der Antragstellerin jedenfalls vor (dazu Gliederungspunkt cc)).

Aber auch wenn davon ausgegangen werden müsste, dass das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin die Interessen des Antragsgegners am Vollzug des angegriffenen Bescheids nicht überwiegt, könnte dies nicht zur Unzulässigkeit des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung führen, weil bei einer solchen einschränkenden Auslegung des § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 FGO das Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG unverhältnismäßig beeinträchtigt wäre (dazu Gliederungspunkt dd)).

aa) Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts oder hätte seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge, hat das Finanzgericht im Regelfall dessen Vollziehung auszusetzen oder im Fall eines bereits vollzogenen Verwaltungsakts die Vollziehung wieder aufzuheben (§ 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 FGO: „soll“). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen kann trotz Vorliegens solcher Zweifel die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt werden.

Solche Ausnahmefälle erkennen einige BFH-Senate in langjähriger Rechtsprechung insbesondere, wenn gegen eine Besteuerungsvorschrift verfassungsrechtliche Bedenken erhoben werden: Danach solle ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wegen des Geltungsanspruchs jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes nur zulässig sein, wenn ein besonderes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung vorliege. Bei Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer Steuerrechtsnorm sei die Aussetzung der Vollziehung nämlich in gleicher Weise sämtlichen Adressaten der Norm zu gewähren. Dies bedeutete deshalb im Ergebnis die vorläufige Außervollzugsetzung des gesamten ordnungsgemäß zustande gekommenen Steuergesetzes bis zur Entscheidung des BVerfG, d.h. für einen nicht absehbaren Zeitraum. Es sei eine Interessenabwägung zwischen den individuellen Interessen des Steuerpflichtigen und dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Haushaltsführung und einem Gesetzesvollzug erforderlich, wobei das Gewicht der ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der betroffenen Vorschrift bei dieser Abwägung nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein solle. Ein lediglich mit der behaupteten Verfassungswidrigkeit des Gesetzes begründeter Aussetzungsantrag sei daher, ohne dass es einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit bedürfe, abzulehnen, wenn nach den Umständen des Einzelfalles dem Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukomme (BFH, Beschluss vom 6. Februar 1967 – VII B 46/66 BFHE 87, 414, BStBl III 1967, 123; BFH, Beschluss vom 28. Juni 1967 – VII B 12/66 BFHE 89, 82, BStBl III 1967, 513; BFH, Beschluss vom 4. Dezember 1967 – GrS 4/67 BFHE 90, 461, BStBl II 1968, 199; BFH, Beschluss vom 30. April 1969 – VII B 16/68 BFHE 96, 8, BStBl II 1969, 528; BFH, Beschluss vom 10. Februar 1984 – III B 40/83, BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454; BFH, Beschluss vom 21. Mai 1992 – X B 106/91, BFH/NV 1992, 721; BFH, Beschluss vom 1. April 2010 – II B 168/09 BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558; BFH, Beschluss vom 5. März 2012 – III B 6/12 BFH/NV 2012, 1144; BFH, Beschluss vom 9. März 2012 – VII B 185/11 BFH/NV 2012, 999; BFH, Beschluss vom 9. März 2012 – VII B 171/11 BFHE 236, 206, BStBl II 2012, 418; BFH, Beschluss vom 18. Juni 2012 – II B 17/12 BFH/NV 2012, 1652; BFH, Beschluss vom 21. November 2013 – II B 46/13 BFHE 243, 162, BStBl II 2014, 263; BFH, Beschluss vom 19. März 2014 – III B 74/13 BFH/NV 2014, 1032; BFH, Beschluss vom 15. April 2014 – II B 71/13 BFH/ NV 2015, 7; BFH, Beschluss vom 25. November 2014 – VII B 65/14 BFHE 247, 182, BSt-Bl II 2015, 207; BFH, Beschluss vom 15. Juni 2016 – II B 91/15 BFHE 253, 319, BStBl II 2016, 846; BFH, Beschluss vom 21. Juli 2016 – V B 37/16 BFHE 254, 491, BStBl II 2017, 28; BFH, Beschluss vom 25. April 2018 – IX B 21/18 BFHE 260, 431, BStBl II 2018, 415; BFH, Beschluss vom 17. Dezember 2018 – VIII B 91/18 BFH/NV 2019, 306; BFH, Beschluss vom 18. Januar 2023 – II B 53/22 (AdV) BFH/NV 2023, 382; speziell zum neuen Grundsteuer- und Bewertungsrecht: Finanzgericht Nürnberg, Beschluss vom 8. August 2023 – 8 V 300/23 EFG 2023, 1405; Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. September 2023 – 3 V 3080/23).

Ausnahmsweise hat der BFH auch bei Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit in verschiedenen Fallgruppen dem Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen den Vorrang vor den öffentlichen Interessen eingeräumt, und zwar wenn dem Steuerpflichtigen durch den sofortigen Vollzug irreparable Nachteile drohen, wenn das zu versteuernde Einkommen abzüglich der darauf zu entrichtenden Einkommensteuer unter dem sozialhilferechtlich garantierten Existenzminimum liegt, wenn das BVerfG eine ähnliche Vorschrift für nichtig erklärt hatte, wenn der BFH (nicht aber ein Finanzgericht) die vom Steuerpflichtigen als verfassungswidrig angesehene Vorschrift bereits dem BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorgelegt hat oder wenn es um das aus verfassungsrechtlichen Gründen schutzwürdige Vertrauen auf die Beibehaltung der bisherigen Rechtslage oder um ausgelaufenes Recht geht (BFH, Beschluss vom 18. Juni 2012 – II B 17/12 BFH/NV 2012, 1652; BFH, Beschluss vom 15. April 2014 – II B 71/13 BFH/NV 2015, 7; BFH, Beschluss vom 15. Juni 2016 – II B 91/15 BFHE 253, 319, BStBl II 2016, 846; BFH, Beschluss vom 21. Juli 2016 – V B 37/16 BFHE 254, 491, BStBl II 2017, 28; BFH, Beschluss vom 28. Oktober 2022 – VI B 15/22 (AdV) BFHE 278, 27, BStBl II 2023, 12).

Das BVerfG hatte in dieser Rechtsprechung des BFH zunächst keinen Verstoß gegen das Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG erkannt. Der BFH stelle mit der Forderung nach einem berechtigten Interesse an einen vorläufigen Rechtsschutz kein zusätzliches, unbestimmtes Tatbestandsmerkmal im Rahmen des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO auf, sondern entnehme dieser gesetzlichen Bestimmung als einer Soll-Vorschrift im Wege der Interpretation die Notwendigkeit einer Interessenabwägung in besonderen Ausnahmefällen. Zu diesen Ausnahmefällen zähle er vor allem die behauptete Verfassungswidrigkeit der dem auszusetzenden Verwaltungsakt zugrundeliegenden Rechtsnorm. Eine solche Interessenabwägung verstoße nicht grundsätzlich gegen den aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Anspruch auf einen umfassenden und effektiven gerichtlichen Schutz, solange die Aussetzung die Regel, der sofortige Vollzug des Verwaltungsakts hingegen die Ausnahme bleibt. Die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen Verwaltungsakte ist durch Art. 19 Abs. 4 GG nicht schlechthin und ausnahmslos garantiert. Im Ausnahmefall könnten überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen (BVerfG, Beschluss vom 6. April 1988 – 1 BvR 146/88 ; BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. April 1992 – 2 BvR 283/92).

bb) Allerdings hatte es das BVerfG in seinen letzten hierzu veröffentlichten Entscheidungen ausdrücklich offengelassen, ob das Erfordernis eines besonderen Aussetzungsinteresses mit dem Grundsatz der Gewährung effektiven Rechtsschutzes vereinbar ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 24. Oktober 2011 – 1 BvR 1848/11; BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2013 – 1 BvR 821/13 NVwZ 2013, 935).

Auch mehrere BFH-Senate haben zuletzt dahinstehen lassen, ob sie an dieser Rechtsprechung festhalten, ob für das besondere Feststellungsinteresse eine hinreichende gesetzliche Grundlage bestehe oder ob das bloße staatliche Haushaltsinteresse ein ausreichender öffentlicher Belang sei, um trotz ernstlicher verfassungsrechtlicher Zweifel an einer steuergesetzlichen Rechtsnorm keine Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Zudem wurde die Aussetzung der Vollziehung wiederholt als zulässig erachtet, weil der Antragsgegner eine Gefährdung der öffentlichen Haushaltsführung nicht substantiiert dargelegt habe (BFH, Beschluss vom 5. März 2001 – IX B 90/00 BFHE 195, 205, BStBl II 2001, 405; BFH, Beschluss vom 11. Juni 2003 – IX B 16/03 BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663; BFH, Beschluss vom 22. Dezember 2003 – IX B 177/02 BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367; BFH, Beschluss vom 2. August 2007 – IX B 92/07 BFH/NV 2007, 2270; BFH, Beschluss vom 25. August 2009 – VI B 69/09 BFHE 226, 85, BStBl II 2009, 826; BFH, Beschluss vom 13. März 2012 – I B 111/11 BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611; BFH, Beschluss vom 9. Mai 2012 – I B 18/12 BFH/NV 2012, 1489; BFH, Beschluss vom 21. November 2013 – II B 46/13 BFHE 243, 162, BStBl II 2014, 263; BFH, Beschluss vom 18. Dezember 2013 – I B 85/13 BFHE 244, 320, BStBl II 2014, 947; BFH, Beschluss vom 31. März 2016 – XI B 13/16 BFH/NV 2016, 1187; BFH, Beschluss vom 23. Mai 2022 – V B 4/22 (AdV) BFHE 276, 535, BFH/NV 2022, 1030; BFH, Beschluss vom 28. Oktober 2022 – VI B 15/22 (AdV) BFHE 278, 27, BStBl II 2023, 12; BFH, Beschluss vom 11. November 2022 – VIII B 64/22 (AdV) BFHE 278, 36; BFH, Beschluss vom 9. März 2023 – VI B 31/22 (AdV) BFH/PR 2023, 574; BFH, Beschluss vom 12. April 2023 – I B 74/22 (AdV) BFHE 280, 181, BFH/NV 2023, 1178).

cc) Soweit bei der Anwendung der §§ 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 FGO tatsächlich ein besonderes Aussetzungsinteresse zu prüfen ist, lag dieses jedenfalls vor.

Die Antragstellerin hat ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung auf die einfachrechtliche Rechtswidrigkeit des angegriffenen Grundsteuerwertbescheids gestützt, weil für das Objekt der Antragstellerin ein unangemessen hoher Mietwert zugrunde gelegt werde. Das Haus sei im Jahr 1880 errichtet und seitdem in seinem Zustand nicht verbessert worden, sondern seit Jahrzehnten unrenoviert und weise beispielsweise noch eine Einfachverglasung der Fenster auf. Sie begehrt damit aufgrund individueller Besonderheiten einen individuellen Abschlag, den sie als Abschlag in Höhe der Differenz von Mietstufe 2 zu Mietstufe 1 beziffert. Das Gericht hat ernstliche Zweifel daran, dass sich in einem Haus in dem von der Antragstellerin geschilderten und unwidersprochenen Zustand die typisierten Mieterträge erzielen lassen, sodass von einem insgesamt niedrigeren Reinertrag auszugehen und ein niedrigerer Wert zu berücksichtigen sein dürfte (dazu Gliederungspunkt III. 3. d)). Durch diese einzelfallbezogenen Zweifel ist das öffentliche Interesse, insbesondere das Haushaltsinteresse der öffentlichen Hand nur marginal betroffen, sodass es im Einzelfall hinter das Aussetzungsinteresse zurücktritt.

Unabhängig von diesen für die Aussetzung der Vollziehung bereits ausreichenden, einfachrechtlichen und auf den Einzelfall der Antragstellerin gestützten Gründen für die Aussetzung der Vollziehung fiele eine Interessenabwägung – soweit sie tatsächlich mit einigen BFH-Senaten zu fordern wäre – zugunsten der Antragstellerin aus. Müsste die Antragstellerin den im Erlass des Grundsteuerwertbescheids liegenden Grundrechtseingriff, an dessen Rechtmäßigkeit erhebliche Zweifel bereits in einfachrechtlicher und darüber hinaus auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht bestehen (dazu Gliederungspunkt III. 4. und III. 5.), bis zu einer Entscheidung des BVerfG über eine etwaige Verfassungswidrigkeit des neuen Bewertungsrechts hinnehmen, wäre sie zur Zahlung der darauf erhobenen Grundsteuerbeträge verpflichtet, ohne hierfür im Fall ihres Obsiegens in der Hauptsache eine Kompensation erhalten zu können (dazu sogleich in Gliederungspunkt dd)).Überdies würden bei einem fremd vermieteten Bewertungsobjekt, bei dem die Grundsteuerbelastung überwälzt werden kann (dazu Gliederungspunkt III. 5. b) aa) (3)), langwierige Rückabwicklungsverhältnisse im Vermieter-Mieter-Verhältnis während der Zeit bis zu einer Entscheidung des BVerfG entstehen, die neben entsprechender Rechtsunsicherheit auch vermieterseitige Verzinsungspflichten zur Folge haben würde. Dies wäre jedoch beim Abschluss eines Dauerschuldverhältnisses wie einem Mietvertrag schon jetzt vertraglich zu regeln bzw. könnte beim Fehlen einer entsprechenden Regelung schon jetzt zu entsprechenden Nachteilen führen. Schließlich hat das BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14 BVerfGE 148, 147 bereits die bewertungsrechtlichen Regelungen als verfassungswidrig erachtet, deren Fortentwicklung der Gesetzgeber beabsichtigte (dazu Gliederungspunkt II. 1. b) bb)) und bei denen die verfassungsrechtlichen Einwände des BVerfG sich teilweise auch auf die Neuregelungen erstrecken (dazu Gliederungspunkt III. 5.). Demgegenüber treten die Interessen des Antragsgegners zurück. Der Antragsgegner hat weder dargelegt noch ist ersichtlich, dass eine Aussetzung der Vollziehung im Streitfall das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung berühren könnte. Überdies vergeht ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bis zur effektiven Haushaltswirksamkeit der Grundsteuer ab dem 1. Januar 2025 noch längere Zeit, die eine weitere Klärung in der Hauptsache ermöglicht, sodass das Haushaltsinteresse des Staates auch deshalb im Zeitpunkt der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung nur äußerst schwach ausgeprägt ist.

dd) Jedenfalls aber geht das Gericht davon aus, dass die durch einige BFH-Senate geforderte einschränkende Auslegung des § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 FGO das Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG unverhältnismäßig beeinträchtigt, da effektiver Eilrechtsschutz bei verfassungsrechtlichen Zweifeln anderenfalls tatsächlich ausgeschlossen wäre (so auch Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 177. Lieferung, 9/2023, § 69 FGO Rn. 97 mit weiteren Nachweisen; Stapperfend, in: Gräber, 9. Auflage 2019, § 69 Rn. FGO 190; Schallmoser, DStR 2010, 297 (299); Seer, DStR 2012, 325 (328 f.)).

Während Steuerpflichtige bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit aufgrund einfacher und individualisierter Rechtsanwendungsfehler einstweiligen Rechtsschutz erhalten könnten, wären Steuerpflichtige gerade bei besonders schweren Rechtsverstößen wie der materiellen Verfassungswidrigkeit eines Eingriffsgesetzes darauf beschränkt, den Grundrechtsverstoß für viele Jahre bis zu einer die Verfassungswidrigkeit feststellenden Entscheidung des BVerfG zu dulden. Besonders eindrücklich wird dies, wenn – wie im Streitfall – ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bezüglich eines strukturellen Vollzugsdefizits bestehen: Denn während die Nichtbeachtung verfahrensrechtlicher Amtsermittlungsverpflichten die Aussetzung der Vollziehung ohne Weiteres ermöglichen würde, wäre ein strukturelles Vollzugsdefizit bis zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit durch das BVerfG durch die Steuerpflichtigen hinzunehmen. Dies wiegt bei einer Steuerart wie der Grundsteuer, bei der Steuererstattungen weder nach § 233a AO noch nach dem Kommunalabgabengesetz verzinst werden, umso stärker, weil Steuerpflichtige für den langjährigen verfassungswidrigen Entzug der gezahlten Steuerbeträge keine Kompensation ihres Zinsschadens erhalten können.

Im Übrigen würde der Haushaltsvorbehalt jeden (legislativen) Verfassungsverstoß mit genügender finanzieller Breitenwirkung positiv „sanktionieren“: Mit zunehmender Breitenwirkung eines als verfassungsrechtlich zweifelhaften Steuergesetzes würde der in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte individuelle vorläufige Rechtsschutz immer weiter zurückgedrängt. Überdies wird durch die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung die Risiken für die öffentliche Haushaltswirtschaft, die mit der Verplanung bzw. Verausgabung möglicherweise verfassungswidriger Steuern verbunden sind, geradezu vermieden (so ausdrücklich BFH, Beschluss vom 25. August 2009 – VI B 69/09 BFHE 226, 85, BStBl II 2009, 826 mit weiteren Nachweisen).

Zugespitzt formuliert würde für den Steuerpflichtigen bedeuten: Je größer das finanzielle Ausmaß legislativen Unrechts, umso weniger individueller Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG wird gewährt (Seer, DStR 2012, 325 (328 f.)), bzw. je größer die Breitenwirkung des Verfassungsverstoßes und je gewichtiger seine budgetären Auswirkungen, umso eher darf der Gesetzgeber darauf vertrauen, die verfassungswidrig erlangte Steuerschuld nicht mehr herausgeben zu müssen, weil der Verfassungsverstoß zwar festgestellt, aber aus fiskalischen Erwägungen für die Vergangenheit konserviert und für einen gewissen (Übergangs)Zeitraum perpetuiert wird (Schallmoser, DStR 2010, 297 (299)).

Überdies kann das erkennende Gericht keinerlei Unterschied zur Konstellation erkennen, dass ernstliche Zweifel an der Unionsrechtskonformität einer steuergesetzlichen Regelung bestehen, bei der die Aussetzung der Vollziehung an einer dem Verwaltungsakt zugrundeliegenden Gesetzesvorschrift nach ständiger BFH-Rechtsprechung auch ohne ein besonderes Aussetzungsinteresse zu gewähren ist. Dies wird damit begründet, dass Unionsrecht wie die Grundfreiheiten, der AEUV oder Sekundärrecht in den Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht sei, das von jedem Gericht unbeschadet der Möglichkeit der Einleitung eines Vorabentscheidungsersuchens zu beachten sei. Dagegen bestehe für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Gesetzesnorm die ausschließliche Zuständigkeit des BVerfG (BFH, Beschluss vom 14. Februar 2006 – VIII B 107/04 BFHE 212, 285, BStBl II 2006, 523; BFH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 – XI B 88/13 BFH/NV 2014, 550; BFH, Beschluss vom 31. März 2016 – XI B 13/16 BFH/NV 2016, 1187 mit weiteren Nachweisen; BFH, Beschluss vom 23. Mai 2022 – V B 4/22 (AdV) BFHE 276, 535, BFH/NV 2022, 1030; BFH, Beschluss vom 28. Oktober 2022 – VI B 15/22 (AdV) BFHE 278, 27, BStBl II 2023, 12; BFH, Beschluss vom 11. November 2022 – VIII B 64/22 (AdV) BFHE 278, 36; BFH, Beschluss vom 9. März 2023 – VI B 31/22 (AdV) BFH/PR 2023, 574). Hierin liegt jedoch kein Unterschied zu ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit, weil sowohl bei ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit wie an der Unionsrechtskonformität die Vereinbarkeit der steuerlichen Eingriffsgrundlage mit höherrangigem Recht zweifelhaft ist, ohne dass den Finanzgerichten eine eigene Normverwerfungskompetenz zustünde. Vielmehr sind insofern Vorlagen zum BVerfG oder dem EuGH vorzunehmen, denen allein die entsprechende Normverwerfungskompetenz zusteht. Auch der Verweis auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts kann diesbezüglich keine Ungleichbehandlung zum Zugang einstweiligen Rechtsschutzes rechtfertigen, da die Finanzgerichte auch unmittelbar und umfassend an die Anwendung von Verfassungsrecht gebunden sind. Schließlich kann sich auch die Unvereinbarkeit von Regeln mit dem Unionsrecht in erheblichem Umfang auf das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung auswirken, etwa wenn diese mit der Umsatzsteuer eine der größten Einzel-Steuerquellen der staatlichen Bundes- und Länderhaushalte betreffen.

III.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des verfahrensgegenständlichen Grundsteuerwertbescheids ist auch begründet.

Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Rechtmäßigkeitsprüfung hinsichtlich des einfachen Rechts sowie des Verfassungsrechts (dazu Gliederungspunkt 1.) hatte das Gericht zu berücksichtigen, dass sich in den §§ 218 ff. BewG drei verschiedene Arten bewertungsrelevanter Tatbestandsmerkmale unterscheiden lassen: So gründet sich der Grundsteuerwert neben auslegungsfähigen Rechtsbegriffen bzw. Tatbestandsmerkmalen auf weitere Bemessungsgrundlagen des Grundsteuerwerts wie die Bodenrichtwerte, die durch außerhalb der Finanzverwaltung stehende Gutachterausschüsse ermittelt werden, sowie auf gesetzlich typisierte Berechnungselemente (dazu Gliederungspunkt 2.).

Diese Differenzierung wirkt sich in erheblichem Umfang auf die Prüfungskompetenzen des Finanzgerichts aus. Denn während das Gericht bezüglich der auslegungsfähigen Rechtsbegriffe bzw. Tatbestandsmerkmale zu einer uneingeschränkten Überprüfung berechtigt ist, kommt ihm bezüglich der Bodenrichtwerte (nur) eine Überprüfung bezüglich des äußeren Zustandekommens und hinsichtlich der typisierten Besteuerungsgrundlagen zumindest eine Überprüfung hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit zu (dazu Gliederungspunkt 3.).

Ausgehend von diesen Maßstäben hat das erkennende Gericht bereits ernstliche Zweifel an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit des verfahrensgegenständlichen Grundsteuerwertbescheids, die sich in verfahrensrechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht auf das Zustandekommen des Bodenrichtwerts als einer wesentlichen Berechnungsgrundlage beziehen. Daneben richten sich die Zweifel auf den unterbliebenen einzelfallbezogenen Ansatz eines niedrigeren Werts, weil der tatsächliche Wert in extremem Umfang unter dem gesetzlich typisierten Grundsteuerwert liegen dürfte (dazu Gliederungspunkt 4.).

Unabhängig davon hat das erkennende Gericht auch ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Bewertungsvorschriften, namentlich aus mehreren voneinander unabhängigen Gründen daran, dass die materiell-rechtlichen Bewertungsregelungen der §§ 218 ff. BewG und insbesondere der §§ 243 ff. BewG zu einer realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung führen. Hinzu treten ernstliche Zweifel an einem gleichheitsgerechten Vollzug der Regelungen, die zu einer gleichheitsgerechten Bewertung von Grundstücken führen sollen (dazu Gliederungspunkt 5.).

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 FGO „soll“ auf einen entsprechenden Antrag hin die Aussetzung der Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen.

Ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken. Die Entscheidung hierüber ergeht bei der – im Verfahren wegen der Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts gebotenen – summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt. Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Beschluss vom 30. März 2021 – V B 63/20 (AdV) BFH/NV 2021, 1212; BFH, Beschluss vom 24. November 2021 – I B 44/21 (AdV) BFHE 275, 136, BStBl II 2022, 431; BFH, Beschluss vom 28. Oktober 2022 – VI B 15/22 (AdV) BFHE 278, 27, BStBl II 2023, 12; BFH, Beschluss vom 28. Dezember 2022 – III B 48/22 (AdV) BFH/NV 2023, 970; BFH, Beschluss vom 18. Januar 2023 – II B 53/22 (AdV) BFH/NV 2023, 382; BFH, Beschluss vom 12. April 2023 – I B 74/22 (AdV) BFH/ NV 2023, 1178).

An die Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind, wenn die Verfassungswidrigkeit von Normen geltend gemacht wird, keine strengeren Anforderungen zu stellen, als im Falle der Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung. Es genügen auch insoweit gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts sprechende Gründe. Das Gericht hat darüber zu befinden, ob die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts ernstlich zweifelhaft ist. Dabei macht es aber keinen Unterschied, welche Art von Umständen diese Zweifel begründen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Beschluss vom 10. Februar 1984 – III B 40/83 BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454; BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 2010 – 2 BvR 1710/10 BFH/NV 2011, 180; BFH, Beschluss vom 10. Februar 1984 – III B 40/83 BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454; BFH, Beschluss vom 6. März 2003 – XI B 7/02 BFHE 202, 141, BStBl II 2003, 516; BFH, Beschluss vom 14. Januar 2005 – XI B 129/02 BFH/NV 2005, 1105; BFH, Beschluss vom 27. Januar 2006 – VIII B 179/05 BFH/NV 2006, 1150; BFH, Beschluss vom 26. August 2010 – I B 49/10 BFHE 230, 445, BStBl II 2011, 826; BFH, Beschluss vom 13. März 2012 – I B 111/11 BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611; BFH, Beschluss vom 19. März 2014 – III B 74/13 BFH/NV 2014, 1032; BFH, Beschluss vom 18. Dezember 2013 – I B 85/13 BFHE 244, 320, BStBl II 2014, 947; BFH, Beschluss vom 17. Dezember 2018 – VIII B 91/18 BFH/NV 2019, 306; BFH, Beschluss vom 4. Juli 2019 – VIII B 128/18 BFH/ NV 2019, 1060; BFH, Beschluss vom 28. Oktober 2022 – VI B 15/22 (AdV) BFHE 278, 27, BStBl II 2023, 12; BFH, Beschluss vom 11. November 2022 – VIII B 64/22 (AdV) BFHE 278, 36; BFH, Beschluss vom 18. Januar 2023 – II B 53/22 (AdV) BFH/NV 2023, 382; BFH, Beschluss vom 12. April 2023 – I B 74/22 (AdV) BFH/NV 2023, 1178).

2. Die durch Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuer-Reformgesetz – GrStRefG) vom 2. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, S. 1794) eingeführten Regelungen zur Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer ab 1. Januar 2022 gemäß §§ 218 ff. BewG enthalten verschiedene Arten von Tatbestandsmerkmalen, die sich in drei Gruppen unterteilen lassen: Neben der ersten Gruppe der allgemeinen, auslegungsbedürftigen Rechtsbegriffe (dazu Gliederungspunkt a)) betrifft dies den Bodenrichtwert als wesentliche Berechnungsgröße des Bodenwertes (dazu Gliederungspunkt b)) sowie verschiedene gesetzlich typisierte Berechnungsgrößen wie normierte Roherträge oder Bewirtschaftungskosten, die ohne Nachweis individueller Besonderheiten oder Abweichungen in die Ermittlung des Grundsteuerwerts eingehen sollen (dazu Gliederungspunkt c)).

Diese Differenzierung hat erhebliche Auswirkungen auf dem Umfang der Amtsermittlungspflichten und Prüfungskompetenzen des Finanzgerichts (dazu Gliederungspunkt III.3.).

a) Die erste Gruppe von Tatbestandsmerkmalen zeichnet sich dadurch aus, dass es sich um (teils unbestimmte) Rechtsbegriffe handelt, die aus sich heraus auszulegen sind und unter die ohne Weiteres subsumiert werden kann. Dies betrifft insbesondere die Abgrenzung der Vermögensart (§ 218, § 219 Abs. 2 und § 243 BewG), die Bestimmung und Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten die Höhe ihrer Anteile (§ 219 Abs. 2, § 223 f., § 243, § 244 Abs. 2 BewG), die Abgrenzung zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken (§§ 246 f. bzw. §§ 248 ff. BewG) und die Einordnung bebauter Grundstücke in die zutreffende Grundstücksart (§ 249 BewG).

b) Daneben tritt der pro Quadratmeter Fläche ermittelte Bodenrichtwert im Sinne des § 196 Abs. 1 BauGB, der – neben der durch amtliche Vermessung ermittelten Grundstücksfläche – nach § 247 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BewG (ggf. anwendbar über die Verweisungen nach § 252 i.V.m. § 257 Abs. 1 Satz 1 BewG bzw. nach § 250 Abs. 3 i.V.m. § 258 Abs. 2 BewG) als Berechnungselement in die Grundsteuerwertfeststellung von Grundstücken eingeht.

Die Ermittlung des Bodenrichtwerts richtet sich hierbei nach den §§ 192 ff. BauGB.

Unter Bezugnahme auf die Grundstücksgröße eines Grundstücks (dazu Gliederungspunkt aa)) wird der Bodenrichtwert durch die Gutachterausschüsse aus einer sog. Kaufpreissammlung ermittelt, in der bzw. für die Daten aller Grundstücksverkäufe sowie weiterer Grundstücksübertragungen einschließlich der Daten zu den Eigenschaften der übertragenen Immobilien aufgenommen bzw. ermittelt werden. An die Datenherkunft und die Methodik der Erfassung werden detaillierte Anforderungen gestellt (dazu Gliederungspunkt bb)).

Diese Kaufpreissammlung wird anschließend ausgewertet (dazu Gliederungspunkt cc)). Auf dieser Grundlage ermitteln die Gutachterausschüsse die Bodenrichtwerte, indem sie je Bodenrichtwertzone ein fiktives Bodenrichtwertgrundstück bilden und die Bodenrichtwertzonen anhand vergleichbarer Grundstücke und ähnlicher Grundstückswerte umreißen. Anschließend versuchen sie in einem komplexen Verfahren, für diese Zonen den jeweiligen Bodenrichtwert – insbesondere im Vergleichswertverfahren – aus zeitnahen Verkäufen vergleichbarer Immobilien abzuleiten (dazu Gliederungspunkt dd)).

aa) Nach den Ausführungen in der Gesetzesbegründung des Grundsteuer-Reformgesetzes wird der Wert für ein unbebautes Grundstück „ausgehend von der jeweiligen Grundstücksfläche als physischem Bewertungskriterium“ ermittelt (BT-Drucksache 19/11085, S. 85).

(1) Hierbei können Grundstücksflächen jedoch nicht als absolute Werte aufgefasst werden, die außerhalb der Rechtsetzung vorgefunden werden. Eine exakte Flächenberechnung aus Koordinaten ist erst dann möglich, wenn zuvor alle Knickpunkte vollständig abgemarkt, anerkannt und aufgemessen werden. Gerade dort, wo Flächenangaben graphisch ermittelt wurden, aber auch bei Ermittlung mit modernen Erhebungs- und Berechnungsmethoden ergeben sich Flächen innerhalb eines gewissen Streubereichs (dazu grundlegend: Ziegler, Ermittlung und Genauigkeit der Flächenangaben in Kataster und Grundbuch, MlttBayNot 1989, 65 (66 ff.)).

(2) Folglich handelt es sich bei dem in § 247 Abs. 1 Satz 1 BewG benutzten Begriff der „Fläche“ um einen Rechtsbegriff, der einer Auslegung zugänglich ist. Das Gericht legt den Rechtsbegriff bei systematischer und teleologischer Auslegung dahingehend aus, dass damit auf die Flächenangabe eines Flurstücks (bzw. der Summe der Flächen bei einem aus mehreren Flurstücken bestehenden Grundstücks) im jeweiligen Liegenschaftskataster Bezug genommen wird.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über das amtliche Vermessungswesen (LGVerm) sind im Liegenschaftskataster über alle Liegenschaften Daten tatsächlicher und rechtlicher Art einschließlich der Daten über die Eigentümerinnen, Eigentümer und Erbbauberechtigten der Flurstücke nachzuweisen. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 der rheinland-pfälzischen Landesverordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über das amtliche Vermessungswesen (LGVermDVO) sind für Liegenschaften – neben der Flurstücksbezeichnung und der Lagebezeichnung – unter anderem auch die Flächeninhaltsangaben zu den Flurstücken nachzuweisen.

Das angeführte Flächenmaß in den Grundbüchern spielt zwar rechtstatsächlich eine wichtige Rolle, nimmt als Teil des Bestandsverzeichnisses aber nicht am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teil (Oberlandesgericht München, Beschluss vom 24. Juli 2009 – 34 Wx 027/09 ; Keller, in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht – Kommentar, 8. Auflage 2019, § 2 GBO Rn. 16; Holzer, in: Hügel, BeckOK GBO, 50. Edition Stand 1. August 2023, § 2 GBO Rn. 33). Die Flächenangaben des Grundbuchs sind informatorisch. Vielmehr ist das Liegenschaftskataster gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 LGVerm ein amtliches Verzeichnis der Grundstücke im Sinne des § 2 Abs. 2 der Grundbuchordnung (GBO); die Übereinstimmung zwischen Liegenschaftskataster und Grundbuch ist zu gewährleisten. Das Grundbuchamt ist daher auf das Liegenschaftskataster zurückzuführen. Es gibt aber keinen Erfahrungssatz, dass die Größenangaben im Grundbuch regelmäßig von den Katastergrößen abweichen (Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 15. Januar 2016 – 5 A 529/13).

Die Flächengröße eines Grundstücks als Bestandteil der Liegenschaftsangaben gehört zu denjenigen Daten des Liegenschaftskatasters, die ausschließlich im allgemeinen öffentlichen Interesse aufgenommen und zur Verfügung gestellt werden. Sie betrifft keine Rechtsposition des Grundstückseigentümers (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 28. August 2008 – 4 K 2124/08 ). Die Angabe der Grundstücksfläche im Liegenschaftskataster ist – da Flächen nicht unmittelbar gemessen werden können – eine aus der Geometrie der Umfangsgrenze abgeleitete Größe. Die Richtigkeit und Genauigkeit der Flächenangabe ist somit von der zutreffenden Erfassung der maßgeblichen Grenzpunkte abhängig (Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 25. Juni 2008 – AN 9 K 07.03306).

bb) Grundlage der Bodenrichtwertermittlung ist die nach § 9 ImmoWertV erstellte Kaufpreissammlung der jeweils örtlichen und – jedenfalls im Grenzbereich zweier Gutachterausschüsse – auch benachbarten Gutachterausschüsse (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, § 14 ImmoWertV Rn. 7; Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 150. Ergänzungslieferung Stand Mai 2023, § 196 BauGB Rn. 46).

Nach § 193 Abs. 5 Satz 1 BauGB führt „der Gutachterausschuss“ eine Kaufpreissammlung, wertet sie aus und ermittelt „Auf Grund der Kaufpreissammlung“ (§ 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB) Bodenrichtwerte.

Für die nach § 193 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 195 Abs. 1 BauGB zu führende Kaufpreissammlung ist von der beurkundenden Stelle eine Abschrift jedes Vertrags, durch den sich jemand verpflichtet, Eigentum an einem Grundstück gegen Entgelt, auch im Wege des Tausches, zu übertragen oder ein Erbbaurecht erstmals oder erneut zu bestellen, an den zuständigen Gutachterausschuss zu übersenden. Dies gilt auch für das Angebot und die Annahme eines Vertrags, wenn diese getrennt beurkundet werden, sowie entsprechend für die Einigung vor einer Enteignungsbehörde, den Enteignungsbeschluss, den Beschluss über die Vorwegnahme einer Entscheidung im Umlegungsverfahren, den Beschluss über die Aufstellung eines Umlegungsplans, den Beschluss über eine vereinfachte Umlegung und für den Zuschlag in einem Zwangsversteigerungsverfahren. Die über Kaufverträge hinausgehende Erweiterung der zu übermittelnden Transaktionen dienen der Lückenlosigkeit der Kaufpreissammlungen, zur besseren Transparenz des Grundstücksmarktes und zur Erleichterung ihrer Auswertung (BT-Drucksache 7/4793, S. 53 zur Vorgängervorschrift des § 143a BBauG).

Nach § 199 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GAVO sind alle nach § 195 Abs. 1 BauGB übermittelten Vorgänge zu erfassen und in die Kaufpreissammlung aufzunehmen. Es müssen daher die Kauffälle vollständig, fehlerfrei und zeitnah in die digital geführte Kaufpreissammlung eingearbeitet werden (Ache/Krägenbring, zfv 2023, 137 (142): teilweise relativierend hingehen: Reinhardt, GuG 2011, 8 (10): „angemessen vollständig“). Gemäß § 10 Nr. 2 GAVO wird die Aufgabe der Einrichtung und Führung der Kaufpreissammlung durch die gemäß § 192 Abs. 4 BauGB einzurichtende Geschäftsstelle eines Gutachterausschusses nach Weisung des vorsitzenden Mitglieds des Gutachterausschusses ausgeübt.

Die Kaufpreissammlung ist nach § 13 Abs. 3 Satz 1 GAVO auf der Grundlage der Geobasisinformationen des amtlichen Vermessungswesens in automatisierter Form zu führen und besteht aus der Kaufpreiskarte (kartenmäßiger Nachweis gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 GAVO) sowie den Kaufpreissachdaten (beschreibender Nachweis gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 GAVO).

Die Kaufpreiskarte soll gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Abs. 4 GAVO den Zuschnitt der Grundstücke zum Zeitpunkt der Beurkundung oder Beschlussfassung erkennen lassen. In ihr sind die nach § 195 Abs. 1 BauGB übermittelten Vorgänge sowie die Flurbereinigungsvorgänge nach § 13 Abs. 2 GAVO, soweit es sich um einen Eigentumswechsel an Grundstücken handelt, mit der Kauffallnummer einzutragen.

Als Kaufpreissachdaten sind gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 i.V.m. Abs. 5 GAVO

• die Vertragsmerkmale, insbesondere die Vertragsart oder der sonstige Grund des Rechtsübergangs, der Zeitpunkt der Beurkundung oder Beschlussfassung, die Gruppen der Vertragsparteien, das Entgelt, die Zahlungsbedingungen, sonstige Besonderheiten der Entgeltfestsetzung sowie ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse (Abs. 5 Nr. 1),

• die Zustandsmerkmale des Vertragsobjekts, insbesondere Entwicklungszustand, gezahlte oder nicht gezahlte Erschließungsbeiträge oder andere Beiträge, Lage, Größe, tatsächliche Nutzung und Nutzungsmöglichkeit der Grundstücke sowie Alter, Größe, baulicher Zustand und etwaiger Ertrag der baulichen Anlagen (Abs. 5 Nr. 2),

• die Ordnungsmerkmale, insbesondere die Angaben des Liegenschaftskatasters und des Grundbuchs, die Bezeichnung der Gemeinde, Straße und Hausnummer sowie die Flurstücks- und Objektkoordinaten (Abs. 5 Nr. 3),

• die Objektgruppen, insbesondere Gruppen von Grundstücken, für die nach den örtlichen Verhältnissen Teilmärkte bestehen (Abs. 5 Nr. 4),

• sonstige Hinweise und Eigenschaftsangaben, die für die Wertermittlung von Bedeutung sind (Abs. 5 Nr. 5), einzutragen.

Durch § 199 Abs. 1 BauGB wird die Bundesregierung ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften über die Anwendung gleicher Grundsätze bei der Ableitung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten einschließlich der Bodenrichtwerte zu erlassen. Hiervon hat die Bundesregierung mit der für den verfahrensgegenständlichen Bewertungsstichtag maßgeblichen ImmoWertV Gebrauch gemacht, die mit Wirkung zum 1. Januar 2022 als nunmehr rechtsverbindliche Rechtsverordnung die bisher unverbindliche Richtlinie zur Ermittlung von Bodenrichtwerten (Bodenrichtwertrichtlinie – BRW-RL) vom 11. Januar 2011 ersetzt (vgl. hierzu etwa Thiel, BauR 2022, S. 1716 (1717)) und insbesondere mit Blick auf die Neuregelungen zur Grundsteuer bundeseinheitliche und rechtsverbindliche Regelungen zur Wertermittlung trifft (BR-Drucksache 407/21, S. 2 und 78)):

• Zu den für die Wertermittlung erforderlichen Daten gehören die Bodenrichtwerte und die sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten, insbesondere Indexreihen, Umrechnungskoeffizienten, Vergleichsfaktoren, Liegenschaftszinssätze, Sachwertfaktoren, Erbbaurechts- und Erbbaugrundstücksfaktoren sowie Erbbaurechts- und Erbbaugrundstückskoeffizienten (§ 12 Abs. 1 ImmoWertV).

• Die für die Wertermittlung erforderlichen Daten werden insbesondere aus der Kaufpreissammlung auf der Grundlage einer ausreichenden Anzahl geeigneter Kaufpreise ermittelt (§ 12 Abs. 2 ImmoWertV), die hinsichtlich der allgemeinen Wertverhältnisse und des jeweiligen Grundstückszustands hinreichend übereinstimmen, indem sich etwaige Abweichungen entweder bei Vorliegen einer hinreichend großen Anzahl von Kaufpreisen in ihren Auswirkungen auf die Preise ausgleichen oder bei denen sich etwaige Abweichungen in entsprechender Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 ImmoWertV berücksichtigen lassen (§ 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 ImmoWertV).

• Kaufpreise sowie weitere Daten wie insbesondere Bodenrichtwerte und sonstige für die Wertermittlung erforderliche Daten sind zur Wertermittlung geeignet, wenn die Daten hinsichtlich Aktualität in Bezug auf den maßgeblichen Stichtag und hinsichtlich Repräsentativität den jeweiligen Grundstücksmarkt zutreffend abbilden und etwaige Abweichungen in den allgemeinen Wertverhältnissen sowie wertbeeinflussende Abweichungen der Grundstücksmerkmale des Wertermittlungsobjekts berücksichtigt werden können (§ 9 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV).

Die Aktualität erfordert, dass der Stichtag der verwendeten Daten möglichst nahe am Wertermittlungsstichtag liegt. Das setzt voraus, dass der Stichtag, auf den sich die für die Wertermittlung erforderlichen Daten beziehen, angegeben ist (Ache/Krägenbring/Voß, zfv 2022, 86 (91)).

Repräsentativität bedeutet, dass der Nachweis zu führen ist, dass die Stichprobe (also die Kaufpreise) auch tatsächlich geeignet ist, einen Erwartungswert für den Kaufpreis eines beliebigen Objektes der gewählten Grundgesamtheit – und damit auch des Bewertungsobjektes – zu ermitteln. Wird das Merkmal der Repräsentativität zu eng auf das zu bewertende Objekt bezogen und werden deshalb Kaufpreise bzw. andere Daten umfangreich bereits aus der Vergleichsbetrachtung ausgeschlossen, besteht die Gefahr, dass die zum späteren Vergleich herangezogene Grundgesamtheit willkürlich oder – ausgehend von vermeintlichen Preisindikatoren – bereits von vornherein eingeschränkt ist (Ache/Krägenbring, zfv 2023, 137 (144)).

• Bei Abweichungen der allgemeinen Wertverhältnisse sind die Daten durch geeignete Indexreihen oder in anderer Weise an die Wertverhältnisse am Wertermittlungsstichtag anzupassen. Wertbeeinflussende Abweichungen der Grundstücksmerkmale des Wertermittlungsobjekts sind durch geeignete Umrechnungskoeffizienten, durch eine Anpassung mittels marktüblicher Zu- oder Abschläge oder in anderer Weise zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 ImmoWertV).

• Die Kaufpreise sind um die Werteinflüsse besonderer objektspezifischer Grundstücksmerkmale zu bereinigen (§ 9 Abs. 1 Satz 4 und § 12 Abs. 3 Satz 3 ImmoWertV). Besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale sind nach der Legaldefinition des § 8 Abs. 3 Satz 1 ImmoWertV wertbeeinflussende Grundstücksmerkmale, die nach Art oder Umfang erheblich von dem auf dem jeweiligen Grundstücksmarkt Üblichen oder erheblich von den zugrunde gelegten Modellen oder Modellansätzen abweichen. Sie können insbesondere vorliegen bei besonderen Ertragsverhältnissen, Baumängeln und Bauschäden, nicht mehr wirtschaftlich nutzbaren zur alsbaldigen Freilegung anstehenden baulichen Anlagen, Bodenverunreinigungen oder Bodenschätzen sowie bei grundstücksbezogenen Rechten und Belastungen (§ 8 Abs. 3 Satz 1 ImmoWertV).

Zur Wertermittlung sind zudem nur solche Kaufpreise und andere Daten wie beispielsweise Mieten heranzuziehen, bei denen angenommen werden kann, dass sie nicht durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusst worden sind. Eine Beeinflussung durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse kann angenommen werden, wenn die Kaufpreise und anderen Daten erheblich von den Kaufpreisen und anderen Daten in vergleichbaren Fällen abweichen (§ 9 Abs. 2 ImmoWertV). Ungewöhnlich ist beispielsweise ein Preisverhalten, das nur vereinzelt oder nur verhältnismäßig kurz auftritt (Reuter, FuB 2006, 97 (99)), aber auch eine marktbeherrschende Verkäuferstellung bei kommunalen Grundstücksverkäufen zu besonderen Sonderkonditionen (Hendricks, Bodenrichtwertermittlung, 1. Auflage 2017, S. 31 f.).

Dies allein aus der Vertragsurkunde zu ermitteln, birgt jedoch erhebliche Schwierigkeiten, hat zugleich aber erheblichen Einfluss darauf, ob der konkrete Verkaufsvorgang in die Auswertung zur Ermittlung des Bodenrichtwerts eingeht. Daher bedarf es bereits bei der Erfassung und Pflege der Kaufpreissammlung ausgeprägter Fachkenntnisse für die sachgerechte Interpretation von Kauffällen, um die Daten des Kauffalls richtig einzuschätzen (vgl. dazu etwa Reinhardt, GuG 2011, 8 (9, 13 und 15)).

• Stehen keine geeigneten, nach den vorstehenden Grundsätzen ermittelten sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten zur Verfügung, können sie – also die Daten – oder die entsprechenden Werteinflüsse auch sachverständig geschätzt werden; die Grundlagen der Schätzung sind zu dokumentieren (§ 9 Abs. 3 Satz 2 ImmoWertV). Allerdings ist eine sachverständige Schätzung nicht bezüglich der gesamten für die Wertermittlung erforderlichen Daten, sondern nur bezüglich eines einzelnen Wertermittlungsfalls zulässig (Ache/Krägenbring, zfv 2023, 137 (142)).

Nach § 195 Abs. 2 Satz 1 BauGB darf die Kaufpreissammlung grundsätzlich nur dem zuständigen Finanzamt für Zwecke der Besteuerung übermittelt werden. (Nur die) Vorschriften, nach denen Urkunden oder Akten den Gerichten oder Staatsanwaltschaften vorzulegen sind, bleiben nach § 195 Abs. 2 Satz 2 BauGB unberührt. In § 14 Abs. 1 GAVO ist dies näher konkretisiert durch ein grundstücksbezogenes Einsichtsrecht (nur) für öffentliche Stellen nach § 2 Abs. 1 des Landesdatenschutzgesetzes (LDSG) und nach § 2 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes, für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige und für Sachverständige für Grundstückswertermittlung mit näher bezeichneter Zertifizierung. Anderen Stellen und Personen sind nach § 14 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 GAVO Auskünfte aus der Kaufpreissammlung nur in anonymisierter Form zu erteilen. Zudem sind die Daten der Kaufpreissammlung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 GAVO den Gutachterausschüssen des Landes Rheinland-Pfalz zugänglich zu machen, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

Die in die Kaufpreissammlung aufzunehmenden Vorgänge sind nach § 199 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 GAVO spätestens nach Abschluss der nächsten Bodenrichtwertermittlung zu vernichten bzw. bei elektronischer Übermittlung zu löschen.

cc) Diese Kaufpreissammlung ist sodann durch die Gutachterausschüsse auszuwerten. Durch diese Aufgabenerweiterung durch das Gesetz zur Änderung des Baugesetzes vom 18. August 1976 (BGBl. I 1976, S. 2221) wurde der Schwerpunkt von der bloßen Sammlung weg auf die Auswertung der Kaufpreise verlagert. Denn nicht die Sammlung gibt wesentliche Erkenntnisse über den Bodenmarkt wieder, sondern die Ergebnisse der Auswertung der Kaufpreise. Diese soll insbesondere Aufschluss geben über den Einfluss der verschiedenen wertbildenden Faktoren auf den Preis der einzelnen Grundstücke (BTDrucksache 7/4793, S. 53 zur Vorgängervorschrift des § 143a BBauG).

dd) Auf dieser Grundlage ermittelt der jeweils örtlich zuständige Gutachterausschuss schließlich „flächendeckend durchschnittliche Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands“, nach der Legaldefinition des § 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB also die sog. „Bodenrichtwerte“, auf die auch § 247 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BewG i.V.m. §§ 192 ff. BauGB zurückgreift.

(1) In verfahrensrechtlicher Hinsicht erfolgt dies in der Besetzung des Gutachterausschusses mit dem vorsitzenden Mitglied, einem ehrenamtlichen Mitglied nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GAVO (d.h. mit einem im Zuständigkeitsbereich des Gutachterausschusses mit der steuerlichen Bewertung von Grundbesitz befassten Bediensteten der Finanzverwaltung) und mindestens vier weiteren ehrenamtlichen Mitgliedern (§ 7 Abs. 1 GAVO), wobei das vorsitzende Mitglied die mitwirkenden ehrenamtlichen Mitglieder bestimmt (§ 8 Satz 2 Nr. 2 GAVO).

Nach § 7 Abs. 3 GAVO berät und beschließt der Gutachterausschuss in gemeinsamer, nicht öffentlicher Sitzung. Der Beschluss ergeht mit der Mehrheit der Stimmen des vorsitzenden Mitglieds und der mitwirkenden ehrenamtlichen Mitglieder. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des vorsitzenden Mitglieds.

Gemäß § 17 ImmoWertV sind die Bodenrichtwerte in automatisierter Form auf der Grundlage der amtlichen Geobasisdaten zu führen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 GAVO sind die Bodenrichtwerte, Grundstücksmarktberichte sowie sonstige für die Wertermittlung erforderliche Daten den benachbarten Gutachterausschüssen bereitzustellen.

Zudem sind die Bodenrichtwerte nach § 196 Abs. 3 Satz 1 BauGB dem zuständigen Finanzamt mitzuteilen. Nach der Gesetzesfassung der Vorgängervorschrift gemäß § 143b BBauG, der erstmals eine Übermittlung der Bodenrichtwerte an die Finanzbehörden vorsah, führte die Gesetzesbegründung aus: „Die Richtwerte können und sollen jedoch für die Finanzverwaltung nicht rechtsverbindlich sein; denn diese stellt die steuerlichen Werte ja nach dem Bewertungsgesetz fest. Die Kenntnis der Richtwerte kann aber zu einer beachtlichen Arbeitsersparnis bei der Finanzverwaltung führen. Sie ist daher besonders geeignet, das Zusammenspiel von steuerlicher Bewertung und städtebaulicher Wertermittlung zu vertiefen.“ (BT-Drucksache 7/4793, S. 54).

(2) Zentraler Anknüpfungspunkt der Bodenrichtwertbestimmung in materiell-rechtlicher Hinsicht ist nach § 196 Abs. 1 Satz 4 BauGB, der die Darstellung der wertbeeinflussenden Merkmale „des Bodenrichtwertgrundstücks“ verlangt, sowie nach § 199 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 13 Abs. 1 und Abs. 2 ImmoWertV „das Bodenrichtwertgrundstück“.

Nach § 196 Abs. 1 Satz 3 BauGB sind Richtwertzonen zu bilden, die jeweils Gebiete umfassen, die nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen. Diese müssen räumlich zusammenhängen (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 bis Satz 3 ImmoWertV).

„Das Bodenrichtwertgrundstück“ ist in § 13 Abs. 2 Satz 1 ImmoWertV legaldefiniert als ein unbebautes (vgl. dazu auch § 196 Abs. 1 Satz 2 BauGB und § 40 Abs. 1 ImmoWertV) und fiktives Grundstück, dessen Grundstücksmerkmale weitgehend mit den vorherrschenden grund- und bodenbezogenen wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmalen in der nach § 196 Abs. 1 Satz 3 BauGB gebildeten Richtwertzone übereinstimmen. In diesem Schritt ist also noch kein Wertvergleich, sondern zunächst nur ein Vergleich der wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmale vorzunehmen.

• Grundstücksmerkmale sind die Gesamtheit der rechtlichen Gegebenheiten, der tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Wertermittlungsobjekts (§ 2 Abs. 3 Satz 1 ImmoWertV), nach § 2 Abs. 3 Satz 2 ImmoWertV insbesondere

– der Entwicklungszustand (zu den Definitionen vgl. § 3 ImmoWertV),

– die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung (zu den Definitionen vgl. § 5 Abs. 1 ImmoWertV insbesondere i.V.m. Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO),

– die tatsächliche Nutzung,

– der beitragsrechtliche Zustand (zur Definition vgl. § 5 Abs. 2 ImmoWertV),

– die Ertragsverhältnisse (zur Definition vgl. § 5 Abs. 3 ImmoWertV),

– die Lagemerkmale (zur Definition vgl. § 5 Abs. 4 ImmoWertV),

– die Grundstücksgröße,

– der Grundstückszuschnitt,

– die Bodenbeschaffenheit (vgl. § 5 Abs. 5 ImmoWertV),

– bei bebauten Grundstücken zusätzlich

a) die Art der baulichen Anlagen,

b) die Bauweise und die Baugestaltung der baulichen Anlagen,

c) die Größe der baulichen Anlagen,

d) die Ausstattung und die Qualität der baulichen Anlagen einschließlich ihrer energetischen Eigenschaften und ihrer Barrierefreiheit,

e) der bauliche Zustand der baulichen Anlagen,

f) das Alter, die Gesamtnutzungsdauer und die Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen,

– bei landwirtschaftlichen Grundstücken Dauerkulturen und bei forstwirtschaftlichen Grundstücken die Bestockung, und

– die grundstücksbezogenen Rechte und Belastungen.

• Trotz der in § 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB benutzten Formulierung des „durchschnittlichen“ Lagewerts ist kein streng mathematisch-statistischer Durchschnitt wertbeeinflussender Faktoren zu bilden. Vielmehr gilt es, die vorherrschenden und typischen Grundstücksmerkmale der Grundstücke innerhalb einer (möglichen) Richtwertzone zu erfassen und hieraus „das Bodenrichtwertgrundstück“ abzuleiten (vgl. dazu Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, § 14 ImmoWertV Rn. 5).

• Das Tatbestandsmerkmal „fiktiv“ bezieht sich sowohl auf die Lage als auch auf die dargestellten Grundstücksmerkmale. Damit soll insbesondere verdeutlicht werden, dass sich aus der Darstellung des Bodenrichtwerts keine Rückschlüsse auf die Lage des Bodenrichtwertgrundstücks innerhalb der Bodenrichtwertzone ziehen lassen, weil der Bodenrichtwert als durchschnittlicher Lagewert (vgl. § 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB) gerade nicht an eine bestimmte Lage innerhalb der Bodenrichtwertzone gebunden ist (BR-Drucksache 407/21, S. 99).

• Tatbestandlich gefordert wird eine Übereinstimmung des Bodenrichtwertgrundstücks nur bezüglich der grund- und bodenbezogenen Grundstücksmerkmale der übrigen in der Bodenrichtwertzone gelegenen Grundstücke, denn nach § 196 Absatz 1 Satz 2 BauGB ist eine gegebenenfalls vorhandene Bebauung unberücksichtigt zu lassen (BR-Drucksache 407/21, S. 99). Dass der Grund und Boden bei bebauten Grundstücken gesondert zu bewerten ist, soll dazu dienen, Bodenwertsteigerungen exakt festzustellen und die Ermittlung der Bodenrichtwerte durch eine größere Zahl von zur Verfügung stehenden Bodenwerten wesentlich zu verbessern (BT-Drucksache 7/4793, S. 53 zur Vorgängervorschrift des § 141 BBauG).

• Wenngleich die Bebauung des zu bewertenden Grundstücks grundsätzlich nicht berücksichtigt wird, sind Zustand und die Struktur der in der Umgebung vorhandenen baulichen Anlagen als gebietsprägendes Lagemerkmal indes zu berücksichtigen. Bodenrichtwerte für bebaute Bodenrichtwertzonen sind daher als fiktive Baulücken zu ermitteln (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, § 14 ImmoWertV Rn. 3 und Rn. 19 sowie § 40 ImmoWertV Rn 23 ff.).

Das Bodenrichtwertgrundstück darf keine Grundstücksmerkmale aufweisen, die nur im Rahmen einer Einzelbegutachtung ermittelt werden können; dies betrifft insbesondere nur für einzelne Grundstücke bestehende privatrechtliche, öffentlich-rechtliche und tatsächliche Besonderheiten, es sei denn, die wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmale sind in der Bodenrichtwertzone vorherrschend (§ 16 Abs. 1 ImmoWertV).

Von den wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks sind der Entwicklungszustand, die Art der Nutzung und bei baureifem Land auch der beitragsrechtliche Zustand darzustellen. Weitere Grundstücksmerkmale sind darzustellen, wenn sie wertbeeinflussend sind; hierzu können insbesondere das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise oder die Gebäudestellung zur Nachbarbebauung, die Grundstücksgröße und die Grundstückstiefe gehören (§ 16 Abs. 2 ImmoWertV).

Die wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmale des Bodenrichtwertgrundstücks sind nach § 16 Abs. 3 i.V.m. Anlage 5 ImmoWertV zu spezifizieren. Danach sind die folgenden Merkmale anzugeben, soweit sie wertbeeinflussend sind:

• der Entwicklungszustand („Baureifes Land“ (B); „Rohbauland“ (R), „Bauerwartungsland“ (E), „Flächen der Land- oder Forstwirtschaft“ (LF) oder „Sonstige Flächen“ (SF); zu den Definitionen vgl. § 3 ImmoWertV),

• der beitragsrechtliche Zustand (zur Definition § 5 Abs. 2 ImmoWertV),

• die Bauweise oder Gebäudestellung zur Nachbarbebauung,

• das Maß der baulichen Nutzung (Zahl der Vollgeschosse (ZVG), Zahl der oberirdischen Geschosse (ZOG), Geschossflächenzahl (GFZ), wertrelevante Geschossflächenzahl (WGFZ), Grundflächenzahl (GRZ) und Baumassenzahl (BMZ); zur Definition § 5 Abs. 1 ImmoWertV insbesondere i.V.m. BauNVO)

• die Angaben zum Grundstück (Tiefe, Breite, Fläche),

• Sanierungs- oder Entwicklungszusätze und eine Bewertung der Bodenschätzung

Wertbeeinflussende Grundstücksmerkmale, die nicht in dieser Anlage 5 der ImmoWertV aufgeführt sind, dürfen nach dieser Anlage nur dann berücksichtigt werden, wenn die aufgeführten Grundstücksmerkmale zur marktgerechten Beschreibung des Bodenrichtwertgrundstücks nicht ausreichend sind.

(3) Eine Bodenrichtwertzone besteht aus einem räumlich zusammenhängenden Gebiet, das so abzugrenzen ist, dass lagebedingte Wertunterschiede zwischen den Grundstücken, für die der Bodenrichtwert gelten soll, und dem Bodenrichtwertgrundstück grundsätzlich nicht mehr als 30% betragen.

Wertunterschiede, die sich aus nicht mit dem Bodenrichtwertgrundstück übereinstimmenden Grundstücksmerkmalen einzelner Grundstücke ergeben, sind bei der Abgrenzung nicht zu berücksichtigen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 bis Satz 3 ImmoWertV).

Nach § 15 Abs. 2 ImmoWertV können jedoch einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile mit einer vom Bodenrichtwertgrundstück abweichenden Art der Nutzung oder Qualität, wie zum Beispiel Grünflächen, Waldflächen, Wasserflächen, Verkehrsflächen und Gemeinbedarfsflächen, Bestandteil der Bodenrichtwertzone sein; allerdings gilt der dort angegebene Bodenrichtwert dann nicht für diese Grundstücke. Bei den Bodenrichtwerten handelt es sich somit um Durchschnittswerte für gebietstypische Grundstücke (BTDrucksache 13/5359, S. 29 zur Vorgängervorschrift des § 145 BBauG), wie sie durch das Bodenrichtwertgrundstück ausgedrückt werden.

Hat sich in einem Gebiet die Qualität des Bodens durch einen Bebauungsplan oder andere Maßnahmen geändert, sind bei der nächsten Fortschreibung der Bodenrichtwerte auf der Grundlage der geänderten Qualität auch Bodenrichtwerte bezogen auf die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der letzten Hauptfeststellung oder dem letzten sonstigen Feststellungszeitpunkt für steuerliche Zwecke zu ermitteln. Die Ermittlung kann jedoch unterbleiben, wenn das zuständige Finanzamt darauf verzichtet (§ 196 Abs. 2 BauGB).

(4) Die konkrete Ermittlung des für die Grundstücke innerhalb der Bodenrichtwertzone maßgeblichen Bodenrichtwerts richtet sich gemäß § 14 Abs. 1 ImmoWertV vorrangig (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, § 6 ImmoWertV Rn. 88 f., § 14 ImmoWertV Rn. 2 und Systematische Darstellung Vergleichswertverfahren Rn. 3) nach dem Vergleichswertverfahren gemäß den §§ 24 und 25 ImmoWertV.

Im Vergleichswertverfahren wird der Vergleichswert grundsätzlich aus einer ausreichenden Anzahl von Vergleichspreisen im Sinne des § 25 ImmoWertV (§ 24 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV), d.h. aus den Kaufpreisen solcher Grundstücke (Vergleichsgrundstücke) ermittelt, die mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmende Grundstücksmerkmale aufweisen und die zu Zeitpunkten verkauft worden sind (Vertragszeitpunkte), die in hinreichender zeitlicher Nähe zum Wertermittlungsstichtag stehen (§ 25 Satz 1 ImmoWertV).

• Da „das Bodenrichtwertgrundstück“ fiktiv unbebaut ist, gehen in die Vergleichswertermittlung in erster Linie Verkaufsfälle unbebauter Grundstücke ein, die in der jeweiligen Bodenrichtwertzone gelegen sind und innerhalb des Erhebungszeitraums veräußert wurden (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, § 14 ImmoWertV Rn. 8).

Fehlt – etwa in bebauten Innenstadtlagen – eine ausreichende Zahl von Verkaufsfällen unbebauter bzw. zur Freilegung („Abriss“) bestimmter Grundstücke, ist subsidiär auf eine hinreichende Zahl von Verkaufsfällen vergleichbarer, bebauter Grundstücke zurückzugreifen, wobei hierbei dann der Bodenwert aus dem Gesamtverkaufspreis zu ermitteln ist. Hierbei wird auf nicht normierte empirische Auswertungen zurückgegriffen, die den jeweiligen Bodenwert bebauter Grundstücke widergeben sollen. Bei derartigen Untersuchungen handelt es sich indes nur um Schätzwerte, da es keine Möglichkeit gebe, den Bodenwertanteil aus einem Gesamtkaufpreis eindeutig abzuleiten (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, § 14 ImmoWertV Rn. 85 ff. und insbesondere Rn. 91).

• Die Kaufpreise vergleichbarer Grundstücke sind nach § 25 Satz 2 Halbsatz 1 ImmoWertV auf ihre Eignung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV zu prüfen, d.h. darauf, ob sie hinsichtlich Aktualität in Bezug auf den maßgeblichen Stichtag und hinsichtlich Repräsentativität den jeweiligen Grundstücksmarkt zutreffend abbilden (Ache/Krägenbring/Voß, zfv 2022, 86 (92 f.); vgl. zu diesen Voraussetzungen im Einzelnen siehe Gliederungspunkt III. 2. b) bb)).

Hierfür soll es genügen, dass sich Grundstücke hinsichtlich ihrer Grundstücksmerkmale (z.B. Lage, Entwicklungs- und Erschließungszustand, Größe und Form des Grundstücks etc.) ähneln, wofür auch die Begehung der jeweiligen Grundstücke in Betracht zu ziehen bzw. sogar angezeigt sei (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, Systematische Darstellung Vergleichswertverfahren Rn. 26 f. und 33 und § 25 ImmoWertV Rn. 7).

Je größer die Anpassungen des Werts eines Vergleichsgrundstücks an das Bodenrichtwertgrundstück ausfallen, desto geringer ist die Eignung des für das Vergleichsgrundstück ermittelten Kaufpreises für einen Preisabgleich. Beläuft sich die Summe der Beträge der prozentualen Zu- und Aufschläge, die für die Anpassung des Werts eines Vergleichsgrundstücks an das Bodenrichtwertgrundstück vorzunehmen wären, insgesamt auf mindestens 40% oder mehr (d.h. bei Abschlägen von 25% und Zuschlägen von 25% beträgt der Betrag der Zu- und Abschläge 50% > 40%, nicht etwa 0%), so wird dies in Rechtsprechung und der Literatur als Beleg dafür gesehen, dass dem jeweiligen Vergleichsgrundstück die Vergleichbarkeit fehlt und seine Daten daher nicht in den Vergleich einzustellen sind (vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, Systematische Darstellung Vergleichswertverfahren Rn. 30 ff. mit weiteren Nachweisen zu vereinzelten Gerichtsentscheidungen, die jedoch nicht zur geltenden ImmoWertV ergangen sind; für einen maximalen Betrag der Zu- und Abschläge von nur 25%: Hendricks, Bodenrichtwertermittlung, 1. Auflage 2017, S. 34).

Je „geeigneter“ ein einzelner Vergleichskaufpreis ist, d.h. je geringer der Anpassungsbedarf an das Bodenrichtwertgrundstück ist, desto geringer kann im Einzelfall die Zahl der Verkaufsfälle sein, die für eine „ausreichende Zahl“ erforderlich ist; ggf. sei dann sogar nur ein vergleichbarer Verkaufsfall ausreichend. Die stochastischen Anforderungen lassen sich hierbei kaum erfüllen, sodass in der Literatur die Erhebung von ungefähren Vergleichspreisen empfohlen wird, was in der Praxis jedoch wohl auf erhebliche Schwierigkeiten stößt und daher zu einer Auswertung einer noch geringeren Zahl von Vergleichspreisen führt (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, Systematische Darstellung Vergleichswertverfahren Rn. 39 ff. mit weiteren Nachweisen; Hendricks, Bodenrichtwertermittlung, 1. Auflage 2017, S. 34)

Für die Bodenrichtwertermittlung in Gebieten ohne oder mit geringem Grundstücksverkehr können gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 ImmoWertV Kaufpreise und Bodenrichtwerte aus vergleichbaren Gebieten oder aus vorangegangenen Jahren herangezogen werden. In der Bewertungspraxis der Gutachterausschüsse werden Lagen üblicherweise als kaufpreisarm angesehen, in denen in den vergangenen zwei Jahren weniger als fünf Kaufpreise für unbebaute Grundstücke angefallen sind (Hendricks, Bodenrichtwertermittlung, 1. Auflage 2017, S. 32 f.; Reuter, FuB 2006, 97 (97)). Zu unterscheiden sind Fälle, in denen für eine Bodenrichtwertzone in der Vergangenheit bereits ein Bodenrichtwert ermittelt wurde und für die es lediglich zur Fortschreibung an der erforderlichen Zahl neuer Verkaufsvorgänge mangelt, und solchen Gebieten, für die noch kein Bodenrichtwert ermittelt wurde:

• Wo bereits einmal ein Bodenrichtwert ermittelt wurde, gilt § 14 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV entsprechend, d.h. die Kaufpreise und Bodenrichtwerte sind an die allgemeinen Wertverhältnisse im (neuen) Bewertungszeitpunkt sowie an die der Grundstücksmerkmale des Bodenrichtwertgrundstücks anzupassen. Damit besteht entweder die Möglichkeit, den Bodenrichtwert über eine für das Gemeindegebiet fundiert abgeleitete Bodenpreisindexreihe fortzuschreiben, insbesondere wenn gleich über mehrere Jahre keine Verkaufsfälle verzeichnet werden, oder die Bodenrichtwerte aus vergleichbaren Bodenrichtwertzonen heranzuziehen.

• Darüber hinaus können zur Ermittlung des Bodenrichtwerts nach § 14 Abs. 2 Satz 2 ImmoWertV auch deduktive oder andere geeignete Verfahrensweisen angewendet werden. Dies betrifft beispielsweise die sog. Zielbaummethode, Wohn- und Geschäftslagenklassifizierungen, Miet- und Pachtentwicklungen etc. (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, § 14 ImmoWertV Rn. 19; Mundt, Schätzung von Boden- und Gebäudewertanteilen aus Kaufpreisen bebauter Grundstücke, 1. Auflage 2021, S. 10 ff.; Reuter, FuB 2006, 97 (99 f.); Ache/Krägenbring/Voß, zfv 2022, 86 (95)), aber auch relative Lagefaktoren oder die Entwicklung von Angebot (z.B. Baugebiete, Baulücken, Leerstände) und Nachfrage (z.B. Kauffälle pro Jahr, demographische Entwicklung, dazu Reinhardt, GuG 2011, 8 (9)).

Bei Anwendung dieser Methoden und Verfahren zur mittelbaren Bodenwertermittlung wird der Grad der Subjektivität der Werteinschätzung insgesamt erhöht (Reinhardt, GuG 2011, 8 (10 f.)). Die Objektivität des Werts folgt (allein) aus der Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit (des empirischen Vorgangs) der Wertermittlung (Reuter, FuB 2006, 97 (100)). Für die Durchführung dieser Methoden scheinen nach in der Literatur geäußerten Einschätzungen jedoch die hierfür erforderlichen regionalspezifischen Daten und/oder personellen Kapazitäten zu fehlen (vgl. Mundt, Schätzung von Boden- und Gebäudewertanteilen aus Kaufpreisen bebauter Grundstücke, 1. Auflage 2021, S. 39; Mundt, zfV 2022, 372 (372 ff.)).

• Nach § 14 Abs. 5 Satz 1 ImmoWertV sind das oder die angewendeten Verfahren für die Ermittlung der Bodenrichtwerte zu dokumentieren, was nicht nur die Wertermittlung, sondern auch die periodische Fortschreibung der Bodenrichtwerte erleichtert (Reuter, FuB 2006, 97 (101)).

Einzelne Bodenrichtwerte sind dabei nicht zu begründen (§ 14 Abs. 5 Satz 2 Immo-WertV). Dies ergebe sich – so Literaturstimmen – letztlich auch daraus, dass dem Gutachterausschuss bei den Bodenrichtwerten ein Wertungsspielraum zuzuerkennen sei, der einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich sei (Ache/Krägenbring/Voß, zfv 2022, 86 (95)).

• Methodisch unzutreffend ist „die mitunter zu beobachtende Praxis“, einen Bodenrichtwert des Vorjahres ohne Weiteres unverändert in die Bodenrichtwertkarten der nachfolgenden Jahre zu übernehmen (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, § 14 ImmoWertV Rn. 12 ff.). Die Abgrenzung von Richtwertzonen ist kein einmaliger Vorgang. Rechtliche und tatsächliche Nutzungsbedingungen können sich in den Gebieten ändern, sodass die Abgrenzungen der Richtwertzonen bei entsprechendem Bedarf zu aktualisieren sind. Erfolgen diese Anpassungen der Zonen nicht oder nicht rechtzeitig, so kann es zu Fehleinschätzungen bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte kommen, etwa wenn Kaufpreise lagemäßig einer nicht aktualisierten und dementsprechend falschen Richtwertzone zugeordnet werden (Reinhardt, GuG 2011, 8 (11)). Dies gilt auch und erst recht, wenn das zuständige Finanzamt nach § 196 Abs. 2 BauGB auf eine Fortschreibung der Bodenrichtwerte auf der Grundlage der geänderten Qualität des Bodens durch einen Bebauungsplan oder andere Maßnahmen verzichtet hat.

Der konkrete Vergleichswert des Bodenrichtwertgrundstücks ergibt sich gemäß § 24 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 ImmoWertV aus dem nach § 7 ImmoWertV marktangepassten vorläufigen Vergleichswert, der nach § 24 Abs. 2 ImmoWertV

• entweder auf der Grundlage einer statistischen Auswertung einer ausreichenden Anzahl von Vergleichspreisen (Abs. 2 Nr. 1), d.h. bei feststehenden Einzelwerten der Vergleichsgrundstücke als Quotient aus der Summe der Vergleichspreise (im Zähler) und der Anzahl der Vergleichspreise (im Nenner) ermittelt wird, wobei die Vergleichspreise hierbei teilweise zusätzlich noch gewichtet werden (Hendricks, Bodenrichtwertermittlung, 1. Auflage 2017, S. 39 mit weiteren Nachweisen), oder

• durch Multiplikation eines objektspezifisch angepassten Vergleichsfaktors oder eines objektspezifisch angepassten Bodenrichtwerts mit der entsprechenden Bezugsgröße des Wertermittlungsobjekts erfolgt (Abs. 2 Nr. 2).

Die Kaufpreise vergleichbarer Grundstücke sind gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 (i.V.m. § 25 Satz 2 Halbsatz 2) ImmoWertV bei etwaigen Abweichungen nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 ImmoWertV an die Gegebenheiten des Bodenrichtwertgrundstücks anzupassen:

• So sind die Daten bei Abweichungen der allgemeinen Wertverhältnisse durch geeignete Indexreihen oder in anderer Weise an die Wertverhältnisse am Wertermittlungsstichtag anzupassen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV). Die allgemeinen Wertverhältnisse richten sich nach der Gesamtheit der am Wertermittlungsstichtag für die Preisbildung von Grundstücken im gewöhnlichen Geschäftsverkehr maßgebenden Umstände, wie nach der allgemeinen Wirtschaftssituation, nach den Verhältnissen am Kapitalmarkt sowie nach den wirtschaftlichen und demografischen Entwicklungen des Gebiets (§ 2 Abs. 2 ImmoWertV).

• Wertbeeinflussende Abweichungen der Grundstücksmerkmale des Wertermittlungsobjekts sind durch geeignete Umrechnungskoeffizienten, durch eine Anpassung mittels marktüblicher Zu- oder Abschläge oder in anderer Weise zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 ImmoWertV).

• Die konkrete Anpassung kann erfolgen durch:

– evidenten Preisvergleich, d.h. durch simple Zu- und Abschläge, die dem Grunde nach keines Beweises bedürfen (z.B. Zuschlag in Höhe der Erschließungskosten bei unterschiedlichem beitragsrechtlichen Zustand oder Freilegungskosten bei abgängigen Gebäuden),

– statistischen Preisvergleich, d.h. durch statistisch aus Kaufpreisen für typische Anwendungsfälle des lage- und artenspezifischen Grundstücksmarkts abgeleitete Faktoren (z B. Umrechnungskoeffizienten bei unterschiedlichem Maß der baulichen Nutzung, Bodenpreisindizes zum Ausgleich von Konjunktur-unterschieden etc.),

– deduktiven Preisvergleich, d.h. durch eine nach allgemeiner Erkenntnis und Erfahrung plausible Verknüpfung des Vergleichspreises mit bodenpreisbedeutsamen Faktorpreisen (z.B. Mieten für den Ausgleich von Lageunterschieden, Entwicklungs- und Vorhaltekosten für die Erfassung unterschiedlicher Entwicklungszustände des Grund und Bodens etc.) oder

– intersubjektiven Preisvergleich, d.h. durch (in freier Überzeugung) geschätzte Zu- und Abschläge mit nachvollziehbarer Begründung nach spezieller Marktkenntnis und Erfahrung (z.B. Schätzung von relativen Lageunterschieden mittels Lagekriterien, begründete Schätzung der Wertminderung wegen dinglicher Belastung mit Wegerechten etc.).

wobei dem deduktiven und dem intersubjektiven Preisvergleich bei bebauten Grundstücken in kaufpreisarmen Lagen die größte Bedeutung zukommen und der statistische Preisvergleich nur nachrangig zur Anwendung kommen soll (Reuter, FuB 2006, 97 (101 f.) mit weiteren Nachweisen)

c) Die dritte Fallgruppe der Tatbestandsmerkmale, die insbesondere in den §§ 243 ff. BewG sowie in den Anlagen 36 bis 43 zum BewG geregelt sind, besteht in der Vielzahl gesetzlicher Pauschalierungen, d.h. gesetzlicher Typisierungen der rechnerischen Grundlagen (vgl. dazu Pahlke: Typusbegriff und Typisierung, in: DStR-Beihefter 2011, 66 (68)), die für die Grundsteuerwertfeststellung von Bedeutung sind.

So beruht die Bewertung von Grundstücken nach dem Ertragswertverfahren gemäß §§ 251 bis 257 BewG (Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohneigentum) ganz wesentlich auf pauschalierten Wertansätzen einzelner Berechnungsgrößen, die – wenn man den jeweiligen Verweisungsketten folgt – in den Anlagen 36 bis 43 zum BewG der Höhe nach gesetzlich vorgegeben sind. Nach der gesamten Gesetzesstruktur der §§ 251 bis 257 BewG werden die jeweils einzelnen Berechnungsgrundlagen und damit im Ergebnis der gesamte Reinertrag eines Grundstücks gesetzlich typisiert. Dabei ist es Steuerpflichtigen strukturell nicht möglich, niedrigere Werte für einzelne Berechnungsgrößen und damit für den gesamten Ertragswert ihres bebauten Grundstücks nachzuweisen.

Soweit bebaute Grundstücke gemäß § 250 Abs. 2 BewG nach dem Ertragswertverfahren zu bewerten sind, ermittelt sich der Grundsteuerwert gemäß § 252 Satz 1 BewG aus der Summe des kapitalisierten Reinertrags nach § 253 BewG (Barwert des Reinertrags) und des abgezinsten Bodenwerts nach § 257 BewG. Mit dem Grundsteuerwert sind die Werte für den Grund und Boden, die Gebäude, die baulichen Anlagen, insbesondere Außenanlagen, und die sonstigen Anlagen abgegolten.

Das Ertragswertverfahren nach den §§ 252 bis 257 BewG stellt sich damit schematisch wie folgt dar (BT-Drucksache 19/11085, S. 114):

aa) Der Reinertrag des Grundstücks ergibt sich gemäß § 253 Abs. 1 BewG aus der Differenz zwischen dem Rohertrag des Grundstücks (§ 254 BewG) und dessen Bewirtschaftungskosten (§ 255 BewG). Er ist vollständig gesetzlich typisiert.

• Der Rohertrag ergibt sich gemäß § 254 BewG aus den in Anlage 39 zum BewG angegebenen – und dort nach Bundesland, Gebäudeart (Ein-/Zweifamilienhaus/Mietwohngrundstück), Wohnfläche (unter 60 Quadratmeter, 60 bis 100 Quadratmeter, über 100 Quadratmeter) und Baujahr des Gebäudes (bis 1948, 1949 bis 1978, 1979 bis 1990, 1991 bis 2000, ab 2001) differenzierten – monatlichen Nettokaltmieten je Quadratmeter Wohnfläche einschließlich der in Abhängigkeit der Mietniveaustufen festgelegten Zu- und Abschläge.

Der jährliche Rohertrag wird aus Vereinfachungsgründen in der Regel auf der Grundlage von aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes abgeleiteten durchschnittlichen Nettokaltmieten je Quadratmeter Wohnfläche, die in drei Grundstücksarten, drei Wohnflächengruppen sowie fünf Baujahrgruppen unterschieden werden, ermittelt. Die Anwendung einer durchschnittlichen Miete auf statistischer Grundlage vereinfache in einem Massenverfahren insbesondere die Fälle, in denen Grundstücke eigengenutzt, ungenutzt, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen werden. Die Erklärung der tatsächlichen Mieteinnahmen durch den Steuerpflichtigen und die Ermittlung einer üblichen Miete seien entbehrlich (BT-Drucksache 19/11085, S. 115).

Die letzte Aktualisierung der Anlage 39 erfolgte durch Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes zur erleichterten Umsetzung der Reform der Grundsteuer und Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz – GrStRefUG) vom 16. Juli 2021 (BGBl. I 2021, S. 2931) mit Wirkung zum 23. Juli 2021 und damit noch vor dem Hauptfeststellungszeitpunkt zum 1. Januar 2022. Der Gesetzgeber berücksichtigte hierbei, dass seit der erstmaligen Verabschiedung der Anlage 39 in der Fassung des Grundsteuer-Reformgesetzes, die damals noch auf Daten des Mikrozensus 2014 beruhte, aktuellere statistische Daten und insbesondere der Mikrozensus 2018 vorlagen (BT-Drucksache 19/28902, S. 1, 15 und 25).

Zur Berücksichtigung von Mietniveauunterschieden zwischen Gemeinden eines Landes sind die in Anlage 39 genannten Nettokaltmieten durch Ab- oder Zuschläge anzupassen, die sich in insgesamt sieben Mietstufen aufteilen. Während in der Mietstufe 3 kein Abschlag auf die typisierten Roherträge nach Anlage 39 Teil I vorzunehmen ist, ist in den Stufen 1 und 2 ein Abschlag von -20% (Stufe 1) bzw. von -10% (Stufe 2) auf diese Roherträge vorzunehmen. In den Mietstufen 4 bis 7 sind hingegen Zuschläge von +10% (Stufe 4) bis +40% (Stufe 7) auf die typisierten Roherträge vorzunehmen. Die gemeindebezogene Einordnung in eine der Mietniveaustufen und der dafür maßgebliche Gebietsstand ergeben sich aus der „Verordnung zur Einstufung der Gemeinden in eine Mietniveaustufe im Sinne des § 254 des Bewertungsgesetzes (Mietniveau-Einstufungsverordnung – MietNEinV) vom 18. August 2021 (BGBl. I 2021, S. 3738). Ist eine Gemeinde nicht gesondert aufgeführt, ist sie der Mietstufe 3 zuzurechnen (Anlage 39 Abs. 2 Satz 2 BewG).

Wie aus § 263 Abs. 2 BewG hervorgeht, erfolgt die Zuordnung einer Gemeinde zu einer der sieben Mietstufen „auf der Grundlage der Einordnung nach § 12 des Wohngeldgesetzes in Verbindung mit § 1 Absatz 3 und der Anlage der Wohngeldverordnung“: Die Zugehörigkeit einer Gemeinde zu einer Mietenstufe richtet sich gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Wohngeldgesetz nach dem Mietenniveau von Wohnraum der Hauptmieter sowie der zur mietähnlichen Nutzung berechtigten gleichzustellenden Personen, für die Mietzuschüsse geleistet werden. Das Mietenniveau ist gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 Wohngeldgesetz legaldefiniert als die durchschnittliche prozentuale Abweichung der Quadratmetermieten von Wohnraum in Gemeinden vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet. Das jeweilige Mietniveau wird nach § 12 Abs. 3, Abs. 4 Wohngeldgesetz – für Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern gesondert und für kleinere Gemeinden bzw. für gemeindefreie Gebiete nur zusammengefasst nach Kreisen – jährlich festgestellt.

Der gesamte in die Berechnung nach § 253 Abs. 1 BewG einzustellende Rohertrag ist damit vollständig durch abstrakt-generelle Regelungen mit Außenwirkung typisiert, ohne dass Raum für einzelfallbezogene Nachweise anderer Werte oder Berechnungsgrundlagen besteht.

• Von diesem Rohertrag sind die Bewirtschaftungskosten im Sinne des § 255 BewG abzuziehen. Zwar enthält § 255 Satz BewG die Erläuterung, dass als Bewirtschaftungskosten die bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung marktüblich entstehenden jährlichen Verwaltungskosten, Betriebskosten, Instandhaltungskosten und das Mietausfallwagnis berücksichtigt werden, die nicht durch Umlagen oder sonstige Kostenübernahmen gedeckt sind.

Allerdings ermöglicht dies nicht einen individuellen Kostennachweis; ein Ansatz in tatsächlicher Höhe solle im typisierten Massenverfahren nicht in Betracht kommen (BTDrucksache 19/11085, S. 115). Vielmehr „ergeben“ sich diese Kosten gemäß § 255 Satz 1 BewG aus den pauschalierten Erfahrungssätzen nach Anlage 40 zum BewG, sodass auch die Bewirtschaftungskosten vollumfänglich gesetzlich typisiert (bzw. pauschaliert) sind.

bb) Für die nach § 253 Abs. 2 BewG vorzunehmende Kapitalisierung des Reinertrags des Grundstücks ergibt sich der für die Kapitalisierung anzuwendende Vervielfältiger aus der Anlage 37 zum BewG und hängt seinerseits von dem für das Gebäude anzuwendenden Liegenschaftszins und der Restnutzungsdauer des zu bewertenden Gebäudes ab (§ 253 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BewG). Die Kapitalisierung ist somit ebenfalls vollständig typisiert.

• Der Begriff der Liegenschaftszinssätze ist zwar in § 256 Abs. 1 Satz 1 BewG legaldefiniert als die Zinssätze, mit denen der Wert von Grundstücken abhängig von der Grundstücksart durchschnittlich und marktüblich verzinst wird. Allerdings ist auch hierbei weder ein individueller Nachweis der durchschnittlichen noch der marktüblichen Verzinsung vorgesehen. Vielmehr „gelten“ bei der Bewertung bebauter Grundstücke die in § 256 Abs. 1 Satz 2 BewG gesetzlich angeordneten Zinssätze, die lediglich von der Art des Gebäudes abhängen und in §§ 256 Abs. 2 und Abs. 3 BewG lediglich um gesetzlich festgelegte Zinsabschläge gemindert werden, wenn der für das Grundstück ermittelte Bodenrichtwert höher ausfällt als der dort genannte Schwellenwert des Bodenrichtwerts. Auch insofern sind alle Berechnungsschritte und -größen vollständig und abschließend gesetzlich vorgegeben.

• Maßgeblich für die Kapitalisierung ist die Restnutzungsdauer des Gebäudes, die sich nach § 253 Abs. 2 Satz 3 BewG grundsätzlich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, die sich aus Anlage 38 ergibt, und dem Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt errechnet. Weil damit die Gesamtnutzungsdauer eines Gebäudes in Anlage 38 zum BewG abschließend gesetzlich typisiert ist, hängt die Kapitalisierung somit grundsätzlich allein vom „Alter des Gebäudes“ und damit allein von Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit ab.

Der Nachweis einer im Einzelfall kürzeren Restnutzungsdauer, wie er beispielsweise in § 7 Abs. 2 Satz 2 EStG möglich ist, ist damit ausgeschlossen.

Eine einzelfallbezogene Rechtsanwendung wird vielmehr nur möglich, wenn nach der Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten sind, die die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes wesentlich verlängert haben, weil dann von einer der Verlängerung entsprechenden Restnutzungsdauer auszugehen ist (§ 253 Abs. 2 Satz 4 BewG). Von einer verlängerten wirtschaftlichen Restnutzungsdauer kann z.B. auszugehen sein, wenn nicht nur der Ausbau (etwa Heizung, Fenster und Sanitäreinrichtungen) umfassend modernisiert, sondern auch der Rohbau (etwa Fundamente, tragende Innenund Außenwände, Treppen, Dachkonstruktion sowie Geschossdecken) teilweise erneuert wurden (BT-Drucksache 19/11085, S. 114)). Hier ist zu prüfen, ob Veränderungen die Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes verlängert haben und ob diese Verlängerung auch wesentlich war. Die Feststellungslast für diese steuerbegründende, weil werterhöhende Tatsache trägt die Finanzbehörde.

Allerdings wird auch hier eine Mindestrestnutzungsdauer typisiert, indem die Restnutzungsdauer eines noch nutzbaren Gebäudes mindestens 30% der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer betragen muss (§ 253 Abs. 2 Satz 5 BewG). Diese Regelung zur Mindestrestnutzungsdauer berücksichtige, dass auch ein älteres Gebäude, das laufend instandgehalten werde, nicht wertlos werde (BT-Drucksache 19/11085, S. 114).

cc) Zu dem nach den vorstehenden Grundsätzen ermittelten Barwert des Reinertrags ist sodann der abgezinste Bodenwert nach § 257 BewG hinzuzurechnen. Auch hier sind alle Berechnungsgrößen derart vorgegeben, dass für Steuerpflichtige jedenfalls der Nachweis niedrigerer Werte nicht möglich ist.

• § 257 Abs. 1 Satz 1 BewG gibt hierbei vor, dass zur Ermittlung des abgezinsten Bodenwerts von dem Bodenwert nach § 247 BewG auszugehen ist, der sich seinerseits aus dem Bodenrichtwert ergibt, wie er für das zu bewertende Grundstück durch die Gutachterausschüsse festgestellt wurde. Dem liegt jedoch nur ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis zugrunde, der für ein fiktives Bodenrichtwertgrundstück in der Bodenrichtwertzone gebildet wurde, in dem das zu bewertende Grundstück liegt (dazu vorstehend ausführlich im Gliederungspunkt II. 2. b) bb)).

Zur Berücksichtigung abweichender Grundstücksgrößen beim Bodenwert sind bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern (nicht aber für Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum) Umrechnungskoeffizienten anzuwenden, die der Anlage 36 zum BewG zu entnehmen sind, ihrerseits also ebenfalls gesetzlich typisiert sind. Hierbei wird bei einer Grundstücksgröße zwischen 450 und 500 Quadratmetern ein Umrechnungskoeffizient von 1,00 angesetzt. Für kleinere Grundstücksgrößen steigt der Koeffizient auf bis zu 1,24 an, d.h. der anzusetzende Bodenrichtwert ist werterhöhend mit diesem Faktor > 1,00 zu multiplizieren. Für größere Grundstücksgrößen sinkt der Koeffizient hingegen auf bis zu 0,64 (bei Grundstücken von mindestens 2.000 Quadratmetern). d.h. der anzusetzende Bodenrichtwert ist wertmindernd mit diesem Faktor < 1,00 zu multiplizieren.

Weil § 257 Abs. 2 BewG eine Ausnahme der Abzinsung für den Wert von selbständig nutzbaren Teilflächen nach § 257 Abs. 3 BewG vorsieht, ist sodann zu prüfen, ob ein Teil eines zu bewertenden Grundstücks für die angemessene Nutzung der Gebäude nicht benötigt wird und selbständig genutzt oder verwertet werden kann. Nur insofern ist Raum zur einzelfallbezogenen Sachverhaltsberücksichtigung. Die Feststellungslast für diese steuerbegründende, weil werterhöhende Tatsache trägt die Finanzbehörde.

• Steht der Umfang der Flächen fest, für die eine Abzinsung vorzunehmen ist, bestimmt sich der aus der Anlage 41 zum BewG ergebende Abzinsungsfaktor (§ 257 Abs. 2 Satz 1 BewG), wobei der konkrete Faktor nach dem Liegenschaftszinssatz nach § 256 BewG und der Restnutzungsdauer des Gebäudes nach § 253 Abs. 2 Satz 3 bis Satz 6 BewG zu ermitteln ist. Der Liegenschaftszinssatz ist aus den vorgenannten Gründen vollständig und abschließend gesetzlich vorgegeben. Auch die Restnutzungsdauer des Gebäudes nach § 253 Absatz 2 Satz 3 bis 6 BewG ist aus den vorgenannten Gründen grundsätzlich vorgegeben und dem Nachweis einer niedrigeren Restnutzungsdauer nicht zugänglich, sondern kann nur – werterhöhend – verlängert werden.

3. Die vorstehend aufgezeigte Klassifizierung der Tatbestandsmerkmale, die sich durch die materiell-rechtlichen Vorgaben der §§ 218 ff. BewG und insbesondere der §§ 243 ff. BewG ergeben (dazu Gliederungspunkt III. 2.), hat erhebliche Folgewirkungen für die Reichweite bzw. Begrenzung der finanzbehördlichen wie finanzgerichtlichen Amtsermittlungspflichten und Prüfungskompetenzen, deren Umfang sich danach richtet, welche Art von Tatbestandsmerkmal zu prüfen bzw. streitbefangen ist.

Denn während die erste Gruppe von Tatbestandsmerkmalen, die auslegungsfähige Rechtsbegriffe betreffen, uneingeschränkt überprüft werden kann (dazu Gliederungspunkt a)), besteht für die Ermittlung der Bodenrichtwerte zwar ein sachverständiger Beurteilungs-, Einschätzungs- und Prognosespielraum und damit eine administrative Letztentscheidungsbefugnis der Mitglieder der Gutachterausschüsse, die sich jedoch nicht auf die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen der Bewertung erstreckt. Diesbezüglich ist somit zu prüfen, ob die äußeren Vorgaben für das Zustandekommen eines Bodenrichtwerts eingehalten wurden (dazu Gliederungspunkt b)).

Hinsichtlich der gesetzlich typisierten Berechnungsgrundlagen muss das Gericht den Sachverhalt zumindest soweit prüfen und ermitteln, um feststellen zu können, ob diese gesetzlichen Typisierungen verfassungswidrig sind (dazu Gliederungspunkt c)).

Schließlich kann das Gericht bei verfassungskonformer Auslegung auch überprüfen, ob im Einzelfall ein extremer Wertunterschied zum typisiert ermittelten und festgestellten Grundsteuerwert besteht (dazu Gliederungspunkt d).

a) Soweit dies die erste Gruppe von Tatbestandsmerkmalen betrifft, bei denen es sich um auslegungsfähige Rechtsbegriffe handelt, die der methodengerechten Auslegung vollumfänglich zugänglich sind (dazu Gliederungspunkt 2. a)), erstrecken sich sowohl die Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen als auch die Amtsermittlungspflichten der Finanzbehörden nach § 88 Abs. 1 AO und die Pflicht des Finanzgerichts zur Erforschung des Sachverhalts gemäß § 76 Abs. 1 FGO uneingeschränkt auf alle Sachverhaltselemente, die für die Erfüllung (oder Nichterfüllung) dieser Tatbestandsmerkmale erforderlich sind.

b) Soweit dies die zweite Art der Tatbestandsmerkmale, nämlich die Ermittlung des Bodenwerts nach den von den Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwerten gemäß § 247 Abs. 1 BewG betrifft (dazu Gliederungspunkt 2. b)), werden Abweichungen zwischen den Grundstücksmerkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks und des zu bewertenden Grundstück gemäß § 247 Abs. 1 Satz 2 BewG grundsätzlich nicht berücksichtigt (hiervon zu unterscheiden ist indes die Frage der Möglichkeit des Nachweises derartiger einzelfallbezogener Besonderheiten, die sich nicht gegen den Bodenrichtwert als solchen, sondern gegen die konkrete Grundstücksbewertung im Einzelnen richten. Als Ausnahmen hiervon sind in § 247 Abs. 1 Satz 2 BewG nur die Berücksichtigung unterschiedlicher Entwicklungszustände gemäß § 3 ImmoWertV und unterschiedlicher Arten der Nutzung bei überlagernden Bodenrichtwertzonen vorgesehen. Insofern besteht eine vollständige gerichtliche Überprüfbarkeit, ob die Voraussetzungen dieser beiden Ausnahmen erfüllt sind.

Auch soweit jenseits der vorgenannten Ausnahmen – in erheblichem Umfang – sachverständige Beurteilungs-, Einschätzungs- und Prognosespielräume der Mitglieder der Gutachterausschüsse für die Ermittlung des Bodenrichtwerts bestehen, sind die Bodenrichtwerte als Ausfluss der Garantie des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG (dazu Gliederungspunkt aa)) gerichtlich überprüfbar, wenn auch nur in beschränktem Umfang und nicht mit dem bloßen Hinweis darauf, dass ihre Höhe an sich unzutreffend sei.

Denn trotz der gesetzgeberischen Anknüpfung an eine vorgreifliche Kompetenz der Gutachterausschüsse bei der Feststellung eines Bodenrichtwerts (dazu Gliederungspunkt bb)) erstreckt sich der Wertermittlungsspielraum der Gutachterausschüsse auch unter Berücksichtigung der vor dem Inkrafttreten der §§ 218 ff. BewG ergangenen Rechtsprechung zur Überprüfbarkeit der Bodenrichtwerte (dazu Gliederungspunkt cc)) nicht auf die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen der Bewertung.

Daher ist das Finanzgericht dazu ermächtigt und verpflichtet, den für das jeweilige Grundstück festgestellten Bodenrichtwert umfassend daraufhin überprüfen, ob dieser durch den konkret tätigen Gutachterausschuss unter Beachtung aller verfahrensrechtlichen wie materiell-rechtlichen Vorgaben zustande gekommen ist (dazu Gliederungspunkt dd)).

Weil der Bodenrichtwert grundsätzlich typisierend für alle Grundstücksflächen innerhalb einer Bodenrichtwertzone gelten soll, ohne dass grundstücksbezogene Besonderheiten zu berücksichtigen sind, sind an die Rechtmäßigkeit seines Zustandekommens besonders hohe Anforderungen zu stellen, was das Gericht – und ihm vorgelagert: die zuständige Finanzbehörde – zu überprüfen hat.

aa) Das Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert jedem den Rechtsweg, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit wird sowohl der Zugang zu den Gerichten als auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes gewährleistet. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle in allen ihm von der Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanzen. Aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das schließt eine Bindung der rechtsprechenden Gewalt an tatsächliche oder rechtliche Feststellungen und Wertungen seitens anderer Gewalten hinsichtlich dessen, was im Einzelfall rechtens ist, im Grundsatz aus. Die materiell geschützte Rechtsposition ergibt sich allerdings nicht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG selbst, sondern wird darin vorausgesetzt. Neben den verfassungsmäßigen Rechten bestimmt das einfache Recht, welche Rechte der Einzelne geltend machen kann. Der Gesetzgeber befindet unter Beachtung der Grundrechte darüber, unter welchen Voraussetzungen dem Bürger ein Recht zustehen und welchen Inhalt es haben soll (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 – 1 BvR 857/07 BVerfGE 129, 1 mit weiteren Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung).

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes schließt somit nicht aus, dass durch den Gesetzgeber eröffnete Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume sowie die Tatbestandswirkung von Exekutivakten die Durchführung der Rechtskontrolle durch die Gerichte einschränken. Die gerichtliche Kontrolle endet deshalb dort, wo das materielle Recht in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise das Entscheidungsverhalten nicht vollständig determiniert und der Verwaltung einen Einschätzungs- und Auswahlspielraum belässt. Ob dies der Fall ist, muss sich ausdrücklich aus dem Gesetz ergeben oder durch Auslegung hinreichend deutlich zu ermitteln sein. Demgegenüber kann es weder der Verwaltung noch den Gerichten überlassen werden, ohne gesetzliche Grundlage durch die Annahme behördlicher Letztentscheidungsrechte die Grenzen zwischen Gesetzesbindung und grundsätzlich umfassender Rechtskontrolle der Verwaltung zu verschieben. Andernfalls könnten diese „in eigener Sache“ die grundgesetzliche Rollenverteilung zwischen Exekutive und Judikative verändern. Nimmt ein Gericht ein behördliches Letztentscheidungsrecht an, das mangels gesetzlicher Grundlage nicht besteht, und unterlässt es deshalb die vollständige Prüfung der Behördenentscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit, steht dies nicht nur in Widerspruch zur Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 GG), sondern verletzt vor allem auch das Versprechen wirksamen Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 – 1 BvR 857/07 BVerfGE 129, 1; BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2011 – 1 BvR 1932/08 BVerfGK 19, 229).

Auch der Gesetzgeber ist im Übrigen nicht frei in der Einräumung behördlicher Letztentscheidungsbefugnisse. Zwar liegt es grundsätzlich in seiner Hand, den Umfang und Gehalt der subjektiven Rechte der Bürger zu definieren und so – mit entsprechenden Folgen für den Umfang der gerichtlichen Kontrolle – auch deren Rechtsstellung gegenüber der Verwaltung differenziert auszugestalten. Allerdings ist er hierbei durch die Grundrechte sowie durch das Rechtsstaats- und das Demokratieprinzip und die hieraus folgenden Grundsätze der Bestimmtheit und Normenklarheit gebunden. Will er im Übrigen gegenüber von ihm anerkannten subjektiven Rechten die gerichtliche Kontrolle zurücknehmen, hat er zu berücksichtigen, dass im gewaltenteilenden Staat grundgesetzlicher Prägung die letztverbindliche Normauslegung und auch die Kontrolle der Rechtsanwendung im Einzelfall grundsätzlich den Gerichten vorbehalten ist. Deren durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantierte Effektivität darf auch der Gesetzgeber nicht durch zu zahlreiche oder weitgreifende Beurteilungsspielräume für ganze Sachbereiche oder gar Rechtsgebiete aushebeln. Die Freistellung der Rechtsanwendung von gerichtlicher Kontrolle bedarf stets eines hinreichend gewichtigen, am Grundsatz eines wirksamen Rechtsschutzes ausgerichteten Sachgrunds (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 – 1 BvR 857/07 BVerfGE 129, 1).

bb) Soweit der Steuergesetzgeber grundsätzlich die von den Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwerten bei der Grundstücksbewertung in § 247 BewG (einschließlich der Verweisungen auf diese Vorschriften) zugrunde legen und als „verbindlich“ ansehen wollte, bezog er sich in seiner Gesetzesbegründung zur Einführung des § 247 BewG ausdrücklich darauf, dass „(n)ach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung“ die von den Gutachterausschüssen ermittelten und den Finanzämtern mitzuteilenden Bodenrichtwerte für die Beteiligten im Steuerrechtsverhältnis verbindlich seien. Dem Gesetzgeber stehe es frei, bestimmte Bewertungsparameter typisierend festzulegen und deren Rechtsverbindlichkeit bei der Bewertung von Grundbesitz anzuordnen, solange die Grenzen der Typisierung eingehalten seien. Die Ermittlung von Bodenrichtwerten werde explizit einer außerhalb der Finanzverwaltung stehenden Stelle, den Gutachterausschüssen, aufgegeben, da diesen auf Grund ihrer besonderen Sach- und Fachkenntnis und ihrer größeren Ortsnähe sowie der von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung eine vorgreifliche Kompetenz bei der Feststellung von Bodenrichtwerten zukomme (BT-Drucksache 19/11085, S. 109 f. mit Verweis auf die vorgenannte Rechtsprechung). Der Gesetzgeber hat die Ermittlung des Bodenwerts damit faktisch auf eine außerhalb der Steuerverwaltung eingerichtete Stelle – die Gutachterausschüsse – übertragen.

In den in Bezug genommenen Entscheidungen (sowie Folgeentscheidungen) führte der BFH aus, die Übertragung der Ermittlung von Bodenrichtwerten auf eine außerhalb der Steuerverwaltung eingerichtete Stelle beruhe darauf, dass den Gutachterausschüssen auf Grund ihrer besonderen Sach- und Fachkenntnis und ihrer größeren Ortsnähe sowie der in hohem Maße von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung eine vorgreifliche Kompetenz bei der Feststellung eines Bodenrichtwerts für die (Bedarfs)Bewertung zukomme (BFH, Urteil vom 11. Mai 2005 – II R 21/02 BFHE 210, 48, BStBl II 2005, 686; BFH, Urteil vom 26. April 2006 – II R 58/04 BFHE 213, 207, BSt-Bl II 2006, 793; BFH, Urteil vom 25. August 2010 – II R 42/09 BFHE 230, 570, BStBl II 2011, 205; BFH, Urteil vom 16. Dezember 2009 – II R 15/09 BFH/NV 2010, 1085; BFH, Urteil vom 18. September 2019 – II R 13/16 BFHE 266, 51, BStBl II 2020, 760).

cc) Die Rechtsprechung des BFH, die zur Überprüfbarkeit von Bodenrichtwerten vor Inkrafttreten der §§ 218 ff. BewG in der Fassung des Grundsteuer-Reformgesetzes zum Ansatz des Bodenrichtwerts gemäß § 145 BewG a.F. bzw. zu einer Rechtslage mit der normierten Möglichkeit des Nachweises niedrigerer Werte gemäß § 198 BewG ergangen ist, sah in dem Rückgriff des Bewertungsrechts auf Bodenrichtwerte eine verfassungsrechtlich unbedenkliche typisierende Bewertungsmethode, die der Vereinfachung der Bedarfsbewertung diene. Bodenrichtwerte seien für die am Steuerrechtsverhältnis Beteiligten verbindlich und einer gerichtlichen Überprüfung „jedenfalls im Regelfall“ bzw. regelmäßig nicht zugänglich. Sie seien deswegen von den Finanzbehörden und Finanzgerichten ungeprüft und ohne eigenen Bewertungsspielraum der Ermittlung des Bedarfswerts zugrunde zu legen, weil anderenfalls der gesetzgeberisch beabsichtigte Vereinfachungsund Typisierungseffekt verloren ginge, wenn bei der Rechtsüberprüfung einer solchermaßen vorgenommenen Bewertung über die richtige Höhe der Bodenrichtwerte gestritten würde. Über die bloße Beachtung etwaiger vom Gutachterausschuss vorgegebener Differenzierungen hinaus dürften die Finanzämter keine „eigenen“ Bodenrichtwerte aus den von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Bodenrichtwerten ableiten. Bei einer solchen Ableitung würde es sich um eine Schätzung handeln, die mit der gesetzlichen Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Gutachterausschüssen und den Finanzämtern sowie mit der vom Gesetzgeber beabsichtigten Typisierung und Vereinfachung der Bedarfsbewertung nicht vereinbar wäre. Der Steuerpflichtige habe nur Anspruch auf eine Wertermittlung, die dem typisierenden Verfahren entspreche, nicht jedoch auf den Ansatz eines anderen, von ihm für richtiger gehaltenen Bodenrichtwert, der dem des öffentlich bekannt gemachten Richtwerts nicht entspreche. Ihm bleibe nur der Nachweis eines tatsächlich niedrigeren gemeinen Werts des Grundstücks, der nach dem vorhergehenden Recht zulässig war, für den jedoch den Steuerpflichtigen die Feststellungslast treffe und die Amtsermittlungspflicht des Finanzgerichts nach § 76 FGO eingeschränkt sei (BFH, Urteil vom 11. Mai 2005 – II R 21/02 BFHE 210, 48, BStBl II 2005, 686; BFH, Urteil vom 18. August 2005 – II R 62/03 BFHE 210, 368, BStBl II 2006, 5; BFH, Urteil vom 26. April 2006 – II R 58/04 BFHE 213, 207, BStBl II 2006, 793; BFH, Urteil vom 12. Juli 2006 – II R 1/04 BFHE 213, 387, BStBl II 2006, 742; BFH, Beschluss vom 14. Dezember 2006 – II B 53/06 BFH/NV 2007, 403; BFH, Urteil vom 5. Dezember 2007 – II R 70/05 BFH/NV 2008, 757; BFH, Urteil vom 16. Dezember 2009 – II R 15/09 BFH/ NV 2010, 1085; BFH, Urteil vom 25. August 2010 – II R 42/09 BFHE 230, 570, BStBl II 2011, 205; BFH, Beschluss vom 12. Januar 2021 – II B 61/19 BFH/NV 2021, 529).

In einer vereinzelt gebliebenen Nichtzulassungsbeschwerdeentscheidung hat der BFH die Möglichkeit, dass Bodenrichtwerte nur „regelmäßig“ einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich seien und dass ein Ausnahmefall gegeben sein könne, wenn die Wertermittlung dem typisierenden Verfahren nicht entspreche, jedenfalls nicht grundsätzlich als aus Rechtsgründen ausgeschlossen erachtet. Vielmehr sah es der BFH als nicht schlüssig dargelegt an, ob und in welcher Hinsicht eine einheitliche Bewertungszone der Regelung des § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG widersprechen solle (BFH, Beschluss vom 11. Juli 2008 – II B 53/07).

In zwei weiteren Entscheidungen entschied der BFH, dass ein niedrigerer Wert als der vom Gutachterausschuss angegebene Bodenrichtwert der Feststellung eines Grundstückswerts jedenfalls dann nicht zugrunde gelegt werden dürfe, wenn lediglich geltend gemacht werde, dass die Höhe des Bodenrichtwerts an sich unzutreffend sei (BFH, Urteil vom 11. Mai 2005 – II R 21/02 BFHE 210, 48, BStBl II 2005, 686; BFH, Beschluss vom 25. November 2010 – II B 3/10 BFH/NV 2011, 415).

Eine nähere Bestimmung, in welchen Fällen oder in welchem Umfang die Überprüfung der Bodenrichtwerte ausnahmsweise doch möglich sei, ist den Entscheidungen des BFH indes nicht zu entnehmen. Auch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Zustandekommen eines Bodenrichtwerts findet sich, soweit erkennbar, in der veröffentlichten Judikatur nicht.

dd) Ausgehend von diesen Grundsätzen, ist die in § 247 Abs. 1 BewG angelegte gesetzgeberische Grundentscheidung, die von den Gutachterausschüssen festgestellten Bodenrichtwerte der Grundsteuerwertfeststellung zugrunde zu legen, damit für die Finanzbehörden als Exekutivorgane ebenso wie für die Gerichte als Judikativorgane anzuerkennen. Für die Reduzierung der gerichtlichen Kontrolldichte durch den Gesetzgeber bestehen mit der Orts- und Marktnähe sowie den vorausgesetzten besonderen Kenntnissen und Erfahrungen der Mitglieder eines Gutachterausschusses tragfähige Sachgründe, da für die Ermittlung des Bodenrichtwerts nicht nur in erheblichem Umfang auf mathematische Verfahren und Methoden zurückgegriffen werden muss, um aus einem jeweils einheitlichen Vertragswerk eines Grundstückskaufvertrags (oder eines gleichgestellten Rechtsakts im Sinne des § 195 Abs. 1 BauGB) den Bodenwert für das (fiktiv) unbebaute Grundstück zu ermitteln. Vielmehr sind darüber hinaus Marktkenntnisse erforderlich, um ungewöhnliche Grundstücke oder Grundstücksverkäufe zu erkennen, die typische Bebauung einer (möglichen) Bodenrichtwertzone zu ermitteln und die sich aus bereits absehbaren künftigen Entwicklungen ergebenden Wertentwicklungen einzubeziehen etc.

Dies gibt den Gutachterausschüssen insofern eine administrative Letztentscheidungsbefugnis und beschränkt die Finanzbehörden und Gerichte entsprechend in ihren jeweiligen Entscheidungs- bzw. Überprüfungsspielräumen: Sofern ein Bodenrichtwert rechtmäßig durch einen Gutachterausschuss festgestellt wurde, ist er daher der Grundsteuerwertfeststellung zugrunde zu legen. Ein in die Berechnung eingestellter Bodenrichtwert kann folglich beispielsweise nicht allein mit dem Argument angegriffen werden, der tatsächliche Bodenwert pro Quadratmeter sei aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten des bewerteten Grundstücks niedriger als der Bodenrichtwert.

Der Wertermittlungsspielraum der Gutachterausschüsse erstreckt sich jedoch nicht auf die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen der Bewertung. Der Gutachterausschuss muss also bei seiner Tätigkeit die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen vollständig und sachgerecht auswerten und die Gründe für seine Wertfindung in nachvollziehbarer Weise darlegen (Michler/Kröninger, in: Kröninger/Aschke/Jeromin, Baugesetzbuch mit Baunutzungsverordnung, 4. Auflage 2018, § 192 BauGB Rn. 4).

Dies hat auch – anders als der Antragsgegner zu implizieren scheint – nicht zur Folge, dass der Rechtsschutz der Steuerpflichtigen gegen die von Gutachterausschüssen für ihr Grundstück festgestellten Bodenrichtwerte abgeschnitten wäre, sodass diese – wie auch der BFH in seinen vorgenannten Entscheidungen wiederholt ausgeführt hatte – von den Finanzbehörden und Finanzgerichten „ungeprüft“ zu übernehmen seien: Vielmehr ermöglicht und gebietet das Recht auf effektiven Rechtsschutz der Steuerpflichtigen gemäß Art. 19 Abs. 4 GG eine gerichtliche Überprüfung dahin, ob der Bodenrichtwert für das konkrete Bewertungsgrundstück rechtmäßig festgestellt wurde, d.h. ob der konkret tätig gewordene Gutachterausschuss bei der Ermittlung des Bodenrichtwerts alle verfahrensrechtlichen wie materiell-rechtlichen Vorgaben eingehalten hat (so auch: BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – 4 C 31/13 ; für eine Überprüfbarkeit auch: Hey, ZG 2019, 297 (318); Kirchhof, DB 2020, 2600 (2603); Eichholz, DStR 2020, 1158 (1166); a.A. aufgrund der geforderten Möglichkeit zum Nachweis eines niedrigeren Wertes: Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Auflage 2020, Rn. 16.14; Seer, FR 2019, 941 (948)).

Folglich hat sich die finanzgerichtliche Sachaufklärungspflicht des § 76 FGO auf diese Fragen zu erstrecken. Aus denselben Gründen besteht auch für die Finanzbehörden eine entsprechende Amtsermittlungspflicht gemäß § 88 AO.

Ungeachtet der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der einfachrechtlichen Ausformung einer steuerlichen Bemessungsgrundlage, die bei ihrer verfahrensrechtlichen Ermittlung von einer derart großen Zahl offener Rechtsbegriffen geprägt sowie in ihrem konkreten Ergebnis nahezu ausschließlich von Schätzungen und Einschätzungsspielräumen der Gutachterausschüsse abhängig ist, sind an die Einhaltung (und auch an die gebotene Dokumentation der Einhaltung) der verfahrensrechtlichen wie materiell-rechtlichen Vorgaben der Gutachterausschüsse hohe Anforderungen zu stellen. Dies folgt aus der erheblichen praktischen Reichweite der von ihnen ermittelten Bodenrichtwerte für die Gesamtbemessung der Grundsteuer, für die Vielzahl aller Steuerpflichtigen mit in einer Bodenrichtwertzone gelegenen Grundstücken sowie – wegen der Heranziehung von Bodenrichtwerten bei schwacher Datenlage auch für benachbarte Richtwertzonen – grundsätzlich auch für eine kaum beschränkte Zahl weiterer Steuerpflichtiger. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass gegen die Ermittlung des Bodenrichtwerts als wesentlichem Teil der gesamten Steuerbemessung letztlich kein effektiver Rechtsschutz möglich wäre.

Mögliche Fehler, die bei der Ermittlung des Bodenrichtwerts durch die Gutachterausschüsse auftreten können, lassen sich hierbei in drei Fallgruppen unterscheiden (Mandler/Schulze/Zochert, DStR 2023, 1329 (1332); Reinhardt, GuG 2011, 8 (11 ff.):

• Der Bodenrichtwert für die Bodenrichtwert-Zone, in der sich das Grundstück eines Steuerpflichtigen befindet, wurde falsch ermittelt (etwa durch Zugrundelegung einer unrichtigen Datengrundlage oder die unrichtige Anwendung der verfahrens- wie materiell-rechtlichen Vorgaben des BauGB, der ImmoWertV oder der GAVO).

• Es liegt ein Verstoß gegen § 196 Abs. 1 Satz 3 BauGB vor, weil ein Grundstück einer falschen Bodenrichtwert-Zone zugeordnet wurde.

• Es liegt ein Verstoß gegen § 196 Abs. 1 Satz 3 BauGB vor, weil die Bodenrichtwert -Zone fehlerhaft bestimmt ist und das Grundstück bei einer Neuschneidung der Zone(n) einer anderen Zone mit dem niedrigeren Bodenrichtwert zugeordnet werden müsste (etwa weil ein Verstoß gegen das Gebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV besteht, dass innerhalb einer Bodenrichtwertzone nur Grundstücke mit einer Wertdifferenz zum Bodenrichtwert von höchstens 30% über oder unter dem Wert des Bodenrichtwertgrundstücks liegen sollen).

c) Für die dritte Fallgruppe von Tatbestandsmerkmalen, die in der Vielzahl pauschalierender Typisierungen der rechnerischen Grundlagen für die Ermittlung des Grundsteuerwerts in gesetzlichen Regelungen (wie dem BewG) oder in Rechtsverordnungen im Sinne des Art. 80 GG (wie der Immobilienwertermittlungsverordnung, der Mietniveau-Einstufungsverordnung oder der rheinland-pfälzischen GAVO) bestehen, sind Steuerpflichtige, Finanzbehörden und auch die Finanzbehörden zwar grundsätzlich an die mit abstrakt-genereller Außenwirkung erlassenen Regelungen gebunden.

Wenn jedoch ein Beteiligter substantiierte Einwände gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser abstrakt-generellen Typisierungen und Pauschalierungen erhebt, muss das Gericht nach allgemeinen Grundsätzen den Sachverhalt jedenfalls so weit ermitteln, dass es überprüfen kann, ob die Voraussetzungen der Verfassungswidrigkeit vorliegen, etwa ob die verfassungsrechtlichen Grenzen typisierender Entscheidungen eingehalten sind. Denn nur dann kann das erkennende Gericht feststellen, inwiefern es diese Rechtsnormen als verfassungskonform erachtet oder von ihrer Verfassungswidrigkeit überzeugt ist, sodass es für gesetzliche Regelungen eine konkrete Normenkontrolle durchzuführen (dazu Gliederungspunkt aa)) bzw. Rechtsverordnungen zu verwerfen hat (dazu Gliederungspunkt bb)).

aa) Soweit dies verfassungsrechtliche Einwände unmittelbar gegen förmliche Parlamentsgesetze – insbesondere gegen das Gesamtsystem oder Einzelregelungen der §§ 218 ff. BewG – betrifft, folgt eine solche finanzgerichtliche Prüfungskompetenz aus den Regelungen zur konkreten Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 13 Nr. 11 i.V.m. §§ 80 ff. BVerfGG.

(1) Hielte das Finanzgericht einzelne oder gar alle Regelungen der §§ 218 ff. BewG für verfassungswidrig, dürfte es diese Regelungen nicht selbst verwerfen, sondern hätte nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1 BVerfG das Verfahren auszusetzen und in einem Vorlagebeschluss die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu einzuholen, ob eine Verletzung des GG vorliegt.

Für einen zulässigen Vorlagebeschluss hätte das Finanzgericht dann aber in den Gründen des Vorlagebeschlusses den Sachverhalt erschöpfend darzustellen, soweit er für die rechtliche Beurteilung wesentlich ist, und die rechtlichen Erwägungen darzulegen, nach denen es für die von ihm zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der gesetzlichen Vorschrift ankommt. Zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage gehört die Darstellung der für die Prüfung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen; mehr oder weniger im Ungefähren sich bewegende Ausführungen reichen nicht aus. Als vorlegendes Gericht müsste das Finanzgericht daher unter Ausschöpfung der ihm verfügbaren prozessualen Mittel alle tatsächlichen Umstände aufklären, die für die Vorlage Bedeutung erlangen können. Es hätte die Pflicht, den Sachverhalt so weit aufzuklären, dass die Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung gestellten Normen feststeht. Die ungeprüfte Übernahme von Parteivorbringen würde dafür grundsätzlich nicht ausreichen. Es bedürfte vielmehr hinreichender Feststellungen, die die fach- und verfassungsrechtliche Beurteilung tragen können (ständige Rechtsprechung seit BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1963 – 1 BvL 29/56 BVerfGE 17, 135; BVerfG, Beschluss vom 10. November 1964 – 1 BvL 12/60 BVerfGE 18, 186; zuletzt etwa BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2016 – 1 BvL 7/15 ; BVerfG, Beschluss vom 12. Juli 2017 – 2 BvL 1/17 : BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2019 – 2 BvL 10/19 ; BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2019 – 2 BvL 11/19 ; BVerfG, Beschluss vom 14. August 2019 – 2 BvL 12/19; BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2020 – 1 BvL 5/19; BVerfG, Beschluss vom 25. März 2021 – 2 BvF 1/20 BVerfGE 157, 223).

Das Gericht muss dabei zu einer exakten Tatsachenfeststellung gelangen und in einer für das BVerfG nachprüfbaren Weise im Einzelnen die Tatsachen und Erwägungen angeben, die für seine Überzeugung maßgebend gewesen sind. Es würde zu einer Verkehrung der Aufgaben der Gerichte führen, wenn das vorlegende Gericht mit allgemeinen Ausführungen seiner Aufgabe der Sachverhaltsaufklärung ausweichen und sie auf das Bundesverfassungsgericht abwälzen würde, dem in erster Linie die Klärung verfassungsrechtlicher Fragen, nicht die Ermittlung von Tatsachen aufgegeben ist. Das Bundesverfassungsgericht kann die fehlende Begründung der Überzeugung des vorlegenden Gerichts von der Entscheidungserheblichkeit der Vorlage nicht durch eigene Erwägungen ersetzen, denn diese Prüfung muss Aufgabe des sie verantwortenden Fachgerichts bleiben (BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1963 – 1 BvL 29/56 BVerfGE 17, 135; BVerfG, Beschluss vom 10. November 1964 – 1 BvL 12/60 BVerfGE 18, 186; BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 1981 – 1 BvL 28/80 BVerfGE 58, 153; BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2016 – 1 BvL 7/15 ; BVerfG, Beschluss vom 12. Juli 2017 – 2 BvL 1/17 ; BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2022 – 2 BvL 1/22).

Eine Vorlage wäre deshalb unzulässig, wenn es für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage auf die weitere Klärung von Sachfragen ankommen könnte und dem Gericht ein eigener Beitrag zur weiteren Tatsachenermittlung möglich gewesen wäre. Zur Unzulässigkeit der Vorlage würde es auch führen, wenn sich das vorlegende Gericht durch die Vorlage eine Beweisaufnahme ersparen wollte (Geißler, in: Walter/Grünewald, BeckOK GG, 15. Edition Stand 1. Juni 2023, § 80 BVerfGG Rn. 69 f.).

(2) Nach diesen Maßstäben hat das Gericht im Hauptsacheverfahren die Verpflichtung – und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes trotz der Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes auch ohne konkrete Normenkontrolle (dazu Gliederungspunkt II. 3. b)) zumindest die Möglichkeit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen gesetzliche Bewertungsvorschriften auch in tatsächlicher Hinsicht nachzugehen.

Dies erachtet das erkennende Gericht insbesondere im Hinblick auf die erhobenen Bedenken hinsichtlich einer gleichheitsgerechten Grundstücksbewertung als relevant, die beispielsweise Feststellungen zu einzelnen Berechnungsgrößen wie den tatsächlichen Roherträgen, Bewirtschaftungskosten etc. implizieren können, um die gesetzlichen Typisierungen daraufhin zu überprüfen, inwiefern diese realitätsgerecht sind.

bb) Noch umfassender sind der Ermittlungsauftrag und Entscheidungsspielraum des erkennenden Gerichts, soweit die Verfassungswidrigkeit einer für die Bewertung maßgeblichen Rechtsverordnung, etwa der Mietniveau-Einstufungsverordnung, gerügt wird.

Für Rechtsverordnungen im Sinne des Art. 80 GG besteht keine Möglichkeit des erkennenden Finanzgerichts, diese im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsgerichtlichen Überprüfung vorzulegen. Die verfassungsrechtliche Nachprüfung von Rechtsverordnungen obliegt daher in Fällen ihrer Entscheidungserheblichkeit nach jedem Richter. Das erkennende Instanzgericht kann und muss über die Vereinbarkeit der Rechtsverordnung mit höherrangigem (Bundes-)Recht und deren Gültigkeit selbst entscheiden (ständige Rechtsprechung seit BVerfG, Urteil vom 20. März 1952 – 1 BvL 12/51 BVerfGE 1, 184; BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1964 – 2 BvL 26/63 BVerfGE 17, 208; BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 1971 – 2 BvL 9/70 BVerfGE 31, 357; BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 1984 – 1 BvR 1249/83 BVerfGE 68, 319; BVerfG, Beschluss vom 27. September 2005 – 2 BvL 11/02 BVerfGE 114, 303; Morgenthaler, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, 56. Edition Stand 15. August 2023, Art. 100 GG Rn. 9 f.; Uhle, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, 56. Edition Stand 15. August 2023, Art. 80 GG Rn. 37; Brenner, in: von Mangoldt/Klein/Starck, 7. Auflage 2018, Art. 80 GG Rn. 83).

Finanzgerichte und der BFH haben daher in vollem Umfang darüber zu entscheiden, ob eine steuerlich entscheidungserhebliche Rechtsverordnung gegen höherrangiges Recht und damit insbesondere gegen das GG verstößt. Ist das Fachgericht von einer Verletzung des Verfassungsrechts überzeugt, hat es die Verordnungsnorm selbst zu verwerfen (ebenso: Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 177. Lieferung Stand 9/2023, Verfassungsrechtsschutz, Rn. 15).

d) Neben der in den vorstehenden Gliederungspunkten 3. a) bis 3. c) dargestellten Reichweite des finanzgerichtlichen Sachaufklärungs-, Ermittlungs- und Entscheidungsspielraums sieht es das erkennende Gericht als verfassungsrechtlich geboten an, dass Steuerpflichtige im Einzelfall den Nachweis solcher Besonderheiten ihres Grundstücks oder ihres aufstehenden Gebäudes erbringen können, die zu einem niedrigeren Wert als dem einfachrechtlich nach den typisierenden Vorschriften der §§ 218 ff. BewG errechneten Grundsteuerwert führen (im Ergebnis ebenso: Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Auflage 2020, Rn. 16.14; Löhr, DStR 2019, 1433 (1436); Seer, FR 2019, 941 (948); Beck, DS 2019, 48 (50); Wünsche, BB 2019, 1821 (1824); Eichholz, DStR 2020, 1158 (1166); Eichholz, DStR 2020, 1217 (1218 und 1221); Kirchhof, DB 2023, 1116 (1118); a.A. Hey, ZG 2019, 297 (318)).

Dies ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners (dazu Gliederungspunkt aa)) zur Sicherstellung einer auch im Einzelfall verhältnismäßigen Besteuerung verfassungsrechtlich geboten, ohne dass in den §§ 218 ff. BewG eine Vorschrift wie § 198 BewG vorgesehen ist oder dass § 198 BewG analog anzuwenden wäre (dazu Gliederungspunkt bb)).

Denn selbst wenn die gesetzlichen Typisierungen und Pauschalierungen als solche noch gleichheitsgerecht und verfassungsrechtlich gerechtfertigt wären, sodass zwar nicht die gesetzlichen Bewertungsvorschriften insgesamt verfassungswidrig wären, so können aber auch bei Anwendung dieser Regelungen noch im Einzelfall unverhältnismäßige Härten erwachsen. Dies kann eintreten, wenn die Verhältnisse des konkreten Einzelfalls extrem über das normale Maß der Typisierung hinausgehen und nicht die abstrakt-generellen Regelungen des Bewertungsrechts, aber jedenfalls die konkrete Grundsteuerwertfeststellung im Einzelfall verfassungswidrig erscheinen lassen. Solchen Härten kann nur durch die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren Wertes begegnet werden.

Ohne eine solche Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren Wertes wären die Regelungen der §§ 218 ff. BewG materiell verfassungswidrig, weil sie in unverhältnismäßiger und zugleich gleichheitswidriger Weise in die Rechte der Steuerpflichtigen eingreifen würden.

Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Gesetzgeber im Regelungssystem der §§ 218 ff. BewG nicht nur die Höhe steuerentlastender Berechnungsgrundlagen (wie die Höhe der Bewirtschaftungskosten, Restnutzungsdauer > 30%), sondern vor allem auch sämtliche steuerbegründenden Berechnungsgrundlagen (Bodenrichtwert, Reinertrag, Restnutzungsdauer < 30%, Liegenschaftszins etc.) typisiert. Folglich drohen hier Besteuerungshärten im unmittelbaren Kernbereich der Besteuerung.

aa) Der Antragsgegner lehnt die Möglichkeit, einen niedrigeren Wert mittels Sachverständigengutachten oder eines zeitnah erzielten Kaufpreises nachzuweisen, grundsätzlich ab und verweist darauf, dass der Gesetzgeber in den Vorschriften der §§ 218 ff. BewG zur Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer ab 1. Januar 2022 – anders als beispielsweise in § 198 BewG – bewusst keine Regelung für einen derartigen Nachweis vorgesehen habe. Die Grundsteuerwertermittlung habe deutlich „entindividualisiert“ und die Bemessung der Grundsteuer nur nach einem „Durchschnittswert (objektiviert-realer Wert)“ erfolgen sollen.

Tatsächlich ging der Steuergesetzgeber bei der Regelung des Grundsteuer-Reformgesetzes von der Notwendigkeit aus, die Regelungen zur Grundstücksbewertung gleichheitsgerecht und innerhalb der durch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 10. April 2018 (1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12) formulierten Umsetzungsfrist umzusetzen. Für die Beseitigung der mit der Verfassung unvereinbaren Rechtslage bedeute dies, dass nur durch eine weitere Vereinfachung der bisherigen Verfahrens- und Bewertungsvorschriften, weitere Typisierungen und Pauschalierungen des Ertragswert- und des Sachwertverfahrens, den ersatzlosen Wegfall von Übergangs- und Überleitungsvorschriften sowie eine gesetzliche Anordnung zur Digitalisierung der Kommunikationswege die Umsetzung der materiell-rechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts strukturell gewährleistet werde. Hierzu würden insbesondere historisch gewachsene, aber zwischenzeitlich überkommene Einzelfallregelungen abgeschafft und fallspezifische Einzelfallregelungen im Rahmen der Wertermittlung typisiert (BT-Drucksache 19/11085, S. 81 und 83).

Ungewöhnliche Umstände, z.B. besonders schwieriger Baugrund eines Grundstücks, ein überdurchschnittlicher Erhaltungszustand, Baumängel oder Bauschäden sind zwar wertbildend, sollen nach Auffassung des Gesetzgebers jedoch unberücksichtigt bleiben (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, Vorbemerkung zur ImmoWertV Rn. 56; Löhr, DStR 2019, 1433 (1436))

bb) Das Gericht erachtet die Möglichkeit für Steuerpflichtige, wertmindernde grundstücksbezogene Besonderheiten bereits im Bewertungsverfahren geltend machen zu können, bei verfassungskonformer Auslegung (dazu Gliederungspunkt (1)) jedoch als verfassungsrechtlich geboten (dazu Gliederungspunkt (2), wenn die Abweichung des individuellen Wertes von dem festgestellten Grundsteuerwert über das normale Maß hinaus abweicht (dazu Gliederungspunkt (3)).

Der Nachweis ist nach der Auslegung des Gerichts zwar in geeigneter Weise durch die Steuerpflichtigen zu führen, aber nicht von einem formalen Sachverständigengutachten abhängig. Die für die Bedarfsbewertung geltende Vorschrift des § 198 BewG, wonach ein Nachweis nur durch ein derartiges Gutachten oder einen zeitnahen Grundstücksverkauf erfolgen kann, ist weder unmittelbar noch analog anwendbar (dazu Gliederungspunkt (4)).

(1) Das aus Art. 2 Abs. 1 GG zu entnehmende Gebot, nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zur Steuerleistung herangezogen zu werden, enthält das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Übermaßverbot, das dahin geht, dass der Steuerpflichtige nicht zu einer unverhältnismäßigen Steuer herangezogen wird. Dieses zwingt dazu, Befreiung von einer schematisierenden Belastung zu erteilen, wenn die Folgen extrem über das normale Maß hinausschießen, das der Schematisierung zugrunde liegt, d.h. wenn die Erhebung der Steuer im Einzelfall Folgen mit sich bringt, die unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Planvorstellung durch den gebotenen Anlass nicht mehr gerechtfertigt sind (BVerfG, Beschluss vom 5. April 1978 – 1 BvR 117/73 BVerfGE 48, 102 zur Vermögensteuer; zu einer etwaigen Verpflichtung zum Billigkeitserlass: BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1994 – 2 BvR 89/91 ; BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 2015 – 1 BvR 741/14 ).

Um einen Verstoß gegen das grundgesetzliche Übermaßverbot zu verhindern, ist der Nachweis eines niedrigeren Werts bei verfassungskonformer Auslegung daher auch dann geboten, wenn er nach dem Wortlaut des BewG nicht vorgesehen ist. Das Übermaßverbot ist nämlich verletzt, wenn die Folgen einer schematisierenden Belastung extrem über das normale Maß hinausgehen, das der Schematisierung zugrunde liegt, oder – anders ausgedrückt – die Folgen auch unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Planvorstellungen durch den gebotenen Anlass nicht mehr gerechtfertigt sind. Ein derartiger Verstoß gegen das Übermaßverbot im Einzelfall kann entweder durch verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift oder durch eine Billigkeitsmaßnahme abgewendet werden. Wenn eine Billigkeitsmaßnahme auf Ebene der Wertfeststellung ausgeschlossen ist, erfordert eine verfassungskonforme Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit für den Nachweis eines niedrigeren (gemeinen) Werts. Hierfür ist der Nachweis erforderlich, dass der Wert des zu bewertenden Grundstücks den festgestellten Grundstückswert so erheblich unterschreitet, dass sich der festgestellte Grundstückswert als extrem über das normale Maß hinausgehend erweist. Diese Grenze ist umso früher erreicht, je höher im Einzelfall die letztlich anzulegenden Steuertarife sind (BFH, Urteil vom 5. Mai 2004 – II R 45/01 BFHE 204, 570, BStBl II 2004, 1036; BFH, Urteil vom 11. Dezember 2013 – II R 22/11 BFH/NV 2014, 1086; BFH, Urteil vom 30. Januar 2019 – II R 9/16 BFHE 263, 267, BStBl II 2019, 599; bestätigt durch BFH, Urteil vom 16. November 2022 – II R 39/20 BFH/NV 2023, 409).

(2) Nach diesen Maßstäben sind die Vorschriften der §§ 218 ff. BewG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass bereits auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung im Einzelfall der Nachweis erfolgen kann, wonach der Wert des Grundstücks von dem festgestellten Grundstückswert in extrem über das normale Maß hinausgehendem Umfang abweicht. Dies gilt für die Vorschriften des neuen Bewertungsrechts auch und gerade deshalb, weil diese keinen nennenswerten Raum für die Berücksichtigung individueller Wertminderungen lassen, wodurch Bewertungshärten besonderes leicht eintreten können und häufig zu erwarten sind (im Ergebnis ebenso: Löhr, DStR 2019, 1433 (1436); Kirchhof, DB 2020, 2600 (2603); Kirchhof, DB 2023, 1116 (1118 f.)).

Ein pauschalierter Abschlag, wie er zum Beispiel für grundstücksbezogene Besonderheiten in § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG a.F. in Höhe von 20% des Bodenrichtwerts vorgesehen war und durch den wertbeeinflussende Merkmale wie etwa die Ecklage, Grundstücksgröße, Zuschnitt, Oberflächenbeschaffenheit und Beschaffenheit eines Grundstücks pauschal abgegolten werden sollten (dazu BFH, Urteil vom 11. Mai 2005 – II R 21/02 BFHE 210, 48, BStBl II 2005, 686), fehlt im neuen Bewertungsrecht der §§ 218 ff. BewG.

Billigkeitsregelungen auf der ersten Stufe der Grundsteuererhebung, d.h. in den Vorschriften zur Grundsteuerwertfeststellung finden sich nicht. So bestimmt § 220 Satz 2 BewG, dass bei der Ermittlung der Grundsteuerwerte § 163 AO nicht anzuwenden ist, d. h. eine abweichende Wertfeststellung aus Billigkeitsgründen nicht in Betracht kommt (so auch BT-Drucksache 19/11085, S. 94). Soweit der Gesetzgeber auf die Anwendbarkeit der „allgemeinen Erlassvorschriften der Abgabenordnung“ verweist (BT-Drucksache 19/11085, S. 84) und damit den Zahlungserlass im Sinne des § 227 AO gemeint sein könnte, kommt diese Vorschrift für das Wertfeststellungsverfahren ebenfalls nicht zur Anwendung, da in dieser ersten Verfahrensstufe noch keine Zahlungspflicht ausgelöst wird, die erlassen werden könnte.

Vielmehr findet sich eine Billigkeitsregelung nur in den Vorschriften zur Grundsteuerfestsetzung, d.h. auf der dritten Stufe der Grundsteuererhebung. So sehen nur die §§ 32 bis 35 GrStG Regelungen zum Erlass der – aufbauend auf die Grundsteuerwertfeststellung festgesetzten – Grundsteuer vor, die vom Antragsgegner als angemessene Regelungen zur Vermeidung unbilliger Härten des Einzelfalls angesehen werden:

• § 32 GrStG verpflichtet Gemeinden unter den dort näher genannten, engen Voraussetzungen zum Erlass von Grundsteuer für Kulturgut und Grünanlagen.

• Zudem verpflichtet § 34 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GrStG die Gemeinden zum Erlass der Grundsteuer wegen wesentlicher Ertragsminderung bei bebauten Grundstücken in Höhe von 25% (bzw. 50%), wenn bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50% (bzw. 100%) gemindert ist; Voraussetzung des Erlasses ist jedoch jeweils eine nicht durch den Steuerpflichtigen zu vertretende Minderung des normalen Rohertrags. Eine Ertragsminderung ist zudem dann gemäß § 34 Abs. 4 GrStG kein Grund für einen Erlass der Grundsteuer, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können. Hauptanwendungsfall hierfür dürfte die Wertfortschreibung nach § 222 Abs. 1 BewG sein, wenn der in Euro ermittelte und auf volle 100 Euro abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, von dem entsprechenden Wert des letzten Feststellungszeitpunkts nach oben oder unten um mehr als 15.000 Euro abweicht.

• Nach § 35 GrStG ist ein Erlass jeweils nur rückwirkend, d.h. nach Ablauf eines Kalenderjahres und nur auf Antrag möglich, der bis zum 31. März des auf dem Erlasszeitraum folgenden Kalenderjahres zu stellen ist.

• Hinzukommen kann die Möglichkeit des Erlasses nach allgemeinen Billigkeitsregelungen nach §§ 163, 227 AO.

Eine derartige Verlagerung von Billigkeitserwägungen erst auf die Ebene des Folgebescheids steht nach Auffassung des Gerichts jedoch mit den vorgenannten verfassungsrechtlichen Erwägungen, insbesondere mit dem Recht von Steuerpflichtigen auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und auf verhältnismäßige Besteuerung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) nicht im Einklang. Hiervon geht auch der BFH implizit aus, indem er die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren Grundstückswerts nicht erst auf Ebene des eine Zahlungspflicht auslösenden Erbschaftssteuerbescheids im Rahmen eines dortigen Billigkeitserlasses, sondern bereits vorgelagert auf der Ebene des Wertfeststellungsbescheids als geboten erachtet (BFH, Urteil vom 5. Mai 2004 – II R 45/01 BFHE 204, 570, BStBl II 2004, 1036; BFH, Urteil vom 9. April 2014 – II R 48/12 BFHE 245, 369, BStBl II 2014, 554; BFH, Urteil vom 30. Januar 2019 – II R 9/16 BFHE 263, 267, BStBl II 2019, 599; BFH, Urteil vom 16. November 2022 – II R 39/20 BFH/NV 2023, 409).

Liegt nämlich eine im Einzelfall verfassungswidrige Wertfeststellung vor, ist es dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar, zunächst einen im Einzelfall unverhältnismäßig in seine Rechte eingreifenden Grundsteuerwertbescheid gegen sich gelten lassen zu müssen und dann auch noch eine verfassungsmäßig überhöhte Grundsteuerbelastung zu tragen, von der er sodann jeweils nur rückwirkend und jahresweise eine Entlastung durch Erlass der Grundsteuer erreichen könnte. Denn damit würde sich nicht nur die für Bewertung zuständige Finanzbehörde aus ihrer aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Verpflichtung, selbst verfassungsgemäße Grundsteuerwertbescheide zu erlassen, strukturell entziehen können.

Vielmehr würde auch die Entlastung der (Finanz- oder Kommunal)Behörden, die mit der grundsätzlich für die Dauer von sieben Jahren geltenden Grundsteuerwertfeststellung (§ 221 Abs. 1 BewG) bezweckt war, und die damit verbundene Verwaltungsvereinfachung durch den Erlass eines Grundlagenbescheids in Form des Grundsteuerwertbescheids systematisch ausgehöhlt, wenn die zur Verfassungswidrigkeit im Einzelnen führenden Umstände stets jahresbezogen wiederholt vorgetragen werden müssten, obwohl sie insgesamt und mit Bindungswirkung bereits gegen die zugrundeliegende Grundsteuerwertfeststellung erhoben werden können. Es stünde anderenfalls nicht nur eine Versiebenfachung der Zahl derartiger Nachweisverfahren zu befürchten, sondern es wären auch Wertungswidersprüche für verschiedene Streitjahre zu erwarten. Darüber hinaus müssten Steuerpflichtige bei unterjährigen Eigentumswechseln mit den neuen bzw. den früheren Eigentümern zusammenarbeiten, um die Nachweise für einen Billigkeitserlass führen zu können, obwohl für eine Zusammenwirkungspflicht keine Rechtsgrundlage besteht und die Grundsteuer jahresbezogen festgesetzt wird.

Zudem erscheint der Anwendungsbereich des Billigkeitserlasses nach §§ 32, 34 GrStG als deutlich zu eng, weil ein Erlass nur in Fällen vorgesehen ist, in denen bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50% (bzw. 100%) gemindert ist. Der Rohertrag stellt nach den vorgenannten Berechnungsschritten jedoch nur einen von mehreren Berechnungsgrößen des Grundsteuerwerts eines Grundstücks dar. Ergeben sich die besonderen Härten etwa daraus, dass der konkrete Bodenwert wegen der Besonderheiten des bewerteten Grundstücks deutlich niedriger anzusetzen wäre, dass im konkreten Fall die Bewirtschaftungskosten deutlich höher sind als nach der gesetzlichen Pauschalierung oder dass aus einer nur noch sehr geringen, noch unter der gesetzlichen Typisierung von 30% liegenden Restnutzungsdauer des zu bewertenden Gebäudes erhebliche Wertdifferenzen zur einfachgesetzlichen Berechnungsmethode vorliegen, sieht das einfache Recht keinerlei Härteausgleich vor.

(3) Extrem über das normale Maß hinaus geht nach einer jüngst ergangenen BFH-Entscheidung zur Bewertung eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft für Zwecke der Erbschaftsteuer „beispielsweise“ das Dreifache des gemeinen Werts bzw. das rund 1,4-fache eines sich aus dem Bodenrichtwert errechneten Verkehrswerts (BFH, Urteil vom 16. November 2022 – II R 39/20 BFH/NV 2023, 409; zustimmend und hieraus eine 40%Schwelle ableitend: Ergenzinger, DStRK 2023, 137; Marfels, ErbStB 2023, 98 (99); für eine Über- oder Unterbewertung von bis zu 40% auch: Hey, ZG 2019, 297 (306); für eine darüberhinausgehende Einbeziehung aller konkreten steuerlichen Auswirkungen bei der Berechnung der Wertgrenze: Bruschke, ErbStB 2023, 273 (274 f.)).

Wie groß die prozentuale Abweichung von dem für eine konkrete Immobilie festgestellten Grundsteuerwert sein muss, um abweichend von der gesetzlichen Typisierung im Einzelfall einen niedrigeren Wertansatz erreichen zu können, kann das erkennende Gericht im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes noch offenlassen. Dies folgt daraus, dass das Gericht von einem Zusammenhang zwischen der Qualität der der Typisierung zugrundeliegenden Daten und der für den Einzelwertnachweis geforderten Prozentgrenze ausgeht: Denn je ungenauer die Daten und je gröber daher die gesetzliche Typisierung ist, desto eher treten unverhältnismäßige Härten auf, denen durch das Absenken der Prozentgrenze zu begegnen wäre.

Nach Einschätzung des Gerichts könnte zur Bestimmung der Prozentgrenze die durch § 15 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV vorgegebene Typisierungsschwelle aufzugreifen sein, wonach innerhalb einer Bodenrichtwertzone die Grundstücke liegen sollen, bei denen das Bodenrichtwertgrundstück „grundsätzlich“ nicht mehr 30% über oder unter dem Wert des Bodenrichtwertgrundstücks liegt. Denn spätestens bei einer derartigen Abweichung kann nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht mehr von einem Fall ausgegangen werden, den der Gesetzgeber als gleichgelagert ansehen wollte.

Die Feststellungslast dafür, dass der Wert des konkret bewerteten Grundstücks den festgestellten Grundstückswert in extrem über das normale Maß hinausgehenden Umfang unterschreitet, trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der Feststellungslast der Steuerpflichtige, der sich auf den niedrigeren Wert beruft.

(4) In welcher Form dieser Nachweis zu führen ist, richtet sich dabei nach den allgemein für das Steuerverfahrensrecht geltenden Regelungen. Dies bedeutet insbesondere, dass Steuerpflichtige den Nachweis auch ohne die formalisierten Nachweispflichten des § 198 BewG führen können, der zum Nachweis eines unter dem einfachgesetzlich festgestellten Bedarfswert liegenden Werts entweder ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses im Sinne der §§ 192 ff. BauGB bzw. eines besonders bestellten oder zertifizierten Sachverständigen oder Gutachters für die Wertermittlung von Grundstücken (§ 198 Abs. 2 BewG) oder einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommenen Kaufpreis über das zu bewertende Grundstück verlangt (§ 198 Abs. 3 BewG). Der Nachweis ist dann „etwa“ durch ein Wertgutachten (mit dieser Formulierung zu anderen Fällen gesetzlich nicht vorgesehener Möglichkeiten zum Nachweis eines niedrigeren Wertes: BFH, Urteil vom 30. Januar 2019 – II R 9/16 BFHE 263, 267, BStBl II 2019, 599; BFH, Urteil vom 16. November 2022 – II R 39/20 BFH/NV 2023, 409), aber alternativ auch in anderer geeigneter Art und Form möglich.

Das Fehlen eines formalen Nachweiserfordernisses folgt bereits unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, denn der gesamte „Siebente[r] Abschnitt – Bewertung des Grundbesitzes für die Grundsteuer ab 1. Januar 2022 gemäß §§ 218 ff. BewG und insbesondere die maßgeblichen §§ 243 ff. BewG verweisen nicht ausdrücklich auf § 198 BewG und sehen auch inhaltlich keine mit § 198 Abs. 1 BewG vergleichbare Regelung vor (Löhr, DStR 2019, 1433 (1436); Seer, FR 2019, 941 (948); Eichholz, DStR 2020, 1217 (1218 und 1221); Kirchhof, DB 2023, 1116 (1118)).

Auch bei systematischer Auslegung ist die Anwendbarkeit der nur im „Sechste(n) Abschnitt – Vorschriften für die Bewertung von Grundbesitz, von nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften und von Betriebsvermögen für die Erbschaftsteuer ab 1. Januar 2009 -“ verankerten Vorschrift des § 198 BewG auf die Bedarfsbewertung nach den §§ 157 ff. BewG beschränkt.

Gegen eine Übertragbarkeit der Anwendung des § 198 BewG auf das Regelungssystem der §§ 218 ff. BewG sprechen auch teleologische Unterschiede, denn die erbschaftsteuerliche Bedarfsbewertung zielt über die Verweisung des § 12 ErbStG i.V.m. den §§ 1 ff. und §§ 157 ff. BewG auf die Ermittlung des gemeinen Wertes und damit auf eine Verkehrswertermittlung ab, während die Grundsteuerwertfeststellung auf die Feststellung eines „objektiviert-realen Grundsteuerwerts als Bemessungsgrundlage für eine relationsund realitätsgerechte Besteuerung“ abzielt und sich hierbei an die Verkehrswertermittlung nach dem BauGB lediglich anlehnt (vgl. dazu BT-Drucksache 19/11085, S. 84 f.). Die in § 198 BewG vorgesehenen Nachweismöglichkeiten durch ein Gutachten über den Verkehrswert als dem (wahrscheinlich) zu erzielenden Verkaufspreis zum Bewertungsstichtag oder sogar der Verkehrswertnachweis durch einen tatsächlich zeitnah erzielten Verkaufspreis sind daher zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts für erbschaftsteuerliche Zwecke geeignet. Zum Nachweis eines vom Verkehrswert gelösten „objektiviertrealen Grundsteuerwerts“, bei dem ein Verkehrswertgutachten oder gar ein tatsächlich zustande gekommenes Grundstücksgeschäft vorliegt, können sie hingegen allenfalls Indizwirkung haben.

Schließlich hält das Gericht die Unanwendbarkeit der formalisierten Nachweiserfordernisse auch bei verfassungskonformer Auslegung der §§ 218 ff. BewG für geboten. Anderenfalls hätte der Steuergesetzgeber ein Bewertungsrecht ausgeformt, das die Steuerbegründung nahezu ausschließlich auf gesetzlich typisierte bzw. pauschalierte Tatbestandselemente stützt und die Besteuerung nahezu vollständig kostengünstig entindividualisiert, während die individualisierte Sachverhalts- und Wertermittlung vollständig auf die Steuerpflichtigen verlagert würde, denen eine kostenpflichtige formalisierte Nachweislast für den Nachweis eines niedrigeren Wertes obläge.

Dies würde nicht nur eine grundlegende Verlagerung der durch die steuerliche Eingriffswirkung gebotenen Begründungslast des Steuerzugriffs und der Darlegungslast für steuerbegründende Tatbestandsmerkmale vom Staat auf die Steuerpflichtigen bedeuten. Denn während der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung sich zur Begründung eines Steueranspruchs strukturell auf kostengünstige Typisierungen zurückziehen und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit letztlich nur typisierend annehmen, obläge es allein den Steuerpflichtigen, den Nachweis eines niedrigeren Wertes zu erbringen und hierfür etwaige Nachweiskosten sowie die Feststellungslast zu tragen, wenn dieser Nachweis nicht gelingt.

Wenn Steuerpflichtige zur Vermeidung unverhältnismäßiger Härten auch noch mit der Pflicht zur Beauftragung von Sachverständigengutachten beschwert würden, ginge mit dieser per se bereits rechtsstaatlich bedenklichen Verlagerungen der Ermittlungs- und Nachweislast auch eine definitive wirtschaftliche Belastung mit den Ermittlungs- und Nachweiskosten einher, da die Steuerpflichtigen – bei Vorlage eines Gutachtens im Feststellungs- oder Einspruchsverfahren – nach allgemeinen Grundsätzen des kosten- und auslagenfreien Einspruchsverfahrens (vgl. Jardin, GuG 2015, 19 (20)) bzw. – bei Vorlage erst in einem Klageverfahren – in aller Regel nach § 137 FGO mit den Kosten zur Einholung des Gutachtens belastet blieben (vgl. dazu Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 28. Oktober 2021 – 3 K 65/20 EFG 2022, 562). Nicht nur der tatsächlich verfassungskonforme Steuervollzug, sondern auch die hierfür erforderlichen Vollzugskosten würden letztlich nahezu vollständig privatisiert (für die Unverhältnismäßigkeit des privatisierten Gesetzesvollzugs im neuen Grundsteuerrechts: Palm, DVBl 2023, 191 (196)).

Zwar hat der BFH zur erbschaftsteuerlich relevanten Wertfeststellung entschieden, dass es vor dem Hintergrund der – jeder Grundstücksbewertung innewohnenden – Unsicherheiten und der objektiven Bewertungsgrundlagen (nämlich den auf der Basis von Verkaufsfällen ermittelten Bodenrichtwerten) im Rahmen eines typisierenden Bewertungsverfahrens nicht zu beanstanden sei, dass dem Steuerpflichtigen die Nachweislast für einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks insgesamt aufgebürdet werde (vgl. etwa BFH, Beschluss vom 27. Oktober 2004 – II B 129/03 BFH/NV 2005, 507; BFH, Urteil vom 11. Mai 2005 – II R 21/02 BFHE 210, 48, BStBl II 2005, 686; BFH, Beschluss vom 14. Dezember 2006 – II B 53/06 BFH/NV 2007, 403; BFH, Urteil vom 17. November 2021 – II R 26/20 BFH/NV 2022, 822). Typisch für diese Bewertungsanlässe ist jedoch, dass dem Steuerpflichtigen ein wirtschaftliches „Mehr“ tatsächlich zugeflossen ist, von dem er die Kosten der Wertfeststellung tragen kann und bei dem der Wert des Erwerbs – ebenso wie der zu erwartende erbschaftsteuerliche Vorteil im Fall des Nachweises des niedrigeren Werts – die Gutachterkosten für den Nachweis des niedrigeren Wertes in aller Regel übersteigen. Hinzu kommt, dass der Bewertungsaufwand für jeden Steuerpflichtigen wegen der Stichtagsbezogenheit nur einmal für jeden Grundstückserwerb anfällt.

Hiervon unterscheidet sich die Bewertung für Zwecke der Grundsteuer grundlegend. Denn zum einen fällt sie auch für eigengenutzte Immobilien an, bei denen es zum Bewertungsstichtag nicht zu tatsächlichen Vermögensmehrungen im Vermögen des Steuerpflichtigen von außen kommt. Zum anderen erfordert die Grundsteuersystematik bei einer dauerhaften grundstücks- oder objektbezogenen Wertminderung nicht nur einmalig, sondern zumindest alle sieben Jahre (und in den Fällen der Wertfortschreibung nach § 222 Abs. 1 BewG ggf. auch häufiger) ein entsprechendes Gutachten, wenn die Hauptfeststellung zu wiederholen ist. Überdies stehen die Kosten für die Erstellung eines einzigen Verkehrswertgutachtens – anders als etwa in den Erbschaftsteuerfällen – in keinem Verhältnis zur Grundsteuerbelastung. So gibt § 1 i.V.m. Anlage 1 Nr. 23 der Landesverordnung über die Gebühren der Vermessungs- und Katasterbehörden und der Gutachterausschüsse (Besonderes Gebührenverzeichnis) vom 17. August 2022 vor, dass beispielsweise die Gebühren eines Verkehrswertgutachtens für bebaute Grundstücke mit einem Verkehrswert bis 250.000 Euro insgesamt 6,6 ‰ des Verkehrswerts + 830 Euro (d.h. mindestens 830 Euro), mit einem Verkehrswert zwischen 250.000,01 Euro und 500.000 Euro insgesamt 2,7 ‰ des Verkehrswerts + 1.860 Euro (d.h. mindestens 2.535 Euro) und mit einem Verkehrswert zwischen 500.000,01 Euro und 2.500.000 Euro insgesamt 1,2 ‰ des Verkehrswerts + 2.650 Euro (d.h. mindestens 3.250 Euro) betragen. In ähnlicher Größenordnung oder sogar noch darüber liegen die Kosten für privatrechtliche Verkehrswertgutachten (vgl. etwa Sprengnetter Honorar-Richtlinie für Immobilienbewertungen, abrufbar unter https://shop.sprengnetter.de/media/b3/d5/2b/1675249909/ HonRIb%202022-10.pdf; Bundesverband Deutscher Grundstückssachverständiger, abrufbar unter file://fg/user/FG/SchmidtC/Downloads/BDGS_Honorarempfehlung2023.pdf; Honorarrichtlinie des BVS für Gutachten über den Verkehrswert, abrufbar unter https:// www.bvs-ev.de/fileupload/files/624aff2cecebb_BVS-Honorarrichtlinie_Fassung_2022.pdf; Honorar-Richtlinie des LVS-Bayern zur Immobilienbewertung, abrufbar unter https://www.lvs-bayern.de/user/pdf/2021-immo-honorar-richtlinie-des-lvs-bayern-zur-immobilienbewertung.pdf, jeweils zuletzt abgerufen am 23. November 2023). Damit dürften die Kosten eines Steuerpflichtigen zum Nachweis eines niedrigeren Wertes im Regelfall die gesamte Grundsteuerbelastung eines typischen Grundstücks erreichen oder gar übersteigen. Es steht zu erwarten, dass Steuerpflichtige darin ein erhebliches tatsächliches Hindernis zur Nutzung dieser Nachweismöglichkeit sehen würden (in diesem Sinne auch: Löhr, DStR 2019, 1433 (1436)), was auch vor dem Hintergrund des Rechts auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG als rechtsstaatlich bedenklich erschiene.

Die somit gänzlich unterschiedliche Ausgangs- und Interessenlage zwischen dem grundsteuerrechtlich relevanten Nachweis einzelfallbezogener Wertabweichungen einerseits und anderen Bewertungsanlässen, in denen der Nachweis des niedrigeren Werts durch die formalisierten Nachweiserfordernisse nach § 198 BewG als gerechtfertigt angesehen werden kann, spricht nach Auffassung des Gerichts gegen eine analoge Anwendung des § 198 BewG auf Streitfälle nach dem neuen Bewertungsrecht der §§ 218 ff. BewG.

4. Ausgehend von den vorgenannten Prüfungs- und Rechtsmaßstäben, hat das erkennende Gericht bereits ernstliche Zweifel an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit des verfahrensgegenständlichen Grundsteuerwertbescheids.

Die ernstlichen Zweifel des Gerichts an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Grundsteuerwertbescheids gründen sich bereits darauf, dass der für das Grundstück der Antragstellerin festgestellte Bodenrichtwert gemäß § 247 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BewG i.V.m. §§ 192 ff. BauGB als wesentliche Berechnungsgrundlage in den für das Grundstück der Antragstellerin festgestellten Grundsteuerwert eingeflossen ist, obwohl das Gericht an dessen rechtmäßigem Zustandekommen bereits im Hinblick auf die Vorgaben des einfachen Rechts ernstliche Zweifel hat:

So hat das Gericht bereits erhebliche Zweifel daran, dass die rheinland-pfälzischen Vorschriften betreffend die Organisation und Zusammensetzung der Gutachterausschüsse den einfachrechtlichen Vorgaben des BauGB an die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse in der konkreten Entscheidungsfindung zu den Bodenrichtwerten genügen, weil nicht ausgeschlossen ist, dass das vorsitzende Mitglied eines Gutachterausschusses durch die Bestimmung der Anzahl der mitwirkenden ehrenamtlichen Gutachter sowie durch deren persönliche Auswahl das Abstimmungsergebnis beeinflussen könnte (dazu Gliederungspunkt a)).

Zudem hat das Gericht ernstliche Zweifel an der Unabhängigkeit des an der Festlegung des Bodenrichtwerts zwingend beteiligten Bediensteten der Finanzverwaltung, weil dieser durch die Finanzverwaltung jederzeit mit bewertungsfremden Aufgaben betraut werden könnte und daher aus dem Gutachterausschuss ausscheiden würde, sodass die Finanzverwaltung einseitigen Einfluss auf die persönliche Zusammensetzung des Gutachterausschusses nehmen kann (dazu Gliederungspunkt b)).

Weiter hat das Gericht ernstliche Zweifel am rechtmäßigen Zustandekommen des verfahrensgegenständlichen Bodenrichtwerts, die sich insbesondere darauf stützen, dass in erheblichem Umfang Datenlücken bei der Führung und Auswertung der Kaufpreissammlung zu befürchten sind, aus der die Bodenrichtwerte abgeleitet werden (dazu Gliederungspunkt c)).

Schließlich hat das Gericht Zweifel, dass im Einzelfall der Antragstellerin nicht deshalb ein niedrigerer Wert anzusetzen war, weil der tatsächliche Wert in extremem Umfang unter dem gesetzlich typisierten Grundsteuerwert lag. In diesem Zusammenhang erscheint die Wahrnehmung der Amtsermittlungs- und Prüfungspflichten durch den Antragsgegner auch als unzureichend (dazu Gliederungspunkt d)).

a) Dies resultiert daraus, dass der für das Grundstück der Antragstellerin ermittelte Bodenrichtwert durch einen – den einfachrechtlichen Vorgaben des § 247 BewG i.V.m. § 192 Abs. 1 BauGB entsprechenden – selbständigen und unabhängigen Gutachterausschuss festgestellt wurde.

aa) Geht man – wie das erkennende Gericht – von einem den Gutachterausschüssen einfachgesetzlich eingeräumten Einschätzungs- und Auswahlspielraum und damit von einer insofern bestehenden administrativen Letztentscheidungsbefugnis für die Ermittlung der Bodenrichtwerte aus, so muss das Bewertungsverfahren im Rahmen des Möglichen Objektivität und Neutralität gewährleisten. Bei verfassungskonformer Auslegung der §§ 192 ff. BauGB ist daher eine Regelung des Bewertungsverfahrens bezüglich der Auswahl der Prüfer, ihre Zahl und ihr Verhältnis zueinander, insbesondere bei Bewertungsdifferenzen, geboten (vgl. zu den übertragbaren Maßstäben bei Spielräumen im Prüfungsrecht etwa: BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 – 1 BvR 419/81 BVerfGE 84, 34; BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2012 – 6 B 39/12 NVwZ-RR 2013, 44).

bb) Ausgehend hiervon, hat das Gericht Zweifel daran, dass die rheinland-pfälzischen Vorschriften zur Zusammensetzung der Gutachterausschüsse bei der Ermittlung von Bodenrichtwerten im Sinne des § 196 BauGB gemäß §§ 7 Abs. 1 und § 8 Satz 2 Nr. 2 GAVO diesen gesetzlichen Maßstäben entsprechen.

So wird der Gutachterausschuss bei der Ermittlung von Bodenrichtwerten im Sinne des § 196 BauGB nach § 7 Abs. 1 GAVO in der Besetzung mit dem vorsitzenden Mitglied, einem ehrenamtlichen Mitglied nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GAVO (d.h. mit einem im Zuständigkeitsbereich des Gutachterausschusses mit der steuerlichen Bewertung von Grundbesitz befassten Bediensteten der Finanzverwaltung) und mindestens vier weiteren ehrenamtlichen Mitgliedern tätig. Hierdurch ist aber – entgegen der vorgenannten Vorgaben – bereits die genaue Zahl der an einer konkreten Entscheidung über Bodenrichtwerte mitwirkenden Mitglieder des Gutachterausschusses nicht abschließend geregelt.

Überdies gehören einem Gutachterausschuss mindestens acht ehrenamtliche Mitglieder mit besonderen Qualifikationen und darüber hinaus noch eine nicht näher bestimmte Zahl der „Übrigen“ ehrenamtlichen Mitglieder an (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 1 GAVO). Nach § 8 Satz 2 Nr. 2 GAVO hat der Vorsitzende des Gutachterausschusses somit aus dem Kreis der insgesamt für den Gutachterausschuss ernannten ehrenamtlichen Mitglieder eine Bestimmung der bei der konkreten Bodenrichtwertermittlung mitwirkenden ehrenamtlichen Mitglieder vorzunehmen. Abstrakt-generelle Regelungen für eine derartige Auswahlentscheidung sind jedoch ebenfalls nicht getroffen. Betrachtet man ergänzend, dass bei Abstimmungen nach § 7 Abs. 3 Satz 3 GAVO die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag gibt, ist es nicht ausgeschlossen, dass er durch die Bestimmung der Anzahl der mitwirkenden ehrenamtlichen Gutachter sowie durch deren persönliche Auswahl das Abstimmungsergebnis beeinflussen könnte. Bereits eine derartige theoretische Möglichkeit genügt indes, um ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zusammensetzung zu begründen.

b) Hinzu treten – ungeachtet der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Mitwirkung eines Bediensteten der Finanzverwaltung an der Festlegung eines Besteuerungsmerkmals – auch in einfachrechtlicher Hinsicht ernstliche Zweifel an der durch § 192 Abs. 1 BauGB gebotenen Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse bei der Feststellung der Bodenrichtwerte sowie hinsichtlich einer Beachtung des durch § 192 Abs. 3 Satz 1 BauGB begründeten Gebots, dass Mitglieder des Gutachterausschusses nicht hauptamtlich mit der Verwaltung der Grundstücke der Gebietskörperschaft, für deren Bereich der Gutachterausschuss gebildet ist, befasst sein dürfen.

Das Gericht gründet seine erheblichen Bedenken darauf, dass der am Zustandekommen eines Bodenrichtwerts zwingend mitwirkende Bedienstete der Finanzverwaltung hierbei nach den geltenden landesrechtlichen Regelungen hauptamtlich tätig wird.

Die nach § 192 Abs. 1 BauGB gebotene Unabhängigkeit der Gutachter ist in sachlicher und in persönlicher Beziehung zu verstehen. Zur persönlichen Unabhängigkeit gehört, dass der einzelne Gutachter, wenn er einmal bestellt ist, während der Dauer der Bestellungsperiode nur aus im Landesrecht genannten besonderen Gründen abberufen werden kann, d.h. die Bestellung muss ihm eine grundsätzlich unwiderrufliche Amtszeit für eine gewisse Zeit garantieren. Die sachliche Unabhängigkeit des Gutachters bedeutet, dass dem Gutachter nicht vorgeschrieben werden darf, wie er zu begutachten hat. Der Gutachter soll frei jeglicher Weisungen Dritter seine Tätigkeit unparteiisch und allein auf Grund seiner Sachkunde verantwortlich ausüben (Voß, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 150. Ergänzungslieferung Stand Mai 2023, § 192 BauGB Rn. 15).

Jedenfalls an der einfachrechtlichen Ausgestaltung der persönlichen Unabhängigkeit der im Gutachterausschuss tätigen Bediensteten der Finanzverwaltung bestehen ernstliche Zweifel:

Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GAVO müssen in jedem Gutachterausschuss mindestens zwei Bedienstete der Finanzverwaltung mitwirken, die im Zuständigkeitsbereich des Gutachterausschusses mit der steuerlichen Bewertung von Grundbesitz befasst sind. Liegen diese Voraussetzungen in der Person des betreffenden Mitglieds jedoch nicht mehr vor, so ist es gemäß § 5 Abs. 3 GAVO vom Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz abzuberufen.

Die Finanzverwaltung kann daher einen solchen Bediensteten durch einen – zunächst rein intraorganisationellen, das statusrechtliche Amt sowie das funktionelle Amt im abstrakten Sinne unberührt lassenden – einseitigen und durch den Bediensteten zu befolgenden Akt der beamtenrechtlichen Umsetzung auf eine nicht mehr mit der steuerlichen Bewertung von Grundbesitz befasste Stelle (vgl. zur Umsetzung die ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 – 2 C 30/78 BVerwGE 60, 144 mit weiteren Nachweisen; BVerwG, Beschluss vom 4. Juli 2014 – 2 B 33/14 ; BVerfG, Beschluss vom 30. Januar 2008 – 2 BvR 754/07 NVwZ 2008, 547) jederzeit und ohne weitere Voraussetzungen unmittelbar Einfluss auf die konkrete Zusammensetzung eines Gutachterausschusses nehmen. Bereits diese Möglichkeit reicht aus, um das Recht eines solchen Mitglieds des Gutachterausschusses auf eine grundsätzlich unwiderrufliche Amtszeit für eine gewisse Zeit und damit seine persönliche Unabhängigkeit grundlegend zu beeinträchtigen. Rechtliche Mechanismen zum Ausschluss dieser Möglichkeit bestehen nicht.

c) Weitere ernstliche Zweifel hat das Gericht am rechtmäßigen Zustandekommen des verfahrensgegenständlichen Bodenrichtwerts. So hat der Antragsgegner die Grundsteuerwertfeststellung auf den Bodenrichtwert gestützt, ohne sich in irgendeiner Weise mit dessen Zustandekommen auseinanderzusetzen. Er hat insbesondere nicht ermittelt, ob der für das Grundstück der Antragstellerin festgestellte Bodenrichtwert rechtmäßig zustande kam. Hierfür hätte aufgrund der bereits im Einspruchsverfahren erhobenen Rügen bezüglich der entsprechenden Schätzung Anlass bestanden. Die nachstehenden Ausführungen geben erheblichen Anlass, an dem rechtmäßigen Zustandekommen der Bodenrichtwerte zu zweifeln.

aa) In empirischen Untersuchungen für das Jahr 2017 konnten erhebliche Datenlücken in den ausgewerteten Datensätzen nachgewiesen werden, die zudem zu ganz erheblichen Anteilen entscheidende wertbildende Merkmale aufstehender Gebäude wie Wohnfläche, Standardstufe, Ausstattungsstandard, Restnutzungsdauer oder Modernisierungsgrad betrafen (Soot, Immobilienbewertung in Märkten mit geringen Transaktionen – Möglichkeiten statistischer Auswertungen, 1. Auflage 2021, S. 55):

Ein ähnliches Bild zeigen frühere statistische Erhebungen, wonach in Gebieten mit nur geringem oder gänzlich ohne Grundstücksverkehr (sog. kaufpreisarme Lagen) nur durch 43% der befragten Gutachterausschüsse – und insbesondere in ländlichen Regionen – zur Ermittlung der Bodenrichtwerte überhaupt eine Bodenrichtwertermittlung ausgehend von einer Schätzung der Bodenwertanteile aus den Verkäufen bebauter Grundstücke vorgenommen wurde. Mehr als zwei Drittel der befragten Gutachterausschüsse hätten hingegen auf die Fähigkeit der Mitglieder des Gutachterausschusses verwiesen, „die wenigen zur Verfügung stehenden Kaufpreise mit Marktgespür und Sachverstand zu verwerten“ (Reuter, FuB 2006, 97 (98)). Der sachverständigen Einschätzung fehlt jedoch die erforderliche Objektivität und Nachvollziehbarkeit, wenn sie nicht den Regeln des intersubjektiven Vergleichs unterworfen wird (so zu Recht: Mundt, Schätzung von Boden- und Gebäudewertanteilen aus Kaufpreisen bebauter Grundstücke, 1. Auflage 2021, S. 39).

bb) Für die mangelhafte Datenqualität der von den Gutachterausschüssen erfassten Daten spricht indiziell auch, dass von den durch die Gutachterausschüsse an das Statistische Bundesamt gelieferten Daten über Käufe von Wohnimmobilien, wie Preise und Eigenschaften der verkauften Immobilien, etwa 45% der übermittelten Datensätze nicht in die weitere statistische Berechnung des Häuserpreisindex eingehen können, da sie fehlende Werte in einem der Kernmerkmale aufweisen (Schöneich/Teske, Regionalisierung des Häuserpreisindex, in: Statistisches Bundesamt (Destatis), WISTA – Wirtschaft und Statistik (WISTA) 2020, 32 (38), abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Methoden/WISTAWirtschaft-und-Statistik/2020/01/regionalisierung-haeuserpreisindex-012020.pdf?__blob=publicationFile, Abruf am 23. November 2023).

Dass die vorstehend dargestellten empirischen Untersuchungen verallgemeinerungsfähig sind, leitet das Gericht auch aus Beobachtungen ab, wonach die Gutachterausschüsse zur Ermittlung fehlender „Ergänzungsdaten“ aufgrund knapper Ressourcen nicht bei jeder Transaktion postalische Käuferbefragungen anstoßen (Melzer/Dotzler, Digitale Abwicklung von Immobilienkaufverträgen, in: Statistisches Bundesamt (Destatis, Hrsg.), WISTA – Wirtschaft und Statistik (WISTA) 2021, 83 (85 f.), abrufbar unter https://www.econstor.eu/bitstream/10419/233569/1/wista-2021-2-083-096.pdf, Abruf am 23. November 2023). Hierfür, so Erklärungsansätze in der Literatur, hätten die Gutachterausschüsse angesichts der Vielzahl wertbestimmender Grundstücksmerkmale und der fehlenden Standardisierung der Kaufpreissammlungen selten die notwendige Personalausstattung (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, Systematische Darstellung des Vergleichswertverfahrens Rn. 116; Hendricks, Bodenrichtwertermittlung, 1. Auflage 2017, S. 11 und 42).

Neben unzureichender Personalausstattung werden auch Kostengründe (etwa für Porto bzw. Telefonkosten), die Nicht-Durchsetzung der gesetzlichen Auskunftsrechte, das Fehlen optimierter Möglichkeiten zur Nutzbarmachung bereits vorhandener Informationen aus anderen Quellen durch Schaffung von Schnittstellen und das Fehlen einer vollständig automatisierten Auswertung als Gründe für lückenhafte Kaufpreissammlungen genannt (Soot, Immobilienbewertung in Märkten mit geringen Transaktionen – Möglichkeiten statistischer Auswertungen, 1. Auflage 2021, S. 8 f.).

Schließlich wird vorgetragen, dass für die sachgerechte Interpretation von Kauffällen unterschiedlich vielseitige Kenntnisse erforderlich seien, um die Daten des Kauffalls richtig einzuschätzen. Mögliche Fehlerquellen seien beispielsweise eine mangelhafte Differenzierung von Teilmärkten, eine fehlerhafte Einschätzung der wertrelevanten Daten, eine unzutreffende Gewichtung oder eine fehlerhafte Berücksichtigung bzw. ein fehlerhafter Ausschluss von Werten. Die Voraussetzung hoher Fachkenntnisse könne vom Erfassungspersonal regelmäßig kaum erfüllt werden (Hendricks, Bodenrichtwertermittlung, 1. Auflage 2017, S. 42 f.; Reinhardt, GuG 2011, 8 (15)).

cc) Eine vollständige Erfassung sämtlicher wertbeeinflussender Umstände wäre jedoch – gerade bei der Vielzahl der nach § 13 Abs. 5 GAVO verpflichtend zu erfassenden – Kaufpreissachdaten geboten, um ausgehend von einer gleichheitsgerecht erhobenen Datenbasis eine dem „objektiviert realen Wert“ möglichst nahekommende Bodenrichtwertermittlung zu gewährleisten. Die Unabhängigkeit des Gutachterausschusses rechtfertigt es jedenfalls nicht, bestimmte gesetzliche Aufgaben zu unterlassen (so im Ergebnis auch: Ache/Krägenbring, zfv 2023, 137 (142)).

Daran, dass diese Informationen – wie nach § 13 Abs. 3 Satz 1 GAVO geboten – bereits vollständig auf der Grundlage der Geobasisinformationen des amtlichen Vermessungswesens in automatisierter Form ausgewertet werden können und dass damit eine – durch § 17 ImmoWertV gebotene – Führung der Bodenrichtwerte in automatisierter Form auf der Grundlage der amtlichen Geobasisdaten möglich ist, die eine persönliche Ermittlung und Erfassung sämtlicher wertbeeinflussender Umstände entbehrlich macht, hat das Gericht angesichts der bereits bei der Datenerfassung erforderlichen persönlichen Einschätzungen und Bewertungen, etwa zum baulichen Zustand eines Gebäudes sowie sonstiger Hinweise und Eigenschaftsangaben, die für die Wertermittlung von Bedeutung sind, erhebliche Zweifel.

dd) Das Fehlen von einzelnen Daten eines Kauffalls hat in dem derzeit praktizierten Analyseverfahren den Ausschluss des gesamten Kauffalls mit allen erhobenen Daten aus der Auswertung zur Folge (Soot, Immobilienbewertung in Märkten mit geringen Transaktionen – Möglichkeiten statistischer Auswertungen, 1. Auflage 2021, S. 8 f. und 45 ff., dort auch mit Vorschlägen zur Verwendbarkeit lückenhafter Daten etwa durch statistische Schließung der Datenlücken). Daher wirken sich unvollständige Datenerfassungen in besonderer Weise auf das Ergebnis der aus den Daten gewonnenen Ergebnisse aus.

Berücksichtigt man, dass ein Datensatz bereits bei Fehlen eines dieser Merkmale als ungeeignet ausgesteuert werden kann, ist daher davon auszugehen, dass der Anteil der tatsächlich nicht berücksichtigten Datensätze in einer Größenordnung von 70% oder sogar noch deutlich darüber liegen dürfte.

Aus diesen Gründen hat das Gericht erhebliche Zweifel daran, dass einem Gutachterausschuss bei einer derart lückenhaften Datenbasis bereits eine rechtmäßige Gewinnung der Merkmale des Bodenrichtwertgrundstücks aufgrund der gebotenen vollständigen Datenbasis gelingen und dass er für dieses Bodenrichtwertgrundstück im Vergleichswertverfahren oder anderer geeigneter Weise einen zutreffenden Bodenrichtwert ermitteln kann. Insbesondere wie bei derart mangelhafter Datenlage ein Rückschluss vom Gesamtkaufpreis für ein bebautes Grundstück auf den Wert der aufstehenden Gebäude und damit den Wert des Grund und Bodens möglich sein soll, ist für das Gericht nicht nachzuvollziehen.

Die ernstlichen Zweifel in diesem Punkt wiegen daher besonders schwer. Die konkrete Möglichkeit einer unvollständigen Datenerhebung und/oder -erfassung im vorgenannten Umfang stellt die Aussagekraft des gesamten, zur Richtwertermittlung herangezogenen Zahlungswerks und damit die Bodenrichtwerte selbst grundlegend in Frage.

ee) Überdies wirken sich Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Feststellung des Bodenrichtwerts auf den gesamten Grundsteuerwert aus:

Zwar beziehen sich die vorgenannten Zweifel des Gerichts an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit des angegriffenen Grundsteuerwertbescheids zunächst nur auf den für das Grundstück der Antragstellerin festgestellten Bodenrichtwert im Sinne des § 247 BewG, der zentral für die Berechnung des abgezinsten Bodenwerts in § 257 Abs. 1 Satz 1 BewG ist. Da sich der Bodenrichtwert jedoch auch als Berechnungselement der für die Barwertberechnung heranzuziehenden Liegenschaftszinssätze auswirken kann, mit denen die Reinerträge des auf dem Bewertungsgrundstück aufstehenden Gebäudes abgezinst werden (§ 253 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. 256 Abs. 2 und Abs. 3 BewG), wirken sich die ernstlichen Zweifel des Gerichts an der Rechtmäßigkeit bezüglich des Bodenrichtwerts auch auf den Teil des Grundsteuerwerts, der auf die aufstehenden Gebäude entfällt, und damit auf den gesamten angegriffenen Bescheid aus.

Zudem hat der Gesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Erlass des Grundsteuer-Reformgesetzes auch mit Gerechtigkeitsaspekten begründet, die gegen ein Nebeneinander von wertabhängigen und wertunabhängigen Bemessungsgrundlagen im Bundesgebiet sprächen, da dies nachteilige Auswirkungen auf das Sozialgefüge und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zur Folge haben könne. Es erschiene insbesondere nicht gerechtfertigt, wenn strukturschwächere Länder bzw. Regionen auf eine wertabhängige Besteuerung setzten, während in strukturstarken Ländern bzw. Regionen eine wertunabhängige Besteuerung gewählt würde, die sozialen Zielrichtungen und Verteilungsaspekten kaum Rechnung trägt (BT-Drucksache 19/11085, S. 89). Der Bundesgesetzgeber erachtet das am Bodenrichtwert orientierte, wertabhängige Element der Bodenbewertung und das am Reinertrag orientierte Element, das sich insbesondere an der Wohnfläche orientiert und daher auf die Gebäudebewertung gerichtet ist, somit als aufeinander abgestimmte Elemente eines zusammengehörigen Grundsteuerwerts. Bliebe einfach nur der als einfachrechtswidrig erkannte Bodenrichtwert und damit der Bodenwert insgesamt als Teil der Bemessungsgrundlage des Grundsteuerwerts unberücksichtigt, würde dadurch einseitig nur auf das Ertragselement der Grundsteuerwertfeststellung abgestellt. Dies liefe der gesetzgeberischen Konzeption, die der Bundesgesetzgeber vorgegeben hat, indes entgegen und würde zu nicht gerechtfertigten Verzerrungen der Wertfeststellung führen.

d) Schließlich hat das Gericht ernstliche Zweifel daran, dass sich in einem Haus mit dem von der Antragstellerin geschilderten – und durch den Antragsgegner unwidersprochenen – Zustand die gesetzlich typisierten Mieterträge erzielen lassen, sodass der Ansatz des gesetzlich typisierten Reinertrags für sie zu einer nicht mehr verhältnismäßigen Abweichung von den tatsächlich erzielbaren Reinerträgen führen dürfte (zur Möglichkeit zum Ansatz eines entsprechend niedrigeren Wertes bei verfassungskonformer Auslegung der §§ 218 ff. BewG vgl. Gliederungspunkt III. 3. d)).

In diesem Zusammenhang geht das Gericht davon aus, dass der Antragsgegner auch seinen vorgenannten Amtsermittlungs- und Prüfungspflichten nur unzureichend entsprochen hat. Denn anders, als der Antragsgegner meint, könnte eine „Entindividualisierung“ der Besteuerung durch umfassende Bezugnahmen auf extern festgestellte Werte einerseits, für die ein nur eingeschränkter gerichtlicher Überprüfungsspielraum besteht, sowie durch gesetzliche Typisierungen und Pauschalierungen andererseits, gegen die ein Steuerpflichtiger effektiv nur bei Verfassungswidrigkeit vorgehen kann, die in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Garantie effektiven Individualrechtsschutzes sowie das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip aushöhlen.

Ein Verständnis des Antragsgegners dahingehend, dass durch ihn keine nennenswerte eigene Sachprüfung der Bodenrichtwerte vorzunehmen, trotz substantiierter Einwände keine Feststellungen zur Verfassungsmäßigkeit der typisierten bzw. pauschalierten Besteuerungsgrundlagen zu treffen und keine individuellen Wertnachweise zur Berücksichtigung elementarer Wertabweichungen zuzulassen wären, liefe auf eine unzulässige Verkürzung effektiven Rechtsschutzes hinaus. Das Besteuerungsverfahren würde jedenfalls bezüglich der Bewertung der Höhe nach obsolet, da die für die Grundsteuerwertfeststellung zuständigen Finanzbehörden lediglich extern festgestellte sowie abstraktgenerell normierte Zahlenwerte in Formelwerke übertragen würden. Das Feststellungsund insbesondere das Einspruchsverfahren würden im Ergebnis zur bloßen Förmelei reduziert, da Steuerpflichtige faktisch keinerlei Aussicht auf einen vorgerichtlich erfolgreichen Rechtsbehelf hätten und weil einem danach ggf. angerufenen Finanzgericht ein im Wesentlichen nicht geklärter Sachverhalt zur Entscheidung vorgelegt werden müsste, sodass weder der individual-rechtlichen Rechtsschutzfunktion des Einspruchsverfahrens noch seiner institutionell-rechtlichen Funktion der Entlastung der Gerichte genügt wäre.

Wenn der Steuergesetzgeber sich schon derart umfangreicher Maßnahmen zur „Entindividualisierung“ bedient, ist es – ungeachtet der Frage der materiellen Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungstechnik – zumindest die noch verbliebene Aufgabe der für die Grundsteuerwertfeststellung zuständigen Finanzbehörde, die bei dieser Regelungstechnik eingeengten Rechtsschutzmöglichkeiten spätestens im Einspruchsverfahren effektiv zu gewährleisten, indem sie substantiierten Einwänden gegen die extern festgestellten oder abstrakt-generell festgelegten Berechnungsgrößen nachgeht, den Besteuerungssachverhalt insofern aufklärt und sich um die Vermeidung individueller Härten bemüht.

Dies ist im Streitfall indes unterblieben. Wenn sich der Antragsgegner beispielsweise darauf beruft, dass keine Anhaltspunkte dafür vorhandenen gewesen seien, dass der Gutachterausschuss bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte seiner Ermittlungskompetenz in unzureichendem Maße nachgekommen sei, hat er umgekehrt auch nicht vorgetragen oder glaubhaft gemacht, die Einhaltung der äußerlichen Rahmenbedingungen zur rechtmäßigen Ermittlung der Bodenrichtwerte geprüft zu haben. Bereits die amtlichen Erklärungsvordrucke beschränken sich im Wesentlichen auf die Abfrage von Daten, die der Finanzbehörde ohnehin bereits durch Gutachterausschüsse, Kataster- und Grundbuchämter vorliegen, ohne jedoch gezielt individuelle Besonderheiten von den Steuerpflichtigen abzufragen. Nach Aktenlage wurden auch weder die konkrete Zusammensetzung der Gutachterausschüsse bei der Feststellung des für das Grundstück der Antragstellerin festgestellten Bodenrichtwerts noch die Vollständigkeit der Erfassung und Auswertung der hierfür erforderlichen Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses durch den Antragsgegner überprüft. Zudem sind tatsächliche Feststellungen dazu, inwiefern die gesetzlich typisierten bzw. pauschalierten Tatbestandsmerkmale tatsächlich zu einer realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung führen, trotz substantiierter Einwände nach Aktenlage nicht erkennbar.

Eine derartige inhaltliche Befassung, Prüfung und Sachverhaltsfeststellung war auch weder unter Berücksichtigung des personellen Vollzugsaufwands in den Finanzämtern für die gleichheitsgerechte Grundsteuerwertfeststellung für 36 Millionen wirtschaftlicher Einheiten noch unter Berücksichtigung des Regelungsziels eines weitgehend automatisierten Verwaltungsverfahrens (vgl. dazu BT-Drucksache 19/11085, S. 2) entbehrlich. Zwar hat der Gesichtspunkt einer möglichst effizienten Verwaltung gemäß Art. 108 GG Verfassungsrang, sodass Steuerpflichtige bei der Bearbeitung steuerlich relevanter Vorgänge Beeinträchtigungen aufgrund der Automatisierung zunächst hinnehmen müssen. Ein potentieller Ausschluss der Gewährung von Rechtsschutz aufgrund eines nicht abgestimmten Verfahrens der Prüfung zwischen verschiedenen Behörden ist damit allerdings nicht gemeint. Auch eine effizient arbeitende Verwaltung hat effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, dies jedenfalls im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens, in dem der Steuerpflichtige ohne Beachtung weiterer formeller Bindungen eine Fehlerhaftigkeit des finanzbehördlichen Handels (oder der vorgelagerten Maßnahmen anderer Behörden) darlegen kann (vgl. BFH, Urteil vom 8. September 2020 – X R 2/19 BFHE 271, 105, BStBl II 2022, 157 zur Altersvorsorgezulage). Folglich haben Finanzbehörden substantiierten Einwänden gegen die Grundsteuerwertfeststellung spätestens im Einspruchsverfahren nachzugehen.

5. Neben den Zweifeln an der Vereinbarkeit des angegriffenen Grundsteuerwertbescheids mit einfachrechtlichen Rechtsvorschriften hat das erkennende Gericht auch ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Bewertungsvorschriften.

Ausgehend von den für das Grundsteuer- und Bewertungsrecht geltenden, aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Verfassungsrechtsmaßstäben (dazu Gliederungspunkt a)), hat das Gericht bereits ernstliche Zweifel daran, dass die materiell-rechtlichen Bewertungsregelungen der §§ 218 ff. BewG und insbesondere der §§ 243 ff. BewG zu einer realitätsund relationsgerechten Grundstücksbewertung führen (dazu Gliederungspunkt b)). Hinzu treten ernstliche Zweifel an einem gleichheitsgerechten Vollzug der Regelungen, die zu einer gleichheitsgerechten Bewertung von Grundstücken führen sollen (dazu Gliederungspunkt c)).

a) Dem Steuergesetzgeber belässt Art. 3 Abs. 1 GG bei der Auswahl des Steuergegenstands ebenso wie bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Der Gleichheitssatz bindet ihn aber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, der gebietet, die Belastung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und am Folgerichtigkeitsprinzip auszurichten. Zudem gebietet der Grundsatz der Lastengleichheit, dass Steuerpflichtige durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Im Steuerrecht muss daher darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen dem Gerechtigkeitsgebot genügen muss; Ausnahmen von einer belastungsgleichen Ausgestaltung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung nach Art und Ausmaß zu rechtfertigen vermag (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. September 2015 – 2 BvR 2683/11 BStBl II 2016, 310; BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14 BVerfGE 148, 147 mit weiteren Nachweisen; BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2021 – 2 BvL 1/13 BVerfGE 160, 41 mit weiteren Nachweisen).

aa) Art. 3 Abs. 1 GG verlangt dabei stets auch eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage einer Steuer. Die Bemessungsgrundlage muss, um die gleichmäßige Belastung der Steuerpflichtigen zu gewährleisten, so gewählt und ihre Erfassung so ausgestaltet sein, dass sie den mit der Steuer verfolgten Belastungsgrund in der Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abbildet. Dies gilt besonders, wenn die Steuer mit einem einheitlichen Steuersatz erhoben wird, da aus der Bemessung resultierende Ungleichheiten dann nicht mehr auf einer späteren Ebene der Steuererhebung korrigiert oder kompensiert werden können. Eine gleichmäßige Besteuerung kann dann nur in den Bemessungsgrundlagen der je für sich zu bewertenden wirtschaftlichen Einheiten gesichert werden. Die Bemessungsgrundlage muss deshalb auf die Ertragsfähigkeit der wirtschaftlichen Einheiten sachgerecht bezogen sein und deren Werte in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden (BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 1995 – 2 BvL 37/91; BVerfGE 93, 121; BVerfGE 93, 121 [142 f.]; BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 1995 – 2 BvR 552/91 BStBl II 1995, 671, BVerfGE 93, 165; BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14 BVerfGE 148, 147).

bb) Bezogen auf die Grundstücksbewertung ist dabei sowohl das Wertverhältnis zwischen den einzelnen Arten des Grundbesitzes als auch die Wertrelation innerhalb der einzelnen Gruppen von Grundbesitz zu berücksichtigen (BVerfG, Beschluss vom 10. Februar 1976 – 1 BvL 8/73 BVerfGE 41, 269). Dem Gebot einer gleichheitskonform ausgestalteten Bemessungsgrundlage ist entsprochen, wenn die jeweiligen Werte entweder zum Bewertungsstichtag in ihrer Relation realitätsgerecht ermittelt oder wenn in der Vergangenheit festgestellte Werte entwicklungsbegleitend fortgeschrieben werden. Haben sich die steuererheblichen Werte für bestimmte Gruppen wirtschaftlicher Einheiten jedoch deutlich auseinanderentwickelt, darf der Gesetzgeber die zwischen den einzelnen Vermögensarten und innerhalb des Grundvermögens eingetretenen Wertverschiebungen nicht auf sich beruhen lassen, sondern muss Wertverschiebungen innerhalb des Grundvermögens beachten (BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 1995 – 2 BvR 552/91 BVerfGE 93, 165).

Um beurteilen zu können, ob die gesetzlichen Bemessungsregeln eine in der Relation realitätsgerechte Bewertung der erfassten Güter und damit die Vergleichbarkeit der Bewertungsergebnisse im Einzelfall sicherstellen, muss das Gesetz das für den steuerlichen Belastungsgrund als maßgeblich erachtete Bemessungsziel erkennen lassen. Ausgehend von diesen Vorgaben hat der Gesetzgeber für die Wahl der Bemessungsgrundlage und die Ausgestaltung der Regeln ihrer Ermittlung einen großen Spielraum, solange sie nur prinzipiell geeignet sind, den Belastungsgrund der Steuer zu erfassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2015 – 1 BvL 13/11 BVerfGE 139, 285; BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14 BVerfGE 148, 147).

cc) Hinsichtlich der konkreten Wertermittlung ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen auch nicht verpflichtet, sich auf die Wahl nur eines Maßstabs zur Bemessung der Besteuerungsgrundlage festzulegen. Sofern er es für sachgerecht oder gar geboten hält, kann er daneben einen Ersatzmaßstab zur Anwendung bringen. Insoweit verfügt der Gesetzgeber über eine weitgehende Gestaltungsfreiheit (vgl. BVerfGE 123, 1 [20]). Wählt er einen Ersatzmaßstab, muss dieser allerdings, um unzulässige Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung zu vermeiden, Ergebnisse erzielen, die denen der Regelbemessungsgrundlage weitgehend angenähert sind. Nur so kann der Ersatzmaßstab dem in aller Regel im (Haupt-)Maßstab zum Ausdruck kommenden Belastungsgrund der Steuer gerecht werden. Weicht der Ersatzmaßstab in seinen Ergebnissen vom Hauptmaßstab ab, bedarf dies eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2015 – 1 BvL 13/11 BVerfGE 139, 285).

Je nach Art und Vielfalt der von der Steuer erfassten Wirtschaftsgüter wird eine gleichheitsgerechte Bemessung der Erhebungsgrundlage ohnehin oft nur durch die Verwendung mehrerer Maßstäbe möglich sein. Begrenzt wird der gesetzgeberische Spielraum nur dadurch, dass die von ihm geschaffenen Bemessungsregeln grundsätzlich in der Lage sein müssen, in der Gesamtsicht eine in der Relation realitäts- und damit gleichheitsgerechte Bemessung des steuerlichen Belastungsgrundes sicherzustellen (BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14 BVerfGE 148, 147).

dd) Bei der Wahl des geeigneten Maßstabs darf sich der Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, der Praktikabilität, der verfahrensrechtlichen Verwirklichung des Steueranspruchs und der für den Steuervollzug verfügbaren personellen und finanziellen Ressourcen leiten lassen. Diese Argumente gewinnen bei steigender Zahl der zu erfassenden Bewertungsvorgänge an Bedeutung und können so auch in größerem Umfang Typisierungen und Pauschalierungen rechtfertigen. In derartigen Typisierungen liegt zwar eine Ausnahme von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher Belastungsentscheidung, die jedoch dadurch gerechtfertigt ist, dass der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt ist, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf der Gesetzgeber grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. So darf der Steuergesetzgeber sich grundsätzlich am Regelfall bzw. am typischen Lebensvorgang orientieren und dabei (insbesondere die individuell gestaltbaren) Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen, ohne allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Bei der Ausgestaltung des Systems zur Erfassung der Bemessungsgrundlage kann der Gesetzgeber Praktikabilitätserwägungen Vorrang vor Gesichtspunkten der Ermittlungsgenauigkeit einräumen und dabei auch beträchtliche Bewertungs- und Ermittlungsunschärfen in Kauf nehmen, um die Festsetzung und Erhebung der Steuer handhabbar zu halten (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1991 – 1 BvL 50/86 BVerfGE 84, 348; BVerfG, Beschluss vom 10. April 1997 – 2 BvL 77/92 BStBl II 1997, 518, BVerfGE 96, 1; BVerfG, Urteil vom 20. April 2004 – 1 BvR 905/00 BVerfGE 110, 274; BVerfG, Beschluss vom 16. März 2005 – 2 BvL 7/00 BVerfGE 112, 268; BVerfG, Beschluss vom 7. November 2006 – 1 BvL 10/02 BVerfGE 117, 1; BVerfG, Urteil vom 9. Dezember 2008 – 2 BvL 1/07; BVerfGE 122, 210; BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 2010 – 2 BvL 13/09 BVerfGE 126, 268; BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 BVerfGE 133, 377; BVerfG, Urteil vom 5. November 2014 – 1 BvF 3/11 BVerfGE 137, 350; BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2015 – 1 BvL 13/11 BStBl II 2015, 871, BVerfGE 139, 285; BVerfG, Beschluss vom 29. September 2015 – 2 BvR 2683/11 BStBl II 2016, 310; BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2016 – 2 BvR 290/10 BStBl II 2016, 801; BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14 BVerfGE 148, 147; BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2022 – 2 BvR 988/16).

Um Typisierungen und Pauschalierungen verfassungsrechtlich rechtfertigen zu können, müssen jedoch deren verfassungsrechtliche Grenzen gewahrt bleiben. Dies ist nur der Fall, wenn die daraus erwachsenden Vorteile in einem angemessenen Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen, wenn der Gesetzgeber sich realitätsgerecht am typischen Fall orientiert und ein vernünftiger, einleuchtender Grund vorhanden ist. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen. Eine typisierende Gruppenbildung liegt ferner nur vor, wenn die tatsächlichen Anknüpfungspunkte im Normzweck angelegt sind (BVerfG, Urteil vom 20. April 2004 – 1 BvR 905/00 BVerfGE 110, 274; BVerfG, Beschluss vom 16. März 2005 – 2 BvL 7/00 BVerfGE 112, 268; BVerfG, Beschluss vom 7. November 2006 – 1 BvL 10/02 BVerfGE 117, 1; BVerfG, Urteil vom 9. Dezember 2008 – 2 BvL 1/07 BVerfGE 122, 210; BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 2010 – 2 BvL 13/09 BVerfGE 126, 268; BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06 BVerfGE 133, 377; BVerfG, Urteil vom 5. November 2014 – 1 BvF 3/11 BVerfGE 137, 350; BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2015 – 1 BvL 13/11 BStBl II 2015, 871, BVerfGE 139, 285; BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2016 – 2 BvR 290/10 BStBl II 2016, 801; BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14 BVerfGE 148, 147; BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2022 – 2 BvR 988/16 ). Für eine Typisierung kann im Rahmen der Abwägung sprechen, dass die individuellen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären; hierfür sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht (BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1983 – 1 BvL 28/79 BVerfGE 63, 119 mit weiteren Nachweisen; BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1991 – 1 BvL 50/86 BVerfGE 84, 348; BVerfG, Beschluss vom 10. April 1997 – 2 BvL 77/92 BVerfGE 96, 1).

Erweist sich eine gesetzliche Regelung als in substanziellem Umfang grundsätzlich gleichheitswidrig, können weder ein Höchstmaß an Verwaltungsvereinfachung noch die durch eine solche Vereinfachung weitaus bessere Kosten-/Nutzenrelation zwischen Erhebungsaufwand und Steueraufkommen dies auf Dauer rechtfertigen. Die Erkenntnis, eine in einem Steuergesetz strukturell angelegte Ungleichbehandlung könne nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand beseitigt werden, darf nicht zur Tolerierung des verfassungswidrigen Zustands führen. Es ist unerheblich, ob der Gesetzgeber dieses Defizit bewusst in Kauf genommen oder ob er es lediglich nicht erkannt hat. Entscheidend ist die objektive Dysfunktionalität der verbleibenden Regelung. Weder eine gemessen am Verkehrswert generelle Unterbewertung des Grundvermögens noch die vermeintlich absolut geringe Belastungswirkung der Grundsteuer vermögen Wertverzerrungen zu rechtfertigen. Es mag zwar sein, dass bei einer absolut geringen Steuerbelastung Brüche und Ungleichbehandlungen in den Randbereichen bei der Feststellung der Bemessungsgrundlage mit entsprechenden Konsequenzen für die Bemessung der Steuer eher rechtfertigungsfähig und hinnehmbar sind als bei Steuern mit hoher Belastungswirkung. Das steuerliche Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG verlangt jedoch auch bei geringen Steuerbelastungen Beachtung. Eine substantielle und weitgreifende Ungleichbehandlung wie bei Wertverzerrungen im Kernbereich einer Steuererhebung kann durch Geringfügigkeitserwägungen nicht gerechtfertigt werden (BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14 BVerfGE 148, 147).

ee) Zwar erfordert das Gebot einer realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung jedenfalls für Zwecke der Grundsteuer nicht, dass der Grundsteuerwert eines Grundstücks dessen gemeinem Wert bzw. Verkehrswert genau entsprechen muss (Kirchhof, DStR 2018, 2661 (2667); Hey, ZG 2019, 297 (305); Vogel, jM 2019, 206 (209)).

Damit ist es als solches verfassungsrechtlich unbedenklich, dass der Referentenentwurf des Grundsteuer-Reformgesetzes noch die „Ermittlung eines objektiviert-realen Werts innerhalb eines Wertekorridors des gemeinen Werts im Sinne von § 9 Abs. 1 BewG“ als Bewertungsziel ausgegeben und das objektive Ertragswertverfahren als dessen Konkretisierung angesehen hatte (abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2019-12-02-Grundsteuer-Reformgesetz-GrStRG/1Referentenentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=4, S. 92 und 98, zuletzt abgerufen am 23. November 2023), während sich der Gesetzgeber im Grundsteuer-Reformgesetz von der dadurch ausgelösten Orientierung am gemeinen Wert bzw. Verkehrswert gelöst hat. Stattdessen verfolgte der Regierungsentwurf nur das „dem Bewertungsmaßstab innerhalb des zulässigen Wertekorridors nahekommende Bewertungsziel eines objektiviertrealen Grundsteuerwerts als Bemessungsgrundlage für eine relations- und realitätsgerechte Besteuerung“ und stellte sowohl bei der Bodenwertermittlung, dem Ertrags- sowie dem Sachwertverfahren darauf ab, dass typisierend der objektiviert-reale Wert relationsgerecht widergespiegelt werden solle (BT-Drucksache 19/11085, S. 84 und 86 f.).

Auch eine Auseinanderentwicklung zwischen Verkehrswert und festgestelltem Grundsteuerwert ist für sich genommen verfassungsrechtlich nicht bedenklich. Würden die Grundsteuerwerte in allen Fällen gleichmäßig hinter steigenden Verkehrswerten zurückbleiben, führte dies allein zu keiner verfassungsrechtlich relevanten Ungleichbehandlung, da das Niveau der Grundsteuerwerte untereinander in Relation zum Verkehrswert gleich bliebe. Insofern liegen die Verhältnisse bei der Bewertung nur einer Art von Vermögensgegenständen – hier von Grundstücken – anders als in den Fällen der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14 BVerfGE 148, 147 zum Verhältnis von Verkehrswert und Einheitswert).

Das Bewertungsgesetz schafft mit seinen Bewertungsregeln vielmehr ein eigenständiges Bewertungsgefüge. Dafür kommt es nicht darauf an, ob bei Anwendung dieser Regelungen genau der Verkehrswert festgestellt wird, sondern darauf, dass die typisierende Grundstücksbewertung sich angemessen in dieses künstliche Bewertungssystem einfügt und dass die typisierenden Werte untereinander in etwa gleichmäßig abgestuft sind oder ob die unterschiedliche Abstufung – falls sie unterschiedlich ausfallen -verfassungsgemäß gerechtfertigt werden kann (so auch zur Bedarfsbewertung: Halaczinsky, GuG 2004, 291 (292)).

b) Ausgehend von diesen Maßstäben, hat das erkennende Gericht bereits deshalb erhebliche Zweifel an der Verfassungsrechtmäßigkeit der Bewertungsvorschriften gemäß §§ 218 ff. BewG, weil sich weder aus diesen noch aus den Vorschriften des GrStG der steuerliche Belastungsgrund der Grundsteuer entnehmen lässt, an dem dann die maßgeblich zur Feststellung der grundsteuerlichen Bemessungsgrundlage dienenden Bewertungsvorschriften gemessen werden können (dazu Gliederungspunkt aa)).

Ungeachtet der dadurch ausgelösten Problematik, den Folgerichtigkeitsmaßstab nicht konsequent an eine Belastungsgrundentscheidung anlegen zu können, hat das Gericht auch erhebliche Zweifel daran, dass die verfahrensgegenständlichen Vorschriften der §§ 218 ff. BewG grundsätzlich geeignet sind, zu einer realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung zu führen (dazu Gliederungspunkt bb)).

aa) Das Gericht kann der gegenwärtigen Ausgestaltung des verfahrensgegenständlichen Grundsteuer- und Bewertungsrechts bereits keinen klaren Belastungsgrund entnehmen.

(1) Ausweislich der Gesetzesbegründung knüpft die Belastungsentscheidung des Grundsteuerrechts „auch künftig an das Innehaben von Grundbesitz in Form von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen oder Grundvermögen an und wird durch den Charakter einer Sollertragsteuer geprägt“. Die Ausgestaltung der Grundsteuer ohne Berücksichtigung der jeweils persönlichen Verhältnisse und der subjektiven Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners soll den Steuerpflichtigen zu einer ertragsbringenden Nutzung seines Grundbesitzes anhalten. Die mit dem Grundbesitz vermittelte Möglichkeit einer ertragsbringenden Nutzung vermittele eine objektive Leistungsfähigkeit und werde durch den Sollertrag widergespiegelt. Auch wenn die Grundsteuer nicht an die subjektive Leistungsfähigkeit anknüpfe, folge sie als Sollertragsteuer dem Leistungsfähigkeitsprinzip (BT-Drucksache 19/11085, S. 84).

Dem folgend, ist der Schuldner der Grundsteuer nach § 10 Abs. 1 GrStG derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Grundsteuerwerts zugerechnet wird. Dies ist in der Regel der Grundstückseigentümer (§ 39 Abs. 1 der Abgabenordnung), d.h. auch im Falle einer Vermietung oder Verpachtung grundsätzlich der Vermieter/Verpächter (BFH, Urteil vom 2. Februar 2022 – III R 65/19 BFHE 276, 154, BStBl II 2022, 454). Übt indes ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (sog. wirtschaftlicher Eigentümer), ist ihm das Wirtschaftsgut ausnahmsweise gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zuzurechnen (vgl. BFH, Urteil vom 23. Februar 2021 – II R 44/17 BFHE 272, 384, BStBl II 2022, 188).

Wäre nur hierauf abzustellen, würde der steuerliche Belastungsgrund erkennbar nicht erst den tatsächlich erzielten Ertrag, sondern bereits das in der Möglichkeit einer ertragsbringenden Nutzung liegende Innehaben von Grundbesitz besteuern. Dadurch könnte das Belastungsziel erreicht werden, alle möglichen und auch intendierten Erträge aus dem Innehaben von Grundbesitz leistungsfähigkeitsgerecht zu erfassen.

(2) Nicht weiterführend für die Bestimmung eines spezifischen Belastungsgrundes erscheinen dem Gericht die Ausführungen der Gesetzesbegründung, die Ausgestaltung der Bewertung und Besteuerung des Grundvermögens als verbundene Grundsteuer (B), die sowohl den Grund und Boden als auch das Gebäude in die Bemessungsgrundlage einschließt, erfülle „vielfältige Zwecke“. Einerseits werde über die Erfassung des Grund und Bodens ein Zusammenhang mit kommunalen Infrastrukturleistungen hergestellt, die durch Beiträge und Gebühren nicht vollständig abgegolten werden könnten und dem Grundstückseigentümer zu Gute kämen. Andererseits werde durch die Erfassung der Gebäude und die dadurch vermittelte objektive Leistungsfähigkeit gewährleistet, dass vielfältige freiwillige Aufgaben einer Gemeinde finanziert werden, die der Allgemeinheit andernfalls regelmäßig nur mit Zuschüssen zur Verfügung gestellt werden könnten (BTDrucksache 19/11085, S. 84). Hiermit werden sowohl Äquivalenz- als auch Leistungsfähigkeitsgesichtspunkte in den Zweck der Besteuerung des Grundvermögens aufgenommen, d.h. der Belastungsgrund nicht eindeutig benannt und Probleme bei der Überprüfung von Belastungsentscheidungen auf ihre Folgerichtigkeit zumindest erschwert (Feldner/Stoklassa, DStR 2019, 2505 (2508); Eichholz, DStR 2020, 1158 (1161); Marx, DStZ 2019, 372 (375); Marx, DStZ 2019, 687 (692); a.A. Hey, ZG 2019, 297 (307)).

Würde durch die Grundsteuer tatsächlich ein inhaltlicher Konnex zwischen den wirtschaftlichen Vorteilen kommunaler Infrastruktur und einem bestimmten Grundstück hergestellt, müsste sich die Bemessung der Grundsteuer nicht nur am allgemeinen Umfang der zur Verfügung gestellten kommunalen Infrastruktur orientieren, sondern auch danach differenziert sein, in welchem Umfang diese Infrastruktur einem konkreten Grundstück innerhalb einer Gemeinde zugutekommt. Dies würde insbesondere eine deutliche lagebezogene Differenzierung zwischen den Grundstücken innerhalb eines Gemeindegebiets erfordern, wie sie jedoch einfachrechtlich gerade nicht angelegt ist. Weder hinsichtlich der im Ertragswertverfahren anzusetzenden Reinerträge noch hinsichtlich etwaiger Bewirtschaftungskosten erfolgt eine derartige Differenzierung (etwa nach guter, mittlerer und einfacher Lage). Auch das Mietniveau nach der Mietniveau-Einstufungsverordnung wird nur einheitlich für das gesamte Gebiet einer Gemeinde bestimmt.

Der durch den Gesetzgeber beschriebene „Zusammenhang“ beschreibt daher im Ergebnis nur den allgemeinen Steuerzweck der Grundsteuer zur (kommunalen) Einnahmeerzielung.

(3) Während der Belastungsgrund einer Besteuerung der bloßen Möglichkeit einer ertragsbringenden Nutzung für eigengenutzte Grundstücke noch nachvollziehbar ist, erscheint er bereits nicht mehr konsistent, wenn man bei systematischer Auslegung berücksichtigt, dass es der Gesetzgeber für fremdvermietete Immobilien zugelassen hat, die rechtlich den Grundstücksinhaber treffende Grundsteuer wirtschaftlich vollständig auf den/die Mieter des Grundstücks oder der aufstehenden Gebäude überwälzen zu können.

Zwar mag es sein, dass die Grundsteuer nicht auf Abwälzung auf den Wohnungsmieter hin angelegt ist (BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 BvR 1334/07 BVerfGK 15, 89).

Allerdings erlaubt es § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Nr. 1 Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten (Betriebskostenverordnung – BetrKV), dass die Grundsteuer durch vertragliche Vereinbarung als Teil der Betriebskosten auf den/die Mieter des Grundstücks umgelegt werden kann. In diesem Fall gehört auch die wirtschaftlich vom Mieter/Pächter getragene Grundsteuer zu der von ihm nach § 535 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu entrichtenden Miete (BFH, Urteil vom 2. Februar 2022 – III R 65/19 BFHE 276, 154, BStBl II 2022, 454).

Der Gesetzgeber scheint mit dem Grundsteuer-Reformgesetzes sogar davon auszugehen, dass diese Überwälzung üblich ist und in nahezu allen Mietverhältnissen vereinbart wird, denn er führt aus, dass die Grundsteuer „unter Berücksichtigung der Abwälzung auf die Mieter nahezu jeden Bürger“ treffe (BT-Drucksache 19/11085, S. 89). Teils wird die Möglichkeit der Überwälzung sogar als verfassungsrechtlich geboten angesehen, weil anderenfalls eine unzulässige spezielle Vermögenssteuer nur auf Immobilien geschaffen werde (Beck, DS 2019, 48 (56)).

Wenn der Gesetzgeber die Überwälzung der Grundsteuerbelastung jedoch auf Mieter zulässt und daher die eigentlichen Grundstücksinhaber, die das Grundstück nicht selbst nutzen und daraus nicht nur einen Soll-, sondern gerade einen Ist-Ertrag erzielen, von der Grundsteuerbelastung entlastet, könnte hierin auch ein gänzlich anderer Belastungsgrund liegen. Denn ein Mieter erlangt in aller Regel nicht die wirtschaftliche Berechtigung an dem von ihm gemieteten Grundstück (bzw. dem aufstehenden Gebäude oder Gebäudeteil), sondern nur ein Nutzungsrecht auf Zeit, und ist auch nach dem gesetzlichen Grundsatz des § 540 Abs. 1 Satz 1 BGB ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen, insbesondere sie weiter zu vermieten. Wenn aber die Überwälzung der Grundsteuer an solche Personen, die mit dem Grundstück keine Ist-Erträge erzielen und auch keine Soll-Erträge erzielen können, ausdrücklich zulässig und auch die Regel ist, könnte hierin auch eine – wenn auch indirekt erhobene – örtliche Bewohnersteuer liegen. Hierdurch wären die einfachrechtlichen Bewertungsvorschriften jedoch auf ihre Vereinbarkeit mit einem gänzlich anderen Belastungsgrund zu prüfen.

(4) Zu Zweifeln des Gerichts an einer konsequenten Ausrichtung der Grundsteuer am Belastungsgrund des Innehabens von Grundbesitz führen die Regelungen gemäß § 2 Nr. 2 GrStG i.V.m. § 244 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 261 BewG zur Grundsteuer bei Erbbaurechtsverhältnissen. So ist bei Erbbaurechten nach § 244 Abs. 3 Nr. 1 BewG eine aus dem Erbbaurechtsgrundstück und dem Erbbaurecht zusammen bestehende wirtschaftliche Einheit zu bilden, für die nach § 261 Satz 1 BewG ein Gesamtwert nach den §§ 243 bis 260 BewG zu ermitteln ist, der festzustellen wäre, wenn die Belastung mit dem Erbbaurecht nicht bestünde, und deren ermittelter Wert nach § 261 Satz 2 BewG (nur) dem Erbbauberechtigten zuzurechnen ist. Für Wohnungserbbaurechte und Teilerbbaurechte gilt dies nach § 261 Satz 3 BewG i.V.m. § 244 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 BewG entsprechend.

Dem Erbbauberechtigten wird der Gesamtwert von Grund und Boden und Gebäude zugerechnet, da er sich durch die Vereinbarung eines Erbbaurechtes und der damit einhergehenden Zahlung des Erbbauzinses eine Rechtsposition verschaffe, die es rechtfertige, ihn für die Dauer des Erbbaurechts für Zwecke der Bewertung im Rahmen der Grundsteuer dem Eigentümer des Grund und Bodens gleichzustellen. Auf eine gesonderte Regelung der Steuerschuldnerschaft im Grundsteuergesetz wird wegen der einheitlichen Zuordnung des Steuergegenstands in Erbbaurechtsfällen zum Eigentümer des Grund und Bodens bereits auf Bewertungsebene verzichtet. Wer endgültig mit der Grundsteuer belastet werden solle, unterliege der Privatautonomie gemäß § 2 Nr. 3 des Gesetzes über das Erbbaurecht (BT-Drucksache 19/11085, S. 108 und 119).

Folglich entlastet der Gesetzgeber den Grundstückseigentümer, der als Erbbaurechtsgeber in Form des Erbbauzinsens sogar Ist-Erträge erzielt, vollständig von der vorgeblich als Sollertragsteuer ausgestalteten Grundsteuer. Umgekehrt wird der Erbbauberechtigte mit Grundsteuer belastet, in deren Wert auch der Ertrag des eigentlichen Grundstücks eingerechnet wurde, obwohl dem Erbbauberechtigten ein solcher Ertrag weder zivilrechtlich noch wirtschaftlich zusteht; vielmehr muss er seinerseits zur Nutzung des Grundstücks ein Entgelt in Form des Erbbauzinses bezahlen. Insofern scheint sich der Gesetzgeber vollständig vom Belastungsgrund des Innehabens von Grund und Boden gelöst zu haben.

Zu einem ähnlichen Auseinanderfallen, wenn auch mit umgekehrter Zuordnungsentscheidung des Gesetzgebers, kommt es auch dadurch, dass sich der Steuergegenstand der Grundsteuer für Bauten auf fremden Grund aufgrund der Verweisung des § 2 Nr. 2 GrStG auf § 244 Abs. 3 Nr. 2 BewG nur auf „ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden zusammen mit dem dazugehörenden Grund und Boden“ bezieht. Beides bildet eine wirtschaftliche Einheit und die bisher getrennte Bewertung und Besteuerung entfällt (BT-Drucksache 19/11085, S. 108). Bei einem Gebäude auf fremdem Grund und Boden ist stattdessen nach § 262 Satz 1 BewG für den Grund und Boden sowie für das Gebäude auf fremdem Grund und Boden ein Gesamtwert nach den §§ 243 bis 260 BewG zu ermitteln und der ermittelte Wert sodann gemäß § 262 Satz 2 BewG dem Eigentümer des Grund und Bodens zuzurechnen. Folglich belastet der Gesetzgeber den Eigentümer von Grund und Boden auch mit dem Teil des Grundsteuerwerts, der auf das nicht in seinem wirtschaftlichen Eigentum stehende Gebäude entfällt, und betont insofern die Belastung aufgrund des Innehabens von Grund und Boden.

Der Gesetzgeber sieht diese in §§ 261, 262 BewG normierten Konstellationen zwar ausweislich der Abschnittsüberschrift lediglich als „Sonderfälle“ an und begründet sie damit, dass aus Vereinfachungs- und Automationsgründen auf die bisher erforderliche getrennte Bewertung verzichtet werde (BT-Drucksache 19/11085, S. 86 und 108). Inhaltliche Gründe dafür, warum in beiden Konstellationen unterschiedliche Zurechnungsentscheidungen für die gesamte (fingierte) wirtschaftliche Einheit getroffen wurden, gibt der Gesetzgeber jedoch ebenso wenig an wie Erklärungen zum Verhältnis der Regelungen zu dem von ihm benannten Belastungsgrund der Grundsteuer. Aus Sicht des Gerichts lassen sich beide Entscheidungen indes nicht mit dem durch den Gesetzgeber genannten Belastungsgrund in Einklang bringen, sondern stellen diesen grundlegend in Frage.

bb) Unabhängig davon hat das Gericht auch erhebliche Zweifel daran, dass die verfahrensgegenständlichen Vorschriften der §§ 218 ff. BewG grundsätzlich geeignet sind, zu einer realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung zu führen. Wertverzerrungen sind keineswegs auf atypische Sonderfälle oder vernachlässigbare Korrekturen in Randbereichen beschränkt, sondern betreffen den gesamten Kernbereich der Grundsteuerwertermittlung (mit dieser Einschätzung auch: Hey, ZG 2019, 297 (309 ff.)).

Die Bedenken des Gerichts resultieren dabei bereits aus jedem einzelnen der nachfolgenden Punkte. Gerade das Zusammentreffen einer derart großen Zahl gesetzlicher Typisierungen und Pauschalierungen, die letztlich den gesamten Grundsteuerwert im Wesentlichen determinieren, und die in jedem einzelnen Tatbestandsmerkmal sowie in der Gesamtschau zu findende nahezu vollständige Vernachlässigung aller individueller Umstände der konkret bewerteten Grundstücke führen zu der Einschätzung des Gerichts, dass die gesetzgeberisch gewählte Regelungstechnik Nivellierungen mit systematischen Unterbewertungen hochwertiger Immobilien und systematischen Überbewertungen von Immobilien in schlechteren Lagen, baulichen Zuständen oder Ausstattungsmerkmalen, vor allem aber Wertverschiebungen in derart erheblichem Umfang bewirkt, dass insofern insgesamt nicht mehr von einer gleichheitsgerechten Bewertung für Zwecke der Grundsteuerwertfeststellung ausgegangen werden kann.

(1) Erhebliche Zweifel an der gebotenen realitäts- und relationsgerechten Bewertung hat das Gericht bereits hinsichtlich der gesetzlichen Typisierung des Bodenrichtwerts für alle in einer Bodenrichtwertzone gelegenen Grundstücke, in der lagebedingte Wertunterschiede zwischen den Grundstücken, für die der Bodenrichtwert gelten soll, und dem Bodenrichtwertgrundstück „grundsätzlich“ nicht mehr 30% über oder unter dem Bodenrichtwert liegen sollen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV).

Während die lagebedingte Wertdifferenz eines Grundstücks zum Bodenrichtwert damit zwar absolut nur 30% betragen soll, kommt Grundstücken mit dem höchsten lagebedingten Wert (130% des Bodenrichtwerts) ein ca. 85% über dem Wert für Grundstücken mit dem niedrigsten lagebedingten Wert (70% des Bodenrichtwerts) liegender Lagewert zu. Gleichwohl werden beide Arten von Grundstücken einheitlich – und typisierend – einem einheitlichen Bodenrichtwert unterworfen. Zwar mag der Umfang der Typisierung innerhalb der Gruppe der innerhalb einer Bodenrichtwertzone gelegenen Grundstücke, die einen unter dem Bodenrichtwert liegenden lagebedingten Wert aufweisen, bzw. innerhalb der Gruppe der innerhalb einer Bodenrichtwertzone gelegenen Grundstücke, die einen über dem Bodenrichtwert liegenden lagebedingten Wert aufweisen, im Vergleich zum Bodenrichtwertgrundstück möglicherweise noch mit Vereinfachungs- und Vollzugsaspekten begründet werden können. Allerdings erscheinen die Wertunterschiede zwischen beiden Gruppen von Grundstücken als nicht mehr relationsgerecht. Vielmehr werden vorgefundene Wertrelationen zwischen Grundstücken in einem Umfang verschliffen, dass insofern nicht mehr von einer im Wesentlichen gleichen Leistungsfähigkeit ausgegangen werden kann. Auch ein Höchstmaß an Verwaltungsvereinfachung oder durch eine solche Vereinfachung weitaus bessere Kosten-/Nutzenrelation zwischen Erhebungsaufwand und Steueraufkommen vermag den Umfang dieser Typisierung nicht mehr zu rechtfertigen.

Die Regelungen zur Bestimmung der Bodenrichtwertzonen bergen die Gefahr einer Wertverzerrung, da der Bodenrichtwert für „das Bodenrichtwertgrundstück“ einerseits aus dem durchschnittlichen Lagewert der Grundstücke in der Bodenrichtwertzone zu bestimmen ist (§ 196 Abs. 1 Satz 3 BauGB i.V.m. § 13 Abs. 1 und Abs. 2 ImmoWertV), wohingegen die Bodenrichtwertzone andererseits dadurch abzugrenzen ist, dass darin nur Grundstücke mit einer Wertdifferenz zum Bodenrichtwert von höchstens 30% über oder unter dem Wert des Bodenrichtwertgrundstücks liegen sollen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV). Bei im Übrigen vergleichbaren grund- und bodenbezogenen Grundstücksmerkmalen kann es deshalb – insbesondere bei größeren Wertdifferenzen zu einem Durchschnitts- oder Medianwert – erhebliche Auswirkungen auf den für ein konkretes Grundstück geltenden Bodenrichtwert haben, ob der Wert des Grundstücks in der einen Bodenrichtwertzone als „Ausreißer“ behandelt wird oder ob es zur Bildung einer neuen Bodenrichtwertzone Anlass gibt, wodurch nicht nur ein völlig anderer Kreis von Grundstücken in die Durchschnittsbildung eingeht, sondern sich auch die Durchschnittswerte der „alten“ Bodenrichtwertzone ändern. Die Bestimmung der Bodenrichtwertzonen ist daher in besonderem Maß geeignet, zu Verzerrungen der grundsteuerlichen Bewertung zu führen.

Dass diese Gefahr der tautologischen Bodenwertermittlung auch praktisch besteht, folgt zum einen daraus, dass Marktteilnehmern mit dem veröffentlichten Bodenrichtwert eine wesentliche Information zur Orientierung des Bodenwertes des bebauten Grundstücks am Markt zur Verfügung steht, die sie üblicherweise als wesentliches Kriterium des Bodenwerts in ihre Werteinschätzung einfließen lassen (Mundt, zfV 2022, 372 (375)).

Rechtserheblich und bedenklich wird dies jedoch dadurch, dass – wie in statischen Erhebungen zur Praxis der Gutachterausschüsse festgestellt – bei der Ermittlung des Bodenwerts durch die Gutachterausschüsse häufig (zumindest ergänzend) der in einem Kaufvertrag genannte Bodenwert eingesetzt wird (Reuter, FuB 2006, 97 (98)), dessen Angabe jedoch seinerseits häufig auf früher veröffentlichten Bodenrichtwerten beruht. Hierdurch besteht nicht nur die Gefahr der strukturellen Unterbewertung von Grund und Boden aufgrund der Perpetuierung früherer Boden(richt)werte bei an sich steigenden Bodenpreisen, sondern auch die Gefahr der Überbewertung bei nunmehr fallenden Bodenpreisen. Besonders schwerwiegend wirkt sich dies bei divergierenden Preisänderungsraten für Grund und Boden einerseits und den aufstehenden Gebäuden (etwa durch stark gestiegene Baupreise) andererseits aus.

(2) Erhebliche Zweifel an der gebotenen realitäts- und relationsgerechten Bewertung hat das Gericht unabhängig von dem konkret anzuwendenden Belastungsgrund auch, weil im typisierten Ertragswertverfahren für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum nach § 253 Abs. 1 i.V.m. § 254 i.V.m. Anlage 39 zum BewG nur eine unzureichende Differenzierung des Rohertrags innerhalb eines Gemeindegebiets erfolgt (in diesem Sinne auch: Wünsche, BB 2019, 1821 (1824); Hey, ZG 2019, 297 (309); Seer, FR 2019, 941 (947 f.); Bräutigam/Spengel/Winter, DB 2020, 2090 (2092); Bräutigam/Weber, DStR 2023, 739 (740)).

Stattdessen wird in der Anlage 39 zum BewG eine Differenzierung allein nach der Belegenheit in einem Bundesland, nach der Wohnfläche und nach dem Baujahr des Gebäudes vorgenommen. Eine weitere örtliche Differenzierung findet sodann nur noch nach der Mietniveau-Einstufungsverordnung statt, in der jedoch nur Zu- und Abschläge für ein gesamtes Gemeindegebiet, nicht aber innerhalb des Gebiets einer Gemeinde berücksichtigt werden. Eine Differenzierung innerhalb des Gemeindegebiets wird nur durch den Bodenrichtwert erreicht, der in verschieden Bodenrichtwertzonen jeweils nur für Teile des Gemeindegebiets ermittelt werden kann. Soweit im Ertragswertverfahren eine lagebezogene Differenzierung des anzuwendenden Liegenschaftszinses in Abhängigkeit von den Bodenrichtwerten nach § 256 Abs. 2 BewG vorgesehen ist, findet eine Differenzierung zum einen nur für Ein- und Zweifamilienhäuser und nur bei solchen Grundstücken statt, die in Bodenrichtwertzonen mit einem Bodenrichtwert zwischen 500 Euro und 1.500 Euro liegen; für niedrigpreisige und besonders hochpreisige Lagen findet indes keinerlei Differenzierung mehr statt.

Die Anwendung einer durchschnittlichen Miete auf statistischer Grundlage vereinfacht zwar in einem Massenverfahren insbesondere die Fälle, in denen Grundstücke eigengenutzt, ungenutzt, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen werden. Die Erklärung der tatsächlichen Mieteinnahmen durch den Steuerpflichtigen und die Ermittlung einer üblichen Miete im Sinne des § 79 Abs. 2 BewG ist entbehrlich (BT-Drucksache 19/11085, S. 115). Allerdings führen Veränderungen in der Lage oder strukturellen Anbindung von Immobilien ihrer Natur nach jeweils einzeln oder in Kombination zu Wertverzerrungen bei der Ermittlung der Miethöhe in nur einem Gemeindegebiet und bewirken damit Ungleichbehandlungen bei der Erhebung einer grundstücksbezogenen Steuer (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2019 – 1 BvR 807/12 zur Zweitwohnungssteuer).

Die stark eingeschränkte, nämlich allenfalls über die Berücksichtigung unterschiedlicher Bodenrichtwerte bewirkte Differenzierung nach der Lage eines Grundstücks innerhalb einer Gemeinde stellt deshalb aus Sicht des Gerichts eine unzulässig grobe Typisierung dar (a.A. Altemeier, DStZ 2021, 382 (384)), da sie sich über die grundsätzlich einheitliche Grundsteuermesszahl und den einheitlichen Grundsteuerhebesatz zu einer relationswidrig nivellierten Grundsteuerbelastung auswirkt. So hat das Gericht aber bereits bei größeren Gemeinden, erst Recht aber in städtisch geprägten Siedlungsbereichen keine erheblichen Zweifel daran, dass dort lagebedingten Mietpreisunterschiede auftreten und dass die Spreizung der tatsächlichen lagebedingten Mietunterschiede gerade bei steigender Gemeindegröße einen derart großen Umfang einnimmt, dass diese nicht mehr als bloße Unschärfen behandelt werden können.

Die Relation zwischen Gebäuden in sehr schlechten Lagen, aus denen sich nur zu erheblichen Mietpreisabschlägen überhaupt (fiktive) Mieterträge erzielen ließen, und Gebäuden in hervorragenden Lagen, für die (fiktive) Mieter erheblich höhere Mietpreise pro Quadratmeter Wohnfläche zu zahlen bereit sind, werden durch die gesetzliche Regelung jedoch vollständig nivelliert. Der in der Realität relevante Zusammenhang zwischen den Bodenrichtwerten und der Miethöhe in einzelnen Stadtteilen wird vollständig negiert. Überdies wird dadurch das relative Wertverhältnis zwischen dem anteiligen Bodenwert und den abgezinsten Reinerträgen in Abhängigkeit vom Gebäudealter bzw. der Restnutzungsdauer stark verzerrt (vgl. hierzu die empirischen Untersuchungen von Bräutigam/Spengel/Winter, DB 2020, 2090 (2092 f.)). Dies wirkt sich umso bedeutsamer dadurch aus, dass auch ausstattungsbezogene Unterschiede beim Ansatz der (fiktiven) Mieterträge in keiner Weise berücksichtigt werden.

Dass eine entsprechend differenzierende Gemeindebetrachtung möglich ist, hat der(selbe) Bundesgesetzgeber bereits im Rahmen der mietrechtlichen Regelungen zu Mietspiegeln erkannt, die auch für Gemeindeteile aufgestellt werden können (§§ 558c, 558d BGB).

Zudem geht der Gesetzgeber auch im Regierungsentwurf des Grundsteuer-Reformgesetzes davon aus, dass der „sich unter Anwendung der Bodenrichtwerte auf das jeweilige Grundstück ergebende Grundsteuerwert (…) typisierend den objektiviert-realen Wert für das Grundstück lageabhängig und relationsgerecht“ widerspiegele (BT-Drucksache 19/11085, S. 86). Dass er diese Lagebetrachtung einfachrechtlich jedoch nur bezogen auf den Bodenwert des Grundstücks, nicht aber auch bezüglich der Ertragswertmethodik bezüglich des aufstehenden Gebäudes vornimmt, erscheint zum einen als nicht folgerichtig. Zum anderen wirkt sich die lagetypische Differenzierung bei Wohngrundstücken über die Bodenwerte nur in starker Abhängigkeit vom Alter des aufstehenden Gebäudes, nämlich bei mittlerer bis längerer Gebäuderestnutzungsdauer nur in geringem Umfang aus, weil sie wegen der Abzinsung zum Ende der Gebäuderestnutzungsdauer nur mit geringem Gewicht in den Grundsteuerwert eingeht. Außerdem kann die gewählte Regelungstechnik systematisch regressiv wirken, d.h. zu umso größerer Unterbewertung führen, je besser die Lage eines Gebäudes ist und je weiter der tatsächliche Mietertrag über dem gesetzlich typisierten Rohertrag pro Quadratmeter liegt (Löhr, DStR 2019, 1433 (1435 f.)).

Damit werden Ertragsunterschiede zwischen ertragsstarken und weniger ertragsstarken Lagen vollständig eingeebnet und es kann systematisch zu erheblichen Überbewertungen in Gemeindeteilgebieten mit niedrigen Bodenrichtwerten und Unterbewertungen in Teilgebieten mit hohem Bodenrichtwerten kommen. Das vom Gesetzgeber angeführte Regelungsziel der Verwaltungsvereinfachung vermag den Umfang dieser Typisierung nach Auffassung des Gerichts nicht mehr zu rechtfertigen (a.A. Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24. Oktober 2023 – 2 K 574/23).

(3) Die Zweifel des Gerichts daran, dass die gesetzlichen Regelungen der §§ 243 ff. BewG ein realitäts- und relationsgerechtes Bewertungssystem ausgestalten, gründet sich auch darauf, dass der Gesetzgeber im Rahmen seiner Typisierungen und Pauschalierungen mit Datengrundlagen operiert, die zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten erhoben wurden (a.A. Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24. Oktober 2023 – 2 K 574/23: „Die Ermittlung der Nettokaltmieten beruht auf einer breiten und aktuellen Datengrundlage, die nicht zu beanstanden ist.“).

So beziehen sich die Bodenwerte gemäß § 247 BewG (i.V.m. § 257 Abs. 1 Satz 1 BewG) auf Bodenrichtwerte, die durch die Gutachterausschüsse auf den 1. Januar 2022 festgestellt, aber aus Kaufpreisdaten resultieren, die in der Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2021 gewonnen wurden. Werden Bodenrichtwerte in kaufpreisarmen Lagen jedoch durch Indexierung früherer Bodenrichtwerte ermittelt, können für einzelne Bodenrichtwertzonen auch Kaufpreisdaten länger zurückliegender Zeiträume maßgeblich werden.

Die in der Anlage 39 zum BewG erfassten Roherträge (Nettokaltmieten pro Quadratmeter Wohnfläche) sowie die Einstufung in Mietstufen durch die Mietniveau-Einstufungsverordnung beruhen ausweislich der Gesetzesbegründung jedoch auf Erhebungen im Rahmen des Mikrozensus 2018 (BT-Drucksache 19/28902, S. 1, 15 und 25), d.h. aus Daten, die in der Zeit vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 gewonnen wurden.

Hinsichtlich der von den Roherträgen abzugsfähigen Bewirtschaftungskosten gemäß § 255 BewG i.V.m. Anlage 40 zum BewG ging der Gesetzgeber des Grundsteuer-Reformgesetzes davon aus, dass damit die „bisher in den Vervielfältigern nach § 80 BewG enthaltenen Bewirtschaftungskosten“ pauschaliert berücksichtigt und nach Erfahrungssätzen sachgerecht bestimmt würden (BT-Drucksache 19/11085, S. 115). Durch das Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz erhöhte der Gesetzgeber die Roherträge mit der Begründung, dass die Daten für die erstmalige Verabschiedung der Anlage 39 noch auf Daten des Mikrozensus 2014 beruht hätten (BT-Drucksache 19/28902, S. 1, 15 und 25). Die Zusammenschau beider Passagen der Gesetzesbegründungen legt es daher nahe, dass der Gesetzgeber, indem er die vorherige zusammenfassende Berechnung bei Anwendung der bisherigen Vervielfältiger in eine Rohertrags- und eine Bewirtschaftungskostenkomponente auftrennte, die Bewirtschaftungskosten ebenfalls auf der Datengrundlage des Mikrozensus 2014 „bestimmt“ hatte. Der Pauschalierung ansatzfähiger Bewirtschaftungskosten lägen damit Daten zugrunde, die in der Zeit vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2014 gewonnen wurden.

Die vorgenannten Daten gehen sodann in einen Grundsteuerwertbescheid ein, der den Grundsteuerwert auf den 1. Januar 2022 abbilden soll und der bis zur Anwendbarkeit des neuen Grundsteuerrechts mit Wirkung zum 1. Januar 2025 in der Höhe nicht indexiert wird und einer Wertfortschreibung § 222 Abs. 1 BewG nur bei einer Wertabweichung von mehr als 15.000 Euro nach oben oder unten unterliegt.

Schließlich kommt dem Grundsteuerwertbescheid eine Bindungswirkung für den Grundsteuerbescheid zu, der die anfallende Grundsteuer nach den neuen bewertungs- und grundsteuerrechtlichen Regelungen erstmals mit Wirkung ab dem 1. Januar 2025 festsetzt. Nach § 9 Abs. 1 GrStG wird die Grundsteuer nach den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres festgesetzt und entsteht gemäß § 9 Abs. 2 GrStG mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das die Steuer festzusetzen ist. Da die Grundsteuer als „Sollertragsteuer dem Leistungsfähigkeitsprinzip“ folgt und weil die mit dem Grundbesitz vermittelte Möglichkeit einer ertragsbringenden Nutzung eine objektive Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners vermittelt (BT-Drucksache 19/11085, S. 84), kommt es für die Grundsteuer somit auf die objektive Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners am 1. Januar 2025 an.

Zur Ermittlung dieser objektiven Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners auf den 1. Januar 2025 kommen jedoch bewertungsrelevante statistische Daten zur Anwendung, die sich auf völlig andere Datenerhebungszeiträume beziehen.

Selbst wenn der Gesetzgeber alle Bezugsgrößen des Grundsteuerwerts und damit der Grundsteuer – ohne besondere Erwähnung im Gesetz oder in der Gesetzesbegründung – durch eine allgemeine Indexierung zeitlich synchronisiert hätte, stünde schon im Zweifel, warum diese Wertbestimmung nur auf den 1. Januar 2022 vorgenommen wurde, nicht aber auf den 1. Januar 2025 als dem für die Leistungsfähigkeitsbestimmung eigentlich maßgeblichen Stichtag fortgeschrieben wird.

Seine erheblichen Zweifel an einer relationsgerechten Bewertung stützt das Gericht in diesem Zusammenhang jedoch insbesondere darauf, dass es keinen Erfahrungssatz dahingehend gibt, dass sich die einzelnen Bezugsgrößen des Grundsteuerwerts und damit der Grundsteuer linear entwickeln. Vielmehr können sich beispielsweise Boden- und Baupreise bzw. Erhaltungskosten unabhängig voneinander oder sogar gegenläufig, und linear oder nicht-linear entwickeln. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten gewonnene Datengrundlagen zu einzelnen, typisierend bestimmten Besteuerungsgrundlagen können hierbei zu starken Wertverzerrungen führen, indem einzelne Elemente der steuerlichen Bemessungsgrundlage deutlich über- oder unterrepräsentiert in den Grundsteuerwert eingehen. Dies gilt umso stärker, wenn zwischen der Datenerfassung und dem für objektive Leistungsfähigkeit maßgeblichen Bewertungszeitpunkt des 1. Januar 2025 mehrere Jahre – im Fall einer Datengrundlage zur Höhe der Bewirtschaftungskosten aus dem Jahr 2014 sogar zehn Jahre – vergangen sein sollten, sodass sich divergente Entwicklungen einzelner Besteuerungsgrundlagen erheblich auseinanderentwickelt haben könnten. So ist beispielsweise davon auszugehen, dass in Großstädten aufgrund der dortigen Nachfrageund Preissituation der Bodenanteil am Gesamtkaufpreis eine wesentlich größere Rolle spielt als in ländlichen Räumen (vgl. dazu Mundt, zfV 2022, 372 (377)) und sich eine Unterbewertung des Bodenwerts daher für Grundstücke in Großstädten den Grundsteuerwert deutlich stärker wertsenkend auswirkt als für ländliche Grundstücke.

Unerheblich ist hierbei der Einwand des Antragsgegners, dass in dieser Ermittlung auch ältere Bestandsmieten enthalten seien, sodass die aus dem Mikrozensus abgeleiteten durchschnittlichen Nettokaltmieten tendenziell unter den ortsüblichen Vergleichsmieten lägen. Dieser Einwand zielt inhaltlich zwar darauf ab, dass der Grundsteuerwert unter dem tatsächlichen Ertrags- bzw. gemeinen Wert liege, der bei Ansatz zeitnah vereinbarter Nettokaltmieten anzusetzen sei. Der Grundsteuerwert ist am gemeinen Wert jedoch aus den vorgenannten Gründen nicht orientiert. Entscheidend sind vielmehr die vorbeschriebenen Wertverzerrungen.

(4) Hinzu treten eine Vielzahl gleichheitsrechtlich rechtfertigungsbedürftiger Typisierungsentscheidungen, bei denen das Gericht teils keine hinreichende Grundlage für eine Orientierung an einem typischen Sachverhalt, teils keine hinreichenden Rechtfertigungsgründe erkennt.

So erscheint es dem erkennenden Gericht als nicht hinreichend dargelegt, warum der Gesetzgeber in der Reinertragsberechnung nach § 252 BewG Roherträge berücksichtigt, die durch Anwendung des § 254 BewG i.V.m. Anlage 39 des BewG i.V.m. der MietniveauEinstufungsverordnung regionalisiert sind, hiervon jedoch Bewirtschaftungskosten abzieht, denen gemäß § 255 BewG i.V.m. Anlage 40 des BewG jeder Regionalisierungsbezug fehlt. Von welchem typischen Fall der Gesetzgeber bei der Berücksichtigung der Kosten ausgeht, konnte das Gericht bereits nicht feststellen. Überdies erscheint es dem Gericht als naheliegend, dass sich dieselben regionalen Unterschiede der Wirtschaftskraft und des Lohnniveaus, die bei der Berücksichtigung der (fiktiven) Mieterträge zum Ansatz unterschiedlicher Reinerträge geführt haben, sich auch hinsichtlich der Bewirtschaftungskosten, zu denen insbesondere Aufwendungen für Instandhaltung und Mietausfallwagnis gehören, in ähnlicher Weise niederschlagen. Daher führt diese Regelungstechnik zu einer starken Nivellierung der Reinerträge und kann in Gebieten mit strukturell niedrigeren Bewirtschaftungskosten zu erheblichen Unterbewertungen bzw. mit strukturell hohen Bewirtschaftungskosten zu erheblichen Überbewertungen führen. Ausreichende Sachgründe hierfür erkennt das Gericht nicht.

Auch für die Typisierung einer Mindestrestnutzungsdauer durch § 253 Abs. 2 Satz 5 BewG, indem die Restnutzungsdauer eines noch nutzbaren Gebäudes mindestens 30% der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer betragen muss, erkennt das Gericht keinen ausreichenden Sachgrund. Der Gesetzgeber hat seiner Typisierung den Fall zugrunde gelegt, dass auch ein älteres Gebäude laufend instandgehalten werde, und dass darin in typisierender Weise auch eine Verlängerung der Restnutzungsdauer durch geringfügige Modernisierungen eingeschlossen sei (BT-Drucksache 19/11085, S. 114 f.). Im Ergebnis geht der Gesetzgeber dadurch von einer immerwährenden Nutzungsmöglichkeit eines aufstehenden Gebäudes aus. Für eine derartige, laufende Instandhaltung besteht jedoch kein allgemeiner Erfahrungssatz. Vielmehr zeigen gerade Fälle wie das – durch den Antragsgegner unwidersprochen – seit Jahrzehnten unrenovierte Gebäude der Antragstellerin, dass gerade Gebäude mit älterer Bausubstanz nicht laufend so instandgehalten werden, dass diesen in technischer, vor allem aber in wirtschaftlicher Hinsicht stets eine mindestens 30-prozentige Restnutzungsdauer (bei Einfamilienhäusern: 30% von 80 Jahren = 24 Jahre) verbleibt. Gerade in schlechten Lagen mit hohen Leerstandsquoten, eigenbewohnten Objekten, gehobenem Alter und geringem Einkommen der Steuerpflichtigen kann hiervon auch nicht als typischem Fall ausgegangen werden. Wird gleichwohl eine Mindestrestnutzungsdauer unterstellt, hat die überhöhte Restnutzungsdauer den Ansatz eines zu hohen Vervielfältigers nach § 253 Abs. 2 Satz 1 i.V. Anlage 37 BewG und damit unverhältnismäßig hohe Ertragswerte zur Folge. Damit würden gerade ältere Gebäude in schlechtem Erhaltungszustand, für die sich im Verhältnis zu deutlich neueren Gebäuden (fiktive) Mieterträge üblicherweise nur mit hohen Abschlägen erzielen ließen, strukturell überbewertet (in diesem Sinne auch: Seer, FR 2019, 941 (948)).

Hinzu kommen Verzerrungen durch die von der Art der Bebauung abhängigen Liegenschaftszinsen gemäß § 256 BewG, die von größter Bedeutung für den kapitalisierten Reinertrag des bebauten Grundstücks sind: Je höher der Liegenschaftszinssatz ist, desto niedriger ist der Vervielfältiger, mit dem der Reinertrag multipliziert wird. So kann der auf den Reinertrag anzuwendende Vervielfältiger bei einem Einfamilienhaus aufgrund der unterschiedlichen Liegenschaftszinsen doppelt so groß ausfallen wie der anzuwendende Vervielfältiger für eine Wohnung mit gleichem Baujahr auf einem Mietwohnungsgrundstück, wodurch der ertragsbezogene Grundsteuerwert der Wohnung trotz gleicher Wohnfläche (und unabhängig von der Grundstücksgröße) nur knapp halb so groß wie beim Einfamilienhaus ist (Jarass/Trautvetter, BB 2019, 1751 (1753)).

Auch dass der jährliche Reinertrag eines Grundstücks gemäß § 253 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 i.V.m. § 256 Abs. 1 BewG i.V.m. Anlage 37 zum BewG mit einem Vervielfältiger zu kapitalisieren ist, für dessen Ermittlung bewusst gesetzlich typisierte Liegenschaftszinsen herangezogen werden, obwohl nach § 193 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BauGB konkrete gebietsbezogene Liegenschaftszinsen durch die Gutachterausschüsse zu ermitteln und nach § 193 Abs. 5 Satz 2 BauGB an die Finanzbehörden zu übermitteln sind (vgl. BTDrucksache 19/11085, S. 115), ist unverhältnismäßig, weil diese Daten den Finanzbehörden bereits automationsgestützt zur Verfügung stehen. Diese Nivellierung dürfte nach Auffassung des Gerichts zu erheblichen Beeinträchtigungen der gebotenen relationsgerechten Bewertung führen. Nicht nur hinsichtlich der Differenz der tatsächlichen Liegenschaftszinsen zur gesetzlich typisierten Zinshöhe, sondern auch hinsichtlich des gesetzlich typisierten linearen und für den gesamten Nutzungszeitraum konstant bleibenden Verlaufs unabhängig von der Ausstattung, Restnutzungsdauer und Nutzungsart (vermietet oder eigengenutzt) eines Gebäudes kommt es hier zu erheblichen Nivellierungen und ggf. sogar Verschiebungen im Ertragswert von Immobilien.

Gleiches gilt für die Nichtberücksichtigung der konkreten Umrechnungskoeffizienten des Bodenwerts in Abhängigkeit von der Grundstücksgröße (BT-Drucksache 19/11085, S. 116), die durch die Gutachterausschüsse nach § 193 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 BauGB zu ermitteln und nach § 193 Abs. 5 Satz 2 BauGB an die Finanzbehörden zu übermitteln sind.

Bezüglich dieser Umrechnungskoeffizienten gründen sich die verfassungsrechtlichen Bedenken des Gerichts bezüglich einer relationsgerechten Bewertung auch darauf, soweit grundstücksgrößenbezogene Anpassungen des Bodenwerts pro Quadratmeter nach den Umrechnungskoeffizienten gemäß Anlage 36 des BewG eine Grundstücksgröße zwischen 500 und 550 Quadratmetern als normales Größenmaß normieren, ohne dabei jedoch auf das Flächenmaß des konkreten Bodenrichtwertgrundstücks der jeweiligen Bodenrichtwertzone abzustellen. Hat ein Bodenrichtwertgrundstück nämlich eine Fläche von (deutlich) mehr als 550 Quadratmetern, wie dies der durchschnittlichen Grundstücksgröße innerhalb der Bodenrichtwertzone entspricht, und ist das Grundstück eines Steuerpflichtigen kleiner als das Bodenrichtwertgrundstück, aber größer als 550 Quadratmeter, kann der Steuerpflichtige die Anwendung eines Umrechnungskoeffizienten < 1 gemäß Anlage 36 des BewG beanspruchen und damit Abschläge auf den Bodenwert pro Quadratmeter Boden erreichen, obwohl sein Grundstück aufgrund der im Vergleich zum Bodenrichtwert kleineren Grundstücksfläche eigentlich einen höheren Quadratmeterwert aufweisen würde. Umgekehrt können in Bodenrichtwertzonen, in denen das Bodenrichtwertgrundstück eine Fläche von deutlich unter 500 Quadratmetern hat, Zuschläge durch Anwendung eines Umrechnungskoeffizienten > 1 gemäß Anlage 36 des BewG vorzunehmen sein, wenn das Grundstück eines Steuerpflichtigen größer als das Bodenrichtwertgrundstück, aber kleiner als 500 Quadratmeter groß ist, obwohl sein Grundstück aufgrund der im Vergleich zum Bodenrichtwert größeren Grundstücksfläche eigentlich einen niedrigeren Quadratmeterwert aufweisen müsste.

Schließlich erscheint es dem Gericht, das insofern die Einwände der Antragstellerin teilt, als nicht folgerichtige und zudem nicht relationsgerechte Vorschrift, dass nach § 257 Abs. 1 Satz 2 BewG (nur) bei der Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern zur Berücksichtigung abweichender Grundstücksgrößen beim Bodenwert die Umrechnungskoeffizienten nach Anlage 36 des BewG anzuwenden sind. Bei Grundstücken mit einer Fläche von weniger als 500 Quadratmetern führt dies zu einer erheblichen Überbelastung der Eigentümer von Grundstücken mit Ein- und Zweifamilienhäusern im Vergleich zu gleich großen Mietwohngrundstücken oder Wohnungseigentum. Gleiches gilt für die Entlastung bei Grundstücken mit einer Fläche von mehr als 550 Quadratmetern, die nur den Eigentümern der Grundstücke mit Ein- und Zweifamilienhäusern eröffnet wird. Aus der Aussage des Gesetzgebers, dass „diese Wertabhängigkeit des Bodenrichtwerts in Relation zur Fläche (…) insbesondere bei Ein- und Zweifamilienhausgrundstücken gegeben“ sei (BT-Drucksache 19/11085, S. 116), kann nicht geschlossen werden, dass die Relation bei Mietwohngrundstücken bzw. bei Wohnungseigentum ausgeschlossen ist. Die Relation zwischen dem Quadratmeterpreis und der Grundstücksgröße betrifft nach Auffassung des Gerichts überdies allein den Grund und Boden, liegt also gerade nicht in der Art des aufstehenden Gebäudes begründet. Einen Rechtfertigungsgrund für diese Wertverzerrung kann das Gericht nicht erkennen.

c) Neben den vorstehend beschriebenen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der §§ 218 ff. BewG im Hinblick auf die Defizite einer realitäts- und relationsgerechten Bewertung hat das erkennende Gericht auch deshalb ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelungen mit Art. 3 Abs. 1 GG, weil es strukturelle Vollzugsdefizite bei der Anwendung der Regelungen erkennt.

aa) Der Gleichheitssatz verlangt für das Steuerrecht, dass Steuerpflichtige durch ein Steuergesetz nicht nur rechtlich, sondern auch und gerade tatsächlich gleich belastet werden. Dies beinhaltet die Gleichheit der normativen Steuerpflicht ebenso wie die Gleichheit bei deren Durchsetzung in der Steuererhebung. Daraus folgt, dass das materielle Steuergesetz in ein normatives Umfeld eingebettet sein muss, das die Gleichheit der Belastung auch hinsichtlich des tatsächlichen Erfolges prinzipiell gewährleistet (BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991 – 2 BvR 1493/89 BVerfGE 84, 239; BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 – 2 BvL 17/02 BStBl II 2005, 56, BVerfGE 110, 94).

Hängt die Festsetzung einer Steuer von der Erklärung des Steuerschuldners ab, werden erhöhte Anforderungen an die Steuerehrlichkeit des Steuerpflichtigen gestellt. Der Gesetzgeber muss die Steuerehrlichkeit deshalb durch hinreichende, die steuerliche Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeiten abstützen. Im Veranlagungsverfahren bedarf das Deklarationsprinzip der Ergänzung durch das Verifikationsprinzip (BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991 – 2 BvR 1493/89 BVerfGE 84, 239; BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 – 2 BvL 17/02 BStBl II 2005, 56, BVerfGE 110, 94).

bb) Das Gericht geht davon aus, dass bei der Anwendung der §§ 195 und 196 BauGB ein strukturelles Vollzugsdefizit bei der zutreffenden Ermittlung von Bodenrichtwerten besteht. Dieses Defizit wirkt über die Inbezugnahmen des § 247 BewG (i.V.m. § 257 Abs. 1 Satz 1 BewG oder § 258 Abs. 2 BewG) auf den nach § 196 BauGB festgestellten Bodenrichtwert unmittelbar auch für die Bodenwertermittlung im Rahmen der Grundsteuerwertfeststellung fort.

(1) Das Gericht kann offenlassen, ob ein derartiges Vollzugsdefizit bei den Finanzbehörden bereits dadurch besteht, dass diese – wie der Antragsgegner – davon ausgehen, Bodenrichtwerte als entscheidende Berechnungsgrundlage des Bodenwerts nicht überprüfen zu müssen.

Für Zwecke des einstweiligen Rechtsschutzes offen- und einer Aufklärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben konnte auch, ob im Bereich der Bodenrichtwertermittlung bereits in tatsächlicher Hinsicht ein systematisches Vollzugsdefizit besteht. Hierbei wird zu prüfen sein, ob die Gutachterausschüsse die ihnen übermittelten Auskünfte der Grundstückseigentümer zur Beschaffenheit des erworbenen Grund und Bodens bzw. des aufstehenden Gebäudes zu den ca. 1 Million Grundstückstransaktionen pro Jahr (vgl. Ache/Krägenbring/Voß, zfv 2022, 86 (86)) überhaupt mit der erforderlichen Systematik und Intensität überprüfen können und auch tatsächlich überprüfen. Dass die gebotene vollständige Datenerfassung möglich ist, wird in der Literatur jedenfalls bezweifelt und liegt nach dort geäußerter Einschätzung durch zu knappe personelle und finanzielle Ausstattungen der Geschäftsstellen der Gutachterausschüsse begründet (Ache/Krägenbring, zfv 2023, 137 (142); Hendricks, Bodenrichtwertermittlung, 1. Auflage 2017, S. 42; in diesem Sinne auch: Eichholz, DStR 2020, 1158 (1164); a.A. Richter/Wagner, DB 2023, 1254). So gebe es selbst bei einer Eigentumswohnung, der „kleinsten Einheit“ auf dem Immobilienmarkt, eine breite Variation an preisbildenden Merkmalen (z.B. Wohnfläche, Geschosslage, himmelsrichtungsmäßige Ausrichtung, Baujahr, Ausstattungsmerkmale, bauliche Zustands des Sonder- und Gemeinschaftseigentums, Merkmale „mit Balkon/ohne Balkon“ und „mit Denkmalschutz/ohne Denkmalschutz“, bestehende Rechten/Belastungen, Mietverhältnisse, Mikrolage, Makrolage etc.), die in einen einzigen Kaufpreis münden und deren vollständige Erfassung und Wertzuweisung für den Gutachterausschuss schlichtweg nicht möglich erscheine (Seitz, DStR 2022, 1774 (1775)).

(2) Das Gericht konnte diese tatsächlichen Fragen offenlassen, weil es bereits aus einfachrechtlichen Gründen ein erhebliches Vollzugsdefizit der §§ 195 und 196 BauGB darin sieht, dass den Gutachterausschüssen zur Ermittlung des Bodenrichtwerts bebauter Grundstücke aus einem Gesamtkaufpreis für ein bebautes Grundstück – und damit für das methodische Hauptinstrument zur Ermittlung von Bodenrichtwerten – keine effektiven Instrumente zur Sachverhaltsermittlung sowie zur Verifikation der Angaben von Grundstückseigentümern zur Verfügung stehen (ebenso: Hendricks, Bodenrichtwertermittlung, 1. Auflage 2017, S. 42; zum Vollzugsdefizit bezüglich der sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten auch: Ache/Krägenbring, zfv 2023, 137 (142)).

Zwar kann ein Gutachterausschuss nach § 197 Abs. 1 Satz 2 BauGB verlangen, dass Eigentümer und sonstige Inhaber von Rechten an einem Grundstück die zur Führung der Kaufpreissammlung und zur Begutachtung notwendigen Unterlagen vorlegen. Die Vollstreckung entsprechender Verlangen ist zwar nach den allgemeinen Vorschriften des Landesvollstreckungsrechts möglich (Köster, in: Schrödter, Baugesetzbuch, 9. Auflage 2019, § 197 BauGB Rn. 6). Die Regelung des § 197 Abs. 1 Satz 2 BauGB wird ergänzt durch § 208 Satz 1 BauGB, wonach der Gutachterausschuss zur Erforschung des Sachverhalts auch anordnen darf, dass Beteiligte persönlich erscheinen oder dass Urkunden und sonstige Unterlagen vorgelegt werden, auf die sich ein Beteiligter bezogen hat; für den Fall, dass ein Beteiligter der Anordnung nicht nachkommt, kann ein Zwangsgeld bis zu fünfhundert Euro angedroht und festgesetzt werden (§ 208 Satz 2 BauGB).

Dass hiervon flächendeckend Gebrauch gemacht wird, um eine vollständige und flächendeckende Beantwortung sicherzustellen, erscheint jedoch fraglich. So haben Käuferbefragungen der Gutachterausschüsse eine durchschnittliche Rücklaufquote von überwiegend 30% bis 80% (Soot, zfv 2022, 234 (236)), was gegen eine zwangsweise Durchsetzung der Auskunftsansprüche spricht. Überdies kann die Richtigkeit der Auskünfte nicht systematisch sichergestellt werden, weil Sanktionsmöglichkeiten bei unrichtigen Angaben weder gesetzlich noch untergesetzlich vorgesehen sind und weil eine Innenbesichtigung der bewerteten Gebäude durch die Gutachterausschüsse gemäß § 197 Abs. 1 Satz 4 BauGB nicht gegen den Willen der Eigentümer erfolgen kann. Auch auf § 229 Abs. 2 BewG, wonach die Finanzbehörden örtliche Erhebungen über die Bewertungsgrundlagen anstellen können und das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 GG) insoweit eingeschränkt ist, können sich die Gutachterausschüsse nicht berufen, weil sie keine Finanzbehörden sind (dazu Gliederungspunkt II. 1. c) cc) (3)). Es fehlt daher jede einseitig-hoheitliche Verifikationsmöglichkeit zu den nur im Rahmen einer Innenbesichtigung wahrnehmbaren Ausstattungsmerkmalen und dem Gebäudestandard.

Insbesondere bei der Erfassung von Vergleichspreisen bebauter Grundstücke ist der Gutachterausschuss somit rechtlich gehindert, alle wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmale selbst erfassen zu können (so auch: Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, Systematische Darstellung des Vergleichswertverfahrens Rn. 116). Derartige Verifikationen durch die Gutachterausschüsse wären jedoch entscheidend, weil nur durch die vollständige Erfassung derartiger Ausstattungsmerkmale ein realitäts- und relationsgerechter Rückschluss von einem Gesamtkaufpreis auf den Boden(richt)wert möglich ist. Dadurch kann nicht erwartet werden kann, dass die Bodenrichtwerte allerorts eine realitäts- und relationsgerechte Bewertung gewährleisten (Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Auflage 2023, § 13 ImmoWertV Rn. 47).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf § 151 Abs. 1 Satz 1 FGO, § 151 Abs. 3 FGO analog, § 155 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO (vgl. Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 10. Januar 2012 – 4 V 288/11 EFG 2012, 955).

Die Beschwerde wird gem. § 128 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 i. V. m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (aufgrund der Abweichung von dem Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 24. Oktober 2023 – 2 K 574/23 ) zugelassen.

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