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Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger Brillenverordnung

AG Fürth (Bayern) – Az.: 370 C 2780/10 – Urteil vom 09.03.2011

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 277,35 € festgesetzt.

Tatbestand

Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger Brillenverordnung
(Symbolfoto: Von Adrian Chinery/Shutterstock.com)

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, bei der sie in augenärztlicher Behandlung war, Erstattung der Aufwendungen für zwei Brillengläser, Kosten für Brillenversand und vorgerichtliche Anwaltskosten für die vorgerichtliche Forderungsgeltendmachung:

Aufgrund einer Augenuntersuchung vom 16.03.2010 erstellte die bei der Beklagten beschäftigte Augenärztin Dr. A… eine Brillenverordnung. Mit Rechnung vom 18.03.2010 erhielt die Klägerin eine auf dieser Verordnung basierende Brille, mit der sie nicht zufrieden war. Aufgrund einer anderen ärztlichen Verordnung der Beklagten vom 22.06.2010 ließ sich die Klägerin mit Rechnung vom 23.06.2010 neue Gläser in die Brille einsetzen, mit denen sie nun zufrieden ist. Diese Werte wurden unstreitig in Zycloplegie durch objektive Refraktionsbestimmung ermittelt.

Die Klägerin behauptet, bei der Beklagten sei durch Frau Dr. A… die subjektive Refraktionsbestimmung am 16.03.2010 falsch durchgeführt worden, was zu einem falschen Ergebnis geführt hätte, weshalb sie mit der ersten Brille nicht habe sehen können. Den Glaspreis für die Gläser der ersten Brille mit 272,00 € habe sie daher nutzlos aufgewandt, dazu seien ihre weitere 5,35 € Versendungskosten entstanden und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 46,41 € brutto für die vorgerichtliche Forderungsgeltendmachung.

Die Klägerin beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 277,35 € nebst jährlichen Zinsen aus 272,00 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 27.07.2010 zu bezahlen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 46,41 € brutto nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet eine fehlerhafte Refraktionsbestimmung, es sei am 16.03.2010 wie üblich eine subjektive Refraktionsbestimmung gemacht worden, bei der ebenfalls wie üblich, dem Patienten naheliegende Werte angeboten wurden, mit der Frage, bei welchem er besser sehe. Die Verordnung beruhe auf den hierzu jeweils gemachten Angaben der Klägerin und sei somit nicht falsch. Dass die Klägerin an anderen Tagen bei anderen Werten angegeben habe, so am besten zu sehen, lasse nicht auf eine fehlerhafte Refraktionsbestimmung am 16.03.2010 schließen, da die Sehfähigkeit des Patienten mit dem Allgemeinbefinden des Patienten häufig variiere.

Das Gericht hat die Klägerin persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Frau Dr. A…

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Aufgrund der Beweisaufnahme ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die Zeugin Dr. A… für die Beklagte am 16.03.2010 an der Klägerin eine fehlerhafte subjektive Refraktionsbestimmung durchgeführt hat. Welcher Fehler bei der subjektiven Refraktionsbestimmung gemacht worden sein soll, hat die Klägerin selbst nicht angeben können. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass ein Sehtest gemacht wurde, ihr jedoch aus ihrer Sicht nicht hinreichend Zeit gegeben wurde, zu entscheiden, bei welchem Brillenwert und ob sie so oder so besser sehe.

Die verordnende Augenärztin Frau Dr. A… wurde als Zeugin vernommen. Sie gibt an, dass ihr nicht aufgefallen sei, dass die Patientin sich nicht habe entscheiden können. Sie habe vielmehr jeweils Angaben gemacht, wie sie besser sehe, dies sei notiert worden und hierauf beruhe die Verordnung. Sie habe den Sehtest wie üblich vorschriftsmäßig durchgeführt. Es sei nicht zutreffend, dass etwas vergessen wurde. Lediglich die bei den Patientenunterlagen befindliche Dokumentation sei hinsichtlich des durchgeführten Tests zum beidäugigen Sehen unvollständig.

Unstreitig ist, dass bei der Klägerin im Zeitraum 16.03.2010 bis 08.06.2010 vier subjektive Refraktionsbestimmungen bei der Klägerin in den Räumlichkeiten der Beklagten durchgeführt wurden, die jeweils zu einem anderen Ergebnis kamen und zwar waren dies

am 16.03.2010:

Visus:

R = 1.Op

L = 1,0p

R.:S = – 0,50

Z = -0,75 x 19

L.:S = – 0,50

Z = -1,50 x 138

F

R.:S = -0,50

Z = -0,75 x 19

F

L.:S = – 0,50

Z = 1,50 x 138

Am 22.04.2010:

Visus:

R = 0,8p

L = 0,8p

R.:S = -0,50

Z = -0,5 x 30

L.:S= -0,50

Z = -1,00 x 135,

am 29.04.2010:

Visus:

R = 0,8

L = 0,8p

R.:S = -1,25

Z = -0,50 x 28

L:S = -1,00

Z = -1,00 x 145

und am 08.06.2010:

Visus:

R = 1,0p

L = 1,0p

R.:S = -0,50

Z = -0,75 x 35

L.:S = -0,50

Z = -1,25 x  138

Dass die Klägerin an diesen Tagen jeweils angab, bei unterschiedlichen Werten gut zu sehen – was sie nicht bestreitet – lässt nicht auf die Fehlerhaftigkeit der subjektiven Refraktionsbestimmung schließen. Der Arzt ist hier stets auf die Mitarbeit des Patienten angewiesen, dessen subjektive Sehfähigkeit Schwankungen unterliegt, die bei Veränderungen des körperlichen Allgemeinzustands zu unterschiedlichen Meßergebnissen führen kann.

Die Werte der Brille vom 23.06.2010, die die Klägerin nun gut verträgt, betragen:

R: S = 0,25

Z = 0,75 x 31

L: S = 0,25

Z = 1,00 x 136

Die Verordnung vom 16.03.2010, wegen der die Klägerin Schadensersatz begehrt und die vom 22.06.2010, die die Klägerin sehr gut verträgt, weichen nur um 0,25 Dioptrin in der Sphäre beider Augen und um 0,5 Dioptrin im Zylinder des linken Auges voneinander ab. Dies liegt innerhalb der normalen Schwankungsbreite der Sehfähigkeit je nach Tagesform und Allgemeinbefinden, so dass hieraus auf eine entgegen der ärztlichen Kunst durchgeführte subjektive Refraktionsbestimmung am 16.03.2010 nicht rückgeschlossen werden kann.

Die Werte, mit denen die Klägerin nun angibt zufrieden zu sein, wurden in Zycloplegie ermittelt. Hierbei wird durch Augentropfen die automatische Naheinstellung der Linse unterbunden und deren Brechkraft apparativ gemessen. Dieses Verfahren ist bei der Ermittlung von Brillenwerte für Kleinkinder üblich, nicht jedoch bei Erwachsenen. Der Zeugin Dr. A… kann daher auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, sie hätte von Anfang an nicht mittels subjektiver Refraktionsbestimmung vorgehen dürfen.

Der Einwand der Klägerin, die Ärztin habe ihr zu wenig Zeit gelassen, sich zu entscheiden, ob sie bei dem einen oder anderen Wert besser sehe, lässt ebenfalls nicht auf einen Behandlungsfehler schließen. Ob er so oder so besser sieht, sollte der Patient spontan entscheiden, bevor das Auge mit Anstrengungen Adaptionsleistungen vollbringt, die bei der Brille dann auf Dauer zu Kopfschmerzen führen können.

Ein ärztlicher Behandlungsfehler am 16.03.2010 war daher nicht erweislich.

Die Klage war dementsprechend abzuweisen mit der Kostenfolge des § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11,713 ZPO.

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