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Schlaglochtiefen von 5 bis 8 cm auf Straßen in Schleswig-Holstein sind normal

Schlaglochtiefe von 5 bis 8 cm auf Bundesstraße keine unmittelbare Handlungspflicht

Das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein (Az.: 7 U 114/23) vom 14.11.2023 stellt klar, dass Schlaglochtiefen von 5 bis 8 cm auf einer Bundesstraße keine unmittelbare Handlungspflicht für das beklagte Land auslösen, solange diese für einen aufmerksamen Verkehrsteilnehmer erkennbar und vermeidbar sind. Das Gericht sieht in der Beschaffenheit des Schlaglochs keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch das Land, insbesondere wenn regelmäßige Kontrollen durchgeführt werden und keine unmittelbare Gefahr für Verkehrsteilnehmer besteht. Dem Kläger wird zudem eine Teilschuld zugewiesen, da er das Schlagloch bei angepasster Geschwindigkeit und Aufmerksamkeit hätte erkennen und umfahren können.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 7 U 114/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Schlaglöcher von 5 bis 8 cm Tiefe stellen keine sofortige Handlungspflicht für das Land dar.
  2. Die Verkehrssicherungspflicht erfordert keine absolute Gefahrlosigkeit der Straße.
  3. Regelmäßige Sichtkontrollen der Straße genügen den Anforderungen der Verkehrssicherungspflicht.
  4. Die Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit eines Schlaglochs spielt eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung der Verkehrssicherungspflicht.
  5. Mitverschulden des Klägers aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit.
  6. Keine Notwendigkeit eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung der Schlaglochtiefe.
  7. Beklagtes Land kommt seiner Kontrollpflicht nach, indem es zweimal wöchentlich Sichtkontrollen durchführt.
  8. Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Schlaglöcher in Schleswig-Holstein: Eine unterschätzte Gefahr

Schlagloch
(Symbolfoto: O de R /Shutterstock.com)

Schlaglöcher auf Straßen sind ein weit verbreitetes Problem, das nicht nur zu Verkehrsbehinderungen, sondern auch zu Unfällen führen kann. In Schleswig-Holstein sind Schlaglöcher von 5 bis 8 cm Tiefe keine Seltenheit. Doch sind solche Schlaglöcher normal oder stellen sie ein Sicherheitsrisiko dar? Diese Frage ist Gegenstand eines aktuellen Urteils des Oberlandesgerichts Schleswig (Az.: 7 U 114/23).

Das Gericht musste sich in diesem Fall mit der Frage auseinandersetzen, ob das Land Schleswig-Holstein seiner Verkehrssicherungspflicht nachgekommen ist, indem es Straßen mit Schlaglöchern von 5 bis 8 cm Tiefe nicht repariert hat. Das Urteil des Gerichts ist von großer Bedeutung, da es Klarheit darüber schafft, welche Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht von Straßenbaulastträgern gestellt werden.

Wenn Sie unsicher sind, ob Schlaglöcher auf Ihren Straßen ein Sicherheitsrisiko darstellen, zögern Sie nicht und fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Im Zentrum eines Rechtsstreits stand die Frage der Verkehrssicherungspflicht und Amtshaftung, nachdem ein Motorradfahrer auf der Bundesstraße 207 in Schleswig-Holstein durch ein Schlagloch fuhr und dabei Schaden an seinem Fahrzeug erlitt. Der Kläger forderte Schadensersatz vom Land, indem er eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht geltend machte. Das Schlagloch, dessen Tiefe zwischen 5 und 8 cm betrug, befand sich hinter der Fehmarnsundbrücke in Fahrtrichtung Puttgarden/Fehmarn.

Schlaglochunfall auf der B 207: Der Fall im Detail

Der Vorfall ereignete sich am 28. August 2022, als der Kläger mit seinem Motorrad Harley Davidson das besagte Schlagloch durchfuhr. Die Folge war ein beschädigtes Vorderrad, wobei die Reparaturkosten sich auf 2.101,63 € netto beliefen. Zusätzlich entstanden dem Kläger Kosten für ein eingeholtes Privatgutachten in Höhe von 716,14 €. Der Kläger argumentierte, dass das Schlagloch bereits seit mehreren Wochen existierte und für ihn nicht erkennbar gewesen sei.

Die rechtliche Auseinandersetzung und Forderungen

Die Forderung des Klägers umfasste neben dem Ersatz der Reparaturkosten auch die Übernahme der Gutachtenkosten sowie eine zusätzliche Nebenforderung. Die Beklagte, vertreten durch das Land, wies die Forderungen zurück und argumentierte, das Schlagloch sei lediglich 4 cm tief gewesen und habe somit keine unmittelbare Gefahr dargestellt.

Verkehrssicherungspflicht und Urteilsbegründung

Das Landgericht wies die Klage ab und stützte sein Urteil darauf, dass keine Amtspflichtverletzung seitens des Landes vorliege. Es wurde betont, dass eine absolute Gefahrlosigkeit der Straßen nicht gewährleistet werden könne und die Straße von den Verkehrsteilnehmern so hinzunehmen sei, wie sie sich darstelle. Die Verkehrssicherungspflicht beginne erst dort, wo für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintrete. Im vorliegenden Fall sei das Schlagloch für einen aufmerksamen Verkehrsteilnehmer erkennbar und vermeidbar gewesen.

Die Rolle der Kontrolldichte und das Mitverschulden des Klägers

Die Beklagte führte an, dass die B 207 regelmäßigen Sichtkontrollen unterzogen werde und das Schlagloch somit bekannt und zur Reparatur vorgesehen war. Das Gericht erkannte zudem ein Mitverschulden des Klägers an, da dieser das Schlagloch bei angepasster Geschwindigkeit und ausreichender Aufmerksamkeit hätte erkennen und umfahren können.

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein bestätigte in seinem Beschluss die Auffassung des Landgerichts und wies darauf hin, dass die Berufung des Klägers offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Es wurde hervorgehoben, dass die gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigenden Feststellungen das landgerichtliche Ergebnis rechtfertigen und somit keine Rechtsverletzung vorliege.

Fazit des Verfahrens

Das Urteil verdeutlicht die Grenzen der Verkehrssicherungspflicht und die Bedeutung der Aufmerksamkeit von Verkehrsteilnehmern. Es stellt klar, dass nicht jede Unannehmlichkeit auf der Straße eine sofortige Amtshaftung nach sich zieht, insbesondere wenn diese für aufmerksame Verkehrsteilnehmer erkennbar und vermeidbar ist.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was umfasst die Verkehrssicherungspflicht auf öffentlichen Straßen?

Die Verkehrssicherungspflicht auf öffentlichen Straßen umfasst eine Reihe von Maßnahmen und Pflichten, die sicherstellen sollen, dass alle Verkehrsteilnehmer die Straßen sicher nutzen können. Der Träger der Straßenbaulast, also in der Regel die öffentliche Hand, trägt die Hauptverantwortung für die Einhaltung dieser Pflichten. Die Verkehrssicherungspflicht bezieht sich auf verschiedene Aspekte der Straßennutzung und -instandhaltung, darunter:

  • Winterdienst: Die Räum- und Streupflicht bei Schnee und Eisglätte, um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten.
  • Instandhaltung des Straßenkörpers: Die Pflicht zur Beseitigung von Gefahrenquellen wie Schlaglöchern, die zu Schäden oder Unfällen führen könnten.
  • Verkehrseinrichtungen und -zeichen: Die ordnungsgemäße Anbringung und Wartung von Verkehrseinrichtungen und -zeichen, um einen sicheren und flüssigen Verkehrsfluss zu ermöglichen.
  • Beleuchtung: Die angemessene Beleuchtung von Straßen, um die Sichtbarkeit und damit die Sicherheit bei Dunkelheit zu erhöhen.
  • Baumkontrolle an Straßen: Insbesondere für Waldbesitzer, die an öffentliche Straßen angrenzen, besteht die Pflicht, Bäume im Fallbereich der Straße regelmäßig zu kontrollieren und gegebenenfalls zu sichern oder zu entfernen, um Gefahren durch herabfallende Äste oder umstürzende Bäume zu vermeiden.

Die Verkehrssicherungspflicht verlangt nicht, dass Straßen und Wege in einem absolut sicheren Zustand gehalten werden, da dies praktisch nicht umsetzbar ist. Vielmehr müssen die Träger der Straßenbaulast angemessene und zumutbare Maßnahmen ergreifen, um Gefahren zu minimieren. Dies beinhaltet auch regelmäßige Kontrollen der Straßenverhältnisse und eine schnelle Reaktion auf erkannte Gefahrenstellen.

Die rechtlichen Grundlagen der Verkehrssicherungspflicht sind nicht in einem spezifischen Gesetz festgelegt, sondern ergeben sich aus der allgemeinen deliktsrechtlichen Haftung nach § 823 BGB sowie aus spezifischen Regelungen in den Landesstraßengesetzen und dem Bundesfernstraßengesetz. Die Rechtsprechung hat im Laufe der Zeit die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht präzisiert und weiterentwickelt.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 7 U 114/23 – Beschluss vom 14.11.2023

1. Der Kläger wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung gegen das angefochtene Urteil offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung aus den nachfolgenden Gründen ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen, sofern die Berufung nicht aus Kostengründen innerhalb der genannten Frist zurückgenommen werden sollte.

3. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug auf 2.837,77 €

Gründe

I.

Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen einer angeblichen Verkehrssicherungspflichtverletzung im Bereich der Bundesstraße 207 hinter der Fehmarnsundbrücke in Fahrtrichtung Puttgarden/Fehmarn.

Streitig ist, ob der Kläger am 28.08.2022 mit seinem Motorrad Harley Davidson durch ein Schlagloch auf der B 207 fuhr und das Motorrad dabei beschädigt wurde.

Die B 207 wird zweimal wöchentlich Sichtkontrollen unterzogen, u.a. am 26.08.2022. Am 28.08.2022 befand sich hinter der Fehmarnsundbrücke in Fahrtrichtung Norden ein Schlagloch mittig auf dem rechten Fahrstreifen. Das Ausmaß des Schlaglochs ist streitig.

Ausweislich eines vom Kläger eingeholten Schadensgutachtens wurde das Vorderrad beschädigt und belaufen sich die Reparaturkosten auf 2.101,63 € netto. Für das Privatgutachten wurden dem Kläger Kosten in Höhe von 716,14 € in Rechnung gestellt.

Der Kläger hat behauptet, er sei am 28.08.2022 mit seinem Motorrad auf der B 207 hinter der Fehmarnsundbrücke in Richtung Norden gefahren. Dabei sei er durch ein 5-8 cm tiefes Schlagloch in der Fahrbahndecke gefahren. Das Schlagloch sei bereits seit mehreren Wochen vorhanden und für ihn nicht erkennbar gewesen.

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Der Kläger hat beantragt,

1. das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 2.121,63 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.11.2022 zu bezahlen;

2. das beklagte Land zu verurteilen, ihn von der Inanspruchnahme durch das KFZ-Sachverständigenbüro X-GmbH über 716,14 €, freizustellen;

3. das beklagte Land zu verurteilen, an ihn als den Streitwert nicht erhöhende Nebenforderung 420,07 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagzustellung zu bezahlen;

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, das Schlagloch sei lediglich 4 cm tief gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung nebst den dortigen Verweisungen Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG nicht zu. Es fehle bereits an einer Amtspflichtverletzung, insbesondere habe das beklagte Land keine Verkehrssicherungspflicht im Zusammenhang mit dem Schlagloch auf der B 207 verletzt.

Der Umfang der Amtspflicht werde von der Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrsweges und seiner Bedeutung maßgeblich bestimmt. Sie umfasse die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Benutzer hinreichend sicheren Straßenzustands, wobei jedoch absolute Gefahrlosigkeit nicht gefordert werden könne. Grundsätzlich sei die Straße von den Verkehrsteilnehmern so hinzunehmen, wie sie sich erkennbar darstelle. Eine haftungsbegründende Verkehrssicherungspflicht beginne erst dort, wo auch für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintrete und nicht rechtzeitig erkennbar sei. Schlaglöcher von geringer Tiefe seien regelmäßig hinzunehmen.

Nach diesen Grundsätzen sei das Schlagloch – auch auf Grundlage des klägerischen Vortrags – keine abhilfebedürftige Gefahrenstelle gewesen, welche ein Tätigwerden des beklagten Landes erfordert hätte. Auch bei einem viel genutzten und bedeutenden Verkehrsweg wie der B 207 erfordere nicht jedes Schlagloch ein sofortiges Einschreiten. Vielmehr komme es auf die Umstände des Einzelfalles an. Die Tiefe des Schlaglochs sei hier streitig. Auf dem klägerseits eingereichten Lichtbild (Anlage K1) erscheine das Schlagloch eher 4 cm tief als 8 cm. Entscheidend seien auch die übrigen Abmessungen, wobei diese eher gering seien. Unabhängig von der genauen Tiefe des Schlaglochs sei mit Schlaglöchern dieser Beschaffenheit auf Bundesstraßen in Schleswig-Holstein zu rechnen, weil sie regelmäßig vorkämen. Zudem befinde es sich mittig auf der Fahrbahn und hebe sich farblich deutlich von der übrigen Fahrbahndecke ab, so dass es gut zu erkennen und sowohl von PKW als auch von Motorrädern einfach zu umfahren sei.

Dies gelte auch für den Kläger. Bei einer Geschwindigkeit von 70 km/h und einem Abstand zum Vorausfahrenden von 40 bis 50 Metern (wie vom Kläger angegeben) sei das Schlagloch ohne weiteres so rechtzeitig erkennbar gewesen, dass der Kläger hätte ausweichen können. Der Kläger selbst habe in der persönlichen Anhörung angegeben, das Schlagloch vor dem behaupteten Schadensfall gar nicht gesehen zu haben. Damit stehe fest, dass der Kläger der Fahrbahn nicht mit der gebotenen Aufmerksamkeit begegnet sei. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter. Das landgerichtliche Urteil sei fehlerhaft, da keine Feststellungen zur tatsächlichen Beschaffenheit des Schlaglochs erfolgt seien, obwohl nicht nur dessen Tiefe, sondern auch die übrigen Ausmaße streitig seien. Die gebotene Einzelfallbetrachtung habe das Landgericht nicht vorgenommen. Die Lichtbilder genügten nicht zur Feststellung der Tiefe des Schlaglochs. Das Landgericht hätte vielmehr ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Es sei auch nicht bewiesen, dass es sich bei dem in der Anlage B 1 gezeigten Schlagloch überhaupt um das streitgegenständliche Schlagloch handele. Das Landgericht setze sich zudem darüber hinweg, dass auf dem betreffenden Streckenabschnitt zuvor bereits Schlaglöcher mit Kaltmischgut ausgebessert worden seien. Dieser Umstand verpflichte zu einer erhöhten Kontrolldichte. Ein Sachverständigengutachten hätte belegt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Loch um ein zuvor bereits mit Kaltmischgut geflicktes Loch gehandelt habe. Das Gericht habe auch unberücksichtigt gelassen, dass sich gemäß der Anlage K 9 am Fahrbahnrand auf Höhe des Schlaglochs bereits eine Markierung des Schadens an der Fahrbahndecke für spätere Beseitigungsarbeiten befunden habe. Schließlich sei allgemein bekannt, dass die Straßendecke auf dem gesamten Abschnitt der B 207 Richtung Puttgarden auf Fehmarn längst den Zustand einer Ausbesserungsmöglichkeit überschritten habe und die notwendige Sanierung stetig aus Kostengründen aufgrund des verzögerten Baus der Untertunnelung (Fehmarnsundtunnel) aufgeschoben werde. Auch dies habe das Landgericht außer Acht gelassen. Dabei weise die Beklagte selbst auf den schlechten Allgemeinzustand der B 207 in diesem Bereich hin.

Der Kläger beantragt, das am 24.07.2023 verkündete und am 25.07.2023 zugestellte Urteil des Landgerichts Kiel zu dem Aktenzeichen 3 O 33/23 abzuändern und die Beklagte antragsgemäß (mit den erstinstanzlich gestellten Anträgen, s.o.) zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger habe keinen verkehrswidrigen Zustand dargelegt und bewiesen. Eines Sachverständigengutachtens habe es nicht bedurft. Zumal das Schlagloch in seiner ursprünglichen Form gar nicht mehr existiere und eine Untersuchung damit nicht mehr möglich gewesen wäre. Das Land sei im Rahmen seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten seiner Kontrollpflicht hinreichend nachgekommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht zu.

Gemäß § 513 ZPO kann eine Berufung nur auf eine Rechtsverletzung oder darauf gestützt werden, dass die gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigenden Feststellungen ein anderes als das landgerichtliche Ergebnis rechtfertigen. Beides liegt für die Berufung des Klägers nicht vor.

Zutreffend hat das Landgericht zugrunde gelegt, dass sich ein Anspruch aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG ergeben könnte und dass die Unterhaltung und Überwachung der Verkehrssicherheit auf öffentlichen Straßen in Schleswig-Holstein gemäß § 10 Abs. 4 StrWG S-H als Amtspflichten in Ausübung hoheitlicher Tätigkeit i.S.d. § 839 BGB erfolgt (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 05.08.2021, Az. 7 U 60/21, Rn. 11, Beck-Online). Auch die weiteren Voraussetzungen einer Amts- und Verkehrssicherungspflichtverletzung hat das Landgericht zutreffend herausgearbeitet (vgl. hierzu OLG Schleswig, a.a.O.; Röttger, Amtshaftung bei Verkehrsunfällen in Schleswig-Holstein, SchlHA 2018, 82 ff., Juris).

Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten nicht vor. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt bereits nach den eigenen Darlegungen des Klägers kein verkehrswidriger Zustand vor, der ein unmittelbares Tätigwerden der Beklagten erfordert hätte, vor. Ein Schlagloch von – unterstellt – allenfalls 5 bis 8 cm genügt hierfür für sich genommen nicht. Zumal der Kläger insoweit eine Spanne angibt und seine Angabe nicht auf einer Messung beruht, so dass für die Bewertung lediglich eine Tiefe von 5 cm angenommen werden kann. Zur weiteren Beschaffenheit und Ausdehnung des Schlaglochs hat der Kläger nichts vorgetragen. Zugrunde zu legen sind deshalb die Ausführungen der Beklagten, wonach das Schlagloch ausgemessen ca. 30 x 16 cm groß (und – entsprechend der Behauptung der Beklagten – 4 cm tief) gewesen sei. Der Kläger hat zwar in Zweifel gezogen, dass das „richtige“ Schlagloch ausgemessen worden sei, er hat aber auch keine anderen Maße dargetan. Eine Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastträgers in Form einer Reparaturpflicht besteht ohne Hinzutreten weiterer Umstände bei einem Schlagloch in der Straße regelmäßig erst dann, wenn bei einer verkehrswichtigen Straße dieses eine Tiefe von mindestens 15 cm aufweist (vgl. Röttger, a.a.O., m.w.N. [Rn. 44]). Jedenfalls liegt ein abhilfebedürftiger Zustand nicht schon bei einer Tiefe von allenfalls 5 bis 8 cm vor. Mit derartigen Schlaglöchern muss auch auf vielbefahrenen und verkehrswichtigen Straßen in Schleswig-Holstein gerechnet werden.

Davon abgesehen ist auch nicht bewiesen, dass die Beklagte von dem konkreten Schlagloch und seinen Ausmaßen vor dem Unfall am 28.08.2022 Kenntnis hatte. Dies ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten. Soweit der Kläger mit nachgelassenem Schriftsatz vom 17.07.2023 unter Vorlage eines Lichtbildes als Anlage K 9 vorgetragen hat, die Stelle sei zum Unfallzeitpunkt bereits für eine vorgesehene Reparatur markiert gewesen, ist dies unerheblich. Zum einen ändert eine ggf. beabsichtigte Reparatur des Schlaglochs nichts daran, dass der Straßenzustand nach den Darlegungen des Klägers keine unmittelbare Reparatur im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht erfordert hat. Und zum anderen ist durch einen Vergleich mit dem vom Kläger zuvor mit der Klage vorgelegten Lichtbild gemäß Anlage K 1 ausgeschlossen, dass sich die Markierung bereits am Tag des Vorfalls auf der Fahrbahn befunden hat. Der auffällige gelbe Strich wäre nämlich zweifellos auch auf dem Lichtbild Anlage K 1 zu sehen, wenn er sich denn schon dort befunden hätte. Außerdem grenzt der dunklere Asphaltstreifen rechts neben der Fahrbahnmarkierung auf der Anlage K 9 unmittelbar an diese Markierung an, während er auf der Anlage K 1 erst deutlich rechts von der Fahrbahnmarkierung anfängt. Die Anlage K 1 gibt den Zustand unmittelbar nach dem streitgegenständlichen Ereignis wieder.

Bei fehlender Kenntnis von einem – hier nicht dargelegten – verkehrswidrigen Straßenzustand verschiebt sich die mögliche Haftung hin zu der Frage ungenügender Kontrollen (vgl. Röttger, a.a.O.). Auch insoweit ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte nach ihrem unbestrittenen Vorbringen, das zudem durch die eingereichten Streckenberichte (Anlagen B 2 bis B 4) belegt ist, ausreichende Kontrollen durchgeführt hat. Eine Kontrolldichte von zwei Kontrollen wöchentlich ist bei Bundesstraßen, wie der B 207, ausreichend. Dies gilt auch dann, wenn – wie klägerseits behauptet – bereits bekanntermaßen Ausbesserungen mit Kaltmischgut vorgenommen wurden. Die Mutmaßungen des Klägers zu unterbliebenen (häufigeren) Kontrollen der Beklagten beruhen auf der fehlerhaften Interpretation und damit unzutreffenden Schlussfolgerungen aus dem als Anlage K 9 vorgelegten Lichtbild.

Hinzu kommt – auch dies hat das Landgericht zutreffend erkannt -, dass den Kläger ein Mitverschulden trifft, das die Haftung der Beklagten ausschließt. Denn eine haftungsbegründende Verkehrssicherungspflicht beginnt grundsätzlich erst dort, wo auch für einen aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintritt und nicht rechtzeitig erkennbar ist. Der geschädigte Halter eines Kraftfahrzeuges muss sich, wenn er – wie hier – nicht den Ausschlusstatbestand der § 7 Abs. 2 oder § 17 Abs. 3 StVG beweist, in erweiternder Auslegung des § 254 BGB auch die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs anrechnen lassen (Röttger, a.a.O., m.w.N.). Das Schlagloch war ausweislich der vom Kläger eingereichten Lichtbilder mittig auf der Fahrbahn und gut zu erkennen. Der Kläger hätte bei gebotener Aufmerksamkeit, einem ausreichenden Abstand und einer angepassten Geschwindigkeit das Schlagloch rechtzeitig erkennen und ausweichen können. Schließlich gilt auch für Motorradfahrer das Rechtsfahrgebot gemäß § 2 Abs. 2 StVO. Dass der Kläger das Schlagloch nach eigenem Bekunden überhaupt nicht wahrgenommen habe, spricht deutlich für eine fehlende Aufmerksamkeit. Soweit der Kläger einen allgemein schlechten Fahrbahnzustand bemängelt, gilt, dass gerade ein insgesamt erkennbar schlechter Zustand der Fahrbahn zu erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet.

Ein Sachverständigengutachten zur Beschaffenheit und Größe des Schlaglochs war nicht einzuholen. Abgesehen davon, dass eine Beweiserhebung konkrete Darlegungen des Klägers voraussetzt, war der Beweisantritt jedenfalls ungeeignet, weil das Schlagloch unstreitig nicht mehr in seiner ursprünglichen Form vorhanden war, sondern längst repariert wurde.

Nach allem hat die Berufung des Klägers offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

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