VG STUTTGART
Az.: 19 K 5422/02
Urteil vom 26.09.2003
In der Verwaltungsrechtssache abfallrechtlicher Anordnung hat die 19. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2003 am 26. September 2003 für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine abfallrechtliche Beseitigungsanordnung.
Im Mai 2001 erhielt der Beklagte Mitteilung des Polizeipostens …, wonach der Kläger im B…weg 15 in A…-D… ein Schrottfahrzeug der Marke Daimler-Benz abgelagert habe. Er forderte den Kläger mit Schreiben vom 28.05.2001 zur Entsorgung des Fahrzeugs bis zum 15.06.2002 auf. Nachdem der Kläger darauf nicht reagierte, erging am 09.08.2001 ein Bußgeldbescheid, in dem ein Ordnungsgeld in Höhe von DM 600,– festgesetzt wurde. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und trug vor, der PKW befinde sich in Restaurierung. Diese habe nur deshalb unterbrochen werden müssen, weil der frühere Abstellplatz habe geräumt werden müssen. Das Amtsgericht Aalen stellte das Verfahren mit Beschluss vom 07.06.2002 ein.
Bereits unter dem 26.04.2002 erging die angefochtene Verfügung, mit der der Beklagte den Kläger aufforderte, das Fahrzeug bis zum 31.05.2002 zu entsorgen.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25.05.2002 Widerspruch ein, den er u. a. damit begründete, bei dem Fahrzeug handle es sich nicht um Abfall, denn es fehle der Wille zur Entledigung.
Das Fahrzeug entfernte er im Oktober 2002 aus dem B…weg 15.
Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch mit Bescheid vom 08.11.2002 zurück und führte aus, die Hauptsache habe sich nach Entfernung des Fahrzeugs erledigt. Es prüfte dennoch die Rechtmäßigkeit der Verfügung und gelangte zu dem Ergebnis, dass diese nicht zu beanstanden sei.
Der Kläger hat am 08.12.2002 Klage zum erkennenden Gericht erhoben. Zur Begründung trägt er vor, er sei nicht zur Entsorgung verpflichtet; bei dem Fahrzeug handle es sich nicht um Abfall i. S. des § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG. Er beabsichtige weiterhin dessen Reparatur. Eine Gefährdung des Wohls der Allgemeinheit liege nicht vor. Der Kläger hat verschiedene Lichtbilder vorgelegt.
Der Kläger beantragt, die Verfügung des Beklagten vom 26.04.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 08.11.2002 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des Beklagten erklärt, nachdem das Fahrzeug nunmehr entfernt sei, habe sich die angefochtene Verfügung – unabhängig von der Frage, ob es sich um Abfall handelt – erledigt. Der Beklagte verlange vom Kläger aus der angefochtenen Verfügung keine Entsorgung des Fahrzeugs.
Mit Beschluss vom 01.09.2003 ist der Rechtsstreit Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden.
Dem Gericht liegen die Akten des Landratsamts Ostalbkreis und des Regierungspräsidiums Stuttgart vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage gegen die Verfügung des Beklagten vom 26.04.2002, mit der der Kläger zur Entsorgung des Fahrzeugs aufgefordert wurde, ist unzulässig. Es fehlt bereits das notwendige Rechtsschutzinteresse. Denn die Klage kann für den Kläger offensichtlich keinerlei nennenswerte rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen, nachdem er das Fahrzeug aus dem B…weg 15 entfernt hat und der Beklagte von ihm keine Entsorgung des Fahrzeugs aus der Verfügung verlangt. Bereits das Regierungspräsidium Stuttgart hat im Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass insoweit Erledigung eingetreten ist. In der mündlichen Verhandlung hat auch der Vertreter des Beklagten bestätigt, dass sich die angefochtene Verfügung erledigt habe, nachdem das Fahrzeug entfernt sei. Er hat im Übrigen erklärt, der Beklagte verlange vom Kläger aus der angefochtenen Verfügung keine Entsorgung des Fahrzeugs.
Soweit sich die Klage gegen die in den Bescheiden festgesetzten Gebühren richten könnte, sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Verwaltungsgebühren fehlerhaft festgesetzt worden sein könnten. Ein Zwangsgeld wurde weder angedroht noch festgesetzt; Kosten für eine Ersatzvornahme sind nicht entstanden, da der Kläger das Fahrzeug selbst entfernt hat.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung seine Klage nicht in eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO umgestellt. Eine solche wäre jedoch auch nicht zulässig. Denn es fehlt das Feststellungsinteresse. Im Hinblick auf die Ausführungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung und die Erklärung des Klägers, dass er nicht beabsichtige, das Fahrzeug wieder im B…weg 15 abzustellen, gibt es keine Hinweise darauf, dass eine Wiederholungsgefahr besteht. Außerdem ist davon auszugehen, dass der Zustand des Fahrzeugs nicht mehr mit dem Zustand vergleichbar ist, der zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide vorlag, sodass der Beklagte ohnehin in eine erneute Prüfung einzutreten hätte, falls der Kläger das Fahrzeug erneut dort abstellen würde.
Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass das Gericht aufgrund der vorgelegten Lichtbilder und aufgrund der Ausführungen des Klägers und des Beklagten zu dem Ergebnis gelangt, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 2 Abs. 2 LAbfG i. V. m. § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG vorlagen. Danach haben die Abfallrechtsbehörden – hier: der Beklagte (§ 28 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 LAbfG) – auf dem Gebiet der Abfallverwertung und Abfallbeseitigung von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist; dabei haben die Abfallrechtsbehörden zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Anordnungen zu treffen, die ihnen nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Bei dem auf dem Grundstück des Klägers abgestellten Fahrzeug handelte es sich jedenfalls zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung um Abfall i. S. des KrW-/AbfG. Nach § 3 Abs. 4 KrW-/AbfG muss sich der Besitzer beweglicher Sachen i. S. des Abs. 1 entledigen, wenn diese entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung nicht mehr verwendet werden, auf Grund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt zu gefährden und deren Gefährdungspotential nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften der einschlägigen Gesetze ausgeschlossen werden kann. Das Fahrzeug war nach den Angaben des Klägers bereits seit 1996 nicht mehr fahrbereit und ausweislich der in den Akten befindlichen Lichtbilder angerostet. Nach diesem langen Zeitraum, in dem der Kläger entgegen seinen Absichtserklärungen auch keine Reparaturen durchführte, konnte davon ausgegangen werden, dass das Fahrzeug entsprechend seiner ursprünglichen Zweckbestimmung nicht mehr verwendet werden sollte. Das Gefährdungspotential konnte nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung ausgeschlossen werden. Der vom Beklagten verwendete Begriff der Entsorgung umfasst nach § 3 Abs. 7 KrW-/AbfG die Verwertung und Beseitigung. Der Kläger war Abfallbesitzer i. S. von § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG, da er die tatsächliche Sachherrschaft über das Fahrzeug auf seinem Grundstück ausübte.
Der Kläger hat nichts vorgebracht, was in Ermessenserwägungen des Beklagten und des Regierungspräsidiums hätte eingestellt werden müssen. Es liegt kein rechtswidriger Eingriff in Art. 14 GG vor (vgl. hierzu VGH Baden-Württ., Urteil vom 09.05.1995 – 10 S 771/94 -, GewA 1995, 499), zumal weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass durch die Erfüllung der dem Kläger aufgegebenen Pflichten dieser in unzumutbarer Weise finanziell in Anspruch genommen würde. Die angefochtenen Bescheide verstoßen auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Vielmehr rechtfertigen die in § 20 Abs. 1 Satz 2 LAbfG genannten öffentlichen Zwecke die Heranziehung des Klägers. Soweit der Kläger meint, er sei nicht zur Entsorgung verpflichtet, weil jedenfalls die Unterbringung des Fahrzeugs in einer Scheune, wie er sie vorgenommen habe, ausreichend gewesen sei, so ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei der Prüfung zu dem Ergebnis gelangte, dass auf Grund des damaligen Zustands des Fahrzeugs und der Tatsache, dass der Kläger schon seit Jahren nicht mehr daran gearbeitet hatte, als einzige Möglichkeit die Entsorgung des Fahrzeugs in einer hierfür zugelassenen Anlage gesehen wurde. Ob sich an dem Zustand des Fahrzeugs inzwischen etwas geändert hat oder ob der Beklagte zum jetzigen Zeitpunkt zu einer anderen Einschätzung gelangen müsste, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung ist beim Verwaltungsgericht Stuttgart, Augustenstraße 5, 70178 Stuttgart oder Postfach 10 50 52, 70044 Stuttgart, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils zu stellen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Verwaltungsgericht Stuttgart einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen. Das gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
Beschluss vom 26. September 2003
Der Streitwert wird nach den §§ 25 Abs. 2 und 13 GKG auf € 400,– festgesetzt.