Amtsgericht Saarbrücken
Az: 41 C 611/06
Urteil vom 13.03.2007
In dem Rechtsstreit wegen Forderung hat das Amtsgericht in SAARBRÜCKEN auf die mündliche Verhandlung vom 20.2.2007 durch den Richter am Amtsgericht für R e c h t erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 188,32 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24.1.2006 sowie 5 %) Zinsen über dem Basiszinssatz aus 263,9 EUR für den Zeitraum 24. 1. bis 22.3.2006 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreit
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
zu gelassen.
Tatbestand:
Im vorliegenden Rechtsstreit streiten die, Parteien um den Umfang der Deckung aus einem Rechtsschutzversicherungsvertrag. Die Klägerin ist Versicherte aus dem Vertrag, die Beklagte die Versicherung.
Die Klägerin hatte im Jahr 2005 einen Verkehrsunfall. Gegen sie wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt. Der Unfall war am 25.6.2005). Am 6.7.2005 suchte die Klägerin die Rechtsanwälte M. in V.-L. auf, welche für sie in dieser Angelegenheit tätig wurden. Mit Schreiben vom 7.7.2005 teilte die Beklagte Rechtsanwalt M. mit, sie übernehme im Rahmen der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) Rechtsschutz für die Verteidigung.
Das Strafverfahren gegen die Klägerin wurde eingestellt. Die Angelegenheit wurde an die Verwaltungsbehörde – Amt für Ordnungswidrigkeiten – abgegeben. Am 10. 10.2005 erging Bußgeldbescheid gegen die Klägerin, gegen den der Rechtsanwalt der Klägerin Einspruch einlegte.
Nach Terminierung der Bußgeldsache durch das Amtsgericht für den 18. 11. 2006 nahm der Rechtsanwalt der Klägerin, welcher die Ladung am 2.1.2006 zugegangen war, am 3.1.2006 den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurück.
Der Rechtsanwalt der Klägerin übermittelte der Beklagten 4 Kostenrechnungen (Blatt 29- 34 der Akten). Vorliegend streiten die Parteien noch um einen Restbetrag in Höhe von 188,32 EUR.
Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
Gebühr 4141 VVRVG: 140,– EUR
Kosten für Fotokopien 12,– EUR
insgesamt 152,– EUR
Zzgl. Mehrwertsteuer: 176,32 EUR
zzgl. Gebühr für Akteneinsicht 12,– EUR
Insgesamt: 188, 32 EUR
Die Klägerin vertritt die Ansicht, die Einstellungsgebühr nach Nr. 4141 VV RVG sei entstanden. Es sei unerheblich, dass nach der Einstellung des Strafverfahrens ein Bußgeldverfahren eingeleitet worden sei. Durch § 17 Nr. 10 RVG werde klargestellt, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und ein nach dessen Einstellung sich anschließendes Bußgeldverfahren verschiedene Angelegenheiten bilden.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 188,32 EUR nebst 5 % Zinsen Über dem Basiszinssatz seit dem 24.1.2006 sowie 5 % über dem Basiszinssatz aus 203,95 EUK für den Zeitraum vom 24.1.2006 bis 22.3.200~ zu zahlen.
2. In Höhe von 263.95 EUR wird die Klage für erledigt erklärt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Ansicht,
Verfahren“ im Sinne der Anmerkung (1) Nr. 1 zu Nr. 4141 Anlage 1 RVG sei das Straf- und Bußgeldverfahren als Einheit.
Die Beklagte erklärt die Aufrechnung in nicht bezifferter Höhe. Hierzu trägt sie vor, es habe kein plausibler Grund dafür bestanden, gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen und diesen Einspruch nach Terminierung durch das Amtsgericht zurückzunehmen. Durch dieses Verhalten seien mindestens zwei zusätzliche Gebühren in Ordnungswidrigkeit im Verfahren angefallen, welche sie zuviel bezahlt habe und mit denen sie nun aufrechne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen noch offen stehenden Zahlungsanspruch in Höhe von 188,32 EUR.
Die zwischen den Parteien streitige Zusatzgebühr für den Anwalt der Klägerin wegen Einstellung nach Nr. 4141 VVRVG in Höhe von 140,– EUR ist vorliegend zu erstatten. Sie ist im Rahmen des Tätigwerdens des Rechtsanwaltes im Strafverfahren angefallen. Das Strafverfahren ist nicht nur vorläufig eingestellt worden (Anmerkung 1 Nr. 1 zu Nr. 4141). Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und ein nach dessen Einstellung sich anschließendes Bußgeldverfahren stellen verschiedene Angelegenheiten im Sinne des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes dar (§ 17 Nr. 10 RVG; vgl. auch Gerold/Schmidt/von Eicken, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, Kommentar, 17. Aufl., § 17, Rdnr. 57 und 58).
Auch der Anspruch auf Erstattung der Kosten für Fotokopien des Rechtsanwaltes in Höhe von 12,– EUR ist begründet. Die Anfertigung einer Kopie wird gemäß Nr. 7000 1. des Vergütungsverzeichnisses mit 0,50 EUR entgolten. Die Anfertigung von 24 Kopien ist nicht zu beanstanden. Die Gebühr für die Akteneinsicht in Höhe von 12,– EUR entspricht Nr. 9003 1. des Kostenverzeichnisses zum GGK.
Die Entscheidung zu den Zinsen beruht auf § 288 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB, die Entscheidung zu den Kosten auf, § 91, 91a ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 511 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 und 2 ZPO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Die vorliegende Konstellation, dass nach Einstellung eines Strafverfahrens ein Bußgeldverfahren fortgeführt wird, ist sehr praxisrelevant. Sowohl für die Rechtsschutzversicherungen als auch für die, Rechtsanwälte bedarf es daher der grundlegenden Klärung, ob die Gebühr Nr. 4141 VVRVG bei Einstellung des Strafverfahrens und nachfolgendem Bußgeldverfahren anfällt.