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Überbau – Anspruch auf Rückbau

 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Az: 5 U 45/09

Urteil vom 31.03.2011


Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 4. März 2009 – Az. 4 O 58/08 – teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 6.636,96 €

Gründe

I.

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Sie streiten in der Berufungsinstanz noch um die Verpflichtung der Beklagten zur Beseitigung mehrerer Gebäude bzw. eines Zaunes, soweit diese, was unstreitig ist, auf das Grundstück der Klägerin überbaut worden sind, Herausgabe der überbauten Flächen sowie um die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.356,96 €. Bei den Gebäuden handelt es sich im Einzelnen um eine Garage und um einen Schuppen, die im Jahre 1987 genehmigt worden sind, zwei weitere Schuppen, die nach dem Vortrag der Beklagten im Jahre 1939/1940 genehmigt worden sein sollen, die Überdachung der Freifläche zwischen dem im Jahre 1987 genehmigten Schuppen und den beiden weiteren bereits zuvor errichteten Schuppen sowie einem weiteren Schuppen, der nach dem Vorbringen der Beklagten aus dem Jahre 1898 stammen soll sowie schließlich um die Beseitigung eines Bauzaunes mit Betonfundament von dem letztgenannten Gebäude aus bis zur Grundstücksgrenze. Den weiteren Klageantrag auf Zahlung von Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.200,00 € hat das Landgericht abgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage – abgesehen von dem Antrag auf Zahlung von Nutzungsentschädigung – stattgegeben und die Beklagte zur Beseitigung des Überbaus sowie des Zaunes verurteilt und zur Begründung ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Beseitigung des Überbaus der Garage sowie auf Herausgabe der überbauen Flächen gemäß §§ 1004 Abs. 1 Satz 1, 985 BGB zu. Die Klägerin sei nicht nach § 912 BGB zur Duldung verpflichtet, die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen nicht vor. Der Grenzverlauf zwischen den beiden Grundstücken sei mittlerweile unstreitig, nachdem die Beklagte im Rahmen der Vermessung der Grundstücksgrenzen ihren Widerspruch zurückgenommen habe. Dies habe zur Folge, dass die durch die Beklagte errichtete Garage mit einer Fläche von ca. 25 m² auf das Grundstück der Klägerin überbaut worden sei. Die Beklagte habe bei der Überbauung grob fahrlässig gehandelt. Wer ein Grundstück, bebaue, könne sich zwar im Allgemeinen als Eigentümer oder für den Bau berechtigt ansehen. Dies gelte jedoch nicht, wenn dem Überbauer bewusst sei, im Bereich der Grenze zu bauen. Jedenfalls dann habe er vor der Bauausführung festzustellen, ob der für die Bebauung vorgesehene Grund auch ihm gehöre und während der Bauausführung darauf zu achten, dass er die Grenzen seines Grundstückes nicht überschreite und dazu gegebenenfalls einen Vermessungsingenieur hinzuzuziehen. Eine Verletzung dieser Pflicht begründe den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Die Beklagte entlaste es nicht, dass sie einen Architekten für die Planung hinzugezogen habe. Die Beklagte müsse sich das Verhalten des Architekten zurechnen lassen. Nichts anderes gelte für den Umstand, dass nicht nur die Streitparteien, sondern auch deren Rechtsvorgänger von einem anderen Grenzverlauf ausgegangen seien. Dies gelte umso mehr, als in den Urkarten und den Folgekarten des Kataster- und Vermessungsamtes kein anderer als der nunmehr von dem Vermessungsingenieur festgestellte Grenzverlauf zu finden sei. Dieser Grenzverlauf wäre durch Einsicht in die katasterlichen Unterlagen ohne weiteres festzustellen gewesen. Die Beklagte könne sich nicht auf eine Genehmigung des Überbaus, der nach der vorgelegten Baugenehmigung erfolgt sei, berufen. Die Zeugin G… habe in ihrer Aussage zwar angegeben, dass es nach dem normalen Ablauf der Genehmigungen so gewesen sei, dass, wenn sich in den Genehmigungsunterlagen eine Unterschrift des Nachbarn an dieser Stelle befunden habe, damit das Bauvorhaben vom Nachbarn genehmigt gewesen sei. Sie habe allerdings nicht bestätigt, dass es sich dabei tatsächlich um die Unterschrift der Klägerin gehandelt habe. Selbst wenn die Klägerin mit ihrer Unterschrift das Bauvorhaben genehmigt habe, rechtfertige dies einen Überbau durch die Beklagte nicht. Die Baugenehmigung regele lediglich die subjektiv-öffentlichen Rechtsbeziehungen zwischen Nachbarn. Einen darüber hinausgehenden Erklärungsgehalt hinsichtlich privatrechtlicher Rechtspositionen enthalte die Baugenehmigung nicht. Die Klägerin habe nicht bewusst einem Überbau auf ihrem Grundstück zustimmen wollen. Vielmehr habe sie nur einer Grenzbebauung – auf dem Grundstück der Beklagten – ihre Genehmigung erteilt. Die Klägerin selbst habe zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht gewusst, dass der Verlauf der Grundstücksgrenze ein anderer gewesen sei. Das ZGB der DDR enthalte in § 320 ZGB eine entsprechende Vorschrift. Auch danach könne der Grundstücksnachbar als Eigentümer, auf dessen Grundstück der Überbau stehe, die Beseitigung des Überbaus verlangen. Auf eine Verjährung dieses Anspruches könne sich die Beklagte weder nach den ZGB-Vorschriften noch nach dem BGB berufen, der Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB unterliege nicht der Verjährung. Nach § 902 Abs. 2 Satz 1 BGB unterlägen Ansprüche aus eingetragenen Rechten nicht der Verjährung, diese Vorschrift bilde vielmehr eine Ausnahme von der Regel des § 194 Abs. 1 BGB, wonach alle Ansprüche der Verjährung unterlägen. Der dingliche Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB stehe dem unverjährbaren dinglichen Herausgabeanspruch nach § 985 BGB näher als ein obligatorischer Schadensersatzanspruch nach § 902 Abs. 1 Satz 2 BGB und verjähre deswegen nicht.

Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf die Vorschriften der §§ 242, 226 BGB berufen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben sei bereits nicht hinreichend vorgetragen. Ein Schikaneverbot nach § 226 BGB komme gleichfalls nicht in Betracht. Diese Vorschrift setze voraus, dass nach Lage der gesamten Umstände ein anderer Zweck als die Schadenszufügung objektiv ausgeschlossen sei.

Dagegen bestehe kein Anspruch auf Einebnung der bisher überbauten Wohnfläche. Ein solcher Anspruch lasse sich den einschlägigen Rechts- und Anspruchsnormen nicht entnehmen, mit dem Abbruch der Beseitigung sämtlicher Überbauten sei dem Anspruch der Klägerin genüge getan.

Aus den gleichen Gründen bestehe ein Anspruch auf Beseitigung des Überbaus hinsichtlich des Schuppens sowie der Feuerstätte und des Schornsteins sowie der Herausgabe dieser Flächen. Die Klägerin müsse auch die beiden weiteren Schuppen (früheren Garagen) sowie das zwischen diesen Schuppen und dem zuvor genannten Schuppen befindliche Schleppdach beseitigen und die freien Flächen herausgeben. Wann diese Gebäude errichtet worden seien, könne dahinstehen. Eine Verjährung dieses Anspruches komme nicht in Betracht. Die Klägerin habe schließlich auch einen Anspruch auf Beseitigung des Überbaus des weiteren Schuppens (Bretterschuppen) sowie Herausgabe der überbauten Flächen. Bei dem hier streitgegenständlichen Schuppen handele es sich um ein Gebäude im Sinne des § 912 BGB. Der Schuppen, der möglicherweise bereits über 100 Jahre alt sei und auf einem festen Fundament mit Holzwänden aufgestellt sei, falle unter dem Gebäudebegriff. Dass dieser Schuppen ohne weiteres leicht versetzbar wäre, ohne das die Gebäudestruktur dadurch beeinträchtigt oder zerstört würde, könne dem Akteninhalt und den vorgetragenen Sachverhalten nicht entnommen werden.

Ein Anspruch auf Rückbau und Beseitigung des Zaunes sei ebenfalls begründet. Dies betreffe den Teil des Zaunes, der mit Betonfundamenten und Bauzaunelementen errichtet worden sei. Die Beklagte könne nicht erfolgreich bestreiten, diesen Teil des Zaunes zwischen den Grundstücken der Streitparteien errichtet zu haben. Bereits in der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2008 vor dem Amtsgericht Bad Liebenwerda sei im Protokoll festgehalten, der Zaun sei von der Beklagten errichtet worden. Sie könne sich jetzt nicht dahin einlassen zu bestreiten, den Zaun errichtet zu haben.

Dem Kläger stehe schließlich ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte in Höhe von 1.356,96 € zu. Dieser Anspruch folge aus § 990 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 286 BGB. Nach diesen Vorschriften sei die Beklagte verpflichtet, den Schaden, der aus der Verzögerung der Beseitigung entstanden sei, zu ersetzen. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin sei die Beklagte mindestens bis zum Zeitpunkt der Rücknahme ihres Widerspruchs gegen das Abmarkungsergebnis in Verzug. Der Anspruch auf Schadensersatz betreffe sowohl die Kosten für die Anrufung der Schiedsstelle als auch die Kosten für das Kastaster- und Vermessungsamt vom 5. Dezember 2006 in Höhe von 1.247,96 €.

0Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung sei dagegen nicht begründet. Zwar habe die Beklagte den Anspruch dem Grunde nach anerkannt, allerdings habe die Klägerin ihre Berechnung von 50,00 €/Monat nicht näher offen gelegt. Sie habe nicht substantiiert dargelegt, von welchem Verkehrswert sie für die Berechnung ausgehe.

Gegen das ihr am 11. März 2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 25. März 2009 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11. Juni 2009 mit am 27. April 2009 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens macht sie insbesondere geltend, hinsichtlich des Zaunes sei erstinstanzlich streitig gewesen, in welchem Umfang dieser von den Parteien errichtet worden sei. Das Landgericht habe insoweit die Klägerin für beweispflichtig gehalten und auf deren Antrag den Zeugen … zur mündlichen Verhandlung geladen. Der Zeuge habe die Behauptung der Klägerin, die Beklagte sei Errichterin des Zaunes, aber nicht bestätigt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Bad Liebenwerda sei am 8. Februar 2008 gerade nicht vorbehaltlos anerkannt worden, zur Beseitigung des Zaunes verpflichtet zu sein. Bei der Errichtung des Zaunes seien beide Parteien von einem anderen Grenzverlauf ausgegangen, sie seien übereingekommen, gemeinsam einen ihren Wünschen entsprechenden Zaun auf der Grundstücksgrenze zu errichten. Dies könne der Zeuge … bestätigen. Es sei dabei so gewesen, dass die Klägerin ca. ein Drittel des Zaunes errichtet habe. Hinsichtlich der beiden im Jahre 1987 errichteten Garagen habe das Landgericht seine bis zur letzten mündlichen Verhandlung maßgebliche Rechtsauffassung bei der angefochtenen Entscheidung überraschend aufgegeben und nunmehr die von der Klägerin erklärte Genehmigung zum Garagenbau nicht mehr für entscheidungserheblich gehalten. Die Klägerin habe aber dem unmittelbaren Anbau der Garage an die Grundstückswand ausdrücklich zugestimmt. Wenn sie sich bei Abgabe dieser Willenserklärung über den Verlauf der Grenze getäuscht haben sollte, so handele es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum. Im Übrigen folge hieraus, dass aufgrund der Zustimmung zu dem Bauvorhaben der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin ein Verschuldensvorwurf nicht erhoben werden könne. Die weiteren ehemaligen Garagen (Klageantrag zu Ziffer 3) seien Anfang der 40er Jahre errichtet worden. Die Mutter der Beklagten habe mittlerweile alte Unterlagen gefunden, insbesondere den Bauschein vom 14. August 1939. Unmittelbar nach Erhalt dieser Genehmigung seien die beiden Garagen errichtet worden. Die anderen Gebäude, deren Beseitigung die Klägerin verlange, stünden seit mehr als 100 Jahren an Ort und Stelle. Das Landgericht setze sich nicht mit dem Umstand auseinander, dass die Gebäude auf dem Grundstück der Klägerin zuerst errichtet worden seien. Insbesondere sei von Bedeutung, dass das älteste Gebäude, nämlich das Wohnhaus der Klägerin, nicht im rechten Winkel gebaut worden sei. Der Rechtsvorgänger der Klägerin habe sich offenbar gehalten gesehen, das Gebäude entlang der vermeintlichen Grenze des Nachbargrundstücks von der Straße aus gesehen nach hinten schmaler zu bauen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur groben Fahrlässigkeit bei Baumaßnahmen im Grenzbereich eines Grundstücks könnten nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen werden, da es sich um lange zurückliegende Baumaßnahmen bzw. um solche Baumaßnahmen handele, die zu Zeiten der DDR vorgenommen worden seien.

Die Beklagte beantragt, unter teilweise Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens.

Erstmals im Berufungsverfahren trägt sie weiter vor, das Wohnhaus auf dem Grundstück der Klägerin sei im Jahre 1929 errichtet worden und Frau …, die Mutter der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin, habe schon immer Kenntnis über den korrekten Grenzverlauf gehabt. Im diesem Zusammenhang hat die Klägerin persönlich in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2010 klargestellt, dass auf ihrem Grundstück im Jahre 1926 das jetzige Wohnhaus errichtet worden sei und zwar an der gleichen Stelle, an der zuvor das alte Wohnhaus gestanden habe. Weiter macht die Klägerin geltend, bei dem Wohnhaus handele es sich um einen sogenannten Trapezbau, der in dieser Gegend üblich sei. Aus der vorgelegten Urkarte ergebe sich, dass in diesem Bereich alle Grundstücksgrenzen parallel verliefen. Auch die Bebauung auf dem Grundstück der Beklagten und Berufungsklägerin sei im Jahre 1865 zur Grenze ihres linken Nachbarn schräg gewesen, dies sei in der Vergrößerung der Liegenschaftskarte erkennbar. Weil Trapezhäuser, die ca. 6500 Jahre v.Christus entstanden seien, auch heute noch errichtet würden und zum Kauf angeboten würden, könne aus einer schräg stehenden Hauswand nicht der Schluss gezogen werden, sie verlaufe parallel zu einer Grundstücksgrenze, wie die Beklagte dies geltend mache. Eher entspreche es der Lebenserfahrung, dass eine schräg stehende Hauswand auf ein Trapezhaus hinweise. Verliefen die Grundstücksgrenzen der daneben liegenden Nachbargrundstücke parallel, dann dränge es sich geradezu auf, dass etwas mit der Grenze „nicht in Ordnung“ sei.

Die in den Jahren 1987 und 1988 errichtete Garage genüge nicht der brandschutzrechtlichen Anforderung, weil zum Haus der Klägerin hin eine Brandschutzwand nicht vorhanden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Berufungserwiderung vom 23. Juni 2009, den Schriftsatz vom 15. März 2010, vom 13. September 2010 und vom 04. März 2011 ergänzend Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen …; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25. Februar 2010 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§ 517, 519, 520 ZPO).

Das Rechtsmittel hat in der Sache insgesamt Erfolg. Das angefochtene Urteil war auf die Berufung hin teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

1.

Der Umstand, dass im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung die beiden Zahlungsanträge auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.356,96 € und auf Zahlung von Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.200,00 € nicht wiedergegeben sind, macht aus der angefochtenen Entscheidung kein unzulässiges (verdecktes) Teilurteil. Bei der fehlenden Wiedergabe der beiden Anträge handelt es sich erkennbar um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 319 BGB. Dies folgt daraus, dass im Tenor der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich die Beklagte unter Ziffer 7 zur Zahlung von 1.356,96 € nebst Zinsen verurteilt und nachfolgend die weitergehende Klage abgewiesen worden ist. Dementsprechend ist in den Entscheidungsgründen unter Ziffer 7 dargelegt, woraus sich der Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 1.356,96 € ergibt und unter Ziffer 8, warum ein Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentschädigung im Ergebnis nicht besteht. Ebenfalls der Berichtigung wäre zugänglich, dass im Tenor unter den Ziffern 1, 2, 3, 5 und 6 nach dem Wortlaut die Beklagte nicht zur Herausgabe der Bodenflächen sondern der abzureißenden Gebäude verurteilt worden ist. Auch hierbei handelt es sich ersichtlich um ein Versehen, zumal die Klageanträge dahin lauten, die überbaute Bodenfläche herauszugeben.

Eine Urteilsberichtigung war jedoch nicht zu veranlassen, die Sache ist entscheidungsreif.

Die Klage ist wegen Unbegründetheit insgesamt abzuweisen.

2.

Anspruch auf Beseitigung von Garage und Schuppen mit Feuerstelle und Schleppdach (Klageanträge zu 1, 2 und 4)

Bei diesen Gebäuden handelt es sich um entschuldigte, von der Klägerin zu duldende Überbauten.

a) Diese Gebäude bzw. Gebäudeteile wurden unstreitig in den Jahren 1987 und 1988 errichtet und zwar in der Weise, dass Garage und Schuppen unmittelbar an die zum Grundstück der Beklagten gerichtete Wand des Wohnhauses der Klägerin angebaut wurden. Die Errichtung erfolgte in den Jahren 1987 und 1988 auf der Grundlage des Prüfbescheides 06/87 vom 16. Oktober 1987 und der Zustimmung des Rates der Gemeinde Nr. 06/87 vom 20. November 1987. Zwischen den Parteien ist in diesem Zusammenhang streitig, ob die Klägerin den Prüfbescheid unter Ziffer 7 „schriftliche Stellungnahme des Nachbarn“ ebenfalls unterzeichnet hat. Fest steht allerdings, dass sie nachfolgend bis zum Jahre 2006 der Errichtung dieser beiden Gebäude nicht widersprochen hat. Mit Schreiben vom 29. August 2006 (Bl. 185 d. A.) hat sie zudem gegenüber der Beklagten erklärt, sie, die Beklagte, habe anlässlich der Bauplanung zur Errichtung einer Garage ihr, der Klägerin, Einverständnis für eine Grenzbebauung eingeholt und erhalten. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang mit Schriftsatz vom 21. Januar 2009 vorgetragen, ihr sei jedenfalls im Jahre 1987 im Zusammenhang mit der Genehmigung des Garagenbaus der wirkliche Grenzverlauf und damit ein Überbau nicht bekannt gewesen.

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b) Der Eigentümer des überbauten Grundstückes hat nach § 912 Abs. 1 BGB – für den Inhalt des Eigentums findet nach Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB vom Tage des Beitritts an das Bürgerliche Gesetzbuch Anwendung – den Überbau zu dulden, wenn bei der Errichtung des Gebäudes über die Grenze gebaut worden ist, ohne dass dem Überbauenden Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, wenn der Nachbar nicht vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat. Grobe Fahrlässigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang jedes besonders unsorgfältige Verhalten, das in irgendeiner Weise für die Grenzüberschreitung kausal war. Wer im Bereich der Grenze baut, hat dabei stets die Pflicht, sich zuverlässig über den Grenzverlauf zu unterrichten, gegebenenfalls durch Hinzuziehung eines Vermessungsingenieurs (BGHZ 156, 170, 171; BGH NJW-RR 2009, 24, 25; KG ZMR 2000, 331, 333). Eigentumsbeschränkungen durch Duldungspflichten sind auch gegeben, wenn die sie begründenden Tatsachen (z. B. Überbau, Besitzentziehung) schon vor dem 03. Oktober 1990 vorlagen (m. w. N. Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., 2002, Art. 233 § 2 EGBGB Rn. 3).

c) Unstreitig sind Garage und Schuppen im Jahre 1987 von der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin im Grenzbereich zum Grundstück der Klägerin errichtet worden. Ein Vermessungsingenieur ist in diesem Zusammenhang nicht zugezogen worden. Unstreitig ist schließlich weiter, dass auch in den alten Flurkarten – vorgelegt wurde u.a. eine Reinkarte aus dem Jahre 1865 – jedenfalls die hier streitgegenständliche Grenze so eingezeichnet ist, wie sie bei der jetzt durchgeführten Vermessung auch festgestellt worden ist. Bei dieser Ausgangslage spricht, unabhängig von der Zustimmung der Klägerin zu der Errichtung von Garage und Schuppen im Jahre 1987, von der jedenfalls auf der Grundlage des Schreibens der Klägerin vom 29. August 2006 auszugehen ist, zunächst vieles für eine grobe Fahrlässigkeit der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin im Zusammenhang mit dem Überbau auf das Grundstück der Klägerin, zumal sich nach dem Erklärungsinhalt der Zustimmung der Klägerin diese allenfalls auf eine Errichtung bis an die Grenze, nicht aber über die Grenze hinweg, beziehen konnte.

Im vorliegenden Fall treten aber weitere, besondere Umstände hinzu, die ausnahmsweise den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit bei dem Überbau auf das Grundstück der Klägerin entfallen lassen.

Unstreitig ist es so, dass in dem fraglichen Bereich der Grundstücke der Klägerin und der Beklagten zunächst als erstes das Wohnhaus der Klägerin errichtet worden ist, wobei die Beklagte in erster Instanz unbestritten vorgetragen hatte, diese Errichtung sei vor 1898 erfolgt. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung vom 10. März 2011 klargestellt, dass das jetzt vorhandene Wohnhaus auf ihrem Grundstück im Jahre 1926 exakt an der Stelle des zuvor vorhandenen Wohnhauses errichtet worden sei. Diese – erste – Bebauung war aber ersichtlich als Grenzbebauung angelegt und sollte sich an der – vermeintlichen – Grenze zum Grundstück der Beklagten orientieren und zwar in der Weise, dass die Bebauung unmittelbar auf der Grenze erfolgte. Dies zeigt sich bereits eindeutig an dem Grundriss des Wohnhauses der Klägerin, wie er sich auf der von der Klägerin selbst eingereichten Anlage K 3 (Bl. 23 d. A.), aber auch auf dem Auszug aus dem Liegenschaftskataster (Bl. 19 d. A.) darstellt. Danach verläuft die straßenseitige Längsseite des Hauses ein kurzes Stück auf und dann relativ dicht und parallel zur straßenseitigen Grundstücksgrenze. Die von der Straße aus vordere linke Ecke des Wohnhauses ist auf der Grenze zum Grundstück der Beklagten errichtet. Die der Straßenseite abgewandte Längsseite des Hauses ist an der dem Grundstück der Beklagten zugewandten Seite kürzer als die straßenseitige Längsseite. Dies hat zur Folge, dass, anders als die von der Straße aus gesehene rechte seitliche Hauswand, die linke nicht in einem 90 Gradwinkel an die vordere Längsseite anschließt, sondern in einem spitzeren Winkel, die von der Straße aus gesehen linke Hausseite verläuft damit schräg und orientiert sich ersichtlich an der von beiden Nachbarn angenommenen Grundstücksgrenze.

Diesem Ergebnis steht der Einwand der Klägerin, bei ihrem Haus handele es sich um ein auch in dieser Gegend übliches sogenanntes Trapezhaus im Ergebnis nicht entgegen. Es ist bereits nicht hinreichend vorgetragen, dass tatsächlich in der Umgebung der Anwesen der Beklagten solche sogenannten „Trapezhäuser“ üblich sind. Gegen eine solche bewusste Trapezbauweise sprechen im konkreten Fall zudem weitere Umstände. So befindet sich, wie bereits ausgeführt, die von der Straße aus gesehen vordere linke Ecke des Wohnhauses der Klägerin exakt auf der Grenze zum Grundstück der Beklagten. Bereits dies spricht dafür, dass sich die schräg verlaufende Gebäudewand an der Grundstücksgrenze orientierten sollte. Für eine solche „Grenzbebauung“ auf dem Grundstück der Klägerin spricht zudem weiter, dass entweder bereits im 19. Jahrhundert, jedenfalls aber nach 1926 in der zur Grenze des Grundstücks der Klägerin schräg verlaufenden Verlängerung des Wohnhauses der Klägerin ein Schuppen bzw. Stall auf dem Grundstück der Klägerin errichtet worden ist. Ob zwischen diesem Schuppen und dem Wohnhaus der Klägerin in der gleichen Linie ein weiteres Gebäude zunächst errichtet worden war, worauf der Auszug aus dem Liegenschaftskataster hindeutet, oder, wie dies die Anlage K 3 nahe legt, eine Lücke besteht, kann dahinstehen. Jedenfalls die weitere Bebauung in der schräg verlaufenden Fluchtlinie der linken Seite des Hauses der Klägerin spricht ersichtlich dafür, dass insgesamt die Baubauung auf dem Grundstück der Klägerin an dieser Stelle als Grenzbebauung konzipiert und gedacht war. An den letztgenannten Schuppen auf dem Grundstück der Klägerin ist dann in zeitlichem Zusammenhang vom Grundstück der Beklagten aus ein etwas kleinerer Schuppen, der Gegenstand des Klageantrags zu 5 ist, angebaut worden. Dies belegt hinreichend deutlich, dass beide Nachbarn entweder schon Ende des 19. Jahrhunderts, jedenfalls aber ab dem Jahre 1926 von einem falschen Grenzverlauf ausgegangen sind und aufbauend auf dieser Annahme zunächst auf dem Grundstück der Klägerin, dann aber auch auf dem Grundstück der Beklagten Gebäude unmittelbar an bzw. auf dieser vermeintlichen Grundstücksgrenze errichtet worden sind. Dieser Zustand bestand bei Errichtung der Garage und des Schuppens im Jahre 1987 daher einvernehmlich schon mindesten ca. 60 Jahre, nach dem Vortrag der Beklagten schon fast 90 Jahre.

Dafür, dass auch die Klägerin von einem solchen Grenzverlauf ausgegangen ist, spricht in diesem Zusammenhang zudem die weiter die von ihr erteilte Zustimmung zur Errichtung der Garagen unmittelbar anschließend an das Wohnhaus der Klägerin in Verbindung mit ihrem eigenen Vortrag, ihr sei im Jahre 1987 der Grenzverlauf, wie er später festgestellt worden sei, nicht bekannt gewesen, sie also damals davon ausging, dass die Garagen unmittelbar an ihr Haus angrenzend noch auf dem Grundstück der Beklagten errichtet werden, mithin beide Gebäude bis an die Grundstücksgrenze herangebaut worden sind.

Bei dieser Sachlage kann der Vorwurf eines grobfahrlässigen Verhaltens im Zusammenhang mit dem Überbau nicht darauf gestützt werden, bereits aus den alten Flurkarten sei die im 90 Gradwinkel verlaufende Grenze zwischen beiden Grundstücken ersichtlich, zumal der Vortrag der Klägerin, in diesem Bereich verliefen sämtliche Grundstücksgrenzen parallel ausweislich der vorgelegten Urkarte und des Auszuges aus den Katasterunterlagen (Bl. 62 f) nicht gestützt wird. Bei dieser Art der Bebauung, nämlich an die vermeintliche Grenzbebauung auf dem Grundstück der Klägerin anbauend, handelte die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgänger nicht grobfahrlässig, wenn sie im Jahre 1987 die Garage und den Schuppen mit Schleppdach jedenfalls auf dieser vermeintlichen Grenze errichtete, ohne zuvor einen Vermessungsingenieur hinzuzuziehen, zumal dann, wovon hier auszugehen ist, die Klägerin dieser Bebauung im Ergebnis zugestimmt hatte, in der Annahme, dadurch werde nicht auf ihr Grundstück überbaut.

d) Etwas anderes könnte lediglich dann gelten, wenn der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, ihrer Mutter, im Jahre 1987 der tatsächliche Grenzverlauf positiv bekannt gewesen wäre. Dies wird zwar von der Klägerin erstmals in der Berufungsinstanz pauschal behauptet und unter Beweis gestellt durch Vernehmung der Mutter der Beklagten.

Dieser Vortrag ist, worauf der Senat hingewiesen hat, in der Berufungsinstanz allerdings schon nicht berücksichtigungsfähig, denn es sind keinerlei Gründe nach § 531 Abs. 2 ZPO ersichtlich, die geeignet sein könnten, ein solches verspätetes Vorbringen zuzulassen. Darüber hinaus ist dieses Vorbringen, worauf der Senat ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2010 hingewiesen hat, nicht hinreichend konkret, da nicht einmal ansatzweise erkennbar wird, aus welchen Umständen sich diese Kenntnis der Mutter seit wann ergeben haben soll.

Danach handelt es sich bei der Garage, den Schuppen sowie dem Schleppdach, die Gegenstand der Klageanträge zu 1, 2 und 4 sind, um entschuldigte und damit von der Klägerin zu duldende Überbauten; die Klägerin kann daher nicht die Beseitigung dieser Baulichkeiten und die Herausgabe der überbauten Grundstücksflächen von der Beklagten verlangen.

Die Frage, ob die Garage auf dem Grundstück der Klägerin über eine ordnungsgemäße Brandwand verfügt, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, da allein auf den möglichen bauordnungswidrigen Zustandes der Garage der Anspruch auf vollständige Beseitigung dieses Gebäudes nicht gestützt werden kann.

e) Allerdings hat die Beklagte in den Schuppen eine ersichtlich nicht genehmigte Feuerstätte mit Schornstein eingebaut. Dies stellt in anderer Weise eine Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB dar und wäre grundsätzlich von der Beklagten zu beseitigen.

Ein solcher Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB ist allerdings – die Beklagte hat sich auf diese Einrede berufen – verjährt.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts unterliegt der Störungsbeseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB der Verjährung (BGHZ 60, 235, 238 ff; 125, 56, 63 f; BGH NJW 1990, 2555, 2556; NJW 2004, 1035, 1036; Brandenburgisches Oberlandesgericht, NJ 2008, 176, 178; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., 2011, § 1004 Rn. 45). Der Lauf der (Regel-)Verjährungsfrist (§ 195 BGB a. F.; §§ 195, 199 Abs. 1 und 4 BGB n. F.) beginnt mit Errichtung der Quelle, sofern die Störungsquelle als störend erkennbar wird bzw. sich als störend auswirkt (BGHZ 60, 235, 240, 242; 125, 56, 63 f).

Die Klägerin hat hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2010 den Vortrag der Beklagten bestätigt, die Feuerstätte im Bereich der Garage sei mit der Garage in den Jahren 1987/1988 errichtet worden. Die Störungsquelle war somit für die Klägerin seit dem Jahre 1987/1988 erkennbar, so dass der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB gemäß §§ 195, 199 BGB (3 Jahre ab Errichtung der Störungsquelle, sofern diese als störend erkennbar wird) verjährt ist.

Es kommt daher nicht darauf an, dass allein deswegen, weil eine nicht genehmigte Feuerstätte errichtet worden ist, ebenfalls nicht die Beseitigung der Baulichkeiten insgesamt und die Herausgabe der überbauten Grundstücksfläche verlangt werden kann, vielmehr möglicherweise allenfalls ein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der Feuerstätte besteht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte einen – isolierten – Anspruch auf Beseitigung des errichteten Schornsteins nicht anerkannt. Zwar heißt es in diesem Zusammenhang in dem Schriftsatz der damaligen Bevollmächtigten der Beklagten vom 19. Juni 2007 auf Seite 3: „Soweit es den Schornstein anbelangt, erklären wir ausdrücklich Anerkenntnis zur Beseitigung an dieser Stelle des Daches. Die Beseitigung des Schornsteines wird bis zum nächsten Beginn der Heizperiode erfolgen.“

Ein wirksames Anerkenntnis, allein den Schornstein zu beseitigen, ist hierin aber deswegen nicht zu sehen, weil dieses Anerkenntnis im Zusammenhang des gesamten Schreibens nicht uneingeschränkt erfolgt ist, sondern Teil eines Lösungsvorschlages ist, der sich auf die gesamte Grundstückssituation bezieht. Die Beklagte hat nämlich in diesem Schreiben zuvor auf der Seite 2 f. unter den Ziffern 1 bis 3 u.a. die Einbringung eines Fensters an dem klägerischen Gebäude, die Neueindeckung des Daches der Klägerin mit einem Giebelüberstand sowie die Nutzung des Gartenlandes der Klägerin als Pferdekoppel beanstandet und insoweit eine Änderung der Situation verlangt. Das Anerkenntnis zur Beseitigung des Schornsteines kann nicht aus diesem Gesamtzusammenhang gelöst werden, so dass von einem wirksamen Anerkenntnis zur Beseitigung des Schornsteines allein nicht ausgegangen werden kann.

3.

Anspruch auf Beseitigung von zwei Schuppen (Klageantrag zu 3)

a) Diese beiden Gebäude wurden nach dem Vortrag der Beklagten im Jahre 1940 als Garagen errichtet und zwar ebenfalls auf der Grenze, teilweise unmittelbar an den Schuppen auf dem Grundstück der Klägerin angrenzend. Die Klägerin hat zwar den Zeitpunkt der Errichtung der Garagen im Jahre 1940 bestritten, sie hat aber in der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2010 klargestellt, dass diese Gebäude älter seien als die im Jahre 1987 errichteten Garagen.

b) Soweit diese Schuppen bzw. ehemaligen Garagen auf das Grundstück der Klägerin überbaut sind, gelten hinsichtlich der Frage, ob insoweit ein zu duldender Überbau vorliegt, die vorstehenden Ausführungen (Ziffer 2) entsprechend. Anhaltspunkte, die hier eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Es kommt hinzu, dass jedenfalls hinsichtlich dieser beiden Gebäude, sollten sie tatsächlich im Jahre 1940 errichtet worden sein, ein Anspruch auf Beseitigung nach § 475 Nr. 2 Satz 2 ZGB (absolute Verjährung von 10 Jahren nach Vollendung der schädigenden Handlung für alle Ansprüche außerhalb von Verträgen) verjährt wäre, also allenfalls der Grundstücksteil – ohne Beseitigung des Überbaus – herausverlangt werden könnte.

4.

Schuppen (Klageantrag zu 5)

a) Bei diesem Gebäude handelt es sich ebenfalls um einen entschuldigten Überbau.

Der Umstand, dass dieser Schuppen nach dem – bestrittenen – Vortrag der Beklagten möglicherweise bereits vor Inkrafttreten des BGB errichtet worden ist, ändert in rechtlicher Hinsicht nichts daran, dass gleichwohl insoweit die Vorschrift des § 912 BGB maßgeblich ist.

Denn nach Art. 181 Abs. 1 EGBGB findet auf das zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches bestehende Eigentum von dieser Zeit an die Vorschriften des BGB Anwendung.

Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend festgestellt, dass es sich bei diesem Schuppen nicht um eine bewegliche Sache, sondern um ein Gebäude im Sinne des § 912 BGB handelt. Ein Gebäude ist danach ein Bauwerk, das durch räumliche Umfriedung gegen äußere Einflüsse Schutz gewährt und zumindest auch den Zutritt von Menschen gestattet. Der streitgegenständliche Schuppen, der jedenfalls nach dem Vortrag der Beklagten bereits über 100 Jahre alt ist, ist nach den Feststellungen des Landgerichts auf einem festen Fundament mit Holzwänden aufgestellt und fällt damit unter dem Gebäudebegriff im Sinne dieser Vorschrift.. Es kommt hinzu, dass dieser Schuppen an den auf dem Grundstück der Klägerin aufstehenden Schuppen angebaut ist und an dieser Stelle über Stützen vor der Wand des Nebengebäudes verfügt. Nach Westen verfügt der Schuppen, dies ergibt sich jedenfalls aus der Baubeschreibung des Bauingenieurs … vom 4. September 2008, die von der Klägerin vorgelegt worden ist, über eine Mauer als Außenwandaufbau. Die Tragekonstruktion besteht aus Stützen, Kopfbändern, Pfetten und Sparren.

Danach ist auch nichts dafür ersichtlich, dass dieser Schuppen ohne weiteres an eine andere Stelle transportiert werden könnte, dies schon deswegen nicht, weil er sich nach dem eigenen Vortrag der Klägerin, wie bereits ausgeführt, an deren Schuppen anlehnt, er also auf diese Stütze angewiesen ist.

b) Einen Anspruch auf Beseitigung der Schuppen aus § 1004 Abs. 1 BGB lässt sich auch nicht auf den baulichen Zustand des Schuppens stützen. Zwar macht die Klägerin geltend, der Schuppen sei baufällig. Dies lässt sich aber schon der von ihr selbst vorgelegten Baubeschreibung des Dipl.-Ing. S… nicht entnehmen, der in diesem Zusammenhang lediglich feststellt, der Verkehrswert des Schuppens sei aufgrund des Reparaturrückstaus als gering anzusetzen. Es kommt hinzu, dass die Beklagte vorprozessual mit Schreiben vom 20. September 2007 von der Klägerin die Gestattung des Betretens ihres Grundstücks erbeten hat, um an diesem Schuppen Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Dies ergibt sich auch aus dem eigenen Schreiben der Klägerin vom 9. Februar 2008 (Bl. 92 d. A.), in der sie ausführt, sie habe der Absicht der Klägerin, den Schuppen zu sanieren, widersprochen. Ihr Grundstück dürfe lediglich zu dem Zweck betreten werden, einzelne Bretter abzutragen und die Steine zu entfernen, auf denen der Schuppen stehe. Ein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB kann dann aber, wenn die Sanierung des Schuppens seitens der Klägerin verweigert wird, nicht auf den daraus resultierenden (schlechten) baulichen Zustand gestützt werden. Es kommt hinzu, dass im Falle eines Überbaues eine Beeinträchtigung allenfalls dann vorliegt, wenn von dem Überbau nur noch wirtschaftlich bedeutungslose Teile erhalten sind (Münchener Kommentar/Säcker, BGB, 5. Aufl. 2009, § 912 BGB Rn. 27). Dies kann aber bereits dem Vorbringen der Klägerin, gestützt auf die Baubeschreibung des Dipl.-Ing. S…, wie bereits ausgeführt, nicht entnommen werden. Danach besteht auch hinsichtlich des Schuppens, der Gegenstand des Klageantrages zu 5 ist, weder ein Anspruch auf Beseitigung noch ein Anspruch auf Herausgabe der überbauten Grundstücksfläche.

5.

Einen Anspruch auf Beseitigung des Zaunes kann sich aus § 1004 Abs. 1 BGB nur in dem Umfang ergeben, wie dieser Zaun von der Klägerin errichtet worden ist. Dies ist aber zwischen den Parteien streitig. Der hierzu vernommene und von der Klägerin benannte Zeuge Z… hat deren Vortrag, der Zaun sei vollständig von der Klägerin errichtet worden, gerade nicht bestätigt. Der Zeuge … hat vielmehr auch in der Berufungsinstanz im Hinblick darauf, dass die Beklagte seine Ehefrau ist, von seinem Aussageverweigerungsrecht zur Sache Gebrauch gemacht.

59Allein die Tatsache, dass der Ehemann der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2010 von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, ist nicht geeignet, den der Klägerin obliegenden Beweis als geführt anzusehen. Da es sich bei dem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO um ein eigenes Recht des Zeugen handelt, auf dessen Ausübung die Parteien, anders als etwa in dem Fall des § 385 Abs. 2 ZPO, keinen unmittelbaren Einfluss haben, ist eine – nachteilige – Beweiswürdigung der Verweigerung grundsätzlich unzulässig, sofern nicht besondere, konkret festgestellte Indizien Rückschlüsse für die einer Partei nachteilige Beweiswürdigung rechtfertigen (Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., 2010, § 383 Rn. 7 m.w.N.). Als solches Indiz ist indes die unstreitige Herkunft der von dem Ehemann der Beklagten beschafften Baumaterialien allein nicht ausreichend.

Dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Bad Liebenwerda vom 8. Februar 2008 (Bl. 67 d. A.) lässt sich eine (Geständnis-)Erklärung der Beklagten, dass sie den Zaun – allein – errichtet habe, nicht entnehmen. Vielmehr wird dort vor dem Hintergrund, dass die Beklagte schon in der Klageerwiderung vorgetragen hatte, nur einen Teil des Zaunes errichtet zu haben, lediglich protokolliert, dass mit den Parteien weiter umfassend erörtert worden sei, ob und zu welchem Zeitpunkt der Zaun, der von der Beklagten errichtet wurde, vom Grundstück der Klägerin entfernt werde. Abgesehen davon, dass hier lediglich eine Erörterung des Gerichts mit den Parteien protokolliert wurde, lässt sich dieser „Erörterung“ nicht entnehmen, dass die Beklagte damit zugestanden habe, den Zaun allein auf dem Grundstück der Klägerin errichtet zu haben.

Nach alledem besteht ein Anspruch auf Beseitigung des gesamten Zaunes gleichfalls nicht; die Klägerin hat darüber hinaus nicht bewiesen, dass die Beklagte zur Beseitigung eines konkreten Teils dieses Zaunes, nämlich soweit er von ihr errichtet wurde, verpflichtet ist.

6.

Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die Klägerin auch keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.356,96 € unter dem Gesichtspunkt des Verzuges verlangen kann. Abgesehen davon, dass es sich bei den geltend gemachten Kosten nicht um einen Verzugsschaden handeln kann, worauf die Klägerin bereits mit Verfügung vom 6. Mai 2009 hingewiesen worden war, befand sich die Beklagte mit der Beseitigung der Baulichkeiten und der Herausgabe der überbauten Grundstücksflächen auch nicht in Verzug.

7.

Der Klägerin steht zwar, da es sich bei den überbauten Teilen der streitgegenständlichen Gebäude um einen entschuldigten Überbau handelt, grundsätzlich ein Anspruch auf Zahlung einer Überbaurente zu. Eine solche Rente, die sich grundsätzlich nach dem Verkehrswert der überbauten Fläche zum vom Gläubiger zu beweisende Zeitpunkt der Grenzüberschreitung (Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., 2010, § 913 BGB Rn. 4 m.w.N.) bemisst, hat die Klägerin aber schon nicht hinreichend konkret dargelegt, worauf bereits mit Beschluss vom 25. März 2010 hingewiesen worden war. Es genügt insoweit nicht, lediglich pauschal einen bestimmten Verkehrswert für die überbaute Fläche vom 65 m² zu behaupten, vielmehr müsste zwischen den einzelnen Gebäuden, die unstreitig zu unterschiedlichen Zeitpunkten errichtet worden sind, differenziert werden. Dies ist trotz des entsprechenden Hinweises und der Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag seitens der Klägerin nicht erfolgt.

8.

Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht ersichtlich. Insbesondere besteht der von der Klägerin geltend gemachte Konflikt zwischen dem unverjährbaren Anspruch auf Herausgabe nach § 985 BGB und der Verjährung des Anspruches aus § 1004 Abs. 1 BGB in dieser Form nicht. Selbst dann, wenn hinsichtlich der aufstehenden Gebäude ein Beseitigungsanspruch der Klägerin verjährt wäre, könnte, wenn es sich nicht um einen entschuldigten Überbau handelt, der Herausgabeanspruch, dann allerdings ohne Beseitigung der Gebäude, nach § 985 BGB geltend gemacht werden.

Von dem Streitwert von 6.636,96 € entfällt ein Teilbetrag von 1.356,96 € auf den Zahlungsantrag, der verbleibende Betrag insgesamt auf die Anträge auf Beseitigung der überbauten Gebäudeteile und Herausgabe der überbauten Flächen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

 

 

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