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Umgangsboykott wegen Corona-Pandemie

Zwangsvollstreckung einer Umgangsverpflichtung

AG Frankfurt – Az.: 456 F 5086/20 EAUG – Beschluss vom 16.04.2020

Die Kindesmutter, M., geboren am …, wird wegen vier Verstößen gegen den Beschluss vom 31.03.2020 zur Zahlung eines Ordnungsgeldes in Höhe von Euro 5.000,00 je Verstoß, insgesamt Euro 20.000,00, verpflichtet und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden, 1 Tag Ordnungshaft je Euro 250,00 angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens hat die Mutter zu tragen.

Der Verfahrenswert wird auf Euro 2.500,00 festsetzt.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 31.03.2020 wurde der begleitete Umgang des betroffenen Kindes mit seinem Vater zum Zwecke der weiteren Kontaktanbahnung geregelt. Danach finden Umgänge u.a. am 04.04.2020, 09.04.2020, 11.04.2020 und 16.04.2020 begleitet durch … von … GbR statt.

Die Mutter erzielt ein Nettoeinkommen in Höhe von monatlich Euro 30.000,00 bis Euro 50.000,00.

Dem Beschluss vom 31.03.2020 ging das noch anhängige Verfahren zu Az. 456 F 5341/19 UG voraus. Zudem wurden bereits begleitete Umgänge mit Beschluss vom 20.02.2020 zu Az. 456 F 5052/20 EAUG geregelt, die zum Teil stattfanden. Wegen eines am 24.04.2020 nicht stattgefundenen Umgangs setzte das Gericht mit Beschluss vom 02.03.2020 zu Az. 456 F 5052/20 EAUG OGH 1 ein Ordnungsgeld in Höhe von Euro 5.000,00 fest.

Da der Träger weitere begleitete Umgänge empfahl, wurden mit Beschluss vom 31.03.2020 weitere Termine, die der Träger zuvor mit beiden Elternteilen abgestimmt hat, festgelegt. Durch diese Regelung konnte auch der ursprünglich für den 18.03.2020 bestimmte Termin im Verfahren 456 F 5341/19 UG auf den 13.05.2020 verlegt werden.

Mit E-Mail vom 02.04.2020 teilte die Mutter dem Träger mit: „Die globale Corona Situation verschärft sich drastisch, so dass ich zum Schutze meiner Tochter hiermit bis Ende April alle Umgangstermine absage.“

Die Mutter erhielt den Beschluss vom 31.03.2020 ausweislich Zustellungsurkunde am 03.04.2020 (Bl. 27 d. A.).

Die Umgänge am 04.04.2020, 09.04.2020, 11.04.2020 und 16.04.2020 fanden nicht statt.

Der Träger wies die Mutter wiederholt auf die Wirksamkeit des Beschlusses vom 31.03.2020 hin. Mit gerichtlichem Schreiben vom 07.04.2020 wurden alle Beteiligten darauf hingewiesen, dass weiterhin keine sachlichen Gründe bestehen, die geregelten Umgänge nicht durchzuführen. Ferner wurde auf die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses hingewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 07.04.2020 (Bl. 18 d. A.) Bezug genommen.

II.

Umgangsboykott wegen Corona-Pandemie
(Symbolfoto: Von ThiagoSantos/Shutterstock.com)

Die Entscheidung beruht auf § 89 Abs. 1 S. 1 und 2 FamFG. Danach kann das Gericht bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht betrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen.

Ein Verstoß gegen die sich aus dem Tenor des Beschlusses vom 31.03.2020 ergebende Umgangsregelung liegt vor. Am 04.04.2020, 09.04.2020, 11.04.2020 und 16.04.2020 fanden keine Umgangskontakte zwischen L. und ihrem Vater statt.

Die Mutter trifft auch ein Verschulden hinsichtlich dieser Verstöße. Sie hatte zum Zeitpunkt jedes Verstoßes Kenntnis von der Umgangsregelung. Sie wurde ferner darauf hingewiesen, dass keine sachlichen Gründe bestehen, die geregelten Umgänge nicht durchzuführen. Der Beschluss vom 31.03.2020 wurde in Kenntnis des Urlaubs des Vaters und der aktuellen Lage zum Corona-Virus erlassen. Ferner wurde mitgeteilt, dass die Mutter nicht berechtigt ist, der Umgangsregelung eigenmächtig zuwiderzuhandeln, und dass sie auf den Rechtsweg zu verweisen ist.

Auch im Übrigen hat sie keine Gründe vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass sie die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat (§ 89 Abs. 4 S. 1 FamFG). Soweit die Mutter Ausführungen zur globalen Situation und zur aktuellen Situation in Amerika macht, treffen diese auf Deutschland nicht zu. Aus der Medienberichterstattung ergibt sich insoweit vielmehr, dass ausweislich einer Studie der Analyseagentur Deep Knowledge Deutschland seine Bevölkerung im Vergleich außerordentlich gut vor den Gefahren des Corona-Virus schützt, im internationalen Vergleich auf Platz zwei liegt und die Zahl der registrierten Neuinfektionen mit dem Corona-Virus in Deutschland weiter rückläufig ist (https://www.welt.de/politik/ausland/article207239735/Umgang-mit-Coronavirus-Laut-Analyse-nur-ein-Land-vor-Deutschland.html).

Auf die Folgen einer Zuwiderhandlung sind die Eltern mit Beschluss vom 31.03.2020 hingewiesen worden (§ 89 Abs. 2 FamFG).

Für jeden Verstoß wird ein Ordnungsgeld in Höhe von Euro 5.000,00 festgesetzt. Dies ist vor dem Hintergrund des von der Mutter im Verfahren 456 F 5341/19 UG vorgetragenen Nettoeinkommens von monatlich Euro 30.000,00 bis Euro 50.000,00 verhältnismäßig. Dass die Mutter weiterhin beruflich überdurchschnittlich ausgelastet ist, ergibt sich aus ihrer an den Verfahrensbeistand und das Jugendamt gerichteten Mail vom 05.04.2020, in der sie mitteilt, mit Hochdruck seit Monaten daran zu arbeiten, „die Produktionskapazitäten zu steigern, um so viele Menschen wie irgendmöglich mit einer Therapie versorgen zu können und so vor dem sicheren COVID 19 Tot bewahren zu können.“

Im Falle weiterer schuldhafter Verstöße wäre zu prüfen, ob der festzusetzenden Betrag zu erhöhen wäre, wobei dann auch die stufenweise Erhöhung je Verstoß in Betracht gezogen werden müsste.

Da ein schuldhafter Verstoß gegen die getroffene Umgangsregelung vorliegt, hat die Mutter auch die Kosten des Verfahrens zu tragen (§§ 80, 81 FamFG).

Für die Festsetzung des Verfahrenswertes ist die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes nicht maßgeblich (OLG München FamRZ 2011, 1686). Es war ein Bruchteil des Hauptsachewertes anzunehmen, weil eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der getroffenen vollstreckbaren Umgangsregelung im Vollstreckungsverfahren nicht stattfindet (BGH FamRZ 2012, 533; OLG Frankfurt a. M. BeckRS 2013, 02547).

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