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Fuhrparkleiter als Feststellungsinteressent bei Unfallflucht

OLG Zweibrücken

Az.: 1 Ss 88/91

Urteil vom 03.08.1991


Normen: § 142 Abs. 1 StGB -Unfallflucht

Leitsätze:

Die Vorschrift des § 142 StGB schützt allein das Interesse des Unfallbeteiligten an der Aufklärung der Unfallursachen zwecks Klarstellung der privatrechtlichen Haftung der Beteiligten; dementsprechend kommt als Feststellungsinteressent im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB jeder in Betracht, der sich am Unfallort befindet oder dorthin kommt, auch wenn er selbst weder unfallbeteiligt noch durch den Unfall geschädigt ist, vorausgesetzt, er ist bereit, zugunsten der anderen Unfallbeteiligten oder Geschädigten Feststellungen zu treffen und diese an sie weiterzugeben.


Gründe:

Der Angekl. befuhr die A 65 mit einem Lastzug seines Arbeitgebers. Bei Kilometer 109,6 kam er infolge alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit von der Fahrbahn ab. Der Maschinenwagen blieb in Schräglage an der Straßenböschung hängen; der Anhänger stürzte um. Durch den Unfall entstand an dem Lastzug ein Schaden von über 47.000,– DM und an dem Straßenkörper ein weiterer Schaden von 1.300,– DM. Der Berufskraftfahrer B., ein Arbeitskollege des Angekl., der vor Fahrtantritt mit ihm in einer Gaststätte gezecht hatte, kam kurz darauf mit seinem Lastzug zur Unfallstelle. B. hielt an und sicherte zusammen mit dem Angekl. die Unfallstelle ab. Der Angekl. entnahm dem Maschinenwagen die Tachographenscheibe und verschloss das Führerhaus. Nach 5 Minuten verließen der Angekl. und B. die Unfallstelle. B. brachte den Angekl. nach Hause. Im Beisein des Angekl. rief B. von dort aus den damaligen Fuhrparkleiter ihres Arbeitgebers an, meldete den Unfall und beschrieb die Unfallstelle. Der Angekl. verließ nach kurzer Zeit seine Wohnung; B. fuhr mit seinem Privat-PKW zur Unfallstelle zurück. Dort war inzwischen der Polizeibeamte S. eingetroffen. B. erklärte ihm gegenüber, der Fahrer des Lastzuges sei wahrscheinlich wegen Rollsplitts von der Straße abgekommen. S. hielt B. dagegen vor, der Lastzug sei kurz vor dem

Unfall in Schlangenlinien gefahren und es liege Unfallflucht vor.

Das LG hat den Angekl. u.a. wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 Abs. 1 StGB verurteilt mit der Begründung, daß der Angekl. sich in Kenntnis der angerichteten Schäden vom Unfallort entfernt habe, ohne die notwendigen Feststellungen ermöglicht oder die hierfür notwendige Zeit gewartet zu haben. Der Angekl. habe – so das LG weiter – die Unfallstätte verlassen, um zu verhindern, daß seine Trunkenheit zum Unfallzeitpunkt aufgedeckt werde. Sein Arbeitskollege B. habe ihm dabei geholfen; indem er ihn nach Hause gebracht habe. B. sei deshalb kein Feststellungsinteressent i.S. von § 142 Abs. 1 StGB gewesen. B. sei es ausschließlich darauf angekommen, seinen Arbeitskollegen zu decken. – Diese Würdigung ist nach Ansicht des Senats nicht frei von Rechtsfehlern.

a. „Entgegen der Ansicht des LG war B. bereit, am Unfallort die dort notwendigen Feststellungen zu treffen. Als Feststellungsinteressen kommt jeder in Betracht, der sich am Unfallort befindet oder dorthin kommt, auch wenn er selbst weder unfallbeteiligt noch durch den Unfall geschädigt ist, vorausgesetzt, er ist bereit, zugunsten der anderen Unfallbeteiligten oder Geschädigten Feststellungen zu treffen und diese an sie weiterzugeben … . B. hat die erforderlichen Feststellungen auch getroffen; denn er hat den Fuhrparkleiter ihres gemeinsamen Arbeitgebers von dem Unfall des Angekl. und den dadurch verursachten Schäden an LKW und Straßenkörper in Kenntnis gesetzt. Weiterer Feststellungen bedurfte es an Ort und Stelle nicht mehr. Da der Angekl. den Lastzug ohne Einwirkung eines anderen Verkehrsteilnehmers in den Straßengraben gefahren hatte, war die Haftungsfrage eindeutig. Das geschützte Rechtsgut des § 142 StGB ist nach richtiger Ansicht, die sich auch in der Rechtspr. durchgesetzt hat …, nicht das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung oder der Schutz des Straßenverkehrs, sondern allein das Interesse des Unfallbeteiligten an der Aufklärung der Unfallursachen zwecks Klarstellung der privatrechtlichen Haftung der Beteiligten … . Aus der Sicht der Geschädigten, nämlich der Straßenmeisterei und der Halterin des Lastzugs, waren die Feststellungen, wie sie B. getroffen und dann weitergegeben hatte, ausreichend. Weitere Feststellungen, namentlich zum Grad der alkoholischen Beeinträchtigung des Angekl., waren angesichts des Umstands, daß der Angekl. die Schäden allein verursacht hatte, für die Frage der privatrechtlichen Haftung entbehrlich.“

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