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Unterhaltsbedarf – nicht eheliches Kind und Lebensstellung

BUNDESGERICHTSHOF

Az.: XII ZR 104/03

Urteil vom 17.01.2007

Vorinstanzen:

AG Obernburg, Az.: 2 F 465/00, Entscheidung vom 04.12.2001

OLG Bamberg, Az.: 2 UF 6/02, Entscheidung vom 24.04.2003


Leitsätze:

Der Unterhaltsbedarf einer verheirateten oder geschiedenen Mutter, die ein nichteheliches Kind betreut, bestimmt sich nach ihrer Lebensstellung nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse, auch wenn diese unter den Mindestbedarfssätzen liegen. Für den betreuungsbedingten Unterhaltsbedarf der Mutter haften mehrere unterhaltspflichtige Väter in entsprechender Anwendung des § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig (im Anschluss an Senatsurteile vom 21. Januar 1998 – XII ZR 85/96 – FamRZ 1998, 541 ff. und vom 15. Dezember 2004 – XII ZR 26/03 – FamRZ 2005, 357 ff.).


In der Familiensache hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2007 für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Bamberg vom 24. April 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte für die Zeit ab Januar 2003 zur Zahlung höheren Unterhalts als monatlich 266 DM (136 €) verurteilt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Die Revision der Klägerin gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch.

Die Parteien heirateten am 4. März 1994 und trennten sich im Dezember 1999. Aus der Ehe ist das am 16. August 1994 geborene Kind Marcel hervorgegangen, das seit August 2000 (nicht: 1999) bei der Klägerin lebt. Diese hat am 6. Januar 2001 das Kind Pascal (nicht: Michelle) geboren, das von ihrem neuen Partner S. abstammt. Bis Ende 2002 führte die Klägerin mit ihrem neuen Partner einen gemeinsamen Haushalt. Wegen der in der Beziehung aufgetretenen Schwierigkeiten bestanden um die Jahreswende 2001/2002 sowie in der Zeit von April bis Juni 2002 – abgesehen von der Nutzung der Wohnung – aber keine Gemeinsamkeiten. Seit Anfang Januar 2003 lebt die Klägerin innerhalb der Wohnung von S. getrennt. Anfang April 2003 bezog dieser eine eigene Wohnung. S. erzielte durch seine Erwerbstätigkeit ab Mai 2002 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.630 €.

Der Beklagte ist Vater des am 27. März 2002 geborenen Kindes Michelle.

Er lebt mit der Mutter und diesem Kind in einem Haushalt. Sein Erwerbseinkommen betrug im Jahr 2002 im Durchschnitt monatlich 1.838,27 € netto.

Die Klägerin, die nach ihrem Vorbringen abgesehen von Erziehungsgeld über kein Einkommen verfügt, hat die Zahlung von Trennungsunterhalt in unterschiedlicher Höhe, für die Zeit ab Juli 2001 in Höhe von monatlich 932 DM (= 476,52 €) verlangt.

Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben; für die Zeit ab Juli 2001 hat es der Klägerin Unterhalt von monatlich 266 DM (136 €) zuerkannt.

Mit ihrer Berufung hat die Klägerin weitergehende Unterhaltsansprüche geltend gemacht; für die Zeit ab Mai 2002 hat sie monatlichen Unterhalt von 458 € begehrt.

Das Berufungsgericht hat das angefochtene Urteil teilweise geändert und der Klägerin neben einem höheren Unterhaltsrückstand für die Vergangenheit für die Zeit ab Januar 2003 monatlich 370 € zuerkannt. Dagegen richten sich die – für die Zeit ab Januar 2003 zugelassenen – Revisionen beider Parteien.

Die Klägerin verfolgt insoweit ihr Unterhaltsbegehren weiter, während der Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erstrebt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Auf die Revision des Beklagten ist das angefochtene Urteil in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang aufzuheben und die Sache insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

1.

Das Oberlandesgericht hat zu dem Unterhaltsanspruch der Klägerin für die Zeit ab Januar 2003 ausgeführt: Die Klägerin habe von dem genannten Zeitpunkt an von ihrem Lebensgefährten getrennt gelebt und diesem nicht mehr den Haushalt geführt. Deshalb sei insofern kein fiktives Einkommen mehr anzusetzen.

Über sonstige unterhaltsrechtlich relevante Einkünfte verfüge die Klägerin nicht, so dass sich ihr Bedarf allein aus dem für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehenden Einkommen des Beklagten ergebe. Dieses betrage ohne den Vorteil aus dem begrenzten Realsplitting wie bereits im Jahr 2002 monatlich 3.595,34 DM netto, wovon ein bereinigtes Einkommen von 3.295,44 DM (1.684,93 €) verbleibe. Hiervon sei der Tabellenunterhalt für das Kind Marcel in Höhe von monatlich 260 € und für das Kind Michelle in Höhe von monatlich 215 € (jeweils nach Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle) in Abzug zu bringen. Von dem verbleibenden Einkommen sei ein Erwerbstätigenbonus von 10 % abzusetzen, so dass sich das bedarfsbestimmende Einkommen auf 1.088,94 € belaufe. Die Hälfte dieses Betrages, also 544,47 €, stelle den eheangemessenen Bedarf der Klägerin dar. Zur Zahlung dieses Unterhalts sei der Beklagte unter Berücksichtigung des ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalt von 840 € indessen nicht in der Lage. Für Unterhaltszwecke stünden nur 844,93 € zur Verfügung, während die Unterhaltsansprüche insgesamt den Betrag von 1.019,47 € ausmachten. Die deshalb durchzuführende Mangelverteilung, bei der für die Klägerin ein Mindestbedarf von 730 € und für die Kinder jeweils 135 % des Regelbetrages als Einsatzbeträge anzusetzen seien, ergebe eine Deckungsquote von 65,4 %, so dass der Beklagte Trennungsunterhalt von monatlich 477,40 € schulden würde. Da die Klägerin nur 458 € verlange, erübrigten sich Ausführungen über die Auswirkungen des begrenzten Realsplittings.

Ab Januar 2003 stehe der Klägerin allerdings auch ein Unterhaltsanspruch gemäß § 1615 l Abs. 2 BGB gegen S. zu, weil sie auch wegen der Betreuung des von diesem abstammenden Kindes Pascal nicht erwerbstätig sein könne. Auch dieser Unterhaltsanspruch orientiere sich an dem eheangemessenen Bedarf. Da letzterer aber unter dem notwendigen Eigenbedarf liege, sei der Bedarf im Rahmen des § 1615 l BGB mit mindestens 730 € zu veranschlagen (Süddeutsche Leitlinien, Stand: 1. Januar 2001, Nr. 22). Hierfür hafteten der Beklagte und S. anteilig in entsprechender Anwendung des § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB. Da die Klägerin in gleicher Weise wegen der Betreuung von Marcel und derjenigen von Pascal an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert sei und sich die Einkommensverhältnisse des Beklagten und von S. in

etwa gleich darstellten, sei es angemessen, dass die beiden Väter jeweils hälftig für den Mindestbedarf von 730 € aufzukommen hätten. Da S. von seinem Einkommen von 1.630 € netto monatlich nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen (5 %) und des Kindesunterhalts für Pascal (188 €) nur 1.360,50 € verblieben, ihm im Verhältnis zur Klägerin jedoch der angemessene Selbstbehalt von 1.000 € belassen werden müsse, stünden für Unterhaltszwecke nur

360,50 € zur Verfügung. Der Anteil des Beklagten sei deshalb auf 369,50 €, gerundet 370 €, zu erhöhen.

Die Klägerin habe ihren Unterhaltsanspruch nicht gemäß § 1579 Nr. 7 BGB dadurch verwirkt, dass sie mit S. bis Ende Dezember 2002 zusammengelebt habe. Dabei könne dahinstehen, ob es sich bei der seit Ende 1999 bestehenden Wohngemeinschaft bereits um eine Lebensgemeinschaft gehandelt habe, wie der Beklagte behaupte, oder ob die Lebensgemeinschaft erst von März 2000 an bestanden habe. Unstreitig sei es zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten schon im September bis Ende 2001 und dann erneut von April bis Juni 2002 zu erheblichen Differenzen gekommen, die dazu geführt hätten, dass sie innerhalb der gemeinsamen Wohnung von ihrem Lebensgefährten getrennt gelebt habe. Beide hätten wegen ihrer Beziehungsprobleme bis März 2002 mehrere Monate lang eine „Eheberatung“ besucht. Seit Anfang des Jahres 2003 sei die Beziehung beendet. S. habe sich von der Klägerin innerhalb der gemeinsamen Wohnung getrennt und sei zum 1. April 2003 ausgezogen.

Von einer verfestigten Beziehung könne deshalb auch in der Zeit vor der endgültigen Trennung nicht ausgegangen werden, zumal die dafür erforderliche Zeitspanne von ca. zwei Jahren im Hinblick auf die mehrfachen Trennungen nicht erreicht worden sei.

Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.

2.

Nach § 1361 Abs. 1 BGB schuldet der Beklagte der Klägerin den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt. Den danach maßgebenden Bedarf hat das Berufungsgericht ausgehend von dem u.a. um den Kindesunterhalt bereinigten Einkommen des Beklagten bemessen. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden, da die Klägerin nach den getroffenen Feststellungen nicht über unterhaltsrelevante Einkünfte verfügt. Allerdings hat das Berufungsgericht auf Seiten des Beklagten einen Vorteil aus der Durchführung des begrenzten Realsplittings unberücksichtigt gelassen. Die dafür gegebene Begründung, der sich nach der Mangelverteilung ergebende Bedarf der Klägerin von 477,40 € übersteige den von ihr beantragten Unterhalt, rechtfertigt diese Vorgehensweise nicht. Da – wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat – der Beklagte und S. für den Unterhaltsbedarf der Klägerin grundsätzlich entsprechend ihren Einkommensverhältnissen anteilig aufzukommen haben, wirkt sich eine erzielbare Einkommensverbesserung auf die Aufteilung zwischen den beiden Unterhaltsschuldnern aus und kann schon deshalb nicht außer Betracht bleiben.

Eine Obliegenheit zur Geltendmachung des begrenzten Realsplittings trifft den Unterhaltsschuldner, weil er gehalten ist, alle Einkommensmöglichkeiten in zumutbarer Weise auszuschöpfen, um seine Leistungsfähigkeit zu erhöhen (Senatsurteil vom 12. Januar 1983 – IVb ZR 348/81 – FamRZ 1983, 670, 673; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 890; Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 562 b). Da der Beklagte im Umfang der Entscheidung des Amtsgerichts rechtskräftig zur Zahlung von Trennungsunterhalt verurteilt worden ist, hätte er – wie die Revision der Klägerin zu Recht geltend macht – seine steuerliche Belastung vermindern können, wenn er insoweit von dem begrenzten Realsplitting Gebrauch gemacht hätte (vgl. Senatsurteile vom 29. April 1998 – XII ZR 266/96 – FamRZ 1998, 953, vom 28. Februar 2007 – XII ZR 37/05 – FamRZ 2007, 793, 797 und vom 14. März 2007 – XII ZR 158/04 – FamRZ 2007, 882, 885). Der entsprechende Vorteil ist seinem Einkommen deshalb fiktiv zuzurechnen.

Wie das Berufungsgericht in der seinem Urteil als Anlage beigefügten Berechnung ausgewiesen hat, beläuft sich das unterhaltsrelevante Einkommen des Beklagten unter Berücksichtigung der Vorteile aus dem begrenzten Realsplitting auf monatlich 1.777,21 €; der Bedarf der Klägerin beträgt dann 572,95 €. Von welchem im Rahmen des Realsplittings zu berücksichtigenden Unterhaltsbetrag das Berufungsgericht dabei ausgegangen ist, lässt sich nicht erkennen. Da gegen die Berechnung indessen keine Einwendungen erhoben worden sind, sind die vorgenannten Beträge für das Revisionsverfahren zugrunde zu legen.

3.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Bedarf der Klägerin nicht im Wege einer Mangelverteilung herabzusetzen. Zwar betrüge die Summe der Unterhaltsansprüche der beiden Kinder und der Klägerin (falls der Beklagte letzterer alleine unterhaltspflichtig wäre) – unter Berücksichtigung seines durch das begrenzte Realsplitting erhöhten Einkommens – 1.076,95 €, während ihm nur eine Verteilungsmasse von 937,21 € zur Verfügung steht. Da der Beklagte für den Unterhalt der Klägerin aber nur anteilig neben S. aufzukommen braucht, erübrigt sich angesichts einer Differenz von nur rund 100 € zwischen Anspruchs- und Verteilungsmasse eine Mangelverteilung. Denn es liegt auf der Hand, dass der Erzeuger des Kindes Pascal jedenfalls in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe zum Unterhalt der Klägerin beizutragen haben, der Beklagte also insofern entlastet wird.

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4.

Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin in der allein noch maßgeblichen Zeit ab 1. Januar 2003 nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB auch einen Unterhaltsanspruch gegen S. hat, da wegen der Pflege und Erziehung des von diesem abstammenden Kindes Pascal von ihr eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Mehrere unterhaltspflichtige Väter haften nach der Rechtsprechung des Senats in entsprechender Anwendung des § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig für den betreuungsbedingten Unterhaltsbedarf der Mutter (Senatsurteile vom 21. Januar 1998 – XII ZR 85/96 – FamRZ 1998, 541, 543 f. und vom 15. Dezember 2004 – XII ZR 26/03 – FamRZ 2005, 357, 358).

Das Maß des nach § 1615 l Abs. 2 BGB zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Anspruchsberechtigten. Denn nach § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB sind auf den Unterhaltsanspruch der nicht verheirateten Mutter die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten und somit auch § 1610 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden. Anders als

beim Trennungs- oder dem nachehelichen Unterhalt, bei dem der Bedarf von den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt wird, sind daher die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vaters für die Bedarfsbemessung grundsätzlich nicht maßgebend. Ausschlaggebend ist vielmehr, in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen die Mutter bisher gelebt hat. Deshalb ergeben sich unterschiedliche Ergebnisse je nach dem, ob sie über eigenes Einkommen verfügte oder ob sie Unterhalt bezogen oder staatliche Hilfe, etwa in Form von Sozialhilfeleistungen, in Anspruch genommen hat.

a) War die Mutter vor der Geburt des Kindes erwerbstätig, ist ihre Lebensstellung durch das nachhaltig erzielte Einkommen geprägt. Ihr Unterhaltsbedarf ist deshalb hieran auszurichten, soweit dies nicht dazu führt, dass der Mutter aus eigenen Einkünften und Unterhaltszahlungen insgesamt mehr zur Verfügung steht, als dem unterhaltspflichtigen Vater verbleibt. Ist das der Fall, so ist der Unterhaltsbedarf der Mutter zusätzlich durch den Grundsatz der Halbteilung beschränkt (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 – XII ZR 121/03 – FamRZ 2005, 442, 443 f.).

b) Falls die Mutter bisher Sozialhilfe bezogen hat, ist nach einer in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung von einer Lebensstellung auf dem Niveau des Sozialhilfebezugs auszugehen, weshalb es für gerechtfertigt gehalten wird, einen Bedarf in Höhe der dem Existenzminimum in etwa entsprechenden jeweiligen Mindestbedarfssätze zugrunde zu legen (OLG Hamm FF 2000, 137, 138; Fischer FamRZ 2002, 634; Wever/Schilling FamRZ 2002, 581, 584; Büttner FamRZ 2000, 781, 784; FA-FamR/Gerhardt 4. Aufl. 6. Kap. Rdn. 210; Ehinger FPR 2001, 25, 27; Wellenhofer-Klein FuR 1999, 448, 451; Schwolow in Weinreich/Klein Familienrecht 2. Aufl. § 1615 l Rdn. 13; a.A. OLG Köln FamRZ 2001, 1322; OLG Zweibrücken FuR 2000, 286, 288).

Dabei wird die Frage, ob der Mutter generell ein Mindestbedarf zuzubilligen ist, in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Zum Teil wird dies mit der Begründung abgelehnt, die nichteheliche Mutter sei sonst besser gestellt als die eheliche Mutter, die nach der Rechtsprechung des Senats keinen pauschalen Mindestbedarf verlangen könne (OLG Köln und OLG Zweibrücken, jeweils aaO). Überwiegend wird allerdings die Auffassung vertreten, für den Regelfall sei ein Mindestbedarf anzunehmen, da der angemessene Unterhalt im Sinne des § 1610 Abs. 1 BGB das Existenzminimum nicht unterschreiten könne. Zu einer Besserstellung der ein eheliches Kind betreuenden Mutter führe dies letztlich nicht, denn wenn der trennungsbedingte Mehrbedarf berücksichtigt werde, liege deren Bedarf kaum unter den Mindestbedarfssätzen (OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 974; Wever in Münchner Anwaltshandbuch § 11 Rdn. 59; Wendl/Scholz aaO § 6 Rdn. 764; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. IV Rdn. 1418; Büttner aaO S. 784). Auch die meisten Unterhaltstabellen sehen als Bedarf der Mutter oder des Vaters eines nichtehelichen Kindes einen Mindestbedarf vor (vgl. in diesem Sinne auch die Empfehlungen des 13. Deutschen Familiengerichtstags FamRZ 2000, 273, 274).

Welcher dieser Auffassungen zu folgen ist, bedarf im vorliegenden Fall indessen keiner Entscheidung.

c) Ist die Mutter – wie hier – verheiratet oder geschieden, so ergibt sich ihr Bedarf aus den ehelichen Lebensverhältnissen, die mithin auch den Maßstab für den Unterhaltsanspruch aus § 1615 l BGB gegen den Vater des nicht von dem Ehemann abstammenden Kindes bilden (Senatsurteil vom 21. Januar 1998 aaO S. 544).

Maßgeblich für den Unterhaltsbedarf der verheirateten oder geschiedenen Mutter, die ein nichteheliches Kind betreut, ist deshalb jedenfalls ihre Lebensstellung nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse, auch wenn diese unter den Mindestbedarfssätzen liegen. Trennungsbedingter Mehraufwand kann insoweit grundsätzlich nicht zu einer Erhöhung des Bedarfs führen. Denn er ist nicht in den ehelichen Lebensverhältnissen angelegt und kann deshalb nicht neben dem nach der Differenzmethode ermittelten Quotenunterhalt berücksichtigt werden (Senatsurteil vom 9. Juni 2004 – XII ZR 308/01 – FamRZ 2004, 1357, 1359). Der nichteheliche Elternteil braucht den anderen Elternteil aber nur so zu stellen, wie es dessen innegehabter Lebensstellung entspricht.

d) Mit Rücksicht darauf ist es nicht gerechtfertigt, für die Klägerin einen Mindestbedarf von 730 € zugrunde zu legen. Ihr Bedarf nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse beträgt unter Berücksichtigung des für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Realsplittingvorteils nur 572,95 € und hat während des Zusammenlebens mit S. keine Verbesserung erfahren. Die Auffassung des Berufungsgerichts würde demgegenüber dazu führen, dass die Klägerin insgesamt den Mindestbedarf (730 €) erhielte, den sie weder vom Beklagten noch von S. allein beanspruchen könnte. Sie würde sich also allein deshalb besser stehen, weil sie Kinder von zwei verschiedenen Vätern betreut.

Hätte sie dagegen zwei eheliche Kinder oder zwei nichteheliche Kinder von S., müsste sie sich mit einem geringeren Unterhalt begnügen. Eine derartige Besserstellung der Klägerin wäre nicht gerechtfertigt.

5.

a) Hinsichtlich der Aufteilung des Unterhaltsbedarfs in entsprechender Anwendung des § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB führt es in einer Vielzahl von Fällen zu angemessenen Lösungen, wenn als Maßstab die jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zugrunde gelegt werden. Allerdings ist die Anknüpfung an diesen eher schematischen Maßstab nicht in jedem Fall zwingend. Da § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB nur entsprechend anzuwenden ist, lässt er auch Raum für die Berücksichtigung anderer Umstände, insbesondere der Anzahl, des Alters, der Entwicklung und der Betreuungsbedürftigkeit der jeweiligen Kinder.

So kann im Einzelfall von Bedeutung sein, dass die Mutter durch die vermehrte Betreuungsbedürftigkeit eines jüngeren Kindes von jeglicher Erwerbstätigkeit abgehalten wird, obwohl ihr das fortgeschrittene Alter eines anderen Kindes an sich eine Voll- oder zumindest Teiltzeiterwerbstätigkeit erlauben würde.

In einem solchen Falle wäre die schematische Aufteilung der Haftungsquote nach den jeweiligen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen des Ehemannes und des Vaters unbefriedigend. Vielmehr muss der Erzeuger des vermehrt betreuungsbedürftigen Kindes entsprechend höher, gegebenenfalls auch allein zum Unterhalt für die Mutter herangezogen werden (Senatsurteil vom 21. Januar 1998 aaO S. 544).

Für die Ermittlung der Haftungsquoten sind danach zunächst die Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen. Im Anschluss daran kann – je nach den Umständen des Einzelfalls – der Haftungsanteil des Verpflichteten nach oben oder nach unten korrigiert werden (vgl. hierzu auch OLG Bremen FamRZ 2006, 1207, 1208).

b) S. hat nach den getroffenen Feststellungen in dem hier maßgeblichen Zeitraum ein monatliches Nettoeinkommen von 1.630 € erzielt. Davon sind berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5 % sowie der Kindesunterhalt für Pascal in Höhe von 188 € in Abzug zu bringen. Weitere Abzugspositionen hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt. Die Revision der Klägerin rügt insofern zu Recht, das Berufungsgericht sei verfahrensfehlerhaft dem Vortrag der Klägerin nicht nachgegangen, S. müsse auf Verbindlichkeiten aus der Zeit vor der Entstehung des Unterhaltsanspruchs Raten an die T. und an den Kreis B. in Höhe von monatlich jeweils 25,56 € zahlen. Solche Verbindlichkeiten sind geeignet, die finanzielle Leistungsmöglichkeit zu vermindern. Da Feststellungen hierzu nicht getroffen worden sind, ist für das Revisionsverfahren von einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung des S. auszugehen.

Ohne Erfolg macht die Revision der Klägerin dagegen geltend, das Einkommen des S. sei auch um einen Erwerbstätigenbonus von 10 % zu bereinigen.

Diese Rüge verkennt, dass der Abzug eines solchen Bonus maßgeblich der Bedarfsbemessung dient und zur Folge hat, dass dem Erwerbstätigen als Bedarf eine höhere Quote des zur Verfügung stehenden Einkommens zugebilligt wird. Da sich der Bedarf der Klägerin aber nicht aus dem Einkommen des S. ableitet, hat im vorliegenden Fall ein derartiger Abzug nicht zu erfolgen.

c) Das Berufungsgericht hat S. weiterhin einen Selbstbehalt von 1.000 € zugebilligt. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden hat, ist es aus Rechtsgründen nicht hinnehmbar, wenn der Selbstbehalt im Rahmen eines Unterhaltsanspruchs nach § 1615 l BGB grundsätzlich abweichend von demjenigen Selbstbehalt bemessen wird, der für Unterhaltsansprüche nach den §§ 1361, 1570 BGB zugrunde zu legen ist (Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 – XII ZR 3/03 – FamRZ 2005, 354, 356). Es ist Aufgabe des Tatrichters, insoweit einen Betrag festzulegen, der nicht unter dem notwendigen, aber auch nicht über dem angemessenen Selbstbehalt liegt. Dabei wird es nicht zu beanstanden sein, wenn der Tatrichter im Regelfall von einem etwa hälftig zwischen diesen beiden Werten liegenden Betrag ausgeht.

6.

Danach kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist. Denn dessen Inanspruchnahme ist nach den getroffenen Feststellungen nicht nach § 1579 Nr. 7 BGB auszuschließen oder herabzusetzen.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann das Zusammenleben des Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Partner dann zur Annahme eines Härtegrundes im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB – mit der Folge der Unzumutbarkeit einer weiteren (uneingeschränkten) Unterhaltsbelastung für den Verpflichteten – führen, wenn sich diese Beziehung in einem solchen Maße verfestigt, dass damit gleichsam ein nichteheliches Zusammenleben an die Stelle einer Ehe getreten ist. Nach welchem Zeitablauf – und unter welchen weiteren Umständen – dies angenommen werden kann, lässt sich nicht allgemein verbindlich festlegen.

Vor Ablauf einer gewissen Mindestdauer, die im Einzelfall kaum unter zwei bis drei Jahren liegen dürfte, wird sich in der Regel nicht verlässlich beurteilen lassen, ob die Partner nur „probeweise“ zusammenleben oder ob sie auf Dauer in einer gefestigten Gemeinschaft leben (Senatsurteil vom 12. März 1997 – XII ZR 153/95 – FamRZ 1997, 671, 672). Dabei obliegt es letztlich der verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters, ob er den Tatbestand des nichtehelichen Zusammenlebens aus tatsächlichen Gründen für gegeben erachtet oder nicht (Senatsurteil vom 25. Mai 1994 – XII ZR 17/93 – FamRZ 1995, 540, 543).

Gegen die tatrichterliche Beurteilung, das Zusammenleben habe – aufgrund der erheblichen Differenzen zwischen der Klägerin und S. – weder von der Qualität der Beziehung noch – aufgrund der erheblichen Zeiten des Getrenntlebens – von deren Dauer her den Charakter einer verfestigten Beziehung in dem vorgenannten Sinne, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

7.

Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben, soweit für die Zeit ab Januar 2003 zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist. Die Revision der Klägerin erweist sich dagegen als unbegründet, da ein höherer Unterhalt, als ihr mit monatlich 370 € zuerkannt worden ist, auch dann nicht in Betracht kommt, wenn die Leistungsfähigkeit des S. aufgrund der bestehenden Verbindlichkeiten vermindert ist. Denn diesem ist – entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts – kein angemessener Selbstbehalt (von damals 1.000 €) zuzubilligen, sondern nur ein solcher, der zwischen dem angemessenen und dem notwendigen Selbstbehalt liegt (vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 – XII ZR 3/03 – FamRZ 2005, 354, 356 f.). Abgesehen davon ist der der Unterhaltsberechnung zugrunde gelegte Bedarf der Klägerin übersetzt.

Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da hierfür weitere Feststellungen erforderlich sind, die das Berufungsgericht nachzuholen haben wird.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Da das eheliche Kind Marcel zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht bereits das achte Lebensjahr vollendet hatte, dürfte die Klägerin allein wegen dessen Betreuung nicht mehr uneingeschränkt an einer Erwerbstätigkeit gehindert sein. Diesem Gesichtspunkt ist bei der wertenden Festlegung der jeweiligen Haftungsanteile Rechnung zu tragen.

Der Beklagte wird im weiteren Verfahren Gelegenheit haben, seinen Vortrag, die Klägerin habe im Juli 2004 ein weiteres Kind von S. geboren, wieder aufzugreifen.

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