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Verdachtskündigung – Beginn der 2wöchigen Ausschlussfrist

Landesarbeitsgericht Köln

Az: 13 Sa 1449/09

Urteil vom 15.04.2010


Zum Beginn der zweiwöchigen Ausschlußfrist bei einer Verdachtskündigung.

1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.10.2009 – 4 Ca 3190/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2) Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

Der am 26.04.1967 geborene Kläger war seit dem 01.09.1988 bei der Beklagten, zuletzt als Baufinanzierungsberater beschäftigt. Die Beklagte kündigte dem Kläger mit Schreiben vom 18.03.2009 – dem Kläger an demselben Tag zugegangen – außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist. Zu den Kündigungsgrü nden wird auf die Personalratsanhörung vom 16.03.2009 nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf das Urteil (Bl. 325 – 336 d. A.) wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, der nur noch die Nichteinhaltung der Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB rügt. Die Beklagte hätte die Kündigung weitaus früher aussprechen können. Sie sei schon durch das damalige Anwaltsschreiben vom 28.01.2009 über den Vorgang informiert worden. Die Revisions-Abteilung habe daraufhin mit den Vermerken vom 09.02.2009 und 16.02.2009 (Vorgänge „A “ und „T „) sämtliche Verdachtsmomente zusammengetragen.

Der Kläger beantragt, das Urteil abzuändern und nach seinen erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage zu Recht mit sorgfältiger Begründung abgewiesen. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 18.03.2009 ist rechtswirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit sofortiger Wirkung aufgelöst.

1. Die Kündigung erfolgte gemäß § 626 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund. Zu Recht hat das Arbeitsgericht eine sog. Verdachtskündigung wegen des Verdachts einer schwerwiegenden Vertragsverletzung durch Mittäterschaft oder Teilnahme des Klägers an Vermögensstraftaten zu Lasten von Kunden und der Beklagten für gerechtfertigt angesehen. Wegen der Begründung, die der Kläger mit der Berufung nicht angreift, wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen.

2. Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte auch die Kündigungserklärungsfrist von 2 Wochen gemäß § 626 Abs. 2 BGB eingehalten. Denn die Frist begann am 06.03.2009 und war damit zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 18.03.2009 noch nicht abgelaufen.

a. Die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglicht, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht. Zu den maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Ohne Kenntnis des Kündigungsberechtigten vom Kündigungssachverhalt kann das Kündigungsrecht nicht verwirken. Der Kündigende, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur fristlosen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Sind die Ermittlungen abgeschlossen und hat der Kündigende nunmehr die Kenntnis des Kündigungssachverhalts, so beginnt die Ausschlussfrist zu laufen. Diese Ermittlungen dürfen zwar nicht hinausgezögert werden. Es darf jedoch nicht darauf abgestellt werden, ob die Maßnahmen des Kündigenden etwas zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen oder überflüssig waren. Bis zur Grenze, die ein verständig handelnder Arbeitnehmer beachten würde, kann der Sachverhalt durch erforderlich erscheinende Aufklärungsmaßnahmen vollständig geklärt werden. Der Beginn der Ausschlussfrist ist demnach gehemmt, solange der Kündigungsberechtigte die zur Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheinenden Maßnahmen mit der gebotenen Eile durchführt (vgl. etwa BAG, Urteil vom 05.12.2002 – 2 AZR 478/01 – m.w.N.).

b. Diese Grundsätze gelten auch für die Verdachtskündigung. Dabei muss als Wirksamkeitsvoraussetzung dieser Kündigung eine Anhörung des Arbeitnehmers erfolgen. Diese Anhörung hemmt den Beginn der zweiwöchigen Ausschlussfrist. Um den Schutz des Kündigungsgegners durch die Ausschlusswirkung nicht mittels einer Hinauszögerung der Anhörung zu umgehen, muss sie innerhalb einer kurzen Frist erfolgen, die regelmäßig nicht länger als eine Woche betragen darf (BAG, 02.03.2006 – 2 AZR 46/05 – m.w.N.).

c. Gemessen daran ist im Streitfall von einem Beginn der Ausschlussfrist am 06.03.2009 auszugehen. Denn der Kläger wurde an diesem Tag zu den der Kündigung zugrundeliegenden Vorwürfen angehört. Grundlage dafür war der von der Revisionsabteilung der Beklagten laut Aktenvermerk vom 03.03.2009 mitgeteilte Abschluss der Ermittlungen gegen den Kläger wegen 6 Betrugsvorwürfen. Diese betrafen Finanzierungen, die der Kläger mit Herrn U Demgegenüber bezogen sich die vom Kläger angeführten Vermerke der Revision vom 09. und 16. Februar 2009 nur auf 2 dieser Fälle („A und „T Die Beklagte war nicht verpflichtet, die außerordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger bereits in diesem Ermittlungsstadium auszusprechen. Vielmehr durfte sie sich durch Aufklärung weiterer Finanzierungsfälle des Klägers ein vollständiges Bild über dessen betrügerische Handlungen machen. Dabei hätte die Beklagte, die nach Ausspruch der außerordentlichen Kündigung noch zahlreiche weitere Betrugsfälle des Klägers aufgeklärt hat, die Kündigung auch bezogen auf diese Gesamtermittlungen zu einem späteren Zeitpunkt, gestützt auf sämtliche bis dahin von der Revision aufgeklärte Sachverhalte, aussprechen können. Gleichfalls durfte sie aber auch, wie im Streitfall geschehen, die Ermittlungen der Revision zunächst auf 6 Betrugsfälle konzentrieren, die im Zusammenhang mit dem Mittäter U standen, und nach deren Abschluss die Kündigung zunächst allein darauf stützen. Die Durchführung der Ermittlungen durch die dafür zuständige Kreditrevision entsprach pflichtgemäßem Ermessen. Deren Recherchen erfolgten, nachdem die Beklagte erstmals durch das Anwaltsschreiben vom 28.01.2009 von Verdachtsmomenten gegen den Kläger im Fall A Kenntnis erlangt hatte, bis zum abschließenden Vermerk vom 03.03.2009 mit etwas mehr als einem Monat auch ausreichend zügig. Schließlich hat die Beklagte die vor Ausspruch einer Verdachtskündigung zur Aufklärung des Sachverhalts notwendige Anhörung des Klägers am 06.03.2009, also 3 Tage nach Vorliegen des Ermittlungsergebnisses der Revision, mit der gebotenen Eile durchgeführt.

II. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

III. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalles beruht.

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