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Verdienstausfallschaden: Versicherung muss nach Verkehrsunfall zahlen

Verkehrsunfall: Kläger gewinnt vor Gericht

Das Urteil betrifft die Haftung der Beklagten für die Unfallschäden des Klägers. Die zentralen Streitpunkte sind die Schätzung des Erwerbsschadens des Klägers, seine Qualifikation von einer fiktiven Tätigkeit als Industriemechaniker zu einer Tätigkeit als Techniker im Metallbereich, die Höhe seiner erzielten Einkünfte, die Anrechnung seiner Einkünfte aus einer Teilzeittätigkeit in einem Callcenter und einer Rentenzahlung.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 12 U 65/21  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Die Beklagte erkennt die volle Haftung für die Unfallschäden des Klägers an.
  2. Es wird über die Schätzung des Erwerbsschadens des Klägers gestritten, insbesondere über seine Qualifikation von Industriemechaniker zu Techniker und die Höhe seiner erzielten Einkünfte.
  3. Das vom Kläger im Callcenter erzielte Einkommen wird nicht auf den Erwerbsschaden angerechnet, da es als überobligatorische Tätigkeit angesehen wird.
  4. Die Verjährungsfrist wurde durch regelmäßige Zahlungen der Beklagten auf die Position Verdienstausfallschaden jeweils neu gestartet.
  5. Die Prognose über die berufliche Entwicklung des Klägers ohne den Unfall wird als realistisch angesehen, und es wird angenommen, dass er in einem anderen Bundesland einen Ausbildungsplatz gefunden hätte.
  6. Die Tätigkeit als ungelernter Arbeitnehmer im Callcenter wird als weniger angesehen als die Arbeit als staatlich anerkannter Techniker.
  7. Das fiktive Nettoeinkommen des Klägers wird um 19.698,49 € gekürzt, um ersparte arbeitsbedingte Aufwendungen zu berücksichtigen.
  8. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung des Klägers im Callcenter wird angerechnet.

Schadensersatz nach Verkehrsunfall: Rechtliche Bewertung und Folgen

In der rechtlichen Auseinandersetzung um Schadensersatz nach Verkehrsunfällen stehen oft komplexe Fragen im Mittelpunkt. Diese reichen von der Haftung der beteiligten Parteien über die Berechnung des Schadens bis hin zur Anrechnung von Leistungen wie Erwerbsminderungsrenten. Besonders brisant wird es, wenn es um die Schätzung des Verdienstausfallschadens eines Verletzten geht, die sowohl die aktuelle Erwerbssituation als auch die hypothetische berufliche Entwicklung berücksichtigt. Die Rechtsprechung steht hier vor der Herausforderung, auf Basis von Fakten, Gutachten und Prognosen gerechte Entscheidungen zu treffen, die sowohl den Interessen des Geschädigten als auch denen des Schädigers gerecht werden.

Der folgende Text beleuchtet einen Fall, in dem diese Themen eine zentrale Rolle spielen. Es geht um einen Verkehrsunfall, der langfristige gesundheitliche Folgen für den Betroffenen hatte und zu einem umfangreichen Rechtsstreit über die Höhe des Schadensersatzes führte. Die rechtliche Bewertung des Verdienstausfalls, die Anrechnung anderweitiger Einkünfte und Renten sowie die Frage, wie hypothetische Karrierewege in die Schadensberechnung einfließen, sind dabei von besonderem Interesse. Tauchen Sie ein in die Details dieses komplexen Falles, der wichtige Aspekte des Schadensersatzrechts nach Verkehrsunfällen beleuchtet.

Die rechtliche Auseinandersetzung im Überblick

Im Fokus dieses Artikels steht eine komplexe Gerichtsentscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 27.04.2023. In dem Fall ging es um die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 05.03.2021 (Az.: 6 O 189/16). Dabei wurde das ursprüngliche Urteil teilweise abgeändert.

Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz

Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Verdienstausfallschaden des Klägers auf Basis eines monatlichen fiktiven Nettoeinkommens zu zahlen. Wir beleuchten die Hintergründe dieser Entscheidung und die finanziellen Auswirkungen auf beide Parteien.

Streitpunkte und Details des Falls

Die juristische Auseinandersetzung beinhaltete eine Vielzahl von Fragen, darunter die Qualifizierung des Klägers, die Anrechnung von Einkünften und die Verjährung von Forderungen. Hier erläutern wir die komplexen Zusammenhänge und die Herausforderungen, die sich daraus ergaben.

Kosten und Vollstreckbarkeit des Urteils

Die Kosten des Berufungsverfahrens sowie des Rechtsstreits in erster Instanz wurden aufgeteilt. Wir werfen einen Blick auf die finanziellen Aspekte des Urteils und die Möglichkeiten zur Vollstreckung oder Abwendung derselben.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Wie wird der Verdienstausfallschaden berechnet und welche Faktoren werden dabei berücksichtigt?

Die Berechnung des Verdienstausfallschadens in Deutschland berücksichtigt verschiedene Faktoren und folgt bestimmten gesetzlichen Vorgaben. Der Verdienstausfallschaden tritt auf, wenn eine Person aufgrund eines Unfalls oder einer anderen schädigenden Situation nicht mehr in der Lage ist, ihre gewohnte Arbeit auszuführen und dadurch Einkommen verliert.

Die Berechnung des Verdienstausfallschadens basiert in der Regel auf dem Einkommen, das die betroffene Person vor dem schädigenden Ereignis erzielt hat. Hierbei werden in der Regel die Einkommensnachweise des letzten Jahres herangezogen. Bei Selbstständigen wird ein Vergleich gezogen, was der Selbstständige erzielt hätte, wenn er sein normales Erwerbsleben hätte fortsetzen können und dem tatsächlichen Verdienst.

Zusätzlich zu den Einkommensnachweisen werden weitere Faktoren wie das Alter, die Qualifikation und das Risiko von Arbeitslosigkeit der betroffenen Person berücksichtigt. Bei Kindern, Schülern, Auszubildenden, Studenten und Arbeitslosen kann die Berechnung des Verdienstausfallschadens besonders komplex sein.

In einigen Fällen kann auch der Arbeitgeber einen Verdienstausfallschaden geltend machen, wenn er einem Arbeitnehmer eine Entgeltfortzahlung leistet.

Es gibt auch Situationen, in denen der Verdienstausfallschaden geschätzt werden muss, beispielsweise wenn der Geschädigte ein Schüler ist und konkrete Berufswünsche hat.

Die Berechnung des Verdienstausfallschadens kann komplex sein und erfordert oft die Hilfe von Experten wie Steuerberatern und Sachverständigen. In einigen Fällen kann es auch notwendig sein, die Hilfe eines Sachverständigen in Anspruch zu nehmen, um unfallunabhängige Faktoren wie die Entwicklung der Konjunktur oder Fehlentscheidungen im Betrieb auszuschließen.

Die Berechnung des Verdienstausfallschadens kann auch durch die sogenannte „Nettolohnmethode“ oder „Bruttolohnmethode“ erfolgen. Bei der „Nettolohnmethode“ wird das Nettoeinkommen der betroffenen Person vor dem schädigenden Ereignis als Grundlage für die Berechnung des Verdienstausfallschadens herangezogen. Bei der „Bruttolohnmethode“ wird das Bruttoeinkommen der betroffenen Person vor dem schädigenden Ereignis als Grundlage für die Berechnung des Verdienstausfallschadens herangezogen.

Es ist auch zu berücksichtigen, dass die betroffene Person eine Schadensminderungspflicht hat. Das bedeutet, dass sie alles in ihrer Macht Stehende tun muss, um den Schaden so gering wie möglich zu halten.

Die Dauer der Bearbeitung eines Verdienstausfallgutachtens und die damit verbundenen Kosten können von verschiedenen Faktoren abhängen, darunter die Art und Besonderheit des vorliegenden Schadensereignisses sowie der Untersuchungszeitraum.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 12 U 65/21 – Urteil vom 27.04.2023

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 05.03.2021 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Cottbus, Az.: 6 O 189/16, teilweise abgeändert.

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Verdienstausfallschaden des Klägers auf Basis eines monatlichen fiktiven Nettoeinkommens i. H. v. 3.041,56 € zu zahlen und zwar vierteljährlich im Voraus jeweils zum 01.01., 01.04., 01.07. und 01.10. eines jeden Jahres ab dem 01.02.2021 bis zum Erreichen des Regelrentenalters des Klägers unter Anrechnung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die auf den unfallbedingten Verdienstausfall entfallende Einkommens- und Kirchensteuer zu ersetzen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 204.255,64 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 108.290,71 € seit dem 28.09.2016, aus einem weiteren Betrag von 35.201,09 € seit dem 09.12.2017, aus einem weiteren Betrag von 9.795,26 € seit dem 09.06.2018 und aus einem weiteren Betrag von 50.968,58 € seit dem 09.01.2021 zu zahlen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weitere Schäden, die ihm in Zukunft anlässlich des Verkehrsunfallereignisses vom … 1999, 14:00 Uhr, welches sich in („Ort 01“) auf der Kreuzung („Straße 01“) zwischen dem Kläger und dem bei der Beklagten zum Unfallzeitpunkt haftpflichtversicherten und von Herrn („Name 01“), geboren am …1923, geführten Pkw Toyota mit dem amtlichen Kennzeichen … ereignete, entstehen, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergehen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird verworfen soweit sie sich gegen die in Ziffer 1. festgestellte Verpflichtung wendet, den Verdienstausfallschaden auf Basis eines monatlichen fiktiven Nettoeinkommens von weniger als 1.350,01 € unter Anrechnung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu regulieren, sowie soweit sich die Beklagte gegen die in Ziffer 3. ausgesprochene Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages von 4.676,81 € nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.01.2021 wendet. Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 15 % und die Beklagte zu 85 % zu tragen.

Von den Kosten des Rechtsstreits I. Instanz haben der Kläger 22 % und die Beklagte 78 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

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Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten materiellen Schadensersatz (Ausgleich von Erwerbsschäden und vermehrten Bedürfnissen) sowie die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, ihm alle weiteren Schäden aus dem Verkehrsunfall vom … 1999 gegen 14:00 Uhr auf der Kreuzung („Straße 01“) in („Ort 01“) zwischen dem Kläger und dem im Unfallzeitpunkt bei der Beklagten haftpflichtversicherten und von Herrn („Name 01“) gefahrenen Pkw Toyota zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen. Der im Unfallzeitpunkt 16-jährige Kläger, der gerade die 10. Klasse abgeschlossen hatte und sich um eine Ausbildung als Industriemechaniker bemühte, erlitt unfallbedingt eine Querschnittslähmung und ist seitdem ständig auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen. Ihre vollständige Haftung für die Unfallschäden stellt die Beklagte nicht in Abrede. Die Parteien streiten hingegen zum einen über die der Schätzung des Erwerbsschadens des Klägers zugrunde liegenden Gesichtspunkte im Hinblick auf eine Qualifizierung des Klägers von einer fiktiven Tätigkeit als Industriemechaniker zu einer Tätigkeit als Techniker im Metallbereich, über die Höhe der vom Kläger insoweit erzielten Einkünfte, über eine Anrechnung der Einkünfte des Klägers aus seiner Teilzeittätigkeit in einem Callcenter und einer von ihm in diesem Zusammenhang bezogenen Rentenzahlung, über die Anrechnung ersparter Aufwendungen sowie teilweise über eine Verjährung der Forderungen. Zum anderen besteht Streit über die Höhe des vom Kaufpreis eines Pkw der Mercedes-V-Klasse, den der Kläger im Sommer 2015 erworben hat, abzuziehenden Betrages im Hinblick auf ein vom Kläger ohne den Unfall erworbenes Fahrzeug sowie schließlich über die Erstattung von Reparaturkosten eines vom Kläger genutzten Elektrorollstuhls „(„Hersteller 01“)“ auf Segway-Basis, dessen Anschaffungskosten die Beklagte noch übernommen hatte. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit am 12.03.2021 verkündetem Urteil hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Verdienstausfallschaden des Klägers auf Basis eines monatlichen fiktiven Nettoeinkommens i. H. v. 3.201,64 € ab dem 01.02.2021 bis zum Erreichen des Regelrentenalters des Klägers unter Anrechnung der von ihm bezogenen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen. Ferner hat das Landgericht eine Verpflichtung des Beklagten festgestellt, dem Kläger die auf den unfallbedingten Ausfall entfallende Einkommens- und Kirchensteuer zu ersetzen sowie eine Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger sämtliche weitere Schäden aus dem Verkehrsunfallereignis vom … 1999 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergehen. Darüber hinaus hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 244.990,35 € sowie einen weiteren Betrag von 6.171,99 € jeweils nebst Zinsen zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Erwerbsminderungsschaden für die Zeit von Januar 2009 bis einschließlich Januar 2021 aus §§ 823 Abs. 1, 842, 843, 252 BGB i. H. v. 233.713,54 €. Im Rahmen des nach §§ 252 S. 2 BGB, § 287 ZPO zu ermittelnden Verdienstausfallschadens sei davon auszugehen, dass der Kläger den Beruf des Industriemechanikers erlernt, spätestens im Jahr 2003 einen Abschluss gemacht und als Industriemechanikergeselle gearbeitet hätte. Ferner sei davon auszugehen, dass er nach zweijähriger Weiterbildung im Jahre 2009 mit der Tätigkeit als Techniker für Maschinentechnik begonnen hätte. Zudem sei davon auszugehen, dass es dem Kläger gelungen wäre, einen Ausbildungsplatz in dem von ihm angestrebten Beruf als Industriemechaniker zu finden, wozu er allerdings voraussichtlich das („Bundesland 01“) hätte veranlassen müssen und einen Ausbildungsplatz sowie eine Arbeitsstelle in („Bundesland 02“) angenommen hätte. Bei der Bestimmung des durchschnittlichen Verdienstes sei auf die entsprechenden Tarifverträge der IG-Metall und insoweit auf eine Vollzeitbeschäftigung im Bereich C 28 Maschinenbau für das Bundesland („Bundesland 02“) abzustellen. Unter Anrechnung der bereits geleisteten Zahlungen der Beklagten ergebe sich für die Jahre 2009 bis einschließlich Januar 2021 ein Nettobetrag von 239.505,99 €. Das vom Kläger im Callcenter erzielte Einkommen sei hierauf nicht anzurechnen. Insoweit handele es sich um eine überobligatorische Tätigkeit des Klägers, da die Tätigkeit im Callcenter ein deutlich geringeres Niveau und gesellschaftliches Ansehen aufweise als die Arbeit als staatlich anerkannter Techniker und der Kläger deshalb nicht verpflichtet gewesen sei, eine entsprechende Tätigkeit überhaupt anzunehmen. Die Rente wegen der zwischenzeitlich eingetretenen teilweisen Erwerbsminderung hinsichtlich seiner Tätigkeit im Callcenter müsse sich der Kläger hingegen anrechnen lassen. Damit verringere sich der Anspruch des Klägers um 5.792,45 € auf 233.713,54 €. Eine Verjährung des Anspruchs für die Jahre 2009 bis 2012 sei nicht eingetreten. Die Beklagte habe diesbezüglich auf die Forderungen des Klägers die Verhandlungen nicht sofort erkennbar abgelehnt, sondern insgesamt über die weiteren Forderungen des Klägers verhandelt. Die Verhandlungen seien erst im Dezember 2015 beendet worden und dann durch Klageerhebung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO ab dem 25.08.2016 weiter gehemmt gewesen. Zudem liege in den zwischenzeitlichen Zahlungen der Beklagten auf den Erwerbsschaden ein Anerkenntnis gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Die Beklagte sei ferner verpflichtet, dem Kläger die auf den unfallbedingten Nettoverdienst entfallende Einkommens- und Kirchensteuer zu ersetzen. Weiter könne der Kläger aus § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB i. V. m. §§ 7, 17, 18 StVG, § 3 Nr. 1 PflVG a. F. wegen seiner vermehrten Bedürfnisse die Kosten für die Beseitigung der an seinem Altfahrzeug Ford S-Max durch den Rollstuhlgebrauch entstandenen Schäden einschließlich der entsprechenden Gutachterkosten i. H. v. 4.676,81 € verlangen. Ferner könne er die Zahlung eines weiteren Betrages von 6.600,00 € auf den Anschaffungspreis des Pkw der Mercedes V-Klasse verlangen, da im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme davon auszugehen sei, dass der Kläger ohne den Unfall lediglich einen Betrag von 13.400,00 € für die Anschaffung eines Fahrzeuges aufgewandt hätte, anstelle des von der Beklagten insoweit angesetzten Betrages von 20.000,00 €. Auch die Reparaturkosten für den von ihm genutzten elektronischen Rollstuhl auf Segway-Basis i. H. v. 6.171,99 € könne der Kläger erstattet verlangen, da die Anschaffung und Benutzung eines solchen Rollstuhls dem Mobilitätsbedürfnis des Klägers Rechnung trage, ihm größtmögliche Selbstständigkeit verschaffe und mit einem positiven gesundheitlichen Effekt verbunden sei. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 15.03.2021 zugestellte Urteil mit am 14.04.2021 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung bis zum 15.06.2021 mit am 14.06.2021 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Beklagte hat gegen das ihr am 16.03.2021 zugestellte Urteil mit am 08.04.2021 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz ebenfalls Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung bis zum 09.06.2021 mit am 08.06.2021 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag zur Berechnung seines Erwerbseinkommens. Er ist weiter der Auffassung, er müsse sich die zwischenzeitlich bezogene Teilerwerbsminderungsrente nicht auf den Erwerbsschaden anrechnen lassen. Die Zahlung der Teilerwerbsminderungsrente beruhe darauf, dass er seine Teilzeittätigkeit als Callcenter-Agent gesundheitsbedingt von ursprünglich 5 auf 4 Stunden täglich habe reduzieren müssen. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, müsse er sich sein Einkommen im Callcenter nicht anrechnen lassen, da es sich um eine überobligatorische Tätigkeit handele. Dies müsse in gleicher Weise für die Teilerwerbsminderungsrente gelten, die allein deshalb gezahlt werde, weil er die überobligatorische Tätigkeit nicht mehr im ursprünglichen Umfang ausüben könne.

Im Hinblick auf die Berufung der Beklagten bezieht sich der Kläger auf sein erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisangeboten und verteidigt das landgerichtliche Urteil. Zu Unrecht nehme die Beklagte eine Verjährung der Position Verdienstausfallschaden für die Jahre 2009 bis 2012 an. Tatsächlich habe es bereits auf der Grundlage seines Schreibens vom 15.05.2012 Verhandlungen über eine rückwirkende Erhöhung des anzusetzenden Verdienstausfalles für die Jahre 2009 bis 2012 gegeben, wobei sich dem Schreiben der Beklagten vom 03.10.2012 ein Angebot zu einer rückwirkenden Anpassung entnehmen lasse. Die Verhandlungen hätten sich bis zum Schreiben der Beklagten vom 09.11.2015 hingezogen. Zudem seien in den regelmäßigen Zahlungen der Beklagten auf die Position Verdienstausfallschaden jeweils entsprechende Anerkenntnisse mit der Folge zu sehen, dass die Verjährungsfrist nach jedem Anerkenntnis wiederum neu in Lauf gesetzt worden sei. Das in der Zahlung liegende Anerkenntnis dem Grunde nach unterbreche die Verjährung der gesamten Forderung. Nicht zu beanstanden sei auch die Prognose des Landgerichtes hinsichtlich seiner beruflichen Entwicklung. Es sei durchaus lebensnah, dass er, der Kläger, sich ohne das Unfallereignis auch in den „alten“ Bundesländern auf einen Ausbildungsplatz beworben hätte. Dabei sei zu berücksichtigen, dass gerade der Unfall eine Ausweitung seiner Suche verhindert habe. Es sei davon auszugehen, dass er einen Ausbildungsplatz und eine Arbeitsstelle in („Bundesland 02“) gefunden hätte, sodass er auch nicht auf das Gehaltsgefüge in der Region („Ort 01“) und dem („Bundesland 01“) zu beschränken sei. Aus den Feststellungen des Sachverständigen („Name 02“) ergebe sich, dass die Qualifikation zum Techniker im Metallbereich der nachvollziehbare nächste Schritt in seinem Erwerbsleben gewesen wäre. Dabei sei zu bestreiten, dass die Tätigkeit eines Technikers im Gegensatz zu einem Industriemeister in der Metallbranche primär theorielastig sei. Zudem sei naheliegend, dass er, der Kläger, im Zweifel auch die hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt hätte. Nicht zu berücksichtigen sei hingegen, dass er nach seiner Ausbildung zum Bürokaufmann weder die Fachhochschulreife nachgeholt noch ein Studium in diesem Bereich aufgenommen habe. Einer entsprechenden Qualifikation habe es nicht bedurft, um Techniker in der Metallbranche werden zu können. Unzutreffend sei die Auffassung der Beklagten, er, der Kläger, müsse sich seine Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Callcenter-Agent anrechnen lassen. Ebenso müsse er sich ersparte berufsbedingte Aufwendungen nicht anrechnen lassen. Dabei sei eine Eigenersparnis bei den Fahrtkosten nicht mehr zu berücksichtigen, weil jeder Arbeitnehmer die Fahrtkosten bereits ab dem ersten Kilometer in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen könne. Auch könne nicht sicher davon ausgegangen werden, dass Verpflegungsmehrkosten bei einer Beschäftigung als Arbeitnehmer entstehen würden. Zudem sei der entsprechende Einwand der Beklagten mangels Darlegung der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO in der Berufungsinstanz nicht zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Kosten des Fahrzeuges werde von Beklagtenseite erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht, dass sich die behindertengerechte Ausstattung des Vorgängerfahrzeuges beim Weiterverkauf preislich günstig ausgewirkt habe. Dies sei zu bestreiten. Ebenso gebe es keine Grundlage für die Annahme der Beklagten, er, der Kläger, hätte sich auch ohne den Unfall ein größeres Fahrzeug gekauft, weshalb er sich einen Betrag von mindestens 20.000,00 € auf die Fahrzeugkosten anrechnen lassen müsse. Auch habe eine Verpflichtung der Beklagten bestanden, ihm die Kosten für die Anschaffung des Spezialrollstuhls („Hersteller 01“) zu erstatten. Mithin seien auch die verfahrensgegenständlichen Reparaturkosten zu ersetzen.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des Tenors zu Ziffer 1. des landgerichtlichen Urteils vom 12.03.2021 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, seinen Verdienstausfallschaden auf Basis eines monatlichen fiktiven Nettoeinkommens i. H. v. 3.201,64 € zu zahlen und zwar vierteljährlich im Voraus jeweils zum 01.01., 01.04., 01.07. und 01.10. eines jeden Jahres ab 01.02.2021 bis zum Erreichen des Regelrentenalters des Klägers,

2. unter Abänderung des Tenors zu Ziffer 3 des landgerichtlichen Urteils vom 12.03.2021 die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 5.792,45 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.01.2021 zu zahlen,

und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, das am 05.03.2021 bzw. 12.03.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus, Az. 6 O 189/16, abzuändern und die Klage mit Ausnahme der vom Landgericht in den Ziffern 2. und 4. des Urteilstenors getroffenen Feststellungen abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache unter Aufhebung des vorerwähnten Urteils und des Verfahrens an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen,

Die Beklagte bezieht sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisangeboten. Fehlerhaft habe das Landgericht die Verjährung des weitergehenden Erwerbsschadens für die Jahre 2009 bis 2012 verneint. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Kläger eine Neuberechnung und Aufstockung des schon zuvor kontinuierlich gezahlten Verdienstausfalls begehrt habe. Deshalb könne die Fortsetzung der Zahlungen auf dem ursprünglichen Niveau nicht als Anerkenntnis im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB angesehen werden. Zu Unrecht habe das Landgericht auch ein Verhandeln hinsichtlich des Verdienstausfallschadens und damit eine Hemmung der Verjährung für diesen Zeitraum angenommen. Verhandlungen seien strikt abgelehnt worden. Sie, die Beklagte, habe sich allenfalls dazu bereit erklärt, eine Neubewertung für die Zeit ab dem 01.04.2013 vorzunehmen. Unzutreffend sei auch die Prognose des Landgerichtes zum beruflichen Werdegang des Klägers. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Ausbildung zum Industriemechaniker in einem anderen Bundesland absolviert hätte. Er habe sich ausnahmslos bei Betrieben und Unternehmen in („Ort 01“) und Umgebung beworben, sodass auf das Gehaltsgefüge in der Region („Ort 01“) bzw. im („Bundesland 01“) und nicht auf die Situation in („Bundesland 02“) abzustellen sei. Ebenso sei nicht nachvollziehbar, dass der nach den Angaben seiner Eltern an praktischer/handwerklicher Arbeit interessierte Kläger eine Weiterbildung zum Techniker anstelle einer Fortbildung zu einem Industriemeister gewählt hätte. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger trotz seiner mit guten Noten abgeschlossen dreijährigen Ausbildung zum Bürokaufmann die Fachhochschulreife nicht nachgeholt und ein Studium nicht aufgenommen habe. Fehlerhaft habe das Landgericht die Einkünfte des Klägers aus seiner Arbeit im Call-Center nicht angerechnet. Die Tätigkeit sei nicht überobligatorisch. Der Kläger sei ausweislich des Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Bund vom … 2019 zu leichten Tätigkeiten in sitzender Haltung im gewissen Umfang in der Lage. Auch sei die Tätigkeit schon im Hinblick auf das Fehlen einer zuvor vom Kläger ausgeübten Vergleichsbeschäftigung nicht sozial unzumutbar. Jedenfalls müsse sich der Kläger einen Abzug für ersparte Aufwendungen von 10 % des fiktiven Nettoeinkommens anrechnen lassen, soweit nicht eine Anrechnung des Erwerbs aus dem Call-Center erfolge. Hinsichtlich des Kaufs des Neufahrzeuges vom Fabrikat Mercedes seien Sowieso-Kosten von 20.000,00 € statt von 13.369,00 € anzurechnen. Es könne nicht angenommen werden, dass der technikbegeisterte Kläger bei gestiegenen Einkommensverhältnissen und fortschreitender Berufsqualifikation sich mit einem Jahreswagen der unteren Klasse begnügt hätte. Auch sei ein erhöhter Verkaufswert des Altfahrzeuges aufgrund der von ihr, der Beklagten, mit einem Betrag von rund 3.800,00 € finanzierten behindertengerechten Ausstattung zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen seien hingegen die Reparaturkosten für den Spezialrollstuhl des Fabrikats („Hersteller 01“). Insoweit sei die Finanzierung der Anschaffung nur aus Kulanz erfolgt. Gerade im Hinblick auf die vom Kläger selbst angegebenen Probleme und Gefahren bei Nutzung des Rollstuhls sei eine entsprechende Verpflichtung und damit auch eine Verpflichtung zur Übernahme der Reparaturkosten zu verneinen.

Die Berufung des Klägers müsse ohne Erfolg bleiben. Wie ausgeführt sei bereits der Ansatz des Klägers fehlerhaft, dass es sich bei seiner Arbeit im Callcenter um eine überobligatorische Tätigkeit handele, hinsichtlich derer eine Einkommensanrechnung nicht stattfinden dürfe. Vielmehr habe eine Anrechnung stattzufinden, was dementsprechend hinsichtlich der Rentenzahlung wegen der eingetretenen weiteren Einschränkung der Erwerbstätigkeit in gleicher Weise zu erfolgen habe. Zudem seien Leistungen der Deutschen Rentenversicherung Bund wegen teilweiser Erwerbsminderung nach allgemeiner Meinung zu einem Verdienstausfallschaden sachlich kongruent. Dies führe zur einem Anspruchsübergang gemäß § 116 SGB X und sei im Rahmen des Vorteilsausgleichs zwingend zu beachten.

II.

1. Das Rechtsmittel der Beklagten ist bereits unzulässig, soweit es sich gegen die in Ziffer 1. des Urteils festgestellte Verpflichtung wendet, den Verdienstausfallschaden des Klägers ab dem 01.02.2021 bis zum Erreichen des Regelrentenalters auf Basis eines monatlichen fiktiven Nettoeinkommens von weniger als 1.350,01 € unter Anrechnung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu regulieren, sowie soweit sich die Beklagte gegen die in Ziffer 3. ausgesprochene Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages von 4.676,81 € wendet.

Für die Zulässigkeit der Berufung ist es gem. § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO erforderlich, dass die Berufungsbegründung erkennen lässt, aus welchen Umständen sich eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben soll. Der Berufungskläger muss sich mithin mit dem angefochtenen Urteil inhaltlich auseinandersetzen. Bei einem teilbaren Streitgegenstand muss sich die Berufungsbegründung in hinreichend bestimmter Weise auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt wird. Soweit eine solche Begründung fehlt, ist die Berufung unzulässig (BGH NJW-RR 2000, S. 1015; Heßler in Zöller, ZPO, Kommentar, 34. Aufl., § 520, Rn. 37). Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung zudem die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche Gründe er ihnen entgegensetzt (BGH NJW-RR 2006, S. 499; NJW 2003, S.3345; NJW 1998, S. 3126). Die Darstellung muss dabei auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BGH NJW-RR 2007, S. 1363; Heßler, a. a. O., Rn. 35).

Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung teilweise nicht. Die Beklagte befasst sich in der Berufungsbegründung mit der Verjährung der Ansprüche wegen des weitergehenden Erwerbsschadens für die Jahre 2009 bis 2012, mit der vom Landgericht vorgenommenen Erhöhung der fiktiven Einkünfte des Klägers über das von ihr selbst bei der Abrechnung zugrunde gelegte fiktive Monatsnettoeinkommen von 2.100,00 € hinaus sowie mit der vom Landgericht nicht vorgenommenen Anrechnung der Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit in einem Call-Center und der deshalb von der Beklagten vorgenommenen Verringerung des fiktiven Monatsnettoeinkommens des Klägers von 2.100,00 € auf 1.350,00 € monatlich. Ferner setzt sich die Beklagte mit der ihrer Ansicht nach fehlerhaften Zuerkennung eines weiteren Betrages von 6.600,00 € für den Kauf eines Neufahrzeuges vom Fabrikat Mercedes durch den Kläger sowie hinsichtlich der Reparaturkosten für den Spezialrollstuhl des Fabrikats („Hersteller 01“) i. H. v. 6.171,99 € auseinander. In keiner Weise wendet sich die Beklagte indes gegen die in Ziffer 1 des Urteilstenors enthaltene Feststellung zur Regulierung des Verdienstausfallschadens auf Basis eines monatlichen fiktiven Nettoeinkommens in Höhe von jedenfalls 1.350,00 € ab dem 01.02.2021, welches die Beklagte selbst ihren bisherigen Abrechnungen und Leistungen zugrundegelegt hat. Ebenso setzt sich die Beklagte in der Berufungsbegründung nicht mit dem in Ziffer 3 des Urteilstenors enthaltenen Teilbetrag von 4.676,81 € auseinander, den das Landgericht dem Kläger mit der Begründung zugesprochen hat, in dieser Höhe sei eine Wertminderung des vom Kläger ursprünglich genutzten Altfahrzeuges durch erhöhte Abnutzungsspuren dieses Kfz infolge des ständigen Ein- und Ausladens des Rollstuhls entstanden, deren Beseitigung einen Betrag von 4.376,81 € netto und deren Feststellung Gutachterkosten von 300,00 € erfordert hätten. Aus der Berufungsbegründung ergibt sich insbesondere nicht, dass die Beklagte dieser Schadensposition einen Vorteil des Klägers in einer bestimmten Höhe entgegenhalten will, der diesem dadurch entstanden sein könnte, dass die Beklagte die behindertengerechte Ausstattung des Altfahrzeuges mit einem Betrag von rund 3.800,00 € finanziert hat, was sich auf den Verkaufspreis des Altfahrzeuges ausgewirkt habe. Zudem wäre es für die Zulässigkeit einer auf diesen Umstand gestützten Berufung gegen die genannte Schadensposition erforderlich, dass bereits in der Berufungsbegründung angeführt wird, warum das erstmals in zweiter Instanz eingeführte Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 ZPO noch zuzulassen ist (vgl. hierzu BGH NJW-RR 2021, S. 1646; BGH MDR 2015, S. 355; Heßler, a. a. O., Rn. 35).

Die weitergehende Berufung der Beklagten und das Rechtsmittel des Klägers sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Beklagte setzt sich im ausgeführten Umfang mit den weiteren vom Landgericht zugesprochenen Schadenspositionen auseinander und zeigt insoweit Rechtsfehler auf, auf denen das Urteil beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO. Gleiches gilt hinsichtlich der Berufung des Klägers bezüglich der von ihm bekämpften Anrechnung der an ihn geleisteten Rentenzahlungen auf den Erwerbsschaden.

2. In der Sache hat das Rechtsmittel der Beklagten nur teilweise Erfolg. Die Berufung des Klägers ist vollständig erfolglos.

a) Der Kläger hat gegen die Beklagte wegen des Unfalls vom … 1999 einen Anspruch auf Ersatz seines Verdienstschadens i. H. v. 199.578,83 € aus §§ 7 Abs. 1, 18, 11 StVG, § 3 PflVG a. F. bzw. aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 843 BGB, § 229 StGB, § 3 PflVG a. F.. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht dabei zwischen den Parteien nicht im Streit.

aa) Für die Zeit vom 01.01.2009 bis einschließlich 31.01.2021 ist ein fiktives Nettoeinkommen des Klägers von 393.969,88 € anzusetzen.

Im Rahmen der Ermittlung des Verdienstausfalls ist eine Prognose hinsichtlich der beruflichen Entwicklung zu treffen, die der Geschädigte ohne den Unfall genommen hätte. Der Geschädigte muss soweit wie möglich konkrete Anhaltspunkte für diese Prognose dartun und gegebenenfalls beweisen. Die Anforderungen an die Prognose dürfen dabei nicht überspannt werden, denn es liegt in der Verantwortlichkeit des Schädigers, dass in die berufliche Entwicklung des Geschädigten eingegriffen wurde (BGH VersR 1998, S. 770; VersR 1995, S. 422; Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 13. Aufl., Rn. 47, 50). Dabei gilt für die Prognose insgesamt wie auch für die Anknüpfungstatsachen der Maßstab des § 287 ZPO (BGH VersR 1995, a. a. O.). Auf der Grundlage gesicherter Anknüpfungspunkte ist ein Wahrscheinlichkeitsurteil über die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge wahrscheinliche berufliche Entwicklung des Geschädigten zu fällen (Küppersbusch/Höher, a. a. O.). Hierin einzubeziehen sind auch die tatsächlichen Erkenntnisse, die sich erst nach dem Unfall ergeben (BGH VersR 2004, S. 874; VersR 1999, S. 106; Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 47). Zwar kommen dem Geschädigten die Beweiserleichterungen der § 252 Satz 2 BGB, § 287 ZPO zu Gute, eine völlig abstrakte Berechnung des Erwerbsschadens ist jedoch nicht möglich; der Verletzte muss vielmehr konkrete Anhaltspunkte und Anknüpfungstatsachen nach diesen Maßstäben dartun und beweisen, die eine Schadensschätzung ermöglichen (BGH VersR 1995, a. a. O.; Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 50). Gerade bei relativ jungen Geschädigten kann allerdings ohne konkrete Anhaltspunkte nicht angenommen werden, dass sie auf Dauer die ihnen zu Gebote stehenden Möglichkeiten für gewinnbringende Erwerbstätigkeit nicht nutzen werden (BGH NJW 1997, S. 937; BGH VersR 2000, S. 1521; Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 53). Gegebenenfalls sind verbleibende Risiken bei der Prognose durch Abschläge zu berücksichtigen (BGH VersR 2000, a. a. O.; Küppersbusch/Höher, a. a. O.). Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, können zudem bei der Prognose die Berufe sowie die Vor- und Weiterbildung der Eltern, ihre Qualifikationen bei der Berufstätigkeit, die beruflichen Pläne für das Kind sowie schulische und berufliche Entwicklungen von Geschwistern herangezogen werden (BGH NJW 2011, S. 1148; OLG Schleswig OLGR 2009, S. 305; OLG Frankfurt VersR 1989, S. 48; OLG Karlsruhe VersR 1989, S. 1101; Pardey in Geigel, Haftpflichtprozess, 28. Aufl., Kap. 4, Rn. 196).

Vorliegend folgt der Senat der Prognose des Landgerichtes, die diese nach umfassender Beweiserhebung durch Vernehmung der Eltern des Klägers und Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen („Name 02“) getroffen sowie umfassend und überzeugend begründet hat. Das Landgericht hat nachvollziehbar ausgeführt, dass der Kläger den Beruf des Industriemechanikers erlernt und spätestens im Jahr 2003 einen Abschluss gemacht sowie zunächst als Industriemechanikergeselle gearbeitet hätte. Insoweit ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass es dem Kläger gelungen wäre, einen Ausbildungsplatz in dem von ihm angestrebten Beruf als Industriemechaniker zu finden, wozu er allerdings voraussichtlich das („Bundesland 01“) hätte veranlassen müssen und einen Ausbildungsplatz sowie eine Arbeitsstelle im Hinblick auf die dort lebende Verwandtschaft des Klägers im („Bundesland 02“) angenommen hätte. Die Ausführungen der Beklagten in der Berufungsinstanz rechtfertigen ein anderes Ergebnis nicht. Die Beklagte beruft sich diesbezüglich darauf, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Ausbildung zum Industriemechaniker in einem anderen Bundesland absolviert hätte. Der Kläger habe sich ausnahmslos bei Betrieben und Unternehmen in („Ort 01“) und Umgebung beworben, sodass auf das Gehaltsgefüge in der Region („Ort 01“) bzw. im („Bundesland 01“) und nicht auf die Situation in („Bundesland 02“) abzustellen sei. Indes hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass es in den hier maßgeblichen Jahren 1999 und 2000 eine schwierige Ausbildungssituation in den neuen Bundesländern gab. Gerade im Hinblick auf die erfolglos gebliebenen Bewerbungen des Klägers bis zum Unfallzeitpunkt – der Kläger ist lediglich in einem Fall zu einem Eignungstest eingeladen worden -, die sowohl der Kläger selbst im Rahmen seiner Anhörung durch das Landgericht am 08.06.2018 bestätigt hat als auch die im gleichen Termin gehörten Zeugen („Name 03, Name 04“), die Eltern des Klägers, ist es daher wahrscheinlich, dass der Kläger trotz seiner zum Ende hin besser gewordenen schulischen Noten einen Ausbildungsplatz in dem erstrebten technischen Beruf in der Umgebung von („Ort 01“) oder sonst im („Bundesland 01“) nicht gefunden hätte. Zugleich haben der Kläger sowie auch die Zeugen deutlich gemacht, dass es dem Kläger darum ging, einen handwerklichen Beruf zu ergreifen. Hierfür sprechen nicht nur die in diese Richtung abgeschickten Bewerbungen, sondern auch die Praktika des Klägers in einem Motorradladen sowie bei einem Reifenservice. Auch im Übrigen haben der Kläger selbst und die Zeugen das starke Interesse des Klägers an technischen Berufen bestätigt. Schließlich ist auch der Vater des Klägers gelernter Schlosser und in diesem Bereich tätig. Dies spricht ebenfalls dafür, dass der Kläger die gleiche Richtung gewählt hätte, auch wenn die Mutter des Klägers gelernte Wirtschaftskauffrau mit Fortbildung zur Dipl.-Betriebswirtin ist und die ältere Schwester des Klägers eine Ausbildung zur Bürokauffrau gemacht hat. Ferner hat der Zeuge („Name 04“) bestätigt, dass die Familie regelmäßig Kontakte zu Verwandten in („Bundesland 02“) gehabt hat, bei denen es auch um eine Arbeitssuche in der dortigen Region und die Möglichkeit gegangen sei, dass der Kläger dort wohnen könne. Dabei arbeiten die Verwandten des Klägers – Cousins seiner Mutter – ebenfalls in technischen Berufen, nämlich bei („Firma 01“) in („Ort 02“) und bei („Firma 02“) in („Ort 03“). Auch sonst hat der Zeuge („Name 04“) bestätigt, dass es durchaus einen kontinuierlichen Kontakt zu dieser Verwandtschaft gegeben hat, die Cousins etwa zwei bis dreimal im Jahr zu Besuch kämen. Ferner hat der Kläger seine Mobilität auch insofern bestätigt, als er nach dem Unfall zur Ausbildung in ein Internat in („Ort 04“) gezogen ist. Dies alles rechtfertigt die Prognose, dass der Kläger zur Ausbildung nach („Bundesland 02“) gegangen wäre, auch wenn der Kläger sich selbst als Familienmenschen bezeichnet. Im Wege der Prognose ist konsequenterweise davon auszugehen, dass der Kläger auch sein weiteres Arbeitsleben in („Bundesland 02“) verbracht hätte. Es ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten auch nicht vorgetragen, dass der Kläger zu einem bestimmten Zeitpunkt sich eine Arbeitsstätte in Raum („Ort 01“) gesucht hätte oder dass die Situation dort so ist, dass der Kläger dort eine vergleichbare und auch vergleichbar bezahlte Arbeit gefunden hätte, bzw. dass es Gründe gegeben hätte, dass der Kläger unter Inkaufnahme eines nicht unerheblichen Lohnnachteils wieder nach Brandenburg zurückgegangen wäre.

Im Ergebnis des eingeholten Gutachtens des Sachverständigen („Name 02“) ist mit dem Landgericht weiter davon auszugehen, dass sich der Kläger für die Qualifizierung zum staatlich anerkannten Techniker im Metallbereich entschieden hätte, da sich diesbezüglich mehr Möglichkeiten eröffnet hätten als bei einer Qualifikation für den Beruf des Industriemeisters. Dass der Kläger nach dem Unfall kein Studium an einer Fachhochschule aufgenommen hat, ist kein Beleg gegen den hypothetischen beruflichen Werdegang zum Techniker. Der Kläger erfüllt nämlich bereits die Voraussetzung für ein solches Studium nicht. Zutreffend hat das Landgericht bei der Bestimmung des durchschnittlichen Verdienstes schließlich auf die Tarifverträge der IG-Metall und insoweit auf eine Vollzeitbeschäftigung im Bereich C 28 Maschinenbau für das Bundesland („Bundesland 02“) abgestellt.

Auch soweit die Beklagte der Auffassung ist, es sei nicht nachvollziehbar, dass der nach den Angaben seiner Eltern an praktischer/handwerklicher Arbeit interessierte Kläger eine Weiterbildung zum Techniker anstelle einer Fortbildung zu einem Industriemeister gewählt hätte, ist ihrer Einschätzung nicht zu folgen, wobei der Senat auch den Vortrag der Beklagten berücksichtigt, dass der Kläger trotz seiner mit guten Noten abgeschlossen dreijährigen Ausbildung zum Bürokaufmann die Fachhochschulreife nicht nachgeholt und ein Studium nicht aufgenommen hat. Zu Recht und von der Beklagten auch nicht beanstandet hat das Landgericht angenommen, dass sich der Kläger in dem fiktiven Beruf weiterqualifiziert hätte. Dafür spricht im Übrigen auch, dass sich der Kläger nach dem Unfall um eine Ausbildung bemüht und hierfür ein Leben im Internat auf sich genommen hat sowie etwa bei der Bundesagentur für Arbeit tätig gewesen ist. Auch die berufliche Entwicklung der Eltern des Klägers, die sich beide erheblich weiterqualifiziert haben, kann als Stütze der Annahme herangezogen werden, dass der Kläger ebenfalls entsprechend gehandelt hätte. Dabei war trotz der im Rahmen der Beweisaufnahme bestätigten Neigung des Klägers zu praktischer/handwerklicher Arbeit entgegen der Ansicht der Beklagten eine Weiterbildung zum Techniker anstelle einer Fortbildung zu einem Industriemeister anzunehmen. Zutreffend hat das Landgericht darauf verwiesen, dass der Beruf des Industriemeisters im Vergleich zum Techniker wesentlich weniger Optionen bietet und überwiegend dem Unternehmensbereich der Produktion zuzuordnen ist. Dies hat der gerichtlich bestellte Sachverständige ausdrücklich festgestellt, wobei er zugleich darauf verwiesen hat, dass der Beruf des staatlich anerkannten Technikers ein höheres Ansehen genießt und auch mit einem höheren Einkommen verbunden ist. Auch in seinem Ergänzungsgutachten vom … 2013 hat der Sachverständige an der Einschätzung festgehalten, dass die Wahl einer Fortbildung zum Techniker sachgerechter gewesen wäre. Der Senat folgt dieser Einschätzung des Sachverständigen und nimmt auch beim Kläger einen entsprechenden Werdegang an. Es ist insoweit davon auszugehen, dass sich der Kläger über beide Optionen der Qualifikation Gedanken gemacht hätte. Zugleich ist nicht ersichtlich, warum er sich dann für die weniger sinnvolle Variante hätte entscheiden sollen, zumal der Kläger im Rahmen seiner Ausbildung zum Bürokaufmann gezeigt hat, dass er durchaus auch bei theoretischer Arbeit zu guten bis sehr guten Leistungen in der Lage ist. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bei der Entscheidung über die Fortbildung zum Techniker bereits einige Berufserfahrung gehabt hat und in der Lage war, die Auswirkungen einer entsprechenden Entscheidung abzuschätzen. Gegen diese Prognose spricht nicht der Umstand, dass der Kläger trotz seiner mit guten Noten abgeschlossen dreijährigen Ausbildung zum Bürokaufmann die Fachhochschulreife nicht nachgeholt und ein Studium nicht aufgenommen hat. Insoweit ist vielmehr zu berücksichtigen, dass es dem Kläger trotz der entsprechenden Ausbildung und einer erfolgreichen – allerdings nur befristeten – Tätigkeit bei der Bundesanstalt für Arbeit nicht gelungen ist, einen Arbeitsplatz in diesem Berufsfeld zu finden, sodass schon vor diesem Hintergrund eine andere Situation besteht, als bei einer Fortbildung aus einem bestehenden und erfolgreichen Arbeitsverhältnis heraus. Dazu kommt, dass der Kläger vor dem Studium zunächst die Fachhochschulreife hätte erlangen müssen, also gleich mehrere Hürden einer Qualifikation entgegenstanden, deren Nutzen im Hinblick auf die erfolglosen Versuche, als Bürokaufmann zu arbeiten, ebenfalls eher zweifelhaft war. Im Hinblick auf die guten Ergebnisse des Klägers im Rahmen seiner Ausbildung kann auch nicht angenommen werden, dass der Kläger an der Qualifikation zum staatlich geprüften Techniker gescheitert wäre. Auch die Beklagte greift in der Berufungsinstanz dieses Argument nicht mehr auf.

Danach ist entsprechend den Ausführungen des Landgerichtes auf Blatt 18 f des Urteils (Bl. 503f GA) zunächst ein fiktives Nettoeinkommen des Klägers für die Zeit vom 01.01.2009 bis einschließlich 31.01.2021 von 393.969,88 € anzusetzen.

bb) Das vom Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit im Callcenter erzielte Einkommen ist auf das fiktive Arbeitseinkommen nicht anzurechnen. Grundsätzlich verpflichtet seine Schadensminderungsobliegenheit gemäß § 254 BGB den Geschädigten, seine verbliebene Arbeitskraft in den Grenzen des Zumutbaren und Möglichen so nutzbringend wie möglich einzusetzen (KG in KGR 2000, S. 239, NZV 2002, S. 95, Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 54, vgl. auch BGH VersR 1994, S. 186). Bezieht der Geschädigte allerdings durch eine „überobligationsmäßige“ Erwerbstätigkeit Einkommen, ist dieses nicht auf den Erwerbsschaden anzurechnen, da das Einkommen dann nicht aus einer zumutbaren Tätigkeit stammt (Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 61). Bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer Ersatztätigkeit sind der Gesundheitszustand des Verletzten, seine Persönlichkeit (Alter, Leistungsfähigkeit, seelische und körperliche Anpassungsfähigkeit, Bildungsgang, Kenntnisse und Fähigkeiten), seine bisherige Erwerbsstellung, die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, Familie und Wohnort zu berücksichtigen. Bedeutung ist insbesondere dem Beruf zuzumessen, den der Geschädigte unfallbedingt nicht mehr ausüben kann; so ist es einem Auszubildenden für einen Handwerksberuf etwa nicht zuzumuten, ersatzweise eine Tätigkeit als ungelernte Arbeitskraft aufzunehmen (KG, a. a. O.; OLG Frankfurt NZV 1991, S. 188). Vorliegend ist die Tätigkeit des Klägers als ungelernter Arbeitnehmer in einem Callcenter im Hinblick auf eine Tätigkeit als staatlich anerkannter Techniker in einem Metallberuf nicht zumutbar, also überobligatorisch. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann nicht darauf abgestellt werden, dass es bezüglich des Klägers an einem Vergleichsberuf fehlt. Vielmehr hat die Vergleichsbetrachtung innerhalb der Prognose der Entwicklung des Klägers ohne das Unfallereignis zu erfolgen, mithin ist auf den danach anzusetzenden Beruf des Klägers abzustellen. Zutreffend hat das Landgericht dabei ausgeführt, dass die Tätigkeit als ungelernter Arbeitnehmer im Callcenter ein deutlich geringeres Niveau und gesellschaftliches Ansehen aufweist als die Arbeit als staatlich anerkannter Techniker, der über eine dreijährige Lehre verfügt und eine Weiterbildung von zwei Jahren auf sich genommen hat. Schon deshalb konnte die Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit vom Kläger nicht verlangt werden. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, eine „Art tatsächlicher Vermutung“ spreche für die Zumutbarkeit einer Tätigkeit, wenn der Geschädigte dieser tatsächlich nachgeht (so allerdings Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 61). Hierdurch würden die vorstehenden Kriterien letztlich ausgehebelt, da in jedem Falle einer tatsächlichen Arbeitsaufnahme durch den Geschädigten auch die Zumutbarkeit dieser Arbeit zu bejahen wäre, selbst wenn der Geschädigte die Arbeit lediglich angenommen hat, um seinem Leben Struktur oder Sinn zu geben, wie dies auch der Kläger vorgetragen hat. Nach allem kommt es auf die gesundheitlichen Möglichkeiten des Klägers, in bestimmten Umfang erwerbstätig zu sein, bereits nicht mehr an.

cc) Das fiktive Nettoeinkommen von 393.969,88 € ist wegen ersparter arbeitsbedingter Aufwendungen des Klägers um 19.698,49 € auf 374.271,39 € zu kürzen.

Nach der allgemeinen Lebenserfahrung spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass ein Geschädigter, der vor dem Unfall erwerbstätig war, Kosten für seinen Beruf aufwenden musste, die er wegen der durch den Unfall erlittenen Arbeitsunfähigkeit nicht mehr hat. Dabei kommt zwar eine regelmäßige pauschale Quotierung in einem bestimmten Prozentsatz vom Einkommen des Geschädigten nicht ohne weiteres in Betracht. Da es dem Schädiger jedoch nicht möglich ist, die dem Geschädigten tatsächlich entstandenen beruflichen Aufwendungen im Einzelnen zu beziffern, genügt es, wenn er zunächst im Wege der Schätzung einen bestimmten Betrag vom bisherigen Einkommen des Geschädigten als Ersparnis berufsbedingter Aufwendungen geltend macht. Dem Geschädigten bleibt es sodann unbenommen, die Behauptung des Schädigers zu widerlegen, dass ihm tatsächlich ein solcher Aufwand durch seine Berufstätigkeit entsteht (OLG Naumburg, SchadPrax 2014, S. 284; 1999, S. 90; OLG Celle, SchadPrax 2006, S. 96; so auch der Senat im Urteil vom 10.06.2010, Az. 12 U 3/09, veröffentlicht etwa in SchadPrax 2011, S. 4). Bei der vorliegend zu treffenden Prognoseentscheidung muss gleiches gelten, wobei der Senat die ersparten berufsbedingten Aufwendungen auf 5 % des Nettoeinkommens schätzt, § 287 ZPO. Auch bei der fiktiv für den Kläger anzusetzenden Tätigkeit kommt grundsätzlich der Anfall von Fahrtkosten, erhöhten Verpflegungskosten gegenüber einer Verköstigung zu Hause und weitere Kosten – etwa für Arbeitskleidung und deren Reinigung – in Betracht (vgl. Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 78). Zudem verfängt die Ansicht des Klägers nicht, eine Ersparnis bei den Fahrtkosten sei nicht zu berücksichtigen, weil jeder Arbeitnehmer die Fahrtkosten bereits ab dem ersten Kilometer in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen könne. Insoweit wird lediglich die Höhe des zu versteuernden Einkommens verringert, die Kosten selbst sind indes gleichwohl zu berücksichtigen. Ebenso greift der Einwand des Klägers nicht durch, es könne nicht sicher davon ausgegangen werden, dass Verpflegungsmehrkosten bei einer Beschäftigung als Arbeitnehmer entstehen würden. Denn vorliegend handelt es sich gerade um eine Prognoseentscheidung. Schließlich steht auch § 531 Abs. 2 ZPO der Berücksichtigung des Abzugs wegen ersparter berufsbedingter Aufwendungen nicht entgegen. Der zu treffenden Prognoseentscheidung zwischen den Parteien liegen bereits keine streitigen Tatsachen zu Grunde (zur Berücksichtigung von neuem Vorbringen, das nicht auf streitigen Tatsachen beruht vgl. etwa BGH NJW-RR 2005, S. 437; NJW 2005, S. 291; Ball in Musielak/Voit, ZPO, Kommentar, 20. Aufl., § 531, Rn. 16). Die Prognose folgt vielmehr aufgrund des Fehlens näherer Erkenntnisse zur konkreten Lebens- und Arbeitssituation des Klägers ohne den Unfall rein abstrakt.

dd) Entgegen der vom Kläger in seiner Berufung vertretenen Ansicht ist mit dem Landgericht hingegen die Rente wegen der zwischenzeitlich eingetretenen teilweisen Erwerbsminderung des Klägers bezogen auf seine Tätigkeit im Callcenter anzurechnen. Damit verringert sich der Anspruch des Klägers um weitere 5.792,45 € auf 368.478,94 €. Wie das Landgericht ausgeführt hat, ist durch die entsprechenden Zahlungen der Deutsche Rentenversicherung Bund ein Anspruchsübergang auf den Sozialversicherungsträger gemäß § 116 SGB X erfolgt. Der entsprechende Forderungsübergang setzt voraus, dass es sich um Sozialleistungen an den Geschädigten handelt, die im Sozialgesetzbuch gesetzlich vorgesehen sind, sowie dass die Sozialleistung aufgrund des Schadensereignisses erbracht wird (Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 583). Auch muss die Leistung des Sozialversicherungsträgers der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen, es muss mithin sachliche Kongruenz zwischen der Leistung des Sozialversicherungsträgers und der eingebüßten Leistung des Geschädigten bestehen (BGH VersR 1981, S. 477; 1979, S. 640; 1973, S. 576; Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 597). Eine solche sachliche Kongruenz ist zwischen dem Erwerbsschaden und einer vom Rentenversicherungsträger gezahlten Erwerbsminderungsrente grundsätzlich anzunehmen (Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 602; Tilman/Breitkreuz in Diering/Timme/Stähle, SGB X, Kommentar, 5. Aufl., § 116 SGB X, Rn. 10). Vorliegend ist neben der sachlichen Kongruenz zwischen dem Erwerbsschaden des Klägers und der bezogenen Erwerbsminderungsrente auch eine Zahlung aufgrund des Schadensereignisses anzunehmen. Die Argumentation des Klägers, er müsse sich die zwischenzeitlich bezogene Teilerwerbsminderungsrente nicht anrechnen lassen, weil diese darauf beruhe, dass er seine Teilzeittätigkeit als Callcenter-Mitarbeiter gesundheitsbedingt von ursprünglich 5 auf 4 Stunden täglich habe reduzieren müssen, und auch das Einkommen im Callcenter nicht anzurechnen sei, weil es sich um eine überobligatorische Tätigkeit handele, berücksichtigt nicht, dass die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers, aufgrund derer er seine Tätigkeit im Callcenter reduzieren musste, wiederum auf die Folgen des Unfalles aus dem Jahre 1999 zurückführen sind. Damit ist die Leistung der Rentenversicherung ebenfalls aufgrund des ursprünglichen Schadensereignisses erfolgt und ein Anspruchsübergang anzunehmen. Es besteht insbesondere kein Anspruch darauf, dauerhaft überobligatorische Tätigkeiten durchführen zu können. Eine andere Situation liegt nur vor, wenn unfallbedingte und unfallunabhängige körperliche Beeinträchtigungen zusammentreffen, etwa bei Zahlung einer Verletztenrente nach einem zweiten Unfall. In diesem Fall kommt ein Regress und damit ein Anspruchsübergang nur wegen des Teils der Rentenzahlungen in Betracht, für den der Erstschädiger verantwortlich ist, sodass zu prüfen ist, ob und in welcher Höhe der Geschädigte ohne den zweiten Unfall ein Erwerbseinkommen trotz des ersten Schadensereignisses erzielt hätte, dass er nunmehr nicht mehr hat (vgl. hierzu Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 583). So liegt der Fall hier aber gerade nicht, da die weiteren Einschränkungen des Klägers nach seinem Vortrag auf dem ursprünglichen Unfall beruhen.

ee) Mit dem Landgericht ist danach unter Anrechnung der bereits geleisteten Zahlungen der Beklagten für die Jahre 2009 bis einschließlich Januar 2021 i. H. v. 154.463,89 € zunächst ein Anspruch des Klägers in Höhe von 214.015,05 € netto anzusetzen.

ff) Schließlich ist der Anspruch des Klägers um einen weiteren Betrag in Höhe von 14.436,22 € auf 199.578,83 € netto zu verringern, weil die auf das Kalenderjahr 2009 entfallenden Forderungen verjährt sind. Weitergehende Ansprüche des Klägers für die Kalenderjahre 2010 bis 2012 sind nicht verjährt.

Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen entstehen mit Fälligkeit der einzelnen Leistung; dies gilt auch für die Forderung auf Ausgleich des Erwerbsschadens (Ellenberger in Grüneberg, BGB, Kommentar, 81. Aufl., § 199, Rn. 3, Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 783, vgl. auch § 197 Abs. 2 BGB). Damit endete die Verjährungsfrist hinsichtlich des Erwerbsschadens betreffend das Jahr 2009 mit Ablauf des 31.12.2012. Für die Ansprüche betreffend die Folgejahre endete die Verjährungsfrist grundsätzlich entsprechend später, so für das Jahr 2010 mit Ablauf des 31.12.2013.

aaa) Allerdings war der Lauf der Verjährungsfrist für die Erwerbsschadensansprüche betreffend die Kalenderjahre 2010 bis 2012 im Hinblick auf die von den Parteien über die Höhe der Erwerbsschadensrente geführten Verhandlungen gemäß § 203 BGB in der Zeit vom 18.02.2013 bis 18.12.2015 gehemmt, während die Hemmung für die zu diesem Zeitpunkt bereits verjährten Ansprüche für das Kalenderjahr 2009 ohne Auswirkung blieb.

Der Begriff der Verhandlungen ist weit auszulegen; es genügt jeder Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, es sei denn, dass der Schuldner sofort erkennbar Verhandlungen ablehnt (BGH NJW 2007, S. 65; NJW-RR 2001, S. 1168; Ellenberger, a. a. O., § 203, Rn. 2). Vorliegend hat der Kläger einen höheren Erwerbsschadensausgleich für die Jahre 2009 bis 2012 (neben anderen Forderungen) erstmals im Schreiben vom 15.02.2013 geltend gemacht, insbesondere in den Schreiben des Klägers vom 15.05. und 14.12.2012 wird ein weiterer Ersatz für den Verdienstausfall im Kalenderjahr 2009 nicht gefordert. Auf das Schreiben des Klägers vom 15.02.2013 hat die Beklagte mit Schreiben vom 04.04.2013 reagiert, wobei eine ausdrückliche Ablehnung der geltend gemachten weiteren Erwerbsschäden für die Kalenderjahre 2009 bis 2012 in dem Schreiben nicht enthalten ist. Vielmehr bietet die Beklagte eine Anpassung der Zahlungen für die Zeit ab dem 01.04.2013 an und äußert sich zu den weiteren Zeiträumen nicht ausdrücklich. Allerdings ist die Erwerbsschadensproblematik als Einheit zu sehen, sodass das Angebot der Beklagten sich auf die Gesamtforderungen des Klägers betreffend die Anpassung des Erwerbsschadens bezieht und es damit an einer erkennbaren Ablehnung der Verhandlung über die weiteren Rückstände für die Kalenderjahre 2009 bis 2012 fehlt, die mit der Zahlung mit abgegolten sein sollten. Damit ist eine Hemmung der Verjährung für den weiteren Erwerbsschaden aus den Kalenderjahren 2009 bis 2012 ab Zugang des Schreibens des Klägers vom 15.02.2013 anzunehmen (vgl. zum Zugang des Forderungsschreibens als Zeitpunkt des Beginns der Verjährungshemmung BGH MDR 1988, S. 570), also bei einer zu unterstellenden normalen Postlauf von drei Tagen ab dem 18.02.2013.

Die Hemmung der Verjährung endet durch Verweigerung der Fortsetzung von Verhandlungen oder durch deren Einschlafen (Ellenberger, a. a. O., Rn. 4). Hier liefen die Verhandlungen zunächst weiter. Die Klägerseite hat auf das Schreiben der Beklagten mit Schreiben vom 26.06.2013 reagiert und das Vergleichsangebot der Gegenseite abgelehnt. Der Kläger hat dann durch das Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 27.08.2013 nochmals den Erwerbsschaden problematisiert. Hierauf erfolgte eine Reaktion der Beklagten mit Schreiben vom 04.09.2013, in der eine weitere Abrechnung für den Zeitraum ab dem 01.04.2013 angeboten wurde. Zwar wird in dem Schreiben der Zeitraum von 2009 bis 2012 nicht ausdrücklich erwähnt, Zahlungen für diesen Zeitraum werden aber auch nicht ausdrücklich abgelehnt. In der Folge gab es nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers in den Jahren 2013 und 2014 wiederholt Telefonate zwischen seinem Prozessbevollmächtigten und dem Sachbearbeiter der Beklagten („Name 05“), in denen auch der Verdienstschaden thematisiert worden ist, sodass auch für die zweite Jahreshälfte 2013 und das Jahr 2014 fortlaufende Verhandlungen anzunehmen sind. Weiterhin gab es am 19.01.2015 ein Gespräch zwischen dem Prozessbevollmächtigten und dem genannten Sachbearbeiter der Beklagten, bei dem die rückwirkende Erhöhung der Position Erwerbsschaden ebenfalls angesprochen worden ist. Mangels Beweisantritt der Beklagten kann nicht festgestellt werden, dass bei diesem Gespräch die Forderung des Klägers nach einer rückwirkenden Erhöhung des Erwerbsschadensausgleichs strikt abgelehnt worden ist und es damit zu einer Beendigung der diesbezüglichen Verhandlungen gekommen ist. Die Verhandlungen sind vielmehr durch das Schreiben der Klägerseite vom 17.06.2015 wieder aufgegriffen worden, woraufhin die Beklagten mit einem Gegenangebot im Schreiben vom 31.07.2015 reagiert hat. Es schloss sich ein Telefonat des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit dem Sachbearbeiter der Beklagten an, das am 20.09.2015 stattfand. Schließlich bot die Beklagte mit Schreiben vom 09.11.2015 an, die in der Zeit bis zum 31.12.2014 geltend gemachten Forderungen mit einem Betrag von 55.000,00 € auszugleichen. In der Folge hat es vor Klageerhebung weitere Verhandlungen nicht gegeben, sodass das Ende der Verhandlungen mit Ablauf der im Schreiben der Beklagten vom 09.11.2015 gesetzten Frist zur Annahme des dort enthaltenen Angebotes auf den 18.12.2015 zu setzen ist.

Nach allem war die Verjährungsfrist betreffend den Verdienstausfall für die Kalenderjahre 2010 bis 2012 in der Zeit vom 18.02.2013 bis zum 18.12.2015 – also für einen Zeitraum von zwei Jahren, zehn Monaten und einem Tag – gehemmt. Im Hinblick auf den Verdienstausfallschaden für das Kalenderjahr 2010 lief die Verjährungsfrist statt am 31.12.2013 erst mit Ablauf des 01.11.2016 ab und wurde damit gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB von der erneuten Hemmung der Verjährungsfrist ab dem 25.08.2016 infolge der an diesem Tage eingereichten und demnächst im Sinne von § 167 ZPO zugestellten Klageschrift erfasst. Dementsprechend sind auch die Ansprüche für die Kalenderjahre 2011 und 2012 nicht verjährt.

bbb) Hinsichtlich des Verdienstausfallschadens für das Kalenderjahr 2009 ist es entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht zu einem Neubeginn der Verjährungsfrist infolge eines Anerkenntnisses der Beklagten durch weitere für das Kalenderjahr 2009 erbrachte Zahlungen gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB gekommen.

Sämtliche Zahlungen auf den Verdienstausfallschaden für das Kalenderjahr 2009 sind bereits im Jahre 2009 erfolgt, nämlich am 03.03., 08.09. und 10.12.2009, also vor Beginn der Verjährungsfrist für die entsprechenden Ansprüche am 01.01.2010.

Ein anderes Ergebnis ist auch nicht im Hinblick auf das Abrechnungsschreiben des Klägers vom 30.04.2010 gerechtfertigt. In dem Schreiben hat der Kläger vielmehr ausgeführt, dass es für das Kalenderjahr 2009 sogar zu einer Überzahlung i. H. v. 343,36 € gekommen ist. Auch die Einigung der Parteien, dass diese Überzahlung als Ausgleich für das dem Kläger durch den Unfall entgangene Weihnachtsgeld für das Kalenderjahr 2009 zu verrechnen ist (Schreiben vom 30.04.2010, dem die Beklagte im Schreiben vom 04.06.2010 zugestimmt hat), betrifft nicht den weiteren Verdienstausfallschaden des Klägers für die einzelnen Kalendermonate des Jahres 2009 und kann daher nicht als Anerkenntnis mit der Folge eines Neubeginns der Verjährungsfrist angesehen werden.

Im Übrigen wären die Ansprüche des Klägers für das Kalenderjahr 2009 auch für den Fall der Annahme eines Neubeginns der Verjährungsfrist infolge des Zugangs des Schreibens vom 04.06.2010, also ab dem 07.06.2010, verjährt. Hierdurch wäre der Ablauf der Verjährungsfrist zwar statt am 31.12.2012 erst mit Ablauf des 06.06.2013 eingetreten, sodass die Verjährungsfrist in der Zeit vom 18.02.2013 bis zum 18.12.2015 gehemmt gewesen wäre. Auch in diesem Fall wäre die Verjährungsfrist jedoch drei Monate und 19 Tage nach Ende der Hemmung am 18.12.2015 abgelaufen, mithin am 06.04.2016 und damit vor der erneuten Hemmung durch die Einreichung der Klageschrift am 25.08.2016.

ccc) Der noch offene und damit verjährte Verdienstausfallschaden für das Jahr 2009 beträgt 14.436,22 €. Auf Grundlage des vom Landgericht für das Jahr 2009 ermittelten monatlichen Zahlungsanspruchs von 2.091,99 € netto errechnet sich ein Betrag von 25.103,88 €. Abzuziehen sind der von der Beklagten bereits gezahlte Betrag von 9.412,47 € sowie die oben bereits vorgenommene Kürzung wegen ersparter berufsbedingter Aufwendungen, die in Höhe von 1.255,19 € auf das Kalenderjahr 2009 entfällt.

b) Der Kläger kann darüber hinaus die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zum Ausgleich seines Verdienstausfallschadens auf Basis eines monatlichen fiktiven Nettoeinkommens von 3.041,56 € ab dem 01.02.2021 bis zum Erreichen des Regelrentenalters unter Anrechnung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus §§ 7 Abs. 1, 18, 11 StVG, § 3 PflVG a. F. bzw. aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 843 BGB, § 229 StGB, § 3 PflVG a. F. verlangen. Insoweit ist auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen. Der vom Landgericht im Übrigen zutreffend ermittelt monatliche Erwerbsschadens von 3.201,64 € netto war dabei im Hinblick auf die ersparten berufsbedingten Aufwendungen von 5 % auf 3.041,56 € zu reduzieren.

c) Der Kläger hat gegen die Beklagte wegen des Unfalls vom … 1999 einen Anspruch auf Ersatz seiner unfallbedingt entstandenen vermehrten Bedürfnisse i. H. v. 4.676,81 € aus § 843 Abs. 1, Abs. 3 BGB, §§ 7 Abs. 1, 18, 11 StVG, § 3 PflVG a. F. bzw. aus §§ 843 Abs. 1, Abs. 3, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 229 StGB, § 3 PflVG a. F..

Vermehrte Bedürfnisse im Sinne von § 843 Abs. 1 BGB sind alle unfallbedingten, ständig wiederkehrenden Aufwendungen, die den Zweck haben, diejenige Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten infolge dauernder Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens entstehen (BGH VersR 2004, S. 482; Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 262). Es muss sich dabei grundsätzlich um Mehraufwendungen handeln, die dauernd und regelmäßig erforderlich sind und die zudem nicht der Wiederherstellung der Gesundheit dienen (BGH, a. a. O.). Neben den wiederkehrenden Aufwendungen, die im Regelfall durch Entrichtung einer Geldrente auszugleichen sind, können auch einmalige Kosten zu ersetzen sein, wenn durch die einmalige Anschaffung eines Hilfsmittels für den Verletzten dessen erhöhtes Bedürfnis für die Zukunft in ausreichendem Maße befriedigt werden kann; dies umfasst etwa verletzungsbedingt erforderliche Mehraufwendungen für Kraftfahrzeuge, z. B. die Kosten für den Einbau von Sonderausrüstung (BGH, a. a. O.; Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 264) oder die Mehrkosten, wenn der Geschädigte ohne den Unfall ein klassenniedrigeres Fahrzeug gefahren hätte (Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 264, Fn. 17).

aa) Zu berücksichtigen ist vorliegend der Betrag von 4.676,81 € wegen der vom Kläger geforderten Erstattung der Reparaturkosten für sein Altfahrzeug Ford S-Max einschließlich der entsprechenden Gutachterkosten. Insoweit fehlt es – wie ausgeführt – bereits an einer zulässigen Berufung der Beklagten.

bb) Ein Anspruch des Klägers besteht hingegen nicht hinsichtlich des vom Landgericht zuerkannten Betrages von 6.600,00 € für die Anschaffung eines Pkw der Mercedes V-Klasse im Sommer 2015.

Insoweit kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass die Anschaffungskosten für das Fahrzeug i. H. v. 82.000,00 € erforderlich waren, weil der Kläger ein entsprechend großes Fahrzeug zum Mitführen seines Rollstuhls benötigt. Im Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme steht indes zur Überzeugung des Senats nach dem Beweismaß des §§ 287 ZPO fest, dass der Kläger bei der Neuanschaffung eines Fahrzeuges im Sommer 2015 ohne den Unfall einen Betrag von 20.000,00 € aufgewandt hätte, der vorliegend von der Beklagten von den Anschaffungskosten von 82.000,00 € in Abzug gebracht worden ist. Der Senat folgt der Einschätzung der Beklagten, dass der Kläger, bei dem ein reges Interesse an Technik und Fahrzeugen in der Beweisaufnahme festgestellt worden ist, sich bei gestiegenen Einkommensverhältnissen und fortschreitender Berufsqualifikation nicht mit einem Jahreswagen der unteren Klasse zu einem Anschaffungspreis von rund 13.400,00 € begnügt hätte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund der von seiner Mutter bestätigten Technikbegeisterung auf eine wenigstens durchschnittliche Motorisierung Wert gelegt hätte, die Anschaffungskosten in der genannten Höhe verursacht hätte. Der Senat vermag auch nicht zu ersehen, dass in der Familie des Klägers allein Kleinwagen in der genannten Preisordnung angeschafft worden sind. So hat der Kläger im Rahmen seiner Anhörung durch das Landgericht etwa den Kauf eines Ford Mondeo angegeben. Auch dies spricht dafür, dass sich der Kläger ohne den Unfall nicht für ein sehr kleines und billiges Fahrzeug entschieden hätte.

cc) Ebenfalls nicht zu erstatten sind dem Kläger die Reparaturkosten für den von ihm genutzten elektronischen Rollstuhl auf Segway-Basis i. H. v. 6.171,99 €.

Wie ausgeführt werden im Rahmen der vermehrten Bedürfnisse lediglich unfallbedingte Mehraufwendungen ersetzt, die den Zweck haben, diejenigen Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten infolge dauernder Beeinträchtigungen seines körperlichen Wohlbefindens entstehen, wobei dies auch bei der Anschaffung eines Rollstuhls gegeben sein kann (BGH VersR 2004, a. a. O.). Allerdings sind Mehraufwendungen des Verletzten nur dann vom Schädiger zu ersetzen, wenn die Beeinträchtigung zu gesteigerten Bedürfnissen des Geschädigten geführt hat, also ein verletzungsbedingter Bedarf etwa als unmittelbare Folge der Beeinträchtigung vorliegt. Auch mittelbare Folgen können zu einer Ersatzpflicht führen, etwa wenn der Verletzte unfallbedingt auf einen Pkw angewiesen ist, um seinen Arbeitsplatz zu erreichen; in diesem Fall beruhen die vermehrten Bedürfnisse auf dem Mobilitätsbedürfnis des Geschädigten (BGH, a. a. O.). Nicht zu erstatten sind Aufwendungen, die dem Bedürfnis des Geschädigten nach Wiederherstellung seiner ursprünglichen Lebensqualität, etwa seiner früheren Mobilität entsprechen; auch soll im Rahmen der vermehrten Bedürfnisse so weit wie möglich ein der früheren Situation möglichst gleichwertiger Zustand hergestellt werden, was bei irreversiblen körperlichen Beeinträchtigungen allerdings nicht möglich ist, sodass der Schädiger dafür zu sorgen hat, dass die materielle Lebensqualität des Geschädigten nicht unter den früheren Standard sinkt (BGH, a. a. O.). Weitergehende immaterielle Beeinträchtigungen und Benachteiligungen, die dem Hobby- bzw. Freizeitbereich zuzuordnen sind, sind hingegen im Rahmen des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen; dies ist etwa der Fall bei dem behindertengerechten Umbau eines Motorrades oder der Anschaffung eines Fahrrades mit Elektromotor, wenn der Geschädigte daneben über einen Pkw verfügt; hingegen kann das Zuggerät für einen Rollstuhl zu erstatten sein, wenn es zu einer Verbesserung konditioneller und koordinativer Ressourcen führt und damit der Wiedererlangung größtmöglicher Mobilität und Selbstständigkeit dient und medizinisch indiziert ist (BGH, a. a. O. OLG Nürnberg ZfS 2016, S. 497; OLG Stuttgart ZfS 2012, S. 198).

Vorliegend verfügt der Kläger bereits über ein behindertengerecht umgebautes Fahrzeug sowie über einen gängigen Rollstuhl. Damit ist seinem Mobilitätsinteresse hinreichend Rechnung getragen und er in die Lage versetzt, die üblichen Ziele örtlich zu erreichen. Soweit er geltend macht, der Rollstuhl versetze ihn darüber hinaus in die Lage, sich auch auf unwegsamem Gelände zu bewegen, ist allein der Freizeitbereich und der Ausgleich der dem Kläger insoweit entgehenden Lebensfreude betroffen. Dem Ausgleich entsprechender Beeinträchtigungen dient indes die Schmerzensgeldzahlung, wobei der Kläger nicht einmal vorträgt, dass er sich auch ohne den Unfall entsprechend bewegt hätte. Auch stehen die genannten Aspekte deutlich im Vordergrund der Nutzung des Spezialrollstuhls durch den Kläger, wie sich aus dessen Angaben im Rahmen seiner Anhörung durch das Landgericht im Termin am 08.01.2021 ergibt. Insoweit hat der Kläger ausgeführt, er setze den Rollstuhl gerade nicht ein, um gesundheitliche Probleme durch die jahrelange Nutzung des üblichen Rollstuhls auszugleichen. Er nutze den Spezialrollstuhl vielmehr außer zu dem vorgenannten Zweck, um gelegentlich zu einer Feier zu kommen oder um längere Wegstrecken zurückzulegen, also in Situationen, in denen es um sein Mobilitätsinteresse geht, dem bereits durch die Anschaffung eines behindertengerecht umgebauten Pkw Rechnung getragen ist. Nach allem ist die Anschaffung des Spezialrollstuhls von den vermehrten Bedürfnissen des Klägers infolge des Unfalles nicht mehr gedeckt, sodass weder die Kosten der Anschaffung, die von der Beklagten allerdings kulanzweise übernommen worden sind, noch die Reparaturkosten von der Beklagten zu tragen sind.

d) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 380.000,00 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1, Abs. 2, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO (Feststellungsantrag Rentenzahlung: 107.575,10 €; Zahlungsansprüche: 251.162,34 €).

Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird gemäß § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG abgeändert und auf bis zu 440.000,00 € festgesetzt, §§ 47 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO (Feststellungsantrag Rentenzahlung: 107.575,10 €; weitere Feststellungsanträge: 25.000,00 €; Zahlungsansprüche: 291.986,70 €).

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