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Verkehrssicherungspflicht für Schlauchbrücke

OLG München; Az.: 8 U 2169/16; Urteil vom 29.07.2016

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 20.04.2016, Aktenzeichen 20 O 9806/15, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und der Nebenintervention.

III. Das in Ziffer I genannte Endurteil des Landgerichts München I und das vorliegende Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Verkehrssicherungspflicht für Schlauchbrücke
Symbolfoto: Von welcomia /Shutterstock.com

Die am … geborene Klägerin macht gegen die Beklagte im Zusammenhang mit einem Sturz Schmerzensgeld-, Schadensersatz- und Feststellungsansprüche geltend.

Die Klägerin wohnt im Haus … in …. Die Beklagte hat auf der anderen Seite der Wohnanlage vor den dort befindlichen Häusern eine Heizzentrale errichtet und betrieben, deren Schläuche mit einer aus Spanplatten bestehenden Schlauchbrücke überdeckt waren. Die Nebenintervenientin zu 1) ist die Verwalterin der Wohnanlage …, die die Beklagte mit der Errichtung und mit dem Betrieb der Heizzentrale beauftragt hat. Der Nebenintervenient zu 2) ist der Inhaber der Firma, die die Schlauchbrücke und die Holzverschalung an der Wand hergestellt hat.

Die Klägerin behauptet, am 02.12.2014 gegen 16.20 Uhr auf Höhe des Hauses … auf der Schlauchbrücke ausgerutscht zu sein und sich hierbei rechts eine Unterschenkelfraktur zugezogen zu haben.

Das Landgericht München I hat die Klage mit Endurteil vom 20.04.2016, Aktenzeichen 20 O 9806/15, kostenpflichtig abgewiesen.

Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz folgende Anträge stellen lassen:

„I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 20.04.2016, Aktenzeichen 20 O 9806/15, aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 3.099,89 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus EUR 1.765,89 seit 03.03.2015 und aus EUR 1.334,00 seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens EUR 10.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 03.03.2015 zu zahlen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dieser durch den Unfall vom 02.12.2014 entstanden ist, soweit die diesbezüglichen Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

V. Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von EUR 1.100,51 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

VI. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits der beiden Instanzen zu tragen.

VII. Das Urteil ist – gegebenenfalls gegen Sicherheitsleistungen – vorläufig vollstreckbar.“

Die Beklagte und die Nebenintervenienten haben die Zurückweisung der Berufung beantragen lassen.

Ergänzend wird auf sämtliche Schriftsätze samt Anlagen, auf sämtliche Sitzungsprotokolle und auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

Durch Senatsbeschluss vom 13.07.2016 ist die Entscheidung des Rechtsstreits dem Einzelrichter übertragen worden.

Im Termin vom 28.07.2016 sind die Zeugen … und … uneidliche vernommen worden. Hinsichtlich ihrer Aussagen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 28.07.2016 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin führt nicht zum Erfolg, da das erstinstanzliche Endurteil vom Ergebnis her richtig ist.

Das Berufungsgericht glaubt der Klägerin, dass sie am 02.12.2014 gegen 16.20 Uhr auf der Schlauchbrücke ausgerutscht ist und sich hierbei rechts eine Unterschenkelfraktur zugezogen hat.

Das Berufungsgericht bleibt auch bei seiner Meinung, dass die Beklagte, die die Heizzentrale errichtet und betrieben hat, verpflichtet war, dafür zu sorgen, dass von dieser Heizzentrale keine übermäßige Gefahr für Fußgänger ausgeht. Zu dieser Heizzentrale gehörten natürlich auch die Schläuche, die von der Schlauchbrücke überdeckt waren. Sie war deshalb dafür verantwortlich, dass die von der Firma des Nebenintervenienten zu 2) angefertigte Schlauchbrücke für Fußgänger ohne nennenswerte Gefahren begehbar war.

Das Berufungsgericht vertritt ebenfalls weiterhin die Auffassung, dass die aus Spanplatten gefertigte Schlauchbrücke, die keine Gummiauflage aufwies, nicht ideal war (vgl. die als Anlagen K 1 bis K 5 vorgelegten Fotos).

Letzteres reicht aber noch nicht aus, um die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 249 ff BGB haften zu lassen, da zur Überzeugung des Berufungsgerichts bei Einhaltung der gebotenen Vorsicht ein sturzfreies Begehen der Schlauchbrücke zum Unfallzeitpunkt möglich gewesen wäre.

Obwohl die Schlauchbrücke etwa ein halbes Jahr vorhanden war, hat es nach Aktenlage keine weiteren Unfälle gegeben.

Die von der Klägerin benannten Zeugen … und … haben glaubhaft angegeben, dass sie während des Vorhandenseins der Schlauchbrücke mehrfach über diese sturzfrei gegangen seien. Bei diesen Überquerungen sei die Schlauchbrücke hin und wieder auch feucht oder sogar nass gewesen.

Der Zeuge …, der wegen seines Pkw-Stellplatzes die Schlauchbrücke häufig begehen musste, hat ergänzend erklärt, dass er beim Überqueren der Schlauchbrücke zwar gelegentlich ins Rutschen gekommen, aber nie gestürzt sei.

Die Neigung der beiden Platten der Schlauchbrücke war nicht übermäßig steil. Außerdem bestand die Möglichkeit seitlich an der Schlauchbrücke auf einem geschätzt 50 cm breiten Streifen vorbeizugehen (vgl. die als Anlagen K 1 bis K 5 vorgelegten Fotos).

Die Klägerin hat ihren Angaben nach vor dem Unfall die Schlauchbrücke als Holzgestell und damit als Hindernis wahrgenommen. Nach ihrer Erklärung war der von ihr vor dem Unfall benutzte Gehweg nass. Deswegen hätte ihr bewusst sein müssen, dass die Schlauchbrücke ebenfalls nass und damit etwas rutschig sein könnte.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände kann es nur durch ein extrem ungeschicktes oder durch ein extrem unvorsichtiges Verhalten der Klägerin zu dem streitgegenständlichen Unfall gekommen sein.

Die Verkehrssicherungspflicht geht aber nicht so weit, dass derjenige, der mit der Verkehrssicherungspflicht belastet ist, dafür zu sorgen hat, dass selbst bei sehr ungeschicktem oder bei sehr unvorsichtigem Verhalten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Unfälle vermieden werden.

Selbst wenn man im vorliegenden Fall eine Pflichtverletzung der Beklagten annähme, was das Berufungsgericht nicht tut, wäre aus den vorgenannten Gründen von einem überwiegenden Mitverschulden der Klägerin auszugehen.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung können bereits bei einem überwiegenden Mitverschulden des Verletzten Haftungsansprüche entfallen (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 75. Auflage, R.-Nr. 64 zu § 254 BGB m.w.N.).

Die Klägerin hat gegen die Beklagte somit keine Schadensersatz-, keine Schmerzensgeld- und keine Feststellungsansprüche.

Letzteres lässt auch Zinsansprüche und den Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten entfallen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 97 Abs. ZPO) und die Kosten der Nebenintervention (§ 101 ZPO) zu tragen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung vorliegt. Das Berufungsgericht hat sich mit seiner Entscheidung an der höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiert, weswegen eine Zulassung der Revision auch nicht aus den Gründen der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung geboten ist.

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