OLG Karlsruhe – Az.: 12 U 155/21 – Urteil vom 20.08.2021
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 15.07.2020, Az. 2 O 365/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Mosbach ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien, zwei Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer, streiten um Ausgleichsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte, nachdem die Klägerin einen am 19.01.2016 in Deutschland eingetretenen Verkehrsunfallschaden gegenüber dem Unfallgeschädigten reguliert hat.
Die Klägerin, eine slowakische Aktiengesellschaft, ist Haftpflichtversicherer der Zugmaschine eines Sattelschleppers mit dem amtlichen slowakischen Kennzeichen …. Die in Österreich ansässige Beklagte war zum Unfallzeitpunkt Haftpflichtversicherer des Anhängers mit dem amtlichen österreichischen Kennzeichen …, der während des Unfallereignisses als Auflieger mit der vorgenannten Zugmaschine des Sattelschleppers verbunden war. Beide Versicherungsverträge wurden nach dem 16.12.2009 geschlossen.
In den für den Versicherungsvertrag der Beklagten hinsichtlich des Anhängers geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung [AKHB 2007]) heißt es auszugsweise:
„Artikel 4
Wo gilt die Versicherung? (Örtlicher Geltungsbereich)
1.Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf Europa im geographischen Sinn, jedenfalls aber auf das Gebiet jener Staaten, die das Übereinkommen zwischen den nationalen Versicherungsbüros der Mitgliedsstaaten des europäischen Wirtschaftsraums und anderer assoziierter Staaten vom 30. Mai 2002 […] unterzeichnet haben (siehe Anlage).
[…]
Artikel 5
Wie ist der Versicherungsschutz im Ausland geregelt?
1. Im Gebiet jener Staaten, für die eine internationale Versicherungskarte (Grüne Karte) ausgestellt oder auf deren Vorlage durch das Übereinkommen […] verzichtet worden ist, erstreckt sich die Versicherung jedenfalls auf den in dem betreffenden Staat für Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen vorgeschriebenen, mindestens jedoch den im Versicherungsvertrag vereinbarten Umfang.
[…]
Artikel 21
Welche Sonderbestimmungen für einzelne Arten von Fahrzeugen und Kennzeichen gibt es?
[…]
2. Anhänger
2.1 Die Versicherung von Anhängern umfasst unbeschadet des Pktes. 2.2 nur die Versicherungsfälle, die nicht mit dem Ziehen des Anhängers durch ein Kraftfahrzeug zusammenhängen. […]
2.2 Die Versicherung von Anhängern umfasst auch Versicherungsfälle, die mit dem Ziehen des Anhängers durch das Zugfahrzeug zusammenhängen und zwar
2.2.1 hinsichtlich der Ersatzansprüche von Insassen eines Omnibusanhängers.
2.2.2. Hinsichtlich der Schäden durch das mit dem Anhänger zur Beförderung gefährlicher Güter beförderte gefährliche Gut […]
2.2.3 Bei Anhängern mit ausländischen Kennzeichen, die das Kennzeichen des inländischen Kraftfahrzeugs führen (§ 83 KFG), sind alle Versicherungsfälle in die Versicherung des Zugfahrzeugs eingeschlossen.“
Der Unfall ereignete sich, da der Fahrer des von den Parteien versicherten Sattelzugs im Bereich einer Baustelle in der Gemarkung der Gemeinde Wertheim auf der BAB 3 die rechte Fahrspur nicht einhielt und dadurch mit dem auf der linken Fahrspur fahrenden Fahrzeug des in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Geschädigten A kollidierte. Dem Geschädigten entstanden durch den Unfall Schäden in einem Umfang von 16.755,27 €, welche die Klägerin vollumfänglich regulierte.
Die Klägerin machte die Hälfte des regulierten Betrags, (gerundet) 8.377,64 €, im Wege des Ausgleichs bei Mehrfachversicherung gegenüber der Beklagten geltend. Diese lehnte eine Zahlung ab.
Die Klägerin hat vorgetragen, es handle sich in der vorliegenden Konstellation um einen nach deutschem Recht zu bewertenden Fall der Mehrfachversicherung, so dass ihr als Versicherer des Zugfahrzeugs ein hälftiger Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte als Versicherer des Anhängers zustehe. Insbesondere könne sich die Beklagte nicht auf eine bloß subsidiäre Haftung berufen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.377,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gericht gerügt und vorgetragen, weder seien die deutschen Regelungen hinsichtlich eines Ausgleichs bei Mehrfachversicherung überhaupt anwendbar, noch wären deren Voraussetzungen erfüllt, da die Beklagte den vorliegenden Fall eines Gespannunfalls eben nicht versichert habe. Ein Rückgriff sei allenfalls bei dem österreichischen Büro Grüne Karte zu nehmen.
Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, auf die Frage nach einem Ausgleichsanspruch zwischen den Parteien als Haftpflichtversicherer eines unfallbeteiligten Gespanns sei deutsches Recht anzuwenden. Da die Verpflichtungen der Parteien aus einem Unfallereignis und mithin aus einem außervertraglichen Schuldverhältnis herrührten, gelte auch im Verhältnis der Parteien zueinander im Ausgangspunkt Art. 19 Rom II-VO bzw. Art. 20 Rom II-VO. Im Verhältnis zu dem Unfallgeschädigten sei hingegen Art. 7 Rom I-VO anwendbar, da der Anspruch auf Schadensersatz aus den jeweiligen Haftpflichtversicherungsverträgen folge. Es finde jedoch auch hiernach deutsches Recht Anwendung, da die Bundesrepublik Deutschland mit der Regelung des Art. 46d EGBGB von der Öffnungsklausel in Art. 7 Abs. 4 lit. b) Rom I-VO Gebrauch gemacht habe und die Versicherungspflicht der Beklagten aufgrund der §§ 1, 4 AuslPfVG auf deutschem Recht beruhe.
Die Einrichtung des Systems „Büro Grüne Karte“ führe zu keiner anderen Beurteilung, da hierdurch lediglich eine zusätzliche Absicherung des Schadensausgleichs und kein Haftungsausschluss geregelt sei.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie wiederholt ihre bereits vor dem Landgericht geäußerte Rechtsauffassung und verweist auf die zwischenzeitliche Änderung des § 78 VVG. Daneben vertieft sie ihre Ausführungen dazu, dass eine Haftung für Gespannunfälle ihrerseits gerade nicht versprochen worden sei. Schließlich ist sie der Auffassung, dass ein Ausgleichsanspruch der Klägerin auch bereits deswegen ausscheide, da es nach dem slowakischen Versicherungsvertragsrecht einen solchen Regress nicht gebe.
Sie beantragt, das Urteil des Landgerichts Mosbach – 2 O 365/19 – vom 15.07.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Hilfsweise regt sie die Zulassung der Revision oder eine Vorlage an den EuGH an.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und verweist insbesondere darauf, dass die Neuregelung des § 78 VVG für den hiesigen Rechtsstreit ohne Belang sei.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.07.2021 verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht einen hälftigen Ausgleichsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte bejaht.
1. Die – als Sachentscheidungsvoraussetzung auch in der Rechtsmittelinstanz von Amts wegen zu prüfende (BGH, Urteil vom 12.04.2011 – XI ZR 101/09 –, Rn. 15, juris) – internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte wurde durch das Landgericht zutreffend bejaht.
a) Geht man von einer Qualifizierung des Regressanspruchs als Anspruch aus unerlaubter Handlung aus, ist eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte auf Grundlage von Art. 7 Nr. 2 EuGVVO gegeben.
aa) Der autonom auszulegende Begriff der unerlaubten Handlung wird weit verstanden und umfasst grundsätzlich sämtliche Klagen, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht aus einem Vertrag i.S.d. Art. 7 Nr. 1 EuGVVO hergeleitet wird (EuGH, Urteil vom 01.10.2002 – C-167/00 –, Rn. 35 m.w.N. juris; EuGH, Urteil vom 13.03.2014 – C-548/12 –, Rn. 20 juris). Vor diesem Hintergrund ist anerkannt, dass auch Regressklagen zwischen mehreren für einen Schaden haftenden Beteiligten unter Art. 7 Nr. 2 EuGVVO fallen, sofern der Regressanspruch sich nicht auf eine vertragliche Abrede zwischen den Parteien gründet (OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.12.2005 – 5 U 71/05 -, Rn. 18 f, juris; Stadler in Musielak/Voit ZPO, 18. Aufl 2021, EuGVVO Art. 7, Rn. 17; Gottwald in MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2017, Art. 7 Brüssel Ia-VO, Rn. 48 jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für den Regress zwischen mehreren Haftpflichtversicherern (OLG Saarbrücken, Urteil vom 14.01.2021 – 4 U 14/20 –, Rn. 46, juris)
bb) Da in Ermangelung einer vertraglichen Abrede zwischen den Parteien zu einem Gesamtschuldnerausgleich vorliegend grundsätzlich allein ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch in Betracht kommt, ist nach der hergebrachten autonomen Auslegung des Begriffs der unerlaubten Handlung in Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ein Deliktsgerichtsstand im Inland gegeben, so dass die Beklagte in Abweichung von Art. 4 EuGVVO in der Bundesrepublik Deutschland, in welcher sich der Verkehrsunfall ereignet hat, in Anspruch genommen werden kann. Dass gegebenenfalls zur Klärung von Vorfragen dieses Anspruchs aus unerlaubter Handlung auch auf die zwischen den Parteien und ihren jeweiligen Versicherungsnehmern abgeschlossenen Verträge abzustellen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 21.01.2016 – C-359/14 und C-475/14 –, Rn. 58, juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 03.03.2021 – IV ZR 312/19 –, Rn. 31, juris) hindert weder die Qualifizierung des Anspruchs als unerlaubte Handlung noch die umfassende Entscheidungsbefugnis deutscher Gerichte über diesen Anspruch (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.1988 – I ZR 201/86 –, Rn. 22, juris; Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl. 2021, EuGVVO Art. 7, Rn. 17).
b) Selbst wenn man den vorliegenden Ausgleichsanspruch entgegen dem oben Dargelegten als einen vertraglichen Anspruch qualifizieren wollte (offen gelassen in BGH, Urteil vom 03.03.2021 – IV ZR 312/19 –, Rn. 30, juris im Anschluss an EuGH, Urteil vom 21.01.2016 – C-359/14 und C-475/14 –, juris), wäre eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aufgrund der rügelosen Einlassung der Beklagten gemäß Art. 26 Abs. 1 EuGVVO gegeben. Zwar hat die Beklagte gegenüber dem Landgericht mit Schriftsatz vom 19.06.2020 die fehlende internationale Zuständigkeit gerügt, diese Rüge erfolgte aber verspätet.
aa) Die Voraussetzungen einer rügelosen Einlassung nach Art. 26 Abs. 1 S. 1 EuGVVO sind dabei nicht nach der lex fori, sondern – ebenso wie das Rügen der Zuständigkeit nach Art. 26 Abs. 1 S. 2 EuGVVO – auf Grund unionsrechtlich autonomer Auslegung zu bestimmen (vgl. nur Gaier in BeckOK ZPO, 40. Edition, Stand 01.03.2021, Brüssel Ia-VO, Art. 26, Rn. 11 m.w.N.). Im Rahmen einer solchen autonomen Auslegung ist eine Einlassung bereits dann zu sehen, wenn der Beklagte die Rüge nicht mit dem ersten Vortrag zur Hauptsache, also mit der Klageerwiderung, erhoben hat (EuGH, Urteil vom 24.06.1981 – C-150/80 –, Rn. 16, juris; Gottwald in MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2017, Brüssel Ia-VO, Art. 26 Rn. 7 m.w.N.).
bb) Mit der Klageerwiderung vom 11.03.2020 erfolgte allerdings keinerlei Vortrag der Beklagten zu Zuständigkeitsfragen, so dass auch eine konkludente Rüge nicht erkannt werden kann. Erstmals mit dem am 26.06.2020 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 19.06.2020 wurde eine fehlende Zuständigkeit gerügt. Damit aber liegt eine rügelose Einlassung i.S.d. Art. 26 Abs. 1 S. 1 EuGVVO vor.
cc) Eine ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts nach Art. 24 EuGVVO ist nicht gegeben, ebenso gehört die Beklagte nicht zu dem besonders schutzbedürftigen Personenkreis des Art. 26 Abs. 2 EuGVVO, so dass ein vorheriger Hinweis auf die Folgen einer rügelosen Einlassung nicht erforderlich war.
2. In der Sache hat das Landgericht zu Recht einen hälftigen Ausgleichsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 78 VVG in der vom 01.01.2008 bis zum 16.07.2020 geltenden Fassung (im Folgenden „a.F.“ genannt) bejaht, da im Innenverhältnis der Parteien als Haftpflichtversicherer deutsches Sachrecht Anwendung findet und die Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs bei Doppelversicherung nach deutschem Recht gegeben sind.
a) Der von der Klägerin geltend gemachte Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte als Versicherer des Anhängers des den Unfall verursachenden Gespanns unterliegt nach den insoweit einschlägigen Verordnungen Rom I und Rom II dem Recht der Bundesrepublik Deutschland. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob der Ausgleichsanspruch allein außervertraglich oder – hinsichtlich einzelner Vorfragen bzw. sogar insgesamt – auch vertraglich zu qualifizieren ist (offen gelassen in BGH, Urteil vom 03.03.2021 – IV ZR 312/19 –, Rn. 30, juris im Anschluss an EuGH, Urteil vom 21.01.2016 – C-359/14 und C-475/14 –, Rn. 56, juris).
aa) Aufgrund der sich aus den jeweiligen Artikeln 1 der Verordnungen Rom I und Rom II ergebenden beabsichtigten Harmonisierung der Kollisionsnormen für vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse in Zivilsachen ist das auf diese Schuldverhältnisse anzuwendende Recht grundsätzlich anhand der Vorschriften einer der beiden Verordnungen zu bestimmen (EuGH, aaO, Rn. 36 ff.; BGH, aaO, Rn. 17 f.). Die zeitliche Anwendbarkeit der Rom I-VO ist gemäß Art. 28 Rom I-VO zu bejahen, da beide Versicherungsverträge nach dem 16.12.2009 geschlossen wurden. Besondere Kollisionsnormen für Regressforderungen zwischen Versicherern sind nicht vorhanden (EuGH, aaO, Rn. 63; BGH, aaO, Rn. 18).
bb) Zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Rom I-VO und der Rom II-VO sind die dort verwendeten Begriffe „vertragliches Schuldverhältnis“ und „außervertragliches Schuldverhältnis“ autonom und vorrangig unter Berücksichtigung der Systematik und der Ziele dieser Verordnungen auszulegen (vgl. EuGH aaO Rn. 43 m. w. N.). Danach bezeichnet der Begriff „vertragliches Schuldverhältnis“ im Sinne von Art. 1 Rom I-VO eine von einer Person gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene rechtliche Verpflichtung, während die Rom II-VO auf Schuldverhältnisse anzuwenden ist, die sich aus einer unerlaubten Handlung, einer ungerechtfertigten Bereicherung, einer Geschäftsführung ohne Auftrag oder eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen ergeben (vgl. EuGH aaO Rn. 44 f.). Mithin ist unter einem „außervertraglichen Schuldverhältnis“ im Sinne der Rom II-VO ein Schuldverhältnis zu verstehen, das seinen Ursprung in einem der in Art. 2 dieser Verordnung angeführten Ereignisse hat (vgl. EuGH aaO Rn. 46).
(1) In Bezug auf den streitgegenständlichen Unfall besteht zwischen den unmittelbaren Unfallbeteiligten und auch zwischen den hiesigen Parteien keinerlei vertragliche Abrede. Die durch das Unfallereignis ausgelösten Schadensersatzpflichten gegenüber dem Geschädigten beruhen grundsätzlich auf einem deliktischen Ereignis, so dass gemäß Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO diesbezüglich deutsches Sachrecht Anwendung findet (vgl. nur BGH, aaO, Rn. 20 m.w.N.). In der Folge ist auch in Bezug auf einen möglichen Ausgleichsanspruch zwischen den zwei aufgrund eines außervertraglichen Schuldverhältnisses dem Unfallgeschädigten zur Leistung verpflichteten Parteien grundsätzlich gemäß Art. 19, 20 Rom II-VO auf das deutsche Sachrecht abzustellen, wobei Art. 19 Rom II-VO nach der Rechtsprechung des EuGH weit zu verstehen ist und nicht lediglich Fälle eines gesetzlichen Forderungsübergangs, sondern auch schuldrechtliche Ausgleichsansprüche zwischen mehreren Ersatzpflichtigen erfasst (EuGH, aaO., Rn. 59, BGH, aaO, Rn. 28, jeweils m.w.N.).
(2) Zu berücksichtigen ist allerdings, dass sich die Einstandspflicht der Parteien als Haftpflichtversicherer nicht allein aus dem Unfallereignis ergibt, sondern dass zusätzlich eine entsprechende Verpflichtung in den jeweiligen Versicherungsverträgen erforderlich ist. Das auf diese versicherungsvertraglichen Regelungen anzuwendende Recht bestimmt sich wiederum nach Art. 7 Rom I-VO (EuGH, aaO., Rn. 54 f. und 58; BGH, aaO Rn. 24 und 31). Dementsprechend ist die Vorfrage zur Anwendbarkeit des Art. 19 Rom II-VO, ob aus den zwischen den jeweiligen Versicherern und ihren Versicherungsnehmern geschlossenen Verträgen überhaupt eine Verpflichtung gegenüber dem Unfallgeschädigten besteht oder bestanden hat, anhand des nach Art. 7 Rom I-VO maßgeblichen Rechts zu beantworten (vgl. EuGH, aaO, BGH, aaO, Rn. 27 m.w.N.).
Weiterhin ist nach den Vorgaben des EuGH Voraussetzung der Anwendung von Art. 19 Rom II-VO, dass das nach Art. 7 Rom I-VO auf den Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Versicherungsnehmer anwendbare Recht einen Forderungsübergang oder Ausgleichsanspruch vorsieht, da nur in diesem Fall auch ein Ausgleich nach dem über Art. 19 Rom II-VO anwendbaren deutschen Sachrecht möglich sei (EuGH, aaO, Rn. 62; BGH, aaO, Rn. 29).
cc) Grundlage eines Ausgleichsanspruchs ist damit zunächst, dass eine Einstandspflicht beider Parteien gegenüber dem Unfallgeschädigten auf Grundlage der jeweiligen Versicherungsverträge bestanden hat und die Klägerin mithin verpflichtete „Dritte“, die Beklagte mithin „Schuldnerin“ im Sinne des Art. 19 Rom II-VO war bzw. ist.
(1) Eine solche vertragliche Einstandspflicht ist vorliegend für beide Seiten zu bejahen, da hinsichtlich beider Parteien gemäß Art. 7 Abs. 4 lit. b Rom I-VO i.V.m. Art. 46d EGBGB auf den jeweils zugrundeliegenden Versicherungsvertrag deutsches Sachrecht Anwendung findet, womit ein Anspruch des Unfallgeschädigten auf Ersatz des Unfallschadens gegen beide Parteien gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG bestanden hat (vgl. hierzu nur BGH, Urteil vom 27.10.2010 – IV ZR 279/08, Rn. 12 ff. juris m.w.N.).
(2) Art. 7 Abs. 4 lit. b Rom I-VO eröffnet den Mitgliedstaaten im Hinblick auf Versicherungsverträge über Risiken, für die ein Mitgliedstaat eine Versicherungspflicht vorschreibt, die Möglichkeit zu bestimmen, dass auf den Versicherungsvertrag das Recht dieses Mitgliedstaats anzuwenden ist (vgl. BGH, Urteil vom 03.03.2021, aaO Rn. 32; BGH, Urteil vom 18.03.2020 – IV ZR 62/19 -, Rn. 16, juris, jeweils m.w.N.). Von dieser Ermächtigung ist in Deutschland durch Art. 46d EGBGB (bis zum 30.06.2018 inhaltsgleich: Art. 46c EGBGB) Gebrauch gemacht worden (vgl. BT-Drucks. 16/12104 S. 6, 10; 18/10822 S. 22). Nach Art. 46d Abs. 1 EGBGB unterliegt ein Versicherungsvertrag über Risiken, für die ein Mitgliedstaat eine Versicherungspflicht vorschreibt, dem Recht dieses Staates, sofern dieser dessen Anwendung vorschreibt. Art. 46d Abs. 2 EGBGB bestimmt, dass ein über eine Pflichtversicherung abgeschlossener Vertrag deutschem Recht unterliegt, wenn die gesetzliche Verpflichtung zu seinem Abschluss auf deutschem Recht beruht.
Letztgenannter Fall ist vorliegend aufgrund der Verpflichtung in §§ 1, 4 AuslPflVG gegeben. Hiernach wird der Halter eines ausländischen Anhängers verpflichtet, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Der Versicherungsvertrag muss dabei den für die Versicherung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit regelmäßigem Standort im Inland geltenden gesetzlichen Bestimmungen über Inhalt und Umfang des Versicherungsschutzes sowie über die Mindestversicherungssummen entsprechen (BGH, Urteil vom 03.03.2021 – IV ZR 312/19 – m, Rn. 33, juris). Unbeachtlich ist dabei, dass gemäß § 2 Abs. 1 lit. b) AuslPflVG unter bestimmten Voraussetzungen (insbesondere: Teilnahme am System Grüne Karte) auch eine Versicherung bei einem ausländischen Versicherer zugelassen wird, da dies an der Verpflichtung zum Abschluss des Vertrags nach deutschem Recht nichts ändert.
(3) Dahinstehen bleiben kann daher, ob nach dem österreichischen oder slowakischen Recht eine vergleichbare Verpflichtung besteht. Selbst wenn, wie die Beklagte vorträgt und was auch der von ihr abgeschlossene Versicherungsvertrag nahelegt, nach österreichischem Recht eine Einstandspflicht für den Anhängerversicherer bei Gespannunfällen nicht gegeben ist, greift die dargelegte deutsche Regelung. Auch hinsichtlich der Klägerin findet auf den zugrundeliegenden Versicherungsvertrag gemäß Art. 7 Abs. 4 lit. b Rom I-VO deutsches Versicherungsrecht Anwendung, womit ein Anspruch des Unfallgeschädigten gegen die Parteien als Gesamtschuldner auf Ersatz des gesamten Unfallschadens gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG bestanden hat. Damit sind beide Parteien aus dem Unfallereignis gegenüber dem Geschädigten im Sinne des § 19 Rom II-VO Verpflichtete gewesen, so dass die erste Voraussetzung für eine Anwendung des über das Deliktsstatut anwendbaren deutschen Ausgleichsanspruchs aus § 78 Abs. 2 S. 1 VVG aF gegeben ist.
dd) Auch die nach den Vorgaben des EuGH für das Bestehen eines Ausgleichsanspruchs gemäß Art. 19 Rom II-VO gegebene weitere Voraussetzung, dass das auf den Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Versicherungsnehmer anzuwendende Recht einen solchen Ausgleich vorsieht (EuGH, aaO., Rn. 62; BGH, Urteil vom 03.03.2021 – IV ZR 312/19 –, Rn. 29), ist im vorliegenden Fall erfüllt.
(1) Gemäß Art. 7 Rom I-VO unterliegt das Versicherungsverhältnis der Klägerin mit dem Halter des in der Slowakei zugelassenen Zugfahrzeuges zwar grundsätzlich slowakischem Recht. Denn nach der gemäß Art. 7 Abs. 6 Rom I-VO i.V.m. Art. 310 und Anhang VII der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit („Solvabilität II“; ABl. EU Nr. L 335 S. 1, nachfolgend Solvabilität II-RL) hier maßgeblichen Begriffsbestimmung in Art. 13 Nr. 13 lit. b Solvabilität II-RL bezeichnet der Ausdruck „Mitgliedstaat, in dem das Risiko belegen ist“ bei der Versicherung von zugelassenen Fahrzeugen aller Art den Zulassungsmitgliedstaat (BGH, Urteil vom 03.03.2021, aaO.; BGH, Urteil vom 18.03.2020 – IV ZR 62/19 -, Rn. 21, juris m.w.N.). Daneben ist aber zu berücksichtigen, dass aufgrund der Öffnungsklausel des Art. 7 Abs. 4 lit. b) Rom I-VO, von welcher in Deutschland mit Art. 46d Abs. 2 EGBGB Gebrauch gemacht wurde, über § 1 Abs. 1 AuslPflVG auch eine Anwendung des deutschen Sachrechts auf das Vertragsverhältnis der Klägerin mit ihrem Versicherungsnehmer angeordnet ist, soweit ein Gebrauch des Fahrzeugs im Inland gegeben ist.
(2) In Bezug auf die Frage, welches Sachrecht bei dieser parallelen Geltungsanordnung auf welche konkreten Ansprüche anzuwenden ist, folgt der Senat der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei einer Anknüpfung an Umstände, die ihren Ursprung in einem Versicherungsvertrag selbst haben, nach dem Rechtsgedanken des Art. 4 Abs. 4 Rom I-VO das Recht des Mitgliedstaats anzuwenden, mit dem der Vertrag die engste Verbindung aufweist (BGH, Urteil vom 18.03.2020 – IV ZR 62/19 –, Rn. 18). Ein derartiger Sachverhalt ist hier allerdings nicht gegeben. Es stehen nämlich nicht in einem Vertrag (zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer) selbst geregelte Regressansprüche oder ähnliche Ansprüche in Streit, sondern vielmehr gesetzliche Ausgleichsansprüche zwischen verschiedenen Versicherern, wobei die durch diese versicherten Risiken zudem in zwei verschiedenen Staaten belegen sind. Für einen solchen Anspruch weist keines der Rechte der Belegenheitsstaaten eine größere Sachnähe auf, insbesondere auch nicht das grundsätzlich für das Innenverhältnis der Klägerin mit ihrem Versicherungsnehmer maßgebliche slowakische Recht. Vielmehr besteht die Verbindung zwischen den Parteien im Wesentlichen aufgrund des hier streitgegenständlichen Unfallereignisses in Deutschland. Es erfolgt damit keine Anknüpfung an Umstände, die ihren Ursprung vorwiegend in vertraglichen Abreden der Klägerin mit ihrem Versicherungsnehmer haben, sondern vielmehr an Umstände, die sich aus dem Gebrauch zweier dem AuslPflVG unterfallender Fahrzeuge im Inland ergeben. Daher erscheint es vorliegend auch sachgerecht, auf die aus dem Unfallereignis herrührende Ausgleichsverpflichtung zwischen den Parteien das gemäß Art. 7 Abs. 4 lit. b) Rom I-VO i.V.m. Art. 46d Abs. 2 EGBGB für einen solchen Gebrauch anwendbare deutsches Sachrecht anzuwenden.
Mithin steht auch das auf den Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Versicherten in Bezug auf das Unfallereignis anzuwendende Sachrecht dem Verweis auf Ausgleichsansprüche nach dem Recht des Unfallortes gemäß Art. 19 Rom II-VO nicht entgegen.
b) Nach dem deutschen Sachrecht ergibt sich, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, ein Ausgleichsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 78 Abs. 2 S. 1 VVG aF, bzw. aus § 78 Abs. 1 VVG aF i.V.m. § 426 Abs. 2 BGB.
aa) Hiernach schuldet die Beklagte der Klägerin den hälftigen Ausgleich ihrer Aufwendungen zur Regulierung der Unfallschäden. Denn bei der Doppelversicherung eines Gespanns aus einem Kraftfahrzeug und einem versicherungspflichtigen Anhänger haben im Regelfall nach einem durch das Gespann verursachten Schaden der Haftpflichtversicherer des Kraftfahrzeugs und der des Anhängers den Schaden bei zeitlicher Anwendbarkeit von § 78 VVG aF im Innenverhältnis je zur Hälfte zu tragen. Zugmaschine und Anhänger bilden insoweit eine Betriebseinheit; die Haftpflichtversicherungen der Zugmaschine einerseits und des Anhängers andererseits begründen für das aus beiden Fahrzeugen gebildete Gespann eine Doppelversicherung im Sinn des § 78 VVG aF. Auf etwaige Subsidiaritätsklauseln kann sich der Versicherer des Anhängers dabei nicht berufen (so grundlegend BGH, Urteil vom 27.10.2010 – IV ZR 279/08 –, BGHZ 187, 211-220, Rn. 9 ff.). Besonderheiten, die ein Abweichen von diesem Regelfall erforderten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
bb) § 78 Abs. 2 S. 2 VVG aF steht dem Ausgleichsanspruch nicht entgegen, da aufgrund der beiderseitigen Anwendung deutschen Sachrechts über Art. 7 Abs. 4 lit. b) Rom I-VO i.V.m. Art. 46d Abs. 2 EGBGB der Anwendungsbereich der Norm nach seinem Zweck bereits nicht eröffnet ist, jedenfalls aber das Prinzip der Gegenseitigkeit (Reziprozität) gewahrt wäre.
cc) Ohne Bedeutung für die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreits ist auch die zum 17.07.2020 in Kraft getretene Änderung des § 78 VVG, da gemäß § 65 Abs. 6 StVG auf Unfälle vor diesem Zeitpunkt das alte Recht anzuwenden ist.
dd) Schließlich ist auch der Verweis der Beklagtenseite auf eine mögliche Regulierung über das Grüne-Karte System nicht entscheidungserheblich. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, lässt eine hierüber möglicherweise gegebene weitere Anspruchsmöglichkeit die nach Gesetz bestehende Haftung unberührt.
c) An der alleinigen Haftung der Halter des Fahrzeuggespanns gegenüber dem Unfallbeteiligten A gemäß Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO i.V.m. § 7 bestehen keine Zweifel. Die Höhe des regulierten Unfallschadens von 16.755,27 € ist unstreitig, so dass sich der hälftige Ausgleichsanspruch wie geltend gemacht auf (gerundet) 8.377,64 € beläuft.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Anlass die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO) bestand nicht, da der Senat weder von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Bezug auf die Beurteilung von Gespannunfällen mit ausländischen Beteiligten abweicht, noch abweichende obergerichtliche Entscheidungen bezüglich der Beurteilung derartiger Unfälle mit zwei ausländischen Beteiligten ersichtlich sind. Auch ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof war nicht veranlasst, da der Senat dessen Urteil vom 21.01.2016 folgt.