LG Gera, Az.: 1 S 256/14, Urteil vom 22.05.2015
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Rudolstadt Zweigstelle Saalfeld vom 05.06.2014 (Az. 1 C 443/13) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat jedoch keinen Erfolg. Die Entscheidung des Amtsgerichts Rudolstadt Zweigstelle Saalfeld beruht nach dem Sach- und Streitstand weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten bezüglich der Regulierung von Ansprüchen aus der Kaskoversicherung. Grundsätzlich kann dem Geschädigten nach einem Verkehrsunfall nicht nur ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Geltendmachung seiner Haftpflichtansprüche, sondern auch ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für die Verhandlungen mit dem Kaskoversicherer zustehen. Dabei ist im Einzelfall zu prüfen, ob für diese Tätigkeit tatsächlich die Einschaltung eines Rechtsanwalts geboten gewesen ist. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (BGH, Urteil vom 08.05.2012, Az. VI ZR 196/11).
Das von der Beklagten in Abrede gestellte Bestehen der Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung an ihren Prozessbevollmächtigten (Innenverhältnis) bedarf keiner weiteren Prüfung, da es vorliegend jedenfalls am Erfordernis der Einschaltung des Prozessbevollmächtigten im sogenannten Außenverhältnis fehlt. Hinreichende Gründe, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin nicht auch ohne anwaltliche Hilfe die ihr zustehenden Ansprüche bei ihrem eigenen Kaskoversicherer hätte anmelden und diesen zur Zahlung hätte auffordern können, sind nach dem Sach- und Streitstand im maßgeblichen Zeitpunkt der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten – im Verhältnis zur Kaskoversicherung – nicht gegeben. In diesem Zeitpunkt bestanden keine Anhaltspunkte, dass der Kaskoversicherer seine Leistungspflicht aus dem mit der Klägerin abgeschlossenen Versicherungsvertrag in Abrede stellen würde (vgl. hierzu BGH, a.a.O.).
So lässt allein der Umstand, dass ein Haftpflichtversicherer mit der Erfüllung seiner Leistungspflicht in Verzug geraten ist, noch keine Rückschlüsse auf das Regulierungsverhalten des mit dem Geschädigten vertraglich verbundenen Kaskoversicherer zu. Eine Leistungsverweigerung durch den gegnerischen Haftpflichtversicherer hat allein keine Auswirkungen auf die vertraglichen Beziehungen des Geschädigten zu ihrem Versicherer (vgl. BGH, a.a.O.). Auch der Verweis auf eine gegebenenfalls erforderliche Abrechnung mit dem Haftpflichtversicherer nach dem Quotenvorrecht genügt nicht, da diese zunächst nicht die eigene Kaskoversicherung betrifft. Auch die allgemeinen Rechtsfolgen der Regulierung durch die Kaskoversicherung (Prämienmehrbelastung und die Vermeidung von Doppelzahlungen) rechtfertigen nach hiesiger Auffassung die Inanspruchnahme anwaltlicher Beratung noch nicht (Kammer, Urteil vom 10.12.2014; Az. 1 S 107/14). So wäre es der Klägerin vorliegend fraglos möglich gewesen, ihre Kaskoversicherung bspw. unter Beifügung des Schreibens ihres Prozessbevollmächtigten an den Haftpflichtversicherer und einer Mitteilung der von der Haftpflichtversicherung unter Vorbehalt geleisteten Zahlung die Kaskoversicherung zur Leistung aufzufordern. Erst wenn diese sodann ihre Leistungspflicht – ganz oder teilweise – in Abrede stellt, Schwierigkeiten auftauchen oder – wie es der Prozessbevollmächtigte der Beklagten formuliert, die Versicherung „Zicken macht“ -‚ besteht aus hiesiger Sicht ein Anlass zur Einschaltung eines Rechtsanwalts.
Soweit die Klägerin darauf verweist, dass die Kaskoversicherung zunächst nicht bereit gewesen sei, „… Versicherungsschutz zu gewähren, da sie erst einmal prüfen wollte, in welchem Umfang Versicherungsschutz zu erbringen ist, dass sichergestellt ist, dass Doppelzahlungen vermieden werden.“ und die Kaskoversicherung nur bereit gewesen sei, Versicherungsschutz unter Abzug der von der Haftpflichtversicherung erbrachten Vorschusszahlungen zu leisten (Vortrag ist seitens der Beklagten bestritten), rechtfertigt dies vorliegend kein anderes Ergebnis. Denn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin war in diesem Zeitpunkt bereits hinsichtlich der Fahrzeugvollversicherung mandatiert. Die Gebühren des Prozessbevollmächtigten waren deshalb bereits angefallen und der von der Klägerin diesbezüglich geltend gemachte Schaden nicht auf ein zögerliches/fehlerhaftes Regulierungsverhalten der Kaskoversicherung zurückzuführen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708Nummer 10, 711,713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nummer 8 EGZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.