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Verkehrsunfall – Erstattungsfähigkeit überhöhter Werkstattrechnungen

AG Erlangen – Az.: 1 C 1012/19 – Urteil vom 17.10.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 172,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.04.2019 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der werkvertraglichen Ansprüche des Klägers gegen das Autohaus … GmbH & Co. KG bezüglich der mit der Rechnung 1971240 vom 14.03.2019 abgerechneten Arbeiten in Höhe des Rechnungsbetrages.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 172,55 € festgesetzt.

Gründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Der Kläger hat den streitgegenständlichen Anspruch schlüssig begründet. Zwar hat die Beklagte in der Erwiderung gegen die Klageforderung Einwände erhoben, diese sind jedoch nicht geeignet, den Klageanspruch zu Fall zu bringen.

Der Anspruch des Klägers auf Restzahlung der Reparaturkosten beruht auf §§ 7 StVG, 249 Abs. 1, Abs. 2, 115 VVG.

Verkehrsunfall - Erstattungsfähigkeit überhöhter Werkstattrechnungen
(Symbolfoto: Von Sergei Gontsarov/Shutterstock.com)

Im Rahmen der Schadensabwicklung nach einem Verkehrsunfall trägt der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer grds. das sog. Werkstattrisiko„, also das Risiko, als Herstellungsaufwand nach § 249 BGB auch die Mehrkosten tragen zu müssen, die ohne eigene Schuld des Geschädigten die von ihm beauftragte Werkstatt infolge unwirtschaftlicher oder unsachgemäßer Maßnahmen verursacht hat. Denn die Werkstatt ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten (BGH, Urteil vom 29. 10. 1974 – VI ZR 42/73).

Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Die Beklagte wendet ein, die Werkstatt habe überhöht abgerechnet, weil sie Verbringungskosten in Rechnung gestellt habe, die entweder gar nicht angefallen sind (weil keine Verbringung stattgefunden habe) oder jedenfalls zu hoch seien. Diese Einwendungen betreffen das Werkstattrisiko und greifen aus o.g. Gründen nicht.

Die Beklagte kann sich jedoch in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 255 BGB etwaige Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt wegen Schlechterfüllung des Reparaturauftrages abtreten lassen (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.1996 – VI ZR 138/95, beck-online in Bezug auf Mietwagenkosten sowie OLG München, Endurteil v. 26.2.2016 – 10 U 579/15 und LG Mannheim, Urteil vom 5.2.2016 – 1 S 119/15 in Bezug auf Sachverständigenkosten). Die Analogie ist hier zulässig, weil es einen gesetzlichen Forderungsübergang der Ansprüche des Ersatzverpflichteten nicht gibt, ohne dass hierfür ein vernünftiger Grund ersichtlich wäre (vgl. MüKoBGB/Oetker, 8. Aufl. 2019, BGB § 255 Rn. 20 m.w.N.). Zudem greift der Normzweck des § 255 BGB als Ausdruck des schadensrechtlichen Bereicherungsverbotes (Ausgleichstheorie) auch in dieser Fallgestaltung.

Die Beklagte hat somit zu Recht ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB geltend gemacht. Sie war daher Zug-um-Zug zu verurteilen gegen Abtretung der Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Reparaturwerkstatt an die Beklagte.

Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zug-um-Zug-Einschränkung bei der Verurteilung bedeutet bei wirtschaftlicher Betrachtung eine nur unwesentliche Einbuße des Klägers, weil die Erfüllung des Zurückbehaltungsrechts für den Kläger keinen nennenswerten Aufwand erfordert (vgl. BeckOK ZPO/Jaspersen, 34. Ed., ZPO § 92 Rn. 29 und OLG Frankfurt a. M. Urt. v. 19.7.2006 – 19 U 80/06, BeckRS 2006, 12435, beck-online).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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