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Verkehrsunfall im Zusammenhang mit einem Spurwechsel

Spurwechsel führt zu langem Rechtsstreit: Gericht bestätigt Schadensersatz

In einem Verkehrsunfall, der aus einem gefährlichen Spurwechsel eines LKWs resultierte und den PKW des Klägers gegen eine Schutzeinrichtung drängte, wurde die Beklagte, die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 12.122,54 EUR verurteilt. Die Klage des Fahrzeugeigentümers war größtenteils erfolgreich, wobei das Gericht die Eigentumsvermutung des Klägers bestätigte und die Behauptung der Beklagten, der Unfall sei absichtlich herbeigeführt worden, zurückwies.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-11 U 154/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das OLG Köln verurteilte die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners zur Zahlung von 12.122,54 EUR Schadensersatz an den Kläger wegen eines Verkehrsunfalls, der durch einen gefährlichen Spurwechsel verursacht wurde.
  • Der Kläger wurde als Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs anerkannt, trotz der Versuche der Beklagten, seine Eigentumsansprüche anzuzweifeln.
  • Der Unfall ereignete sich auf der Autobahn in einem Baustellenbereich, wobei der LKW des Unfallgegners den PKW des Klägers gegen die Begrenzung drängte.
  • Die Beklagte haftet dem Grunde nach in vollem Umfang, da sie den äußeren Unfallhergang nicht ausreichend bestritt und die Vermutung eines absichtlich herbeigeführten Unfalls widerlegen konnte.
  • Die Höhe des Schadensersatzes umfasst Reparaturkosten, eine Wertminderung des Fahrzeugs, Gutachterkosten und eine allgemeine Kostenpauschale.
  • Das Gericht wies die Behauptung der Beklagten zurück, der Unfall sei vom Kläger absichtlich herbeigeführt worden, und stützte sich dabei auf glaubwürdige Zeugenaussagen und fehlende Beweise für eine Unfallmanipulation.
  • Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.

Sicherheit auf der Autobahn

Spurwechsel gehören auf den vielbefahrenen Autobahnen zum Alltag vieler Verkehrsteilnehmer. Doch was für die einen eine Selbstverständlichkeit ist, kann für andere lebensgefährlich sein. Ein unkontrollierter Spurwechsel oder ein Wechsel ohne ausreichende Sicherheitsabstände zählt zu den häufigsten Unfallursachen auf Deutschlands Fernstraßen.

Besonders gefährlich kann ein solches Fahrmanöver in Baustellenbereichen oder bei hoher Verkehrsdichte werden. Enge Fahrbahnen, Spurverengungen und die enorme Wucht der Fahrzeuge potenzieren hier das Unfallrisiko. Um schwere Unfälle mit teils folgenschweren Verletzungen der Insassen oder sogar Todesopfer zu vermeiden, gibt es präzise Regeln zum rücksichtsvollen und vorausschauenden Fahrverhalten.

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➜ Der Fall im Detail


Der Spurwechsel, der zu einem Rechtsstreit führte

Ein Verkehrsunfall auf der BAB 1, verursacht durch einen gefährlichen Spurwechsel eines LKWs, der ein Fahrzeug gegen die Schutzeinrichtung drängte, führte zu einem langwierigen Rechtsstreit.

Fahrspurwechsel Unfall
(Symbolfoto: Song_about_summer /Shutterstock.com)

Der Kläger, Eigentümer des beschädigten PKWs, forderte von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners, vertreten durch die Beklagte, Schadensersatz. Die Auseinandersetzung erreichte das OLG Köln, wo entschieden wurde, ob und in welcher Höhe der Kläger Anspruch auf Entschädigung hat.

Die rechtlichen Fragen im Kern des Falls

Der Fall berührte mehrere komplexe rechtliche Fragen: die Eigentümerschaft des Klägers am beschädigten Fahrzeug, die Haftung der Beklagten für den Schaden, und ob der Unfall möglicherweise vorsätzlich vom Kläger herbeigeführt wurde. Diese Aspekte mussten im Licht des deutschen Verkehrsrechts und der Beweislage sorgfältig geprüft werden. Der Kläger legte zum Nachweis seines Eigentums an dem Fahrzeug sowohl einen Kaufvertrag als auch die Zulassungsbescheinigungen vor, was die Beklagte in Frage stellte, indem sie auf polizeiliche Ermittlungsakten verwies, die Zweifel am Fahrzeugerwerb durch den Kläger aufkommen ließen.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Gericht wies die Argumente der Beklagten zurück und bestätigte die Eigentümerschaft des Klägers. Es fand ebenfalls, dass der Kläger Anspruch auf Schadensersatz hat, da die Beklagte voll haftbar für den durch den Spurwechsel verursachten Unfall ist. Das Gericht entschied, dass die Beklagte 12.122,54 EUR nebst Zinsen sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 837,52 EUR an den Kläger zu zahlen hat. Die Entscheidung berücksichtigte die Unfallbedingtheit der Schäden am Fahrzeug des Klägers und verwarf die Behauptung der Beklagten, der Unfall sei absichtlich vom Kläger herbeigeführt worden, als unbegründet.

Die Beweisführung und ihre Rolle im Urteil

Ein zentrales Element in der Urteilsfindung war die Beweisführung hinsichtlich der Eigentümerschaft und der Unfallumstände. Das Gericht ließ die von der Beklagten vorgelegten polizeilichen Ermittlungsakten nicht zu und stützte sich stattdessen auf die dokumentierten Beweise des Klägers sowie die Zeugenaussagen. Besonders die Schilderungen eines Zeugen, der den Unfall beobachtet hatte, trugen dazu bei, die Version des Klägers zu stützen und die These eines vorsätzlich herbeigeführten Unfalls zu entkräften.

Die juristischen und gesellschaftlichen Implikationen

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung sorgfältiger Beweisprüfung und die Rolle der Gerichte bei der Klärung komplexer Sachverhalte im Verkehrsrecht. Es zeigt auf, wie im deutschen Rechtssystem mit Fällen umgegangen wird, in denen Versicherungen die Ansprüche von Unfallopfern in Frage stellen. Darüber hinaus verdeutlicht der Fall die Notwendigkeit, bei Unfällen Beweise zu sichern und rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um ungerechtfertigten Anschuldigungen entgegenzutreten und Ansprüche durchzusetzen.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Wer haftet bei einem Verkehrsunfall nach einem Spurwechsel?

Bei einem Verkehrsunfall nach einem Spurwechsel haftet grundsätzlich derjenige, der den Spurwechsel vollzogen hat, da beim Spurwechsel gesteigerte Sorgfaltspflichten bestehen. Diese Pflichten ergeben sich aus § 7 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung (StVO), die dem Fahrer, der die Fahrspur wechselt, ein Höchstmaß an Sorgfalt auferlegt. Der Spurwechsler muss sicherstellen, dass durch seinen Fahrstreifenwechsel keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. Dies beinhaltet unter anderem, dass der Spurwechsel rechtzeitig und deutlich angekündigt wird und dass der Fahrer sich durch Blick in die Spiegel und einen Schulterblick vergewissert, dass der Fahrstreifen frei ist.

Kommt es dennoch zu einem Unfall, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Spurwechsler die ihm obliegende Sorgfalt nicht hinreichend beachtet hat. Dies bedeutet, dass in der Regel der Spurwechsler haftet, es sei denn, er kann diesen Anscheinsbeweis entkräften, indem er beispielsweise nachweist, dass der Unfall auch bei Einhaltung aller Sorgfaltspflichten nicht vermeidbar gewesen wäre.

Allerdings kann es auch zu einer geteilten Haftung kommen, wenn der andere Beteiligte ebenfalls Verkehrsregeln missachtet hat oder wenn besondere Umstände vorliegen. Ein Beispiel hierfür ist, wenn der andere Fahrer plötzlich beschleunigt hat und dies für den Spurwechsler nicht voraussehbar war. In solchen Fällen kann eine Teilschuld des anderen Fahrers angenommen werden.

Ein Sonderfall ist das Reißverschlussverfahren, bei dem die Haftung möglicherweise anders beurteilt wird. Beim Reißverschlussverfahren, das beim Zusammenführen zweier Fahrspuren angewendet wird, sind beide Fahrer zu besonderer Sorgfalt und gegenseitiger Rücksichtnahme aufgefordert. Trotzdem bleibt die Grundregel bestehen, dass der Fahrer, der die Spur wechselt, eine gesteigerte Sorgfaltspflicht hat und bei einem Unfall in der Beweispflicht steht, sofern nicht besondere Umstände eine andere Haftungsverteilung rechtfertigen.

Wie weise ich mein Eigentum an einem beschädigten Fahrzeug nach?

Um das Eigentum an einem beschädigten Fahrzeug nachzuweisen, sind in der Regel folgende Dokumente relevant:

  • Kaufvertrag: Dies ist das zentrale Dokument, das den Eigentumsübergang von einem Verkäufer auf einen Käufer belegt. Im Kaufvertrag sind die Details des Kaufs festgehalten, einschließlich der Identität des Verkäufers und des Käufers sowie des Kaufpreises.
  • Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief): Obwohl die Zulassungsbescheinigung Teil II keinen direkten Eigentumsnachweis darstellt, ist sie ein wichtiges Dokument, das Informationen über das Fahrzeug und die Person enthält, die über das Fahrzeug verfügen darf. Sie ist ein Indiz für die Eigentümerstellung, da in der Regel der Eigentümer des Fahrzeugs dort eingetragen ist.
  • Zulassungsbescheinigung Teil I (Fahrzeugschein): Dieses Dokument gibt Auskunft über den Halter des Fahrzeugs, nicht aber zwingend über den Eigentümer. Es ist jedoch üblich, dass der Halter auch der Eigentümer ist, es sei denn, es handelt sich um ein Leasingfahrzeug oder ein Fahrzeug, das von einer anderen Person genutzt wird.
  • Weitere Dokumente: In manchen Fällen können zusätzliche Dokumente wie eine eidesstattliche Versicherung über den Verlust des Fahrzeugbriefs, Fotos des Fahrzeugs oder andere Kaufbelege erforderlich sein, um das Eigentum zu belegen, insbesondere wenn die üblichen Dokumente nicht verfügbar sind.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Besitz des Fahrzeugbriefs allein nicht ausreicht, um das Eigentum am Fahrzeug zu beweisen. Die Gesamtheit der Umstände und Dokumente muss betrachtet werden, um das Eigentum glaubhaft zu machen. Im Schadensfall ist es daher ratsam, alle verfügbaren Dokumente bereitzuhalten, um den Eigentumsnachweis gegenüber Versicherungen oder anderen Parteien zu erbringen.

Kann ein Unfall absichtlich herbeigeführt worden sein und welche Beweise sind dafür nötig?

Ein Unfall kann tatsächlich absichtlich herbeigeführt worden sein, um beispielsweise unrechtmäßig Versicherungsleistungen zu beanspruchen. Dies wird oft als Versicherungsbetrug oder Unfallmanipulation bezeichnet. Der Nachweis, dass ein Unfall absichtlich herbeigeführt wurde, erfordert jedoch eine sorgfältige Untersuchung und die Sammlung von Beweisen. Folgende Indizien und Beweise können dabei relevant sein:

  • Unfallhergang und -dynamik: Experten, wie Unfallrekonstrukteure, analysieren den Unfallhergang und die -dynamik. Ungewöhnliche Schadensbilder oder Unfallabläufe, die physikalischen Gesetzmäßigkeiten widersprechen, können Hinweise auf eine Manipulation sein.
  • Zeugenaussagen: Aussagen von unabhängigen Zeugen können entscheidend sein, um den tatsächlichen Hergang eines Unfalls zu rekonstruieren und Widersprüche in den Darstellungen der Beteiligten aufzudecken.
  • Videoaufnahmen: Überwachungskameras im öffentlichen Raum oder Dashcams können den Unfallhergang aufzeichnen und somit objektive Beweise liefern, die eine Manipulation belegen oder widerlegen können.
  • Kommunikationsdaten: Nachrichten oder Anrufe zwischen den Beteiligten vor dem Unfall können darauf hinweisen, dass der Unfall abgesprochen war. Datenschutzrechtliche Bestimmungen müssen dabei beachtet werden.
  • Häufigkeit und Muster: Wenn eine Person oder ein Fahrzeug in kurzer Zeit in mehrere Unfälle verwickelt ist, kann dies ein Indiz für Unfallmanipulation sein. Ebenso können ähnliche Schadensmuster bei verschiedenen Unfällen verdächtig sein.
  • Gutachten: Technische Gutachten können Aufschluss darüber geben, ob Schäden am Fahrzeug mit dem behaupteten Unfallhergang übereinstimmen oder ob sie möglicherweise vorgetäuscht wurden.
  • Verhalten der Beteiligten: Ungewöhnliches Verhalten nach dem Unfall, wie die sofortige Inanspruchnahme eines bestimmten Abschleppdienstes oder die Weigerung, die Polizei zu rufen, kann ebenfalls auf eine Manipulation hindeuten.

Der Nachweis einer absichtlichen Herbeiführung eines Unfalls ist komplex und erfordert oft die Zusammenarbeit von Versicherungen, Ermittlungsbehörden und Fachexperten. Im Falle eines Verdachts ist es wichtig, alle verfügbaren Informationen und Beweise sorgfältig zu dokumentieren und zu analysieren, um eine fundierte Entscheidung über die Schadensregulierung treffen zu können.

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§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • §§ 7, 18 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Diese Paragraphen regeln die Haftung bei Verkehrsunfällen. Sie sind relevant, um zu verstehen, unter welchen Umständen ein Fahrzeughalter oder -führer für Schäden aus einem Verkehrsunfall haftbar gemacht werden kann. Der Zusammenhang besteht darin, dass die Beklagte aufgrund dieser Vorschriften zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet wurde.
  • § 823 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph bezieht sich auf die Schadensersatzpflicht bei der Verletzung eines Rechtsguts, wie z.B. Eigentum oder Gesundheit. Im vorliegenden Fall ist er relevant, weil der Schadensersatzanspruch des Klägers auch auf dieser Vorschrift basiert.
  • § 115 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Diese Vorschrift regelt die Ansprüche gegenüber der Versicherung des Unfallgegners. Sie ist wichtig, um die Rolle der Haftpflichtversicherung bei der Regulierung des Schadens zu verstehen.
  • § 1006 BGB: Dieser Paragraph betrifft die Vermutung der Eigentümerschaft durch Besitz. Er ist relevant für die Klärung der Eigentumsverhältnisse am beschädigten Fahrzeug und damit für die Frage der Aktivlegitimation des Klägers.
  • § 7 Abs. 5 StVO (Straßenverkehrs-Ordnung): Diese Vorschrift regelt den Fahrstreifenwechsel und ist direkt relevant für den Unfallhergang, da der Unfall durch einen Spurwechsel verursacht wurde.
  • §§ 286, 288 BGB: Diese Paragraphen befassen sich mit dem Verzug und den Verzugszinsen. Sie sind wichtig für die Begründung des Anspruchs auf Zahlung der Zinsen sowie der vorgerichtlichen Anwaltskosten.
  • § 287 ZPO (Zivilprozessordnung): Dieser Paragraph regelt die Schadensschätzung im Zivilprozess. Er ist relevant für die Bewertung der Höhe des Schadens, insbesondere der Wertminderung des Fahrzeugs.
  • §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO: Diese Vorschriften betreffen die Kostenentscheidung in einem Rechtsstreit und sind relevant für die Regelung, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
  • §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO: Diese Paragraphen regeln die vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen und sind für das Verständnis der Durchsetzbarkeit des Urteils vor einer endgültigen Entscheidung wichtig.

Diese Gesetze und Vorschriften bilden die rechtliche Grundlage für die Entscheidungen im Fall des Verkehrsunfalls nach einem Spurwechsel und helfen, die juristischen Zusammenhänge und die Entscheidung des Gerichts zu verstehen.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: I-11 U 154/14 – Urteil vom 22.04.2015

1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 2.10.2014 verkündete Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 22 O 125/13 – wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 12.122,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.11.2011 sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 837,52 EUR zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.

4. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe

(Von einer Darstellung des Sach- und Streitstandes wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO abgesehen.)

I.

Die zulässige Berufung ist ganz überwiegend begründet.

Die Beklagte ist dem Kläger aus dem Unfallsereignis vom 22.09.2011 nach §§ 7, 18 StVG, 823 BGB, § 115 VVG als den Schaden regulierender Haftpflichtversicherer des Unfallsgegners zum Schadensersatz in Höhe von 12.122,54 EUR verpflichtet.

1. Der Kläger ist als Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges aktivlegitimiert. Er hat der Beklagten zum Nachweis seines Eigentums einen schriftlichen Kaufvertrag, der ihn als Käufer ausweist, und die auf ihn ausgestellte Zulassungbescheinigung I (Anl. 2 zur Klageerwiderung, Bl. 43 und 44 d.A.) vorgelegt und im weiteren Verlauf des Verfahrens die ihn ebenfalls als Inhaber aufführende Zulassungbescheinigung II (Bl. 80 d.A.) zur Akte gereicht. Die Beklagte bestreitet zwar unter Hinweis auf die von ihr vorgelegten Auszüge aus polizeilichen Ermittlungsakten, dass der Kläger das Fahrzeug erworben habe (Schriftsatz vom 22.7.2013, Bl. 92 ff. d.A.). Dies ist aber unerheblich. Ungeachtet der Frage, ob die Überlassung der Ermittlungsakten an die Beklagte datenschutzrechtlich zulässig war und ob sie demnach als Beweismittel überhaupt verwertet werden dürfen, sind die aus ihnen hergeleiteten Bedenken nicht geeignet, die Eigentümerstellung in Frage zu stellen. Unstreitig hatte der Kläger unmittelbaren Besitz an dem Fahrzeug. Zu seinen Gunsten gilt daher nach § 1006 Abs. 1 BGB die Vermutung der Erlangung von Eigenbesitz und damit auch der Eigentümerstellung (vgl. BGH NJW 1975, 1269; NJW 1994, 939, 940; NJW-RR 1989, 651; NJW 2004, 317, 319; NJW-RR 2005, 280, 281; Baldus in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 1006 Rdn. 35; Baumgärtel/Prütting/Laumen, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., BGB Sachenrecht, § 872 Rdn. 1 und § 1006 Rdn. 16). Zur Eigentümerstellung des Klägers bedarf es daher keines weiteren Beweises; vielmehr hätte die Beklagte das Gegenteil beweisen müssen (BGH NJW 1994, 939, 940; NJW-RR 2005, 280, 281). Die von ihr unter Bezug auf die Ermittlungsakten angeführten Zweifelsmomente bewegen sich im Bereich der bloßen Spekulation. Sie sind nicht geeignet, die Eigentumsvermutung zu widerlegen. Sonstige Beweise hat die Beklagte nicht angetreten.

2. Die Beklagte haftet dem Grunde nach in vollem Umfang.

a) Der Unfall geschah dadurch, dass der bei der Beklagten versicherte LKW auf der BAB 1 in Fahrtrichtung L in Höhe km 384,6 in einem Baustellbereich vom rechten in Richtung des linken Fahrstreifens ausscherte und das dort in gleicher Fahrtrichtung fahrende Fahrzeug des Klägers gegen die den linken Fahrstreifen begrenzende Schutzeinrichtung drängte. Nach § 7 Abs. 5 StVO darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Wegen der hohen Sorgfaltsanforderungen des § 7 Abs. 5 StVO ist grundsätzlich von einer vollen Haftung des Spurwechslers auszugehen. Steht die Kollision – wie hier – in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Spurwechsel, so spricht der Anscheinsbeweis für die Missachtung der Sorgfaltspflichten, die für den Spurwechsler gelten (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., § 7 StVO Rdn. 25 m.w.N.).

b) Die Beklagte bestreitet den äußeren Unfallhergang nicht konkret, insbesondere stellt sie den Zusammenstoß der Fahrzeuge nicht in Abrede, wendet aber ein, der Unfall sei vom Kläger bewusst herbeigeführt worden. Das Landgericht ist dem gefolgt und hat deshalb die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit Erfolg. Dass er den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hätte, hat die hierfür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht schlüssig dargetan.

Eine Unfallverabredung oder das sonstige bewusste Herbeiführen eines Unfalles durch den KFZ-Eigentümer schließt als Einwilligung in die Sachbeschädigung einen Ersatzanspruch sowohl aus § 823 BGB als auch aus § 7 StVG aus (BGHZ 71, 339, 340; VersR 1978, 865). Hinsichtlich der Beweislast und Beweisführung gelten insofern folgende Grundsätze: Der geschädigte Anspruchsteller hat das äußere Unfallgeschehen, also den Zusammenstoß der beteiligten Fahrzeuge nachzuweisen. Steht das äußere Unfallgeschehen fest, so müssen der Schädiger und sein Versicherer den Nachweis führen, dass der Geschädigte in die Beschädigung seines Fahrzeuges eingewilligt hat (BGHZ 71, 339, 343; VersR 1978, 865; 1979, 281 und 514). Aufgrund der Indizien muss zur Überzeugung des Gerichts ein Unfallhergang festgestellt werden können, der auf eine einverständliche Schädigung hindeutet. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob einzelne Gesichtspunkte für sich genommen einen gestellten Unfall beweisen. Einzelne Indizien können vielmehr ein Mosaik bilden, welches im Gesamtbild erkennen lässt, dass der Unfall fingiert ist (OLG Köln VersR 2014, 996; DAR 2000, 67; VersR 1996, 1292; Senat Beschl. v. 28.1.2004 – 11 U 149/11, BeckRS 2010, 06359). Häufen sich in auffälliger Weise Merkmale, die für gestellte Unfälle typisch sind, und bestehen hierauf deutende gewichtige Verdachtsgründe, so sind an den Indizienbeweis keine zu strengen Anforderungen zu stellen (OLG Köln VersR 2014, 996; DAR 2000, 67; OLG Celle VRS 102 (2002), 258; OLG Düsseldorf Urt. v. 28.5.2013 – 1 U 132/12, BeckRS 2014, 0128 = Schaden-Praxis 2013, 351; Geigel/Kunschert, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., 25. Kapitel Rdn. 12). Es bedarf keines lückenlosen Nachweises. Vielmehr reicht die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Manipulation durch das Aufzeigen einer Vielzahl von Beweisanzeichen aus, die aufgrund ihrer ungewöhnlichen Häufung für einen verabredeten Unfall sprechen (etwa Senat Urteil vom 2.4.2004 – 11 U 213/02; Beschl. v. 13.2.2005 – 11 U 186/05; OLG Köln VersR 2014, 996; VersR 1999, 121 = OLGR 1998, 109; OLGR 1993, 22).

Die vom Landgericht angeführten Indizien rechfertigen weder für sich noch in ihrer Gesamtheit die Annahme, der Kläger habe den Unfall verabredet oder bewusst herbeigeführt. Soweit in der Klageschrift die Fahrtrichtung unzutreffend angegeben wurde, handelte es sich erkennbar um ein auf der insoweit falschen polizeilichen Unfallmitteilung (Bl. 7 d.A.) beruhendes Versehen des Prozessbevollmächtigten, das der Kläger umgehend korrigiert hat. Dass er keine genauen Angaben zu dem LKW des Unfallgegners machen konnte, hat ebenfalls keine Beweisbedeutung, da die Unfallbeteiligung des LKW unbestritten ist. Ebenso wenig Bedeutung kommt dem Umstand zu, ob und in welchem Umfang der Kläger sich mit dem polnischen Fahrer unterhalten hat. Daraus, dass es sich um einen PKW der Oberklasse handelte, der Kläger nach dem streitgegenständlichen Unfall mit dem Fahrzeug noch weitere Unfälle erlitten hat und dass er den Schaden auf Gutachtenbasis abrechnet, kann ebenfalls nicht auf eine Unfallmanipulation geschlossen werden. Dass das Fahrzeug einen reparierten Vorschaden aufwies und der Tachostand manipuliert worden war, ergab sich erst aus dem von der Beklagten vorgelegten Leasingübergabeprotokoll der Vorbesitzerin (Bl. 50 d.A.), das dem Kläger nicht bekannt sein musste.

Im Übrigen fehlen wesentliche für einen fingierten Unfalls typische Beweisanzeichen (dazu etwa OLG Köln VersR 2014, 996; OLG Düsseldorf a.a.O.; Geigel/Kunschert a.a.O. Rdn. 13): Der Unfall geschah am frühen Abend im fließenden Berufsverkehr. Es waren somit Zeugen vorhanden, die nicht dem „Umfeld“ des Klägers zuordnen sind. Vor allem wurde die Kollision durch ein nicht vom Kläger eingeleitetes, gefährliches Fahrmanöver herbeigeführt. Das hat der Zeuge I bei seiner Vernehmung durch das Landgericht eindrucksvoll und glaubhaft geschildert: Er habe beobachtet, wie der LKW zu schlingern anfing und den PKW, der sich am hinteren Ende des Lkw befunden habe, in Richtung Mittelplanke touchiert und gedrängt habe. Er habe bereits durch die Beobachtung einen mächtigen Schock bekommen, die Situation sei extrem knapp gewesen. Er habe aus Angst um den Fahrer kurz angehalten und mit dem Fahrer des PKW – also dem Kläger – kurz gesprochen. Dieser sei zwar handlungsfähig, aber sichtlich mitgenommen gewesen. Für einen gestellten Unfall ist aber typisch, dass er nicht schwer beherrschbar und nicht mit der vom Zeugen berichteten und nach der Art der Unfallumstände – Durchfahren einer Autobahnbaustelle während des Berufsverkehrs auf dem der Gefahr eines Zusammenstoßes mit dem Gegenverkehr in besonderem Maße ausgesetzten linken Fahrstreifen – offensichtlichen und erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit des beteiligten Fahrers verbunden ist (vgl. OLG Frankfurt Schaden-Praxis 2010, 106; Geigel/Kunschert a.a.O.). Die Unbeherrschbarkeit und besondere Gefahrenträchtigkeit des Unfallherganges ist im Gegenteil ein ganz gewichtiger Umstand, der für einen nicht gestellten Unfall spricht. Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen I sind nicht ersichtlich und werden auch von der Beklagten nicht erhoben. Er ist zufällig Zeuge des Unfallgeschehens geworden und stand in keiner persönlichen Beziehung zum Kläger. Auch ist der vom Landgericht beauftragte Sachverständige N. zu dem Ergebnis gelangt, dass sich aus technischer Hinsicht der Unfall so ereignet haben könne, wie der Kläger vorgetragen habe. Zudem hegt der Senat nach dem persönlichen Eindruck, den er in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, keine durchgreifenden Zweifel an Glaubwürdigkeit des Klägers.

3. Der Höhe nach sind die vom Kläger geltend gemachten Schäden mit geringen Abstrichen zu ersetzen.

Die geltend gemachten Reparaturkosten in Höhe von 9.991,14 EUR hat der Kläger durch Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen O vom 27.9.2011 (Anl. K 2, Bl. 8 ff. d.A.) belegt. Die Unfallbedingtheit der dort aufgeführten Schäden und die für ihre Beseitigung anfallenden Kosten hat die Beklagte – worauf der Senat der mündlichen Verhandlung auch anhand der Fotos aus dem Unfallrekonstruktionsgutachten (Bl. 259 ff. d.A.) und unter Berücksichtigung des von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zitierten Passage aus dem Gutachten der E hingewiesen hat – nicht konkret bestritten. Das gilt auch in Bezug auf die Schäden an der linken Fahrzeugseite. Der gerichtliche Sachverständige hat in seinem Unfallrekonstruktionsgutachten keine Zweifel daran geäußert, dass diese Schäden gleichermaßen auf das Unfallgeschehen zurückzuführen sind. Dass das Gutachten des Sachverständigen O keine Angaben zum Restwert enthält, ist unerheblich, weil ein wirtschaftlicher Totalschaden in Anbetracht des geringen Fahrzeugalters und des vom Sachverständigen veranschlagten Wertes vergleichbarer Fahrzeuge von 22.500,– EUR offenkundig ausschied.

Der Sachverständige O hat eine Wertminderung des Fahrzeuges in Höhe von 1.200,– EUR angenommen. Diese Wertminderung sei trotz der hohen Laufleistung gerechtfertigt und könne keinesfalls unter Hinweis auf die Kilometerleistung ausgeschlossen werden. Der Sachverständige hat dabei den vom Tacho abgelesenen Kilometerstand von 180.224 km zugrundegelegt. Allerdings wies das Fahrzeug unstreitig eine um 33.500 km höhere Laufleistung auf (zur Zeit des Kaufes: 213.500 gegenüber 179.000 km). Unter deren Berücksichtigung schätzt der Senat die Wertminderung auf 1.000,– EUR (§ 287 ZPO).

Nicht begründet ist der Anspruch auf Ersatz von Nutzungsausfall. Der Anspruch besteht nicht, wenn der Einsatz eines Zweitfahrzeuges möglich und zumutbar ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 249 Rdn. 42). Der Kläger ist dem Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung, dass er Halter von zwei weiteren Fahrzeugen sei (Bl. 41 d.A.), nicht entgegengetreten.

Damit ergibt sich unter Einbeziehung der Gutachterkosten und der allgemeinen Kostenpauschale ein ersatzfähiger Gesamtschaden von 12.122,54 EUR (Reparaturkosten 9.991,14 EUR, Wertminderung 1.000,– EUR Gutachterkosten 1.106,40 EUR, allgemeine Kostenpauschale 25,– EUR).

4. Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten und der Zinsanspruch sind aus dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet (§§ 286, 288 BGB).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen.

Berufungsstreitwert: 13.393,54 EUR

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