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Verkehrsunfall – Kollision zwischen Pkw und Walzenzug

LG Bonn – Az.: 1 O 195/16 – Urteil vom 18.11.2016

Der Beklagte zu 2. wird verurteilt,

a) an die Klägerin 3.989,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2016 zu zahlen

und

b) die Klägerin von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 347,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2016 freizustellen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 67% und der Beklagte zu 2. zu 33%. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte zu 2. zu 33%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. werden der Klägerin auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. trägt die Klägerin zu 33%. Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils für die Beklagten vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 08.03.2016 gegen 16:30 Uhr im Baustellenbereich des „Badeparadieses F“, U Allee …, … F, ereignete. Die Beklagte zu 1. war von der X3 GmbH mit dort im Bereich des Außengeländes vorzunehmenden Arbeiten beauftragt worden, die Klägerin war mit der Durchführung von Metallarbeiten beauftragt. Der Beklagte zu 2. ist Mitarbeiter der Beklagten zu 1.

Am Unfalltag befuhr der Zeugen N mit dem Fahrzeug der Klägerin, einem W mit dem amtlichen Kennzeichen $$ – && …, zum Zwecke der Anlieferung in den Baustellenbereich hinein und dort rückwärts eine Rampe hoch. Im Bereich der Rampe fuhr der Beklagte zu 2. mit einer auf die Beklagte zu 1. zugelassenen Straßenwalze, einem Walzenzug C §§ … §-…, rückwärts auf das sich hinter ihm befindende Klägerfahrzeug. Hierdurch entstanden an dem W die in der Rechnung der Autohaus H GmbH & Co. KG vom 11.03.2016 (Anlage K02 = Bl…. – … d.A.) beschriebenen Schäden mit Reparaturkosten in Höhe von netto 5.106,52 EUR. Ferner entstanden der Klägerin durch den Unfall Abschleppkosten in Höhe von netto 151,26 EUR und Sachverständigengebühren von netto 701,00 EUR.

Die Klägerin behauptet, der Zeuge N sei zum Erreichen der Anlieferstelle zunächst im Abstand von einigen Metern hinter der Straßenwalze gefahren. Nachdem er die Rampe erreicht habe, habe er den Kleintransporter angehalten. Zu diesem Zeitpunkt sei die Walze noch in Fahrtrichtung nach vorne gefahren. Dann habe der Zeuge N den Rückwärtsgang eingelegt, den W langsam zurückgesetzt und dabei den rückwärtigen Bereich hinter dem Transporter beobachtet. Als der Zeuge sodann während des Rückwärtsfahrens auch nach vorne geschaut habe, habe er erkannt, dass sich die Walze nunmehr ebenfalls rückwärtsfahrend auf den W zubewegte. Der Zeuge N habe daraufhin – was zwischen den Parteien unstreitig ist – noch gehupt, dennoch habe der Beklagte zu 2. seine Fahrt fortgesetzt und sei dann – unstreitig – mit dem Klägerfahrzeug kollidiert.

Die eingangs bezeichneten Schadenspositionen nebst einer Auslagenpauschale von 25,00 EUR sowie Rechtsanwaltskosten gemäß Rechnung vom 22.03.2016 (Anlage K07 = Bl…. d.A.) macht die Klägerin mit der Klage geltend.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 5.983,78 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2016 sowie von außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 480,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2016 freizustellen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Walzenzug erreiche nur eine Höchstgeschwindigkeit von 11 km/h. Der Beklagte zu 2. sei bereits seit 19 Jahren bei der Beklagten zu 1. tätig, ohne einen Schaden verursacht zu haben. Als der Zeuge N auf den Walzenzug zugefahren sei, habe sich der Beklagte zu 2. mit dem Walzenzug „bei der Arbeit“ befunden und sei mehrmals mit einer Geschwindigkeit von 5 km/h vor- und zurückgefahren, um den Boden zu verdichten. Als der Zeuge N die Rampe hochgefahren sei, sei dieser plötzlich zum Stehen gekommen, vermutlich weil dem Zeugen N der Motor aufgrund der Steigung ausgegangen sei. Erst als der Zeuge N wieder losfahren wollte, habe er bemerkt, dass sich der Walzenzug wieder zurückbewegte. Als der Zeuge N gemerkt habe, dass er es nicht mehr rechtzeitig schaffen würde, weiterzufahren, habe er zu hupen begonnen, was der Beklagte zu 2. aufgrund der Betriebsgeräusche des Walzenzuges nicht habe hören können. Zusätzlich habe der Walzenzug einen Warnton abgegeben, sobald der Rückwärtsgang eingelegt wurde. Der Zeuge N habe sich vor seiner Rückwärtsfahrt nicht ausreichend darüber vergewissert, ob ausreichend Platz und Zeit für die Fahrt bestanden habe und dadurch den Unfall verursacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen und Lichtbilder Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Zeugenvernehmung. Wegen des Inhaltes und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls der mündlichen Verhandlung vom 07.10.2016 (Bl…. – … d. A.) nebst Anlagen (Lichtbilder und Skizze = Bl…. – … d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 2. einen Anspruch auf Zahlung von 3.989,19 EUR nebst Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 347,60 EUR aus den §§ 823 Abs.1, 249 Abs.1 und Abs.2 Satz 1, 251 Abs.1 und analog 257 Satz 1 BGB. Weitergehende Ansprüche gegen den Beklagten zu 2. und Ansprüche gegen den Beklagten zu 1. bestehen nicht.

1. Der Beklagte zu 2. hat das Fahrzeug der Klägerin fahrlässig und damit gemäß § 276 Abs.1 BGB schuldhaft beschädigt. Er ist der Klägerin daher gemäß § 823 Abs.1 BGB zum Ersatz der der Klägerin daraus entstandenen Schadens verpflichtet.

a) Eine (gesamtschuldnerische) Haftung der Beklagten zu 1. und 2. aus den §§ 18 Abs.1 Satz 1, 7 Abs.1 StVG kommt demgegenüber nicht Betracht, da der unfallbeteiligte Walzenzug der Beklagten zu 1. bauartbedingt auf ebener Bahn keine höhere Geschwindigkeit als 20 km/h fahren kann. Denn die Beklagten haben durch Vorlage der Betriebs- und Wartungsanleitung nebst den darin enthaltenen technischen Daten (Anlage B1 = Bl…. – … d.A.) des auf den eingereichten Lichtbildern (Anlage K01 = Bl…. – … d.A.) gut zu identifizierenden Walzenzuges belegt, dass diese technischen Voraussetzungen von § 8 Ziffer 1. StVG vorliegen. Die Klägerin, die diese Voraussetzungen auf den allgemeinen vorgerichtlichen Hinweis der Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1. (Anlage K08 = Bl…. d.A.) noch in der Klageschrift mit Nichtwissen bestritten hat, ist dem substantiierten prozessualen Vorbringen der Beklagten aus der Klageerwiderung nicht mehr entgegen getreten (§ 138 Abs.3 ZPO).

Die daraus folgende Anwendung von § 8 Ziffer 1. StVG schließt neben der dort ausdrücklich genannten Halterhaftung (§ 7 StVG) der Beklagten zu 1. auch Ansprüche gegen den Beklagten zu 2. als Fahrzeugführer nach § 18 Abs.1 Satz 1 StVG aus (OLG Hamm NJW-RR 2014, 281, 282; Geigel/Kaufmann, Der Haftpflichtprozess, 27.Aufl. 2015, 25.Kap. Rd.278).

b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte zu 2. bei der zur Kollision mit dem Klägerfahrzeug führenden Rückwärtsfahrt des Walzenzuges die objektiv im Verkehr erforderliche Sorgfalt im Sinne von § 276 Abs.2 BGB außer Acht gelassen und dadurch den Unfall fahrlässig verschuldet hat. Denn der Beklagte zu 2. hat den rückwärtigen Raum hinter dem Walzenzuges während des Zurücksetzens des Zuges nicht hinreichend beobachtet (arg. § 9 Abs.5 StVO). Hätte er sich demgegenüber auch nach hinten orientiert und überprüft, ob sich in diesem Bereich Hindernisse befinden, so hätte er das Klägerfahrzeug wahrnehmen und den Unfall vermeiden können.

Dies folgt zunächst aus den eigenen Schilderungen des Geschehens durch den Beklagten zu 2., der sich bei dem Fahrmanöver im Zuge der von ihm durchzuführenden Verdichtungsarbeiten kurz vor der Kollision im wesentlichen durch Blick in den linken Spiegel darauf konzentriert hat, dass er mit dem Reifen des Walzenzuges an den sich an der Kante des Fahrstreifens befindenden Pinnen (vgl. Lichtbild Bl…. d.A., dort links im Bild) vorbeikommt (S.2 des Sitzungsprotokolls). Auf das sich hinter ihm befindende Klägerfahrzeug ist der Beklagte zu 2. (erst) aufmerksam geworden, als er nach vorne geblickt und die Handzeichen der Mitarbeiter gesehen hat.

Diese Schilderungen stimmen mit den glaubhaften Aussagen der Zeugen N und B überein. Der Zeuge B hat anschaulich beschrieben, wie er (voraus-) gesehen hat, dass sich die Kollision ereignen würde, als der Beklagte zu 2. weiter auf den hinter ihm stehenden W zugefahren sei und man deshalb gewunken habe, der Beklagte zu 2. sich aber auf die Pinnen an der Seite konzentriert habe (S.8 des Sitzungsprotokolls). Auch der Zeuge N hat einleuchtend und sorgfältig geschildert, dass er zunächst der Walze hinterhergefahren sei, dann in die Seitenspiegel geschaut habe, um rückwärts den Rampenbereich hochzufahren, dann vor dem Blick in den rechten Spiegel gesehen habe, dass sich die zuvor 4 Meter entfernte Walze nunmehr noch knapp einen Meter vor ihm befunden habe, er dann gestanden und gehupt habe, es indes sodann zur Kollision durch den weiter rückwärtsfahrenden Walzenzug gekommen sei (S.4 und S.5 des Sitzungsprotokolls). Diese Angaben der Zeugen zu dem Geschehensablauf lassen sich ohne weiteres mit den auf den von dem Zeugen N gefertigten Lichtbildern (Anlage K01 = Bl…. – … d.A.; Anlage zum Sitzungsprotokoll = Bl…. – … d.A.) abgebildeten Örtlichkeiten, der Kollisionsstelle und der Endstellung des verunfallten Klägerfahrzeuges in Einklang bringen und sind insgesamt überzeugend.

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2. Da an dem Unfall aber auch das klägerische Fahrzeug mit der von ihm ausgehenden Betriebsgefahr (arg. § 7 Abs.1 StVG) beteiligt war, waren die Verursachungsbeiträge der Unfallbeteiligten gegeneinander abzuwägen (entsprechend § 17 Abs.1, Abs.2 und Abs.4 StVG sowie gemäß § 254 Abs.1 BGB; vgl. OLG Hamm NJW-RR 2014, 281, 283f.; Laws/Lohmeyer/Finke in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2016, § 8 StVG Rd.13). Diese Abwägung führt zu einem höheren Verursachungsanteil des Beklagten zu 2. von 2/3 und zu einem geringeren Verursachungsanteil der Klägerin von 1/3.

a) Diese Quotierung folgt aus dem für die Verursachung des Unfallgeschehens überwiegenden Verschulden des Beklagten zu 2. (oben unter 1.b)), wobei eine gesonderte Maschinen- oder Betriebsgefahr des Walzenzuges wegen der Ausschlusswirkungen von § 8 Ziffer 1. StVG (oben unter 1.a)) nicht zu Lasten des Beklagten zu 2. in diese Abwägung eingestellt werden kann (vgl. Laws/Lohmeyer/Finke, aaO.).

b) Dem Verschulden des Beklagten zu 2. stehen die Betriebsgefahr des Klägerfahrzeuges sowie ein geringfügiges Fahrlässigkeitsverschulden des Zeugen N als Führer des Fahrzeuges (arg. § 18 Abs.1 Satz 2 StVG) gegenüber. Denn der Zeuge N ist in den ihm bekannten Baustellenbereich hineingefahren und hat sich dem Walzenzug der Beklagten zu 1., der diesen Bereich für Verdichtungsarbeiten befahren hat, genähert ohne einen den Sicht- und Geräuschverhältnissen dieses Maschinenfahrzeuges Rechnung tragenden hinreichenden Sicherheitsabstand zu wahren.

Dies folgt aus der lichtbildlich dokumentierten anschaulichen Schilderung des Vorganges durch die Unfallbeteiligten und den Zeugen B. Dabei war zunächst ausweislich der lichtbildlich dokumentierten Gestaltung der befahrbaren Flächen im Bereich der späteren Unfallstelle für jeden aufmerksamen Benutzer hinreichend erkennbar, dass es sich hierbei um eine in weiten Teilen noch unfertige und zu verdichtende Fläche gehandelt hat, mithin mit entsprechendem Verkehr von Arbeitsmaschinen zu rechnen war. Den sich zu diesem Zwecke in der Baustelle bewegenden Walzenzug der Beklagten zu 1., der sich nach dem Klägervortrag insgesamt in einer Geradeausfahrt befunden hat und nach dem Beklagtenvortrag vor- und zurückgefahren ist, hat der Zeuge N gesehen und ist dem Walzenzug zunächst hinterhergefahren. In Anbetracht der bauartbedingten Fahrgeräusche dieser Maschine, der auch aus seiner verständigen Sicht naheliegenden Konzentration des Beklagten zu 2. auf die von diesem durchgeführten Verdichtungsarbeiten und Manövrierung des Walzenzuges sowie einer damit einhergehenden begrenzten Reaktionsfähigkeit des Beklagten zu 2. (vgl. dessen Schilderung S.2 des Sitzungsprotokolls) hatte der Zeuge N deshalb zu dem Walzenzug einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu wahren (arg. § 1 Abs.1 und Abs.2 StVO).

Aus dem unstreitigen Vorbringen der Parteien und dem Ergebnis der Beweisaufnahme ergibt sich indes dass der Zeuge N diesen objektive Sorgfaltspflichten (§ 276 Abs.2 BGB) nicht in vollem Umfang nachgekommen ist. Zwar hat er den ihm zunächst vorausfahrenden Walzenzug beobachtet. Die geringen Fahrgeschwindigkeiten der Unfallfahrzeuge und die Kürze der vor der Kollision noch für beide Unfallbeteiligten zur Verfügung stehende Zeit indizieren aber, dass sich der Zeuge N dem Walzenzug bis auf nur wenige Meter genähert hat. Selbst wenn man die von dem Zeugen N beschriebene Zahl von 4 Metern bei Einlegung des Rückwärtsganges (S.5 des Sitzungsprotokolls) entgegen der Einschätzung des Zeugen B von 2 bis 3 Metern (S.8 des Sitzungsprotokolls) und abweichend von den eingangs erwähnten Weg-Zeit-Zusammenhängen einmal als zutreffend unterstellt, genügte dieser Abstand in Anbetracht der konkreten Örtlichkeiten nicht. Denn dem Zeugen N war bekannt, dass die Flächen vor Ort insbesondere in Verbindung mit dem Geländeanstieg der von ihm rückwärts heraufzufahrenden Rampe nur eingeschränkt befahrbar waren. Bei der Bemessung des ausreichenden Sicherheitsabstandes hätte der Zeuge N diesen Anforderungen Rechnung tragen müssen. Wegen dieses ungenügenden Sicherheitsabstandes gelang es dem Zeugen N dann nachträglich auch technisch nicht mehr, sei es wegen eines aus der Fahrbahn herausragenden Gullis oder wegen eines von ihm wegen der Gefahrensituation durchgeführten – und zur Vermeidung einer Kollision ungeeigneten – vollständigen Abbremsens des W, den Unfall zu vermeiden.

Die tatsächlichen Voraussetzungen für einen in diese Abwägung einzubeziehenden Haftungsausschluss in Bezug auf das Klägerfahrzeug wegen eines unabwendbaren Ereignisses (§ 17 Abs.3 StVG) liegen aus den vorstehenden Erwägungen nicht vor. Denn der Zeuge N hätte den Unfall bei äußerster Sorgfalt vermeiden können (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13.12.2005 – VI ZR 68/04 = juris Rd.21; BGH, Urteil vom 17.03.1992 – VI ZR 62/91 = juris Rd.11).

c) Bei der hier im Rahmen einer Gesamtwürdigung vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der Kläger- und der Beklagtenseite, in der nur solche Umstände Berücksichtigung finden dürfen, die unstreitig oder nach § 286 ZPO bewiesen sind (vgl. BGH, Urteil vom 21.11.2006 – VI ZR 115/05 = juris Rd.15; BGH NJW 2000, 3069, 3071) überwiegt der schadensursächliche Sorgfaltspflichtverstoß des Beklagten zu 2. die von dem Fahrzeug der Klägerin ausgehende Betriebsgefahr sowie das geringe Verschulden des Zeugen N deutlich. Nach alledem erscheint eine Haftungsquote von 2/3 zu Lasten des Beklagten zu 2. und von 1/3 zu Lasten der Klägerin angemessen.

3. Der ausgeurteilte Schadensbetrag folgt aus den ersatzfähigen und unstreitigen unfallbedingten Reparatur- und Schadensbeseitigungskosten von insgesamt 5.983,78 EUR. 2/3 hieraus ergeben 3.989,19 EUR.

Die ebenfalls aus den §§ 249 Abs.1, 251 BGB und § 257 Satz 1 BGB analog ersatzfähigen Rechtsanwaltskosten in Höhe von einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr gemäß Ziffer 2300 des VV zu den §§ 13, 14 RVG war auf eine Gebühr aus einem Gegenstandswert von 3.989,19 EUR entsprechend der vorstehenden Schadensberechnung zu begrenzen. Die ersatzfähigen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten reduzieren sich damit auf netto 327,60 EUR zuzüglich einer Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen von 20,00 EUR.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Abs. 1, 286 Abs.1 BGB.

4. Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. bestehen nicht.

a) Vertragliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. aus einem zwischen der X3 GmbH als Auftraggeberin und der Beklagten zu 1. als Auftragsnehmerin geschlossenen (Werk-) Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bestehen nicht.

Der streitgegenständliche Unfallschaden der Klägerin fällt nicht in den Schutzbereich eines derartigen Vertrages. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die X3 GmbH als Gläubigerin der vertraglichen Leistungen der Beklagten zu 1. ein nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung und dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) definierbares Interesse an der Einbeziehung der Klägerin in die vertraglichen Schutzpflichten dieses Werkvertrages hätte (vgl. Hübner JA 2013, 741, 742f. m.w.N.). Für ein derartiges Interesse der X3 GmbH ist nichts ersichtlich. Vielmehr handelt es sich bei den von der Beklagten zu 1. einerseits und der Klägerin andererseits für ihre Auftraggeberin zu erbringenden Leistungen um wirtschaftlich und (vertrags-) rechtlich völlig selbstständig bestehende Leistungspflichten, die ohne eine gesonderte Vereinbarung keine Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des Vertrages mit der Beklagten zu 1. begründen (vgl. BGH NJW 1996, 2917, 2918f. – „Nitrierofen“).

b) Ansprüche der Klägerin aus dem StVG sind wegen § 8 Ziffer 1. StVG ausgeschlossen (oben unter 1.a)). Aber auch deliktsrechtliche Ansprüche hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan.

aa) Eine Haftung der Beklagten zu 1. aus eigenem Verschulden käme allenfalls unter dem Aspekt einer (schuldhaften) Verletzung einer deliktischen Verkehrssicherungspflicht in Betracht (vgl. BGH NZV 1997, 390, 391 unter II.4.), deren tatsächliche Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Denn die sich in der streitgegenständlichen Fahrzeugkollision verwirklichenden Gefahren eines Baustellenbetriebes waren der Klägerin und dem Zeugen N ohne weiteres erkennbar (vgl. oben unter 2.b)). Damit fehlt es an den Tatbestandsvoraussetzungen für eine Verkehrssicherungspflicht in Form einer Gefahrenlage, die für einen sorgfältigen Kraftfahrer nicht ohne weiteres erkennbar ist (vgl. OLG München VersR 1977, 939; Geigel/Wellner, Der Haftpflichtprozess, 27. Aufl. 2015, 14. Kap. Rd.176). Auch ein Organisationsverschulden der Beklagten zu 1. ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich (vgl. dazu OLG Hamm NJW-RR 2014, 281, 283 – für die Streckenauswahl einer Arbeitsmaschine im öffentlichen Straßenverkehr).

bb) Für eine Haftung aus vermutetem Verschulden (§ 831 Abs.1 Satz 1 BGB) hat die Beklagte zu 1. den ihr obliegenden Entlastungsbeweis geführt (§ 831 Abs.1 Satz 2 BGB). Denn für die von dem Beklagten zu 2. mit dem Walzenzug durchgeführten Tätigkeiten bedurfte es grundsätzlich keiner besonderen Überwachung, da es sich hierbei um eine typische und im Hinblick auf die damit für Dritte verbundenen Gefahren von dem Beklagten zu 2. objektiv und subjektiv beherrschbare Tätigkeit gehandelt hat (vgl. dazu nur Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 831 Rd.13 und Rd.15 m.w.N.). Die von dem Beklagten zu 2. im Rahmen seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung sehr anschaulich offenbarte Erfahrung mit derartigen Arbeiten und mit dem Führen eines Walzenzuges belegt die Richtigkeit des Beklagtenvortrages, wonach dieser seit 19 Jahren unfallfrei bei ihr beschäftigt ist. Konkrete Umstände, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere in Anbetracht der eingangs unter 1.b) und 2.b) aufgezeigten Verknüpfung der Verursachungsbeiträge des Beklagten zu 2. einerseits und des Zeugen N andererseits.

Ein nach alledem allenfalls in Betracht kommendes Auswahlverschulden der Beklagten zu 1. im Sinne von § 831 Abs.1 Satz 2, 1.alt. BGB ist hierdurch widerlegt, da der Beklagte zu 2. nach seinen persönlichen Fähigkeiten grundsätzlich dazu in der Lage gewesen ist, die übrigen Benutzer der Baustelle vor einer leichtfertigen Gefährdung zu bewahren (vgl. Palandt/Sprau, aaO., § 831 Rd.12 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs.1, 91 Abs.1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 709, 708 Ziffer 11, 711 Satz 1 ZPO.

Streitwert: 5.983,78 EUR.

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