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Verkehrsunfall – unfallbedingte Wertminderung bei einem älteren Fahrzeug

OLG Karlsruhe, Az.: 10 U 17/98, Urteil vom 22.05.1998

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 03. Dezember 1997 — 2 O 285/97 — bezüglich Ziffer 1 wie folgt abgeändert und neu gefaßt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger DM 396 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 26.08.1997 zu bezahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Beschwer des Klägers beträgt DM 9.206,90, die der Beklagten DM 396.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Verkehrsunfall - unfallbedingte Wertminderung bei einem älteren Fahrzeug
Symbolfoto: Von Andrey_Popov /Shutterstock.com

Die Berufung ist zulässig, aber ganz überwiegend unbegründet.

I. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die Beklagten dem Kläger für den durch den Unfall erlittenen Schaden dem Grunde nach gemäß §§ 7, 18 StVG, 3 PflVersG in Höhe von (lediglich) 40 % haften.

1. Der Beklagte Ziffer 1 hat entweder gegen § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO (Sichtfahrtgebot) oder gegen § 1 Abs. 2 StVO (Aufmerksamkeitsgebot) verstoßen (vgl. BGH NJW-RR 87, 1235). Er mußte sein Fahrverhalten so einrichten, daß er nicht auf ein auf der Einfädelspur befindliches Hindernis auffährt, wenn er auf dieser Spur eine längere Fahrstrecke benötigt, als der ihm vorausfahrende Audi.

2. Der Kläger seinerseits hat gegen § 15 StVO verstoßen.

Gemäß § 15 StVO hatte der Kläger nach Einschalten des Warnblinklichts ein Warndreieck (§ 53 a StVZO) „gut sichtbar in ausreichender Entfernung aufzustellen, und zwar bei schnellem Verkehr in etwa 100 m Entfernung“. Aus dem Zweck der Vorschrift ergibt sich selbstredend, daß die Entfernung so gewählt werden muß, daß die Funktion möglichst rechtzeitiger Warnung des folgenden Verkehrs erfüllt wird. Daher hätte der Kläger — dessen Fahrzeug auf der Einfädelspur stand — das Warndreieck vor allem so aufstellen müssen, daß der (nachfolgende) Verkehr rechtzeitig gewarnt wird, der die Einfädelspur benutzt. Ob es aufgrund der Örtlichkeiten möglich war, das Warndreieck so aufzustellen, daß es gleichzeitig auch den auf der Südtangente fließende Verkehr rechtzeitig warnt, war nicht erheblich.

3. Bei der gemäß § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge ist das Landgericht zu Recht von einer Haftungsverteilung von 40 % zu 60 % zu Lasten des Klägers ausgegangen.

Das beiderseitige Verschulden ist etwa gleich hoch anzusetzen. Der Beklagte Ziffer 1 hat seine Fahrweise nicht auf Hindernisse eingestellt, mit denen auch auf einer Einfädelspur gerechnet werden muß; der Kläger hat es unterlassen, den Verkehr auf der Einfädelspur, dessen Aufmerksamkeit sich vor allem auch auf den von hinten (auf der Südtangente) nahenden Verkehr richten mußte, in der gebotenen Weise rechtzeitig zu warnen.

Unabhängig von den beschriebenen beiderseits begangenen Pflichtwidrigkeiten ist — auch darauf hat das Landgericht zu Recht abgehoben — die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Klägers gegenüber derjenigen des Fahrzeugs des Beklagten Ziffer 1 erhöht. Denn ein auf einer Einfädelspur haltendes Fahrzeug stellt eine höhere Gefahrenquelle dar als ein im fließenden Verkehr befindliches Fahrzeug.

Insgesamt erscheint die vom Landgericht angenommene Haftungsverteilung daher auch dem Senat zutreffend.

II. Der unfallbedingte Schaden des Klägers beträgt DM 24.117,39.

1. Unstreitig sind die Schadenspositionen Reparaturkosten, Sachverständigenkosten, Abschleppkosten und Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt DM 23.097,39.

2. Wertminderung:

Der Senat schätzt die durch den streitgegenständlichen Unfall am klägerischen Fahrzeug entstandene merkantile Wertminderung auf DM 1.000.

Eine merkantile Wertminderung kann grundsätzlich auch ein älteres Fahrzeug durch einen Unfall erfahren. Entscheidend ist, ob das Fahrzeug infolge des Unfalls im Verkehr — auf dem Gebrauchtwagenmarkt — geringer bewertet wird. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, ob der Verkäufer eines solchen „Unfallfahrzeugs“ verpflichtet ist, einen potentiellen Käufer über den (ordnungsgemäß reparierten) Unfallschaden aufzuklären. Zwar besteht eine diesbezügliche Hinweispflicht des Verkäufers schon dann, wenn er redlicherweise damit rechnen muß, daß der Vorunfall den Kaufentschluß des Interessenten auch nur möglicherweise beeinflußt (vgl. BGH BGHR BGB § 123 Abs. 1 Kauf 2); oftmals — je nach Alter, Zustand und anderen wertbildenden Faktoren des Fahrzeugs — wird aber ein solcher (pflichtgemäßer) Hinweis auf einen Vorunfall auch bei einem älteren Fahrzeug die Kaufpreisbildung letztlich doch beeinflussen.

Die dargestellten Grundsätze zugrunde gelegt bestehen nach Auffassung des Senats keine Zweifel, daß das Fahrzeug des Klägers durch den streitgegenständlichen Unfall eine merkantile Wertminderung erlitten hat:

Das Fahrzeug — ein VW Passat Variant GL — war zum Unfallzeitpunkt knapp über fünf Jahre alt. Es hatte keine Vorschäden und befand sich ausweislich des Schadensgutachtens in einem guten Allgemeinzustand. Der Wiederbeschaffungswert betrug DM 18.200. Daß dieses Fahrzeug durch einen Unfallschaden des vorliegenden Ausmaßes (Reparaturkosten DM 17.308,89) eine merkantile Wertminderung erlitten hat, kann ernsthaft nicht in Zweifel gezogen werden.

Der Senat schätzt die Höhe dieser Wertminderung gemäß § 287 ZPO auf DM 1.000.

Die — grundsätzlich anerkannte (vgl. BGH NJW 80, 281, 282) — Methode von Ruhkopf/Sahm bewertet zwar die merkantile Wertminderung nur bis zum vierten Zulassungsjahr. Es erscheint aber im Rahmen der Schätzung gemäß § 287 ZPO angemessen, die Bewertungsmethode vorsichtig auf ältere Fahrzeuge zu übertragen. In Fortschreibung der Vorgaben und Wertansätze der Methode von Ruhkopf/Sahm erscheint es daher angemessen, die Wertminderung für das erst knapp fünf Jahre alte, gut erhaltene klägerische Fahrzeug mit 3 % der Summe aus Wiederbeschaffungswert und Reparaturkosten zu bewerten (X = 3 bei einem Verhältnis von Reparaturkosten zu Wiederbeschaffungswert von rund 88 %). Dies führt zu einem Wertminderungsbetrag von rund DM 1.000, der auch einer dem Senat aus eigener Sachkenntnis möglichen allgemeinen Plausibilitätskontrolle standhält.

3. Die Auslagenpauschale schätzt der Senat in ständiger Rechtsprechung auf DM 20 (Senat OLGR 98, 80, 82).

4. Der dem Grunde nach erstattungsfähige Schaden des Klägers beträgt daher insgesamt DM 24.117,39. 40 % Hiervon sind DM 9.646,96, die die Beklagten dem Kläger zu ersetzen haben. Abzüglich der insoweit bereits geleisteten DM 9.250,96 ergibt sich damit ein noch zu zahlender Betrag in Höhe von DM 396.

Die Zinsentscheidung folgt aus § 291 BGB.

III. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 92 Abs. 2 analog, 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Bezüglich der Kostenentscheidung hat der Senat § 92 Abs. 2 ZPO analog angewandt, da die Zuwenigleistung der Beklagten mit DM 396 relativ geringfügig war und keine besonderen Kosten verursacht hat (vgl. zur analogen Anwendung des § 92 Abs. 2 ZPO in diesem Fall Zöller/Herget, ZPO, 19. Aufl., § 92 Rdnr. 11).

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