Urteil zur Verpflichtung der Wasserversorgung eines Nachbargrundstücks
In einem aktuellen Gerichtsurteil des OLG Bamberg (Az.: 6 U 93/20) wurde entschieden, dass die Beklagte zur unentgeltlichen Wasserversorgung eines Nachbargrundstücks verpflichtet ist. Die Entscheidung bestätigt das vorangegangene Urteil des Landgerichts Schweinfurt und bezieht sich auf einen Streit um die Wasserversorgung aus einer Quellfassung.
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Übersicht:
Hintergrund des Streits
Die Klägerin ist Eigentümerin zweier Grundstücke, die durch einen Brunnen versorgt werden. Die Beklagte ist Alleinerbin einer verstorbenen Person und Alleineigentümerin dreier weiterer Grundstücke, auf denen sich mindestens ein Brunnen befindet. Die Parteien stritten um die Verpflichtung der Beklagten, das Nachbargrundstück der Klägerin mit Wasser aus der Quellfassung zu versorgen.
Vertragliche Verpflichtung zur Wasserversorgung
Der Vertrag, der die Grundlage für die Verpflichtung bildet, stammt aus dem Jahr 1968. Damals erwarben die Eltern der Beklagten ein Grundstück vom Freistaat Bayern und verpflichteten sich in diesem Vertrag, ein forsteigenes Waldarbeiteranwesen mit Wasser zu versorgen. Später wurden die Grundstücke des Waldarbeiteranwesens neu geordnet und das Grundstück der Klägerin entstand.
Gerichtsentscheidung und Begründung
Das OLG Bamberg bestätigte das Urteil des Landgerichts Schweinfurt und wies die Berufung der Beklagten zurück. Die Beklagte ist als Rechtsnachfolgerin ihrer Eltern verpflichtet, das Grundstück der Klägerin unentgeltlich mit Wasser zu versorgen. Die Gerichte stützten sich dabei auf die vertragliche Vereinbarung aus dem Jahr 1968, die auch für Rechtsnachfolger gilt.
Keine Revision zugelassen
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und die Revision wurde nicht zugelassen. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen und kann die Vollstreckung nur durch Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000 Euro abwenden.
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Das vorliegende Urteil
OLG Bamberg – Az.: 6 U 93/20 – Urteil vom 18.01.2022
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 22.10.2020, Az. 22 O 424/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Schweinfurt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,- Euro abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beklagte (frühere Beklagte zu 2) ist Alleinerbin der am xx.xx.2020 verstorbenen E. L. (frühere Beklagte zu 1), Bl. 287, 291. In der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2021 hat die Beklagte erklärt, dass sie als Rechtsnachfolgerin der früheren Beklagten zu 1 in das Verfahren eintritt (Protokoll S. 2 = Bl. 294).
II.
Die Parteien streiten um die Wasserversorgung aus einer Quellfassung.
Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Fl. Nr. 000/2 östlich der Gemarkung G. (vgl. Anlage K 1). Sie ist insoweit Rechtsnachfolgerin von T. und E. A.. Die Klägerin ist zudem Eigentümerin des Grundstücks mit der Fl. Nr. 000/1. Die darauf befindliche Haushälfte wird durch einen Brunnen versorgt, den die vormalige Eigentümerin graben ließ. Eine Verbindung mit dem Grundstück Fl. Nr. 000/2 liegt jedoch nicht vor.
Die Beklagte und die frühere Beklagte zu 1 waren bis 04.11.2020 Miteigentümerinnen der Grundstücke mit den Fl. Nr. 003, 004 und 005. Seit dem Tod der früheren Beklagten zu 1 ist die Beklagte Alleineigentümerin der Grundstücke. Die Beklagte verfügt über mindestens einen Brunnen auf ihrem Grundstück Fl. Nr. 004.
M. L. und die frühere Beklagte zu 1 – die Eltern der Beklagten – kauften mit notariellem Vertrag vom 31.01.1968 (Anlage K 5) vom Freistaat Bayern (Forstverwaltung) das Grundstück Fl. Nr. 004. In dem Vertrag (Anlage K 5) wurde unter Ziff X c vereinbart: „Erwerber übernimmt Quellfassung in der Staatswaldabteilung Z. und die unterirdisch verlegte 1200 m lange Rohrleitung (im beiliegenden Lageplan rot gestrichelt) von der Quelle bis zum Verkaufsanwesen, zu dem vom Landbauamt xxxx ermittelten Kaufpreis von 840,- DM. (…) Der Erwerber (und seine: lies) für sich und seine Rechtsnachfolger verpflichtet sich, das forsteigene Waldarbeiteranwesen F. (Fl. Nr. 006 und 007 der Gemarkung S.) durch die vorbezeichnete Wasserversorgungsanlage oder eine an ihre Stelle tretende Wasserversorgungsanlage jederzeit und unwiderruflich mit Wasser unentgeltlich zu beliefern. Falls die Staatsforstverwaltung das Waldarbeitermietanwesen veräußert, hat der Erwerber das Recht, von dem neuen Besitzer des Waldarbeitermietanwesens einen Wasserzins in Höhe der jeweils ortsüblichen Nutzungssätze der Gemeinden S. oder D. zu verlangen. Der Veräußerer haftet nicht für die Ergiebigkeit und Güte der Quelle. Der Käufer ist zur dauernden Unterhaltung dieser Wasserleitung auf Staatsforstgrund verpflichtet und berechtigt. Für Schäden, die durch Baumaßnahmen für die Wasserversorgungsanlage an staatsforsteigenen Grundstücken entstehen, hat der Erwerber aufzukommen.“
M. L. war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Forstarbeiter und bei dem Freistaat Bayern angestellt.
Eine durch das Forstamt durchgeführte Messung 1968 ergab im Hinblick auf die Quellfassung eine Quellschüttung von 0,1 l/s im Mittel.
In der Folge wurden die Grundstücke Fl. Nr. 006 und 007 zu Fl. Nr. 008. Die alte Fl. Nr. 006 entspricht 000/2. Das Grundstück Fl. Nr. 008 wird nicht mehr als Waldarbeitermietanwesen genutzt. Die Eltern der Klägerin, T. und E. A., kauften mit notariellem Vertrag vom xx.xx.1971 vom Freistaat Bayern (Forstverwaltung) dieses Grundstück. In dem Kaufvertrag (Anlage K 2) wurde unter Ziff. VIII vereinbart: „Nach dem Vertrag des Freistaates Bayern (Staatsforstverwaltung) mit den Eheleuten L., F. (Urk.R.Nr. xxxx vom 31. Januar 1968 des Notars K. in G.) verpflichten sich diese, oder ihre Nachfolger, aus ihrer Wasserversorgungsanlage oder eine an ihre Stelle tretende Wasserversorgungsanlage die Eigentümer des ehemaligen, forsteigenen Waldarbeitermietanwesens (Flst. Nr. 008) jederzeit und unwiderruflich für ihren Eigenbedarf gegen einen ortsüblichen Wasserzins (Gemeinde D.) mit Wasser zu beliefern. Für die Ergiebigkeit der Wasserversorgung wird keine Gewähr geleistet bzw. übernommen.“
Das Haus der Klägerin liegt niedriger als das Haus der Beklagten. Wenn die Klägerin länger das Wasser aufdreht, senkt sich der Druck so weit ab, dass für das Haus der Beklagten kein Wasser mehr zur Verfügung steht und – wenn dies nicht bemerkt und der Hahn geöffnet wird – die Leitung Luft zieht. Die Beklagte versorgt auf dem Hof mehrere Pferde und Hühner mit dem Wasser aus der Quelle. Seit 2015 weigert sich die Beklagte, das Grundstück der Klägerin mit Wasser zu versorgen. Als Begründung dafür wird angegeben, dass andernfalls nicht ausreichend Wasser zur Verfügung stehe.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:
Die Beklagten werden verpflichtet, der Klägerin aus ihrer Wasserversorgungsanlage oder einer an ihre Stelle tretenden Wasserversorgungsanlage jederzeit und unwiderruflich für ihren Eigenbedarf des Grundstücks Fl. Nr. 000/2 gegen einen ortsüblichen Wasserzins (Gemeinde D.) mit Wasser zu beliefern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage mit Endurteil vom 22.10.2020 weitgehend stattgegeben und die Beklagte sowie die frühere Beklagte zu 1 gesamtschuldnerisch verurteilt, die Klägerin aus ihrer Wasserversorgungsanlage oder einer an ihre Stelle tretenden Wasserversorgungsanlage jederzeit und unwiderruflich für ihren Eigenbedarf des Grundstücks Fl. Nr. 000/2 gegen einen ortsüblichen Wasserzins in Höhe der jeweils ortsüblichen Nutzungssätze der Gemeinden S. oder D. mit Wasser zu beliefern. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt: Die Klägerin sei als Eigentümerin des Grundstücks 000/2 aktivlegitimiert. Ziff. X c des Kaufvertrages vom 31.01.1968 sei ein Vertrag zu Gunsten Dritter. Die frühere Beklagte zu 1 habe sich nach dem Vertrag vom 31.01.1968 selbst verpflichtet. Die Verpflichtung des verstorbenen M. L. sei auf die Beklagte gem. §§ 1922, 1967 Abs. 1 BGB übergegangen. Ziff. X c des KV sehe weder eine Einschränkung im Hinblick auf den Umfang noch einen Ausschlussgrund vor (Ersturteil S. 8). Daraus folge lediglich, dass die Klägerin keinen Anspruch habe, wenn kein Wasser mehr zur Verfügung stehe. § 242 BGB stehe dem klägerischen Anspruch nicht entgegen: Weder drohe die Quelle zu versiegen, noch habe die Klägerin eine einfachere Möglichkeit, ihr Grundstück mit Wasser zu versorgen (Ersturteil S. 9 ff). Das Wasser reiche für den Bedarf in den jeweiligen Häusern aus, nur nicht für eine Gartenbewässerung (Ersturteil S. 11). Eine Brunnensanierung würde der Klägerin mindestens 30.000 Euro kosten. Dieser Aufwand wäre ihr nicht zumutbar. Auch auf dem Grundstück der Beklagten befinde sich ein Brunnen. Die frühere Beklagte zu 1 und M. L. hätten sich zur Unterhaltung der Wasserleitungen vertraglich verpflichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Die Beklagte wendet sich gegen das Ersturteil soweit sie verurteilt wurde. Sie bestreitet sowohl ihre Passivlegitimation als auch die Aktivlegitimation der Klägerin. Da das Grundstück der Beklagten nicht mit einer Dienstbarkeit belastet worden sei, es sich vielmehr vorliegend ausschließlich um schuldrechtliche Verpflichtungen handele, müssten diese kündbar sein. Eine andere Vorstellung widerspräche Grundgedanken des Zivilrechts. Der am 31.01.1968 geschlossene Vertrag (Anlage K 5) beinhalte keinen Vertrag zu Gunsten Dritter. Schuldverhältnisse können nur gegenüber Personen, nicht gegenüber Grundstücken bestehen. Das Recht, Wasser zu beziehen sei daran gekoppelt, dass das Grundstück als Waldarbeitermietanwesen genutzt werde. Eine Verpflichtung zur Wasserbelieferung wäre jedenfalls sittenwidrig nach § 138 BGB. Der Beklagten stehe jedenfalls ein Kündigungsrecht zu.
Die Beklagte beantragt (Bl. 220), das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 22.10.2020 wie folgt abzuändern:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten beider Instanzen.
Hilfsweise beantragt die Beklagte (Bl. 239), das Urteil des Landgerichts Schweinfurt vom 22.10.2020 wie folgt abzuändern:
1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verpflichtet, der Klägerin aus ihrer Wasserversorgungsanlage (Quellfassung in der Staatswaldabteilung Z.) oder einer an ihre Stelle tretenden Wasserversorgungsanlage jederzeit und unwiderruflich für ihren Eigenbedarf des Grundstücks Fl. Nr. 000/2 gegen einen ortsüblichen Wasserzins in Höhe der jeweils ortsüblichen Nutzungssätze der Gemeinden S. oder D. mit Wasser bis zum 30.06.2021 zu beliefern.
2. Die Klägerin trägt die Kosten beider Instanzen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Senatsprotokoll vom 21.12.2021 (Bl. 293 – 295) sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig.
In der Sache erzielt das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Erstgericht einen Anspruch der Klägerin auf Belieferung mit Wasser durch die streitgegenständliche Wasserversorgungsanlage der Beklagten oder eine an ihre Stelle tretende Wasserversorgungsanlage bejaht (Ersturteil S. 6).
1. Nach dem Ersturteil kommt es für die Aktivlegitimation alleine darauf an, dass die Klägerin Eigentümerin des Grundstücks Fl. Nr. 000/2 sei (Ersturteil S. 6 f). Die diesbezüglichen Ausführungen des Erstgerichts sind nicht zu beanstanden. Auch wenn der Wortlaut des Vertrages vom 31.01.1968 Ziffer X lit. C eine Verpflichtung nennt, das „Waldarbeiteranwesen“ mit Wasser zu beliefern, steht das mit der Verpflichtung korrespondierende Recht dem Eigentümer des Grundstücks zu. Die Eigentümerstellung der Klägerin ist unstreitig (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 24.06.2019, S. 5 = Bl. 55). Außerdem hat die Klägerin ihre Rechtsnachfolge gegenüber dem Grundbuchamt durch Erbschein vom 23.08.2010 nachgewiesen (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 03.06.2019, S. 2 = Bl. 47 und Anlage K 1 S. 5).
Dass die Verpflichtung zur Belieferung mit Wasser nicht nur gegenüber dem „Waldarbeiteranwesen“ bzw. dem Freistaat Bayern als dessen Eigentümer, sondern auch späteren Eigentümern bestehen sollte, ergibt sich aus den weiteren Regelungen des Vertrages vom 31.01.1968 Ziffer X lit. C (vgl. Ersturteil S. 7).
Dem Vertrag ist auch keine Einschränkung dahingehend zu entnehmen, dass die Verpflichtung nur dann weiterbestehen soll, wenn das Grundstück als Waldarbeiteranwesen genutzt wird. Insoweit kann auf die Begründung im Ersturteil (S. 7) Bezug genommen werden. Mit der Bezeichnung „Waldarbeitermietanwesen F.“ wurden lediglich die Grundstücke Fl. Nr. 006 und 007 definiert. Es ist auch nicht erkennbar, weshalb bei einer Nutzungsänderung die Wasserversorgung anders geregelt werden sollte.
2. Die Beklagte ist passivlegitimiert. Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass das Landgericht keinerlei Tatsachen festgestellt hat, auf die eine Rechtsnachfolge im Sinne von § 1922 BGB durch die Beklagte in Bezug auf M. L. gestützt werden kann. Eine solche wurde in der ersten Instanz auch nicht vorgetragen. Hiergegen würde im Übrigen der von der Klägerseite vorgelegte Grundbuchauszug (BK 1, S. 4) sprechen, wonach die Beklagte bereits zu Lebzeiten M. L.s Miteigentümerin zu ½ war. Dies spricht dafür, dass M. L. seinen Miteigentumsanteil im Wege der Schenkung auf die Beklagte übertrug.
Die Passivlegitimation der Beklagten folgt aber daraus, dass sie unstreitig Alleinerbin der früheren Beklagten zu 1 ist und deren vertragliche Verpflichtung im Wege der Universalsukzession auf sie überging (§§ 1922, 1967 BGB).
3. Die frühere Beklagte zu 1 verpflichtete sich im Kaufvertrag vom 31.08.1968, den Eigentümer des streitgegenständlichen Beklagtengrundstücks mit Wasser zu beliefern. Es handelt sich hierbei – wie das Erstgericht zutreffend darlegt – um einen Vertrag zu Gunsten Dritter. Es genügt, dass der Dritte bestimmbar ist. Dies ist hier der Fall.
4. Dass der Freistaat Bayern „seine Machtstellung als wirtschaftlich Überlegener aber auch als Arbeitgeber“ gegenüber M. L. und (?) der früheren Beklagten zu 1 ausgenutzt haben soll, wird nicht substantiiert vorgetragen und ist auch sonst nicht ansatzweise erkennbar. Entsprechender Vortrag wäre zudem verspätet. Ferner ist ein grobes Missverhältnis bereits im Hinblick darauf, dass M. L. und die Beklagte zu 1 sich nach dem Kaufvertrag mit Wasser versorgen dürfen und bei einem Versiegen der Quelle selbst gegenüber dem Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. 000/2 nicht haften, nicht ersichtlich. Nach dem Kaufvertrag (Anlage K 5 S. 7, 8) wurde der jährliche Wasserbezug des Ehepaars L. aus der Quelle nach der Preistabelle für Nebennutzungen vom 1.1.1964 auf 10,- DM, der Kapitalisierungswert der Quellfassung für die Rohrleitung auf 600,- DM und der Kapitalisierungswert für die Entnahme des Quellwassers auf 250,- DM festgesetzt. Insgesamt betrug der Kaufpreis für die im Kaufvertrag genannten Anwesen (Anlage K 5 S. 2 f) 67.214,- DM. Ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung der Käufer und Verkäufer in Bezug auf den gesamten Kaufvertrag wird beklagtenseits nicht dargelegt und ist auch sonst nicht erkennbar. Selbiges gilt im Hinblick auf die beklagtenseits gerügte Sittenwidrigkeit des Ausschlusses des Kündigungsrechts (Berufungsbegründung S. 19 f. = Bl. 237 f.)
5. Wie die Beklagte zutreffend erkennt, handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Anspruch um einen schuldrechtlichen. Allerdings kann auch ein solcher nicht alleine auf Grund Zeitablaufs gekündigt werden.
Laut Vertrag X c) hat der Erwerber das Wasser „jederzeit und unwiderruflich“ zu liefern.
a) Eine Kündigung aus wichtigem Grund nach § 314 BGB scheidet aus.
(1) Dauerschuldverhältnisse kann danach jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Vorliegend ist im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen, dass einerseits für die Beklagte nach dem Vertrag auch eine ordentliche Kündigung nicht vorgesehen ist, die Klägerin andererseits für die Ergiebigkeit der Quelle nicht haftet. Auf Grundlage der Feststellungen des sachverständig beratenen Landgerichts zur Ergiebigkeit der Quelle, dem Wasserbedarf der Parteien, der Klimaentwicklung, der auf den streitgegenständlichen Grundstücken vorhandenen Brunnen, der vertraglichen Regelung zur Verpflichtung zum Unterhalt der Wasserversorgungsanlage (S. 9 – 11 Ersturteil), der beklagtenseits behaupteten übermäßigen Wasserverwendung durch die Klägerin (siehe sogleich (2)) und unter Beachtung der Grundsätze zur Vertragsfreiheit und -bindung liegen die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung auch unter Beachtung der in der Berufungsbegründung (S. 15 ff. = Bl. 233 ff.) genannten Gesichtspunkte nicht vor.
Dass die vertragsschließenden Personen nicht mehr am Leben sind begründet eine Unzumutbarkeit aus Sicht der Beklagten ebensowenig wie der Umstand, dass das klägerische Anwesen nicht mehr von Waldarbeitern benutzt wird. Nach den Feststellungen des Sachverständigen N. (Gutachten vom 14.02.2020 S. 8, Anlage Gutachten; Endurteil S. 10) ist der Brunnen auf dem klägerischen Grundstück auf Grund des schlechten Zustandes bzw. des nicht fachgerechten Ausbaus nicht geeignet, die Wasserversorgung des klägerischen Grundstücks zu gewährleisten. Für eine Sanierung wäre mit Kosten zwischen 30.000,- Euro und 40.000,- Euro zu rechnen (Protokoll vom 01.10.2020 S. 4 = Bl. 143). Die für die Quelle vom Sachverständigen ermittelte Schüttungsmenge entspricht derjenigen, die im Jahre 1968 ermittelt und dem Kaufvertrag zu Grunde gelegt wurde, auch wenn die Niederschlagsmenge nicht mehr gleichmäßig über das Jahr verteilt ist und nicht mehr zur kontinuierlichen Speisung der Quelle zur Verfügung steht (vgl. Gutachten vom 14.02.2020 S. 9, Anlage Gutachten; Ersturteil S. 10). Selbst wenn die Klägerin nicht „vor Ort wohnt“ (Berufungsbegründung S. 16 = Bl. 234), begründet dies ebensowenig wie der im Kaufvertrag vom 31.01.1968 zu Grunde gelegte Kapitalisierungswert (Berufungsbegründung S. 18 = Bl. 236) ein Kündigungsrecht auf Seiten der Beklagten.
(2) Eine Kündigung nach § 314 Abs. 2 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht. Sie folgt insbesondere nicht aus dem zeitlich und inhaltlich nicht näher konkretisierten, bestrittenen Vortrag, die Klägerin habe „in ihrer Abwesenheit wochenlang in den Garten laufen lassen – vermutlich um diesen zu wässern.“ (Schriftsatz der Klägerin vom 30.07.2019, S. 4 = Bl. 71).
Mangels Substantiierung des Vortrages hat das Landgericht zu Recht davon abgesehen, die beklagtenseits benannten Zeugen zu laden.
Zudem liegen die weiteren Voraussetzungen des § 314 BGB nicht vor, da weder eine erfolglose Abmahnung ausgesprochen noch eine zur Abhilfe bestimmte Frist gesetzt wurde.
Der Senat weist allerdings für die Zukunft darauf hin, dass ein wiederholtes, konkret darstellbares „Laufenlassen“ des Wassers über einen längeren Zeitraum das Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme in einem Umfang verletzen könnte, welcher nach entsprechender Abmahnung eine Kündigung rechtfertigen könnte, die sodann erklärt werden müsste.
b) Der Einwand der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB greift ebenfalls nicht durch. Nach Abwägung der vorgenannten Interessen der Parteien stellt sich die Geltendmachung des Anspruchs nicht als unzulässige Rechtsausübung dar (vgl. Ersturteil S. 9 – 11).
c) Die Beklagte hat schließlich nicht dargelegt, dass sich die Umstände, die zur Grundlage des Kaufvertrages vom 31.01.1968 geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hätten, die Parteien – hätten sie die Veränderung vorhergesehen – den Vertrag nicht oder nicht so geschlossen hätten und der Beklagten ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, § 313 BGB.
d) Da der Beklagten kein Kündigungsrecht zusteht, hat weder der Haupt- noch der Hilfsantrag in der Sache Erfolg.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus den § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind vom Beklagtenvertreter, der dies beantragt hat, nicht dargelegt worden und liegen auch nicht vor. Der Senat weicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Obergerichte nicht ab. Es liegt weder ein Fall grundsätzlicher Bedeutung vor noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts.
Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant:
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – § 311 Abs. 1: Dieser Paragraph betrifft die Entstehung von Schuldverhältnissen durch Rechtsgeschäft und bestimmt, dass ein Schuldverhältnis mit Pflichten und Rechten für beide Parteien entsteht, wenn ein Rechtsgeschäft geschlossen wird. Im vorliegenden Fall wurde ein Vertrag aus dem Jahr 1968 abgeschlossen, der die Beklagte (als Rechtsnachfolgerin ihrer Eltern) zur Wasserversorgung des Grundstücks der Klägerin verpflichtet.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – § 398: Diese Regelung betrifft die Abtretung von Forderungen und besagt, dass ein Schuldnerwechsel stattfinden kann, wenn ein Gläubiger seine Forderung an einen Dritten abtritt. Im vorliegenden Urteil wurde die vertragliche Verpflichtung zur Wasserversorgung auf die Klägerin übertragen, nachdem die Grundstücke des Waldarbeiteranwesens neu geordnet wurden.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – § 1961 Abs. 1: Dieser Paragraph bezieht sich auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen und bestimmt, dass die Erben die Rechtsstellung des Verstorbenen übernehmen. Im aktuellen Fall ist die Beklagte Alleinerbin einer verstorbenen Person und somit als Rechtsnachfolgerin ihrer Eltern verpflichtet, das Grundstück der Klägerin mit Wasser aus der Quellfassung zu versorgen.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – § 249 Abs. 1: Dieser Paragraph befasst sich mit dem Schadensersatzrecht und bestimmt, dass der Schädiger den Zustand herzustellen hat, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte verpflichtet, das Grundstück der Klägerin unentgeltlich mit Wasser zu versorgen, um den ursprünglich vereinbarten Zustand wiederherzustellen.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – § 242: Dieser Paragraph bezieht sich auf das Gebot von Treu und Glauben und verlangt von den Parteien, dass sie ihre vertraglichen Pflichten nach Treu und Glauben erfüllen. Im vorliegenden Urteil wird die Beklagte zur Wasserversorgung des Nachbargrundstücks der Klägerin verpflichtet, um ihren vertraglichen Pflichten nachzukommen.
- Zivilprozessordnung (ZPO) – § 513: Dieser Paragraph betrifft die Zulässigkeit der Berufung und bestimmt, dass eine Berufung nur zulässig ist, wenn sie gegen eine erstinstanzliche Entscheidung eingelegt wird und die Berufungsbegründung den Anforderungen genügt. Im aktuellen Fall wies das OLG Bamberg die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte das Urteil des Landgerichts Schweinfurt.